Finnischer Sahti

Bitte beschränkt Euch auf das Wesentliche, die Bilder. Nach Möglichkeit langatmige oder ausführliche Textpassagen vermeiden. In der Kürze liegt die Würze.
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haefner
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Finnischer Sahti

#1

Beitrag von haefner »

Hallo Braufreunde,

ich habe hier ein relativ seltenes und unbekanntes Finnisches "Starkbier" gebraut. Bier in Anführungszeichen, weil es sowohl in Finnland selbst, als auch vom Trinkerlebnis jetzt weniger mit Bier zu tun hat als die Herstellung selbst. Sahti ist auch in Finnland in vielen Regionen nicht bekannt und auch nicht von allen gemocht. Ich vergleiche es gern symbolisch mit Apfelmost. Ist auch in vielen Regionen unbekannt oder und gemocht, und wird wie der sahti auch, in vielen Gegenden ganz anders hergestellt. Ich selbst habe Sahti bei einigen Finnland aufenthalten immer ganz frisch getrunken. Mein guter Freund organisiert das immer von einer Bäuerin, und die macht einen echt guten. Es ist jedes mal ein besonderes Erlebnis. Muss man mal probiert haben! Gegen die üblen Moskitos hat es mir als "Protection Shield" gute Dienste geleistet :redhead

Dank Hauti123 bekam ich auf meine Rezeptfrage ein schönes Rezept, welches ich versuchte nach zu brauen. Auch hier waren die Angaben zu einigen Sachen jetzt nicht so optimal, genau wie bei den original Rezepten aus Finnland. Man muss auch dazu sagen, die können kein Bier brauen und machen aus solcherlei Dinge keine Wissenschaft. Hauptsache es knallt und tut gut....

Genug der vielen Worte. Das war mein Rezept. Wacholderzweige habe ich leider keine auftreiben können. Ich glaube aber, sie haben mit dem Geschmack nichts zu tun, und sind teil des Läuterns ohne technische Hilfsmittel.

Ziel: 13L, 22 P - 8 - 10 % Vol.Alc ist normal

10l Wasser unbehandelt

4,5KG Pilsner Malz
0,5KG Roggenmalz
0,5KG Röstmalz (400 EBC)
40g Wacholderbeeren getrochnet
40g Hopfen 4% Tettnanger

Habe hier die Gelegenheit genutzt, und zum ersten mal eine Kombirast im Thermoport probiert. Aufgeheizt auf 70C, um dann mit 68C für 60 Minuten zu verweilen.

Los ging es auf meiner noch provisorischen Bank vor dem Fenester.
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Gleich nach dem Schroten wurde alles bereit gestellt.
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Sowas sehen hier vermutlich auch experimentelle Brauer eher selten: Hopfen vorgelegt fürs Maischen und zerkleinerte Wacholderbeeren. Interessant.
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Schöne Farben hier im Topf. Wenn ich mir das Bild so ansehe, werd ich aber das Gefühl nicht los, dass da zuviele ganze Körner sind. Habe ich so "in echt" nicht wirklich bemerkt. Hatte eher Angst, zu fein gemahlen zu haben. Jetzt nur noch einrühren und warten. Ziemlich entspannt bisher. Zeit für ein selbstgebrautes Bier
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Jod normal und 24 Brix auf dem Refraktometer, sieht gut aus.
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Noch mal umgerührt, 30 Minuten gewartet, und auf dieses Ergebnis geblickt. Zeit zum läutern.
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Auweia, da kommt nur ganz langsam und ganz wenig - schon wieder eine Läuterkatastrophe wie bei den letzten zwei Suden? WARUM? :Grübel
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Ist das schon klar? Hmm ich weiß nicht so recht.
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Klarer wirds nicht, es wird schon passen so. Die Finnen läutern schließlich nur mit Wacholderzweigen, denk ich mir.
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Ab jetzt begann ein großer Leidensweg. Es kam nahezu nichts mehr. 3L Nachguss kamen dazu, und es kam nur Mililiterweise. Nochmal gestoppt, zurückgeschüttet, nochmal 30 Minuten Ruhe. Inzwischen bemerke ich, die Läuterhexe liegt irgendwo zwischen der Maische und weder in Form, noch am Boden. Problem gefunden? Keine Ahnung, es geht einfach kaum was. Nach hundert mal einschneiden des Trebers, habe ich irgendwann 10 Liter mit 21 Brix gewonnen. Somit konnte ich nicht verdünnen, und eben in Kauf nehmen, dass da nicht mehr draus wird. Naja es ist ein versuch, also damit zufrieden geben, nochmal die Pennywise CD anschwerfen und ein weiteres Weizen vernichten (Dabei bemerke ich erschreckend, dass ich um 12 Uhr Mittags schon zwei getrunken habe..) EGAL. Dann habe das Ganze für 10 Minuten der Sterlität wegen aufgekocht und dann habe ich sauber gemacht und die paar Liter zum abkühlen in den Keller getan. Hopfung gibts hier keine mehr. Nach ein paar Stunden kam Backhefe (ja wirklich...... die soll sogar wichtig sein, sagt man in Finnland). Nach kurzer Zeit gärte es schon gut und sah so aus:
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Bisher riecht und schmeckt es interessant, aber anders als den Sahti den ich schonmal dort in Gärung gerochen habe. Die trockene Backhefe schmeckt irgendwie anders als die Flüssige. Die ist viel intensiver und saurer habe ich das Gefühl. Kann doch aber eigentlich nicht sein?

Ich habe da noch einige Dinge ausgelassen, da lief es nicht immer so gut wie sonst. Beispielsweise habe ich den Hauptguss mit meinem Thermometer gemessen und weil 70C erreicht, in den Thermoport. Interessanterweise waren es dann da 58C. Daher habe ich das ganze nochmal in den Kochtopf, auf echte 70C gebracht und dann wieder in den Thermoport.

Für mich war das schlimmste das Läutern. Warum nur ging das so elend schwer. Lag es nur an der Hexe?

Das nächste mal will ich definitiv ein wenig mehr machen und es soll besser laufen. Außerdem will ich das ganze mal etwas verändern und mit schönen fruchtigen Hopfen wie Cascade oder Simcoe ergänzen.

Übrigens geht es nun so weiter: Nach der Hauptgärung kommt der Sahti in einen 10L Kanister und wird kühlgestellt. Nach 2 Wochen wird er umgeschütet in einen anderen, quasi von der Hefe abgezogen wie wir beim Wein machen sagen. 2 Wochen später nochmal das gleiche. Ab dann ist er fertig und wird mit geöffnetem Deckel im Kühlschrank für 4 Wochen gelagert. Es wird keine Kohlensäure zugesetzt. Ab dann wird er dann getrunken. Er ist im Geschmack so intensiv, dass ein normales Bier danach fast keinen Geschmack mehr hat. Zumindest die Finnischen (sehr schlechten) Biere, schmecken nur noch nach Wasser ;)

Ich hoffe ihr hattet bis hierhin etwas Spaß beim lesen und wünsche noch nen schönen Sonntag.


Micha
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Bilbobreu
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Re: Finnischer Sahti

#2

Beitrag von Bilbobreu »

Moin,
schöner Bericht. Warum das mit dem Läutern so schwierig war, ist eine gute Frage. An dem bisschen Roggenmalz kann das eigentlich nicht gelegen haben ... oder doch?? Ich hätte da eher die recht niedrigen Temperaturen im Thermoport in Verdacht. Bei Hochheizen auf 78°C sollte sich die Schüttung eigentlich problemlos läutern lassen.
Ich hab auch schon mehrfach mit Wacholder experimentiert. Davon müssten Berichte hier irgendwo im Forum auch noch vergraben sein. Ich kann Dir zumindest Deine Theorie bestätigen, dass Wacholderzweige beim Läutern geschmacklich nicht so wahnsinnig viel ausmachen. Man kann sich mit Wacholderzweigen einen Hauch von Harzigkeit im Endprodukt einbilden ... muss man aber nicht.
Falls Du da noch weiter experimentieren willst hier noch zwei Tipps:
1. Wacholderbeeren lassen sich auch super Stopfen nach der Hauptgärung (etwa 2-3 g/l).
2. Wacholderaromen harmonieren gut mit den eleganten Rauchnoten von Weizen-Eichenrauch-Malz.

Bitte berichte unbedingt, wie Dein Sahti am Ende geworden ist.

Gruß
Stefan
haefner
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Re: Finnischer Sahti

#3

Beitrag von haefner »

Hallo Stefan,

danke für Deine Tipps. Durch Deinen Beitrag habe ich das Problem schon selbst gefunden...
Bei Hochheizen auf 78°C sollte sich die Schüttung eigentlich problemlos läutern lassen.
Das Abmasichen vergessen :Ahh :Ahh :Ahh :Ahh :Ahh

Ich dachte mir vor dem Läutern noch, dass das alles etwas zu schnell geht.


Werde berichten und ein Foto machen, wenn er fertig ist. Da ich in 8 Wochen Besuch aus Finnland habe, wird er da auch auf die harte Probe gestellt :-)
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