Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem MHD

Antworten
Benutzeravatar
nippie
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 157
Registriert: Sonntag 27. Dezember 2015, 20:09
Wohnort: Hannover

Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem MHD

#1

Beitrag von nippie »

Hallo Gemeinde,

ich möchte hier meine Erfahrungen mit einem Bierkit mit abgelaufenem MHD teilen. Das ganze ist noch Work-in-progress, ich werde von Zeit zu Zeit berichten.

Ich braue eigentlich nicht mit Bierkits. Mir ist durch Zufall das GOZDAWA Belgian Blonde IPA - 3,4 kg von HuM ins Auge gefallen. Das war von knapp 30€ auf knapp 14€ im Preis gesenkt. Ich dachte für den Preis kann man das ja mal probieren. Demnächst steht hier sowieso eine größere Feier an und eine Sorte mehr am Hahn macht sich ja immer gut. Und für den Literpreis von Oettinger kann man nichts verkehrt machen. Macht ja kaum Arbeit und falls es nix wird, wandert es in des Ausguss. Gesagt, getan.

Beim verdünnen des Extrakts ist mir nichts aufgefallen. Die Würze sah anschließend aus wie immer und auch geruchlich war alles wie es sein soll. Die beiliegende Hefe war leider nicht zu identifizieren, rehydrieren lief aber auch ohne besondere Vorkomnisse. Ich habe den Sud am 21.01. angestellt. Am 22.01. fing es langsam an zu blubbern. In der zu erwartenden "wilden Phase" war ich für mehrere Tage nicht zu hause, von daher weiß ich nicht, was da passiert ist. Zwischen dem 28.01. und 01.02. blubberte es immer noch regelmäßig, aber schwach. Ich hätte eigentlich erwartet, dass die Gärung (OG, ca. 22°C) durch ist.

Gestern Abend habe ich dann zum ersten mal den Behälter geöffnet, um eine Probe für mein Refraktometer zu nehmen. Erste Seltsamkeit: es gab keinerlei Anzeichen von (ehemals) vorhandenen Hochkräusen. D.h. vor allem keine Brandhefe Rand. Es war ein gaaanz leichter CO2-Teppich zu erkennen. Im Prinzip sah das Ganze so aus, wie wenn ich es vor 4-5 Stunden erst angestellt hätte und die Hefe langsam die Arbeit aufnimmt.

Bestätigt wurde diese Beobachtung durch mein Refraktometer: 10,5 Brix; Ausgang war 12 Brix. Das entspricht (je nach Formel) einem EVG zwischen 19% und 44% und einem Alkoholgehalt von 1,2% bis 2,8% Vol. Ich habe einen Schluck der Probe probiert und es schmeckte aus noch sehr süß. Da ich die Hefe nicht kenne, kann ich über deren zu erwartenden EVG nichts sagen, er war aber auf jeden Fall zu niedrig. Mein Fazit: Hefe war tot.

Mein erster Gedanke war nun, dass ich 20 Liter unvergorene Würze 10 Tage bei Raumtemperatur gelagert habe und es gut sein kann, dass ich mir etwas eingefangen habe. Ich wollte dann eigentlich alles direkt wegkippen. Optisch, geruchlich und geschmacklich deutet es aber bisher nichts auf eine Infektion hin. Ich habe dann gestern Abend spontan ein Päkchen US-05 draufgekippt und den Eimer wieder geschlossen. Ich werde in ein paar Tagen berichten, was passiert ist.

Eine Frage habe ich allerdings schon: Angenommen die US-05 macht, was ich von ihr erwarte und in einer Woche habe ich doch ein fertiges Bier stehen. Und angenommen es riecht gut, sieht gut aus und schmeckt gut. Besteht dennoch die Gefahr, dass ich nach zwei Gläsern davon im Krankenhaus aufwache? Also gibt es Bierinfektionen, die sich sensorisch nicht wahrnehmen lassen aber dennoch "giftig" sind?

LG

Nicky
Benutzeravatar
Hagen
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 7166
Registriert: Freitag 10. September 2004, 15:45
Wohnort: Berlin

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#2

Beitrag von Hagen »

Nööö...mehr als verstärkte Darmtätigkeit ist da nicht zu erwarten.

Zum Thema Hefe. Die Gärung ist angespungen, dann kann die Hefe schlecht tot sein. Die Frage ist, warum sie "eingeschlafen" ist.
Besten Gruß

Hagen

--------------------------------------------------------
Taumelkäfer=Bräu - Honi soit qui mal y pense!
Benutzeravatar
nippie
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 157
Registriert: Sonntag 27. Dezember 2015, 20:09
Wohnort: Hannover

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#3

Beitrag von nippie »

Ok, du hast recht. Tot ist sie nicht. Aber rein von den Umgebungsvariablen war sonst vieles sehr günstig. Nach Lehrbuch rehydriert, Würze belüftet (was ich sonst eigentlich nicht mache), kein Temperaturschock etc. pp.
Benutzeravatar
Griller76
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1497
Registriert: Montag 2. Februar 2015, 19:46
Wohnort: Sonthofen

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#4

Beitrag von Griller76 »

Ich würde eine zweite, erprobte Hefe hinzugeben.
Iss was gar ist, trink was klar ist und sag was wahr ist. (Luther)

Ich bin: Der Seelenbräu – Himmlisches Bier vereint Herz und Seele!
Benutzeravatar
Bierwisch
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 3493
Registriert: Dienstag 15. Mai 2012, 18:02
Wohnort: Thüringen

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#5

Beitrag von Bierwisch »

Wenn es nach dem Anstellen angefangen hat zu blubbern, dann ist die Hefe fit. Warum sie in den fast zwei Wochen kaum was getan hat, kann man aus der Ferne schlecht feststellen, aber falls es sich dabei um eine Saisonhefe handelt, dann braucht sie vielleicht deutlich höhere Temperaturen.

Die 3724 (bin mir jetzt bei der Nummer nicht ganz sicher) beginnt erst bei 30°C zu arbeiten, darunter knabbert sie nur ein kleines bisschen an den Einfachzuckern und geht dann wieder schlafen.

Nachdem Du jetzt eine Ersatzhefe zum Einsatz gebracht hast, kann man diese Theorie aber nicht mehr überprüfen.

Gruß,
Bierwisch
Der Klügere kippt nach!
Benutzeravatar
nippie
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 157
Registriert: Sonntag 27. Dezember 2015, 20:09
Wohnort: Hannover

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#6

Beitrag von nippie »

Bierwisch hat geschrieben:Wenn es nach dem Anstellen angefangen hat zu blubbern, dann ist die Hefe fit. Warum sie in den fast zwei Wochen kaum was getan hat, kann man aus der Ferne schlecht feststellen, aber falls es sich dabei um eine Saisonhefe handelt, dann braucht sie vielleicht deutlich höhere Temperaturen.

Die 3724 (bin mir jetzt bei der Nummer nicht ganz sicher) beginnt erst bei 30°C zu arbeiten, darunter knabbert sie nur ein kleines bisschen an den Einfachzuckern und geht dann wieder schlafen.
Das habe ich nicht erwähnt: Laut Packung optimale Temperatur 18-22°C. Also war ich auch da eher am "wilden" Ende ;-)
Benutzeravatar
nippie
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 157
Registriert: Sonntag 27. Dezember 2015, 20:09
Wohnort: Hannover

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#7

Beitrag von nippie »

Kurzes Update zur Causa Belgian Blond IPA: Auch meine S-05 tut sich in dieser Würze sehr schwer. Die ganze Geschichte zwischen letztem Mittwoch und Samstag gaaanz langsam weitervergoren. Von Samstag bis Montag war dann wieder Ruhe, Restextrakt stand bei 7,9 Brix. Montag habe ich den ganzen Sud in einen anderen Eimer und wieder zurückgekippt, um die Hefe noch einmal aufzuwirbeln. Sauerstoffeintrag ist mir mittlerweile egal, da ich die Nummer eh nur noch als Experiment sehe und nicht denke, dass ich das noch trinken werde. Nach dem Aufrühren ging es wieder laaaangsam weiter. Gemessen heute 7,2 Brix (entspricht je nach Formel scheinbarer EVG 68%/63% Alk. 4,3%/3,9% Vol.). Würze schmeckt immer noch sehr süß. Und das nach nun insgesamt fast drei Wochen! Auch die neue Hefe hat keine Kräusendecke gebildet. Der Sud riecht immer noch ok.

Wie gesagt ist es mir mittlerweile egal, ob das noch etwas wird. Ich würde nur gerne rausfinden, woran es liegt, dass es einfach nicht vernünftig gärt?! Ich meine Bierkit hin oder her, es ist doch eine zuckerhaltige Würze, wie kann das sein? Können sich vergärbare Zucker durch lange Lagerung in nicht/schlecht vergärbare umwandeln? Andere Ideen?

LG

Nicky
Benutzeravatar
Johnny H
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 3998
Registriert: Donnerstag 31. Januar 2013, 22:08
Wohnort: Graz, Österreich

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#8

Beitrag von Johnny H »

Ein Extrakt ist halt immer eine Blackbox. Man kennt die Zuckerzusammensetzung vergärbar/unvergärbar nicht und auch nicht den Anteil an irgendwelchen karamellisierten Anteilen. Ganz schwer, hier was zu sagen, denn auch über die erste Hefe weiß man nichts, außer dass sie offensichtlich nicht mehr im besten Zustand gewesen zu sein scheint.

Die zweite Hefe kam dann zu einem Zeitpunkt ins Spiel, als die erste schon einen Teil der leicht zu vergärenden Zucker und Nährstoffe verstoffwechselt hat, hat also auch eher suboptimale Bedingungen vorgefunden. Das mag auch eine Rolle spielen.

Möglicherweise hat ja jemand hier Erfahrung mit diesem Kit (zu erwartender EVG, Geschmack etc.)?
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
Benutzeravatar
nippie
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 157
Registriert: Sonntag 27. Dezember 2015, 20:09
Wohnort: Hannover

Re: Erfahrungsbericht und Probleme Bierkit mit abgelaufenem

#9

Beitrag von nippie »

Der Vollständigkeit halber: Sud hat sich nicht mehr verändert, also abgefüllt, zwangskarbonisiert, probiert und ins Klo geschüttet. Schmeckt im wahrsten Sinne des Wortes unausgegoren. Zur Hälfte süß, zur Hälfte scheiße :Bigsmile

Experiment geglückt, Patient tot.

Ausflug in die abgelaufene Bierkitwelt beendet.

LG
Antworten