Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

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Matze27
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Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#1

Beitrag von Matze27 »

Hallöchen, nachdem meinen 1. Sud nun über die Bühne gebracht habe, mache ich mich natürlich weiter schlauer. Eine Frage tauchte für mich noch auf, die ich mir trotz viel Lesens nicht klar beantworten konnte:

Ich lese hin und wieder bei Rezepten, dass während des Kochens ein und dieselbe Hopfensorte mehrmals zu verschiedenen Zeitpunkten zugegeben werden. Beim Bitterhopfen erhöht sich wohl durch längeres Kochen die Bitterkeit. Beim Aromahopfen kann ich nur Vermutungen anstellen. Ich denke, dass sich evtl. die Aromen und evtl. die Gerüche nach verschiedener Kochdauer entsprechend ändern. Ist meine Annahme richtig ? Wenn ja gibt’s da irgendwelche Quellen, wo man sich zu den einzelnen Hopfensorten schlau machen kann ?

Gruß

Matze
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Bierokrat
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#2

Beitrag von Bierokrat »

Jep. (Verändern sich durch Verflüchtigung :Wink )
Beim Kochen arbeiten zwei „Effekte“ quasi gegeneinander:
Je länger du kochst, desto mehr Bitterstoffe werden aus dem Hopfen gelöst.
Allerdings verflüchtigen sich dadurch auch die feinen Hopfenöle.
Am Ende möchte man aber durchaus beides haben: Eine Grundbittere (die neben Geschmack auch Haltbarkeit und Schaumstabilität bedeuten) und die feinen Hopfenaromen.
Einfach gesprochen:
Anfangs Hopfengaben für die Bitterkeit.
Später die Hopfengaben für die feinen Aromen.
Prost!
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peterpan
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#3

Beitrag von peterpan »

Ein weiterer Effekt ist die teilweise Oxidation von Aromaölen (Terpenen) des Hopfens zu weniger flüchtigen Terpenalkoholen. Das wird bei der Vorderwürzehopfung ausgenutzt (Oxidation während der Aufheizphase) und führt dazu, dass trotz langer Kochdauer neben guter Bitterstoffausnutzung noch einiges an Hopfenaroma erhalten bleibt.
Grüße
David
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chaos-black
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#4

Beitrag von chaos-black »

Es gibt auch Seiten, auf denen die konkreten Hopfenaromen beschrieben sind, allerdings nicht mit Unterscheidung von "70min gekocht, 10min gekocht, ..." aber gelegentlich tauchen Empfehlungen zur Verwendung als Stopfhopfen auf: http://hopfen-der-welt.de
Um die Wirkungsweise zu verstehen, du hast in Hopfen Alphasäure die bei Temperaturen über 80°C isomerisiert wird (was zu einem bitteren Geschmack führt). Wenn der Hopfen drin ist, dauerts nicht lang und du hast im Prinzip die ganze Alphasäure in der Flüssigkeit gelößt, mit der Zeit muss sie aber noch isomerisieren um bitter zu werden. Gleichzeitig hast du im Hopfen verschiedene Arten von Aromaölen. Diese lassen sich allerdings recht schnell rauskochen (alles länger als 10min halte ich persönlich für Verschwendung wenn man Aromaeintrag will).
Allerdings wird aktuell auch gerade zur Bitterung unabhängig von +80°C geforscht, hatte bei Beersmith nen interessanten podcast gesehen, wie durchs Stopfen auch Bitterkeit eingebracht wird.
Sowohl Bitterhopfen als auch Aromahopfen enthalten Alphasäure und Aromaöle, aber oft (nicht immer) in entsprechend unterschiedlichen Konzentrationen.

Beste Grüße,
Alex

//EDIT: Tippfehler korrigiert
Zuletzt geändert von chaos-black am Mittwoch 15. Februar 2017, 11:32, insgesamt 2-mal geändert.
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docpsycho
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#5

Beitrag von docpsycho »

chaos-black hat geschrieben: Um die Wirkungsweise zu verstehen, du hast in Hopfen Alphasäure die bei Temperaturen über 800°C isomerisiert wird
:thumbsup
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chaos-black
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#6

Beitrag von chaos-black »

docpsycho hat geschrieben:
chaos-black hat geschrieben: Um die Wirkungsweise zu verstehen, du hast in Hopfen Alphasäure die bei Temperaturen über 800°C isomerisiert wird
:thumbsup
Uups! Das vlt sollte ich das mal schnell korrigieren :Ahh
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Sura
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#7

Beitrag von Sura »

Ergänzend kann man zu den Aromagaben noch sagen, das je später du den Aromahopfen gibts, desto mehr sind die Öle für die "Nase" und vorher für den "Gaumen". Wir reden hier aber vom Zeitraum der letzten 20-30 Minuten. Das ist auch ein wenig unterschiedlich. (Aplhasäuren isomerisieren aber trotzdem, das ist unabhängig voneinander!)

Überlege einfach ob du es lieber schmecken willst, dann hau es bei 15min rein, wenn du es lieber riechen willst in den letzten 5 Minuten. Achtung! -> Die Zeitangabe ist auch immer relativ zu sehen, weil es auch darauf ankommt wie schnell du abkühlst oder durch die Nachisomerisierungszeit kommst!

Das einzige was man generell sagen kann ist, das man mit jedem Hopfen da seine Erfahrungen für seinen einen Arbeitsweg finden muss.

Gruß,
Kai
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#8

Beitrag von Matze27 »

Sura hat geschrieben: Das einzige was man generell sagen kann ist, das man mit jedem Hopfen da seine Erfahrungen für seinen einen Arbeitsweg finden muss.

Gruß,
Kai
Ich hab´s befürchtet ! Dachte eben es gäbe da irgendwelche gesammelten Werke !


Danke für die Statemants !
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Mystic-G
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#9

Beitrag von Mystic-G »

Sura hat geschrieben: Überlege einfach ob du es lieber schmecken willst, dann hau es bei 15min rein, wenn du es lieber riechen willst in den letzten 5 Minuten.
Achtung! -> Die Zeitangabe ist auch immer relativ zu sehen, weil es auch darauf ankommt wie schnell du abkühlst oder durch die Nachisomerisierungszeit kommst!

Gruß,
Kai
:Grübel Das haut mich jetzt aber ziemlich aus der Bahn...
Wenn sich die Aromen des Hopfens schon nach 10-15 Minuten bei über 80° verflüchtigen, man aber die letzte Arome-Hopfengabe bei Abschaltung der Heizquelle macht, und vor dem Whirlpool noch die Nachheizstömungen abklingen lässt, nach dem Whirlpool noch 15min den Trubkegel festsetzen lässt, und man dann fürs Abziehen der Würze und Abkühlen bis unter 80° nochmals sagen wir mal 15min braucht, ist der Aromahopfen dann ja 45-60 Minuten in der heissen Würze. :Waa
Und da man die Ruhephasen vor/nach dem Whirlpool ja nicht nach der Stoppuhr macht, wie soll man da jemals beim Manuellen Brauen zweimal nacheinander die gleichen Zeiten in den gleichen Temperaturen treffen?
Zuletzt geändert von Mystic-G am Sonntag 30. Februar 2019, 08:15, insgesamt 3,14-mal geändert.
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Sura
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#10

Beitrag von Sura »

Zuerst mal ist der übergang fliessend. Das ist kein "An" oder "Aus". Und ansonsten solltest du dann irgendwann mal rausbekommen wie lange du wofür brauchst. Allein schon wegen der Isomerisierung der Alphasäuren! Das wird ab ca. 80°C deutlich schleppender, hört dann aber auch nicht einfach auf.
Wen du jetzt den Aromahopfen 20min vor Kochende reinwirfst, und dann erst nach 30-40min beim Whirlpool angelangt bist.... naja, ein bißchen an Aroma ist da bestimmt noch über, aber sicher nicht das was z.b. bei mir übrigbleiben würde.

Aber nicht nur darum sollte man direkt nach dem kochen den Kühler reinwerfen. Ich schalte die Platte aus, und das Kühlwasser an. Nichtmal 1-2min später bin unter 80°C, Kühler raus -> Whirlpool. Nach 10min seihe ich ab und kühle im Gäreimer, und ca. 20min später kommt bei OG die Hefe dazu. Das einzige was sich ändert ist die Kaltwassertemperatur von Sommer auf Winter, was im wesentlichen nur die letzten 10 Grad betrifft.

Und ja: Ich stehe mit Stoppuhr, Wecker und Brauprotokoll neben meinem Kessel. Wär ja echt doof, wenn man nichtmal weiss auf welchem Weg man was leckeres hinbekommen hat, oder? :)
Aber zugegebenermassen kann man das erst so planen, wenn man die Arbeitsschritte schon sehr gut kennt. Solange man da noch unsicher in den Handgriffen ist, ist ein sauberer Ablauf wichtiger als Zeiten einhalten.....
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Mystic-G
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#11

Beitrag von Mystic-G »

Ok, danke für die Präzisierung.
Dann wird das bei mir mit der Kühlung des Gäreimers im Eisbad (aktuell noch) halt Geschmacklich etwas ein Blindflug bleiben.
Bin halt auch noch am Schrittweisen aufrüsten meiner Ideal-Anlage und der Würzekühler ist erst nach dem Wohnungsumzug vorgesehen.

Dann werd ich aber gut darauf Achten, dass ich den Aromahopfen halt etwas später reinwerfe.
Da ich bei der zur Verfügung stehenden Rezeptevielfalt von Bieren nicht vorhabe zweimal das gleiche zu brauen, erübrigt sich auch das Thema mit der Wiederholbarkeit.
Obwohl, Protokollführen tu ich ja auch, nur wohl nicht so akribisch wie andere :Wink
Zuletzt geändert von Mystic-G am Sonntag 30. Februar 2019, 08:15, insgesamt 3,14-mal geändert.
Matze27
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#12

Beitrag von Matze27 »

Hab bei meinen Nachforschungen noch diesen Link gefunden, ganz gut beschrieben für jemanden wie mich, oder den Einen oder Anderen hier!
http://michashausbraeu.bplaced.net/Mich ... kochen.htm

Auch das im Text erwähnte Hopfen Tool könnte nützlich sein! :thumbup

Werde noch weiter auf die Suche gehen! Der Citra Hopfen vereint ja scheinbar gleich mehrere Süd - Frucht Aromen, nur wann werden welche raus gelassen? :Grübel

Komisch, wieso schaff ich neuerdings meine Arbeit nicht mehr!? :thumbsup
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#13

Beitrag von OS-Schlingel »

Guten Abend zusammen!

Wenn nun Aroma in den letzten 20-30 Min. vor Kochende beibehalten wird, warum gibt es dann die Vorderwürzehopfung.
Ich finde den Aromeneintrag hier als sehr stark.

Gruß

Stephen
Or kindly when his credit's out
Surprise him with a pint of Stout
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Sura
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Re: Ein und denselben Hopfen verschieden lange mitkochen

#14

Beitrag von Sura »

Vorderwürzehopfung ist ein anderes Thema. Dort werden Aromastoffe gelöst die den Kochvorgang überleben. Wieso und weshalb, darüber streitet man sich hier und da noch. Das was an Bitterstoffen bei der Vorderwürzehopfung isomerisiert schmeckt 10% schlapper, in Wirklichkeit sinds aber 10% mehr IBU :puzz :Ahh ..... einige Rechner rechnen daher 10% mehr, andere 10% weniger.

Ab dann wirds sehr, sehr subjektiv:
- einige Brauer behaupten, das einige Hopfensorten sich dafür geschmacklich garnicht eignen.
- einige meinen, das schmeckt grundsätzlich nicht
- einige merken keinen Unterschied
- einige meinen, das die gesamten Aromagaben davon positiv profitieren und der Geschmack weicher wird.

Alles klar? :Waa :Drink

Wenn man es machen möchte, wird als Faustregel 1/3 der Hopfenmenge des Bitterhopfen für die Vorderwürzehopfung empfohlen.
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