Maibock - stopfen oder doch nicht

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Kaso
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Maibock - stopfen oder doch nicht

#1

Beitrag von Kaso »

Hallo

am vergangenen Wochenende habe ich eine Maibock gebraut nach einem hier schon häufiger zitierten Rezept von tauroplu bei MMuM, nur Untergärig mit der Gozdawa German Lager W35 bei 12 °C.
Aufgescheucht durch die Diskussion im Thread http://www.hobbybrauer.de/forum/viewtop ... 17&t=12796 Post Nr. 8 & 16 mach ich mir nun Gedanken, ob ich genügend Geschmack im Bier haben werde. Da ich (noch) keinen Würzkühler besitze dauerte die Phase der Abkühlung ca. 30 min, habe also eine etwas lange Nachisomerisierungszeit. In besagtem Thread wird nun erwähnt, dass dabei der Geschmack verloren gehen kann bzw. in Bitterkeit gewandelt wird, weiterhin wird erwähnt, dass die Vorderwürzhopfung zu mind. teilweise ein Mythos sei, was das Aroma betrifft.

Nun die Frage: soll ich noch Hopfenstopfen und wenn mit was, wie viel? Da ich eh eine mehrtägige Diacetyl-Rast bei 19°C plane, würde sich diese anbieten – wenn überhaupt. ..... Oder höre ich die Flöhe Husten? :Waa

Es soll ein Maibock werden mit hopfig, würzig, blumigem Charakter ohne zu sehr nach einem IPA zu schmecken.

Rezept „Maibock“

Ausschlagmenge: 25l
Stammwürze: 16.8°P
Alkohol: 7%vol
Bittere: 34IBU
Farbe: 24EBC

Schüttung:
4500g Wiener Malz (63%)
2300g Münchner Malz Typ II (32%)
200g Cara Pils (3%)
=> 7000g Schüttung

Maische:
Einmaischen mit 64°C ergibt 57°C. 10 Minuten Rast.
2. Rast bei 63°C. 45 Minuten
3. Rast bei 73°C. 20 Minuten Aufheizen auf 78°C. 0 Minuten Rast.
Abmaischen wenn Jodnormal

Hopfen:
25g Spalter Select Pellets 4.8%α zur Vorderwürze, 90min Kochen (10 IBU, 29%)
7g Hallertauer Magnum Pellets 13.5%α 70min Kochen (8 IBU, 26%)
40g Cascade Pellets 6.8%α 10min Kochen (16 IBU, 46%)

Hefe: 2x Gozdawa German Lager W35, Gärung bei 12°C

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Gruss Thilo
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chaos-black
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#2

Beitrag von chaos-black »

Grundsätzlich gibt es 2 Aspekte, die bei dem Bock unterschiedlich wirken würden. 1. Bock kann i.d.R. eine lange Reifezeit vertragen und 2. Gestopfte Biere sollte man i.d.R jung trinken, da die Aromen flüchtig sind. Das heißt nicht, dass dabei dann sehr gute Biere rauskommen können, ich würde es dann aber wahrscheinlich eher jung trinken. Erste Wahl wäre mMn für dein Ziel gewesen, wenn du auch eine 5min Gabe und ein bisschen Whirlpoolhopfung gehabt hättest, aber wie sagt man so schön: Versuch macht kluch!
Bei ca 40% der Hopfengabe am Ende würde ich leichte Zitrusnoten erwarten. Wenn du mehr willst, versuchs mal mit dem Stopfen. Meiner Meinung nach passen Cascade und z.B. Galaxy sehr gut zusammen, also falls du den noch da hast könntest du vlt noch jeweils 2-3g Galaxy und/oder Cascade pro Liter stopfen. Kann aber sehr gut sein, dass du davon im Mai schon nchct mehr übermäßig viel schmecken wirst... Solltest auf jeden Fall auf kalte Lagerung achten.

Zur Isomerisierung: Da wird kein Aroma zu Bitterkeit gewandelt, aber je länger du kochst, desto mehr Aromen verdampfen und je länger über 80°C, desto bitterer. Das kann man aber bei Rechnern, z.B. im kleinen Brauhelfer, direkt mit einkalkulieren.

Beste Grüße,
Alex
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#3

Beitrag von gulp »

1. Bock kann i.d.R. eine lange Reifezeit vertragen und 2. Gestopfte Biere sollte man i.d.R jung trinken, da die Aromen flüchtig sind.
Mit Fässern ist das kein Problem. Man stopft 5 Tage vor dem Anstich. :Greets

Gruß
Peter
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#4

Beitrag von chaos-black »

gulp hat geschrieben:
1. Bock kann i.d.R. eine lange Reifezeit vertragen und 2. Gestopfte Biere sollte man i.d.R jung trinken, da die Aromen flüchtig sind.
Mit Fässern ist das kein Problem. Man stopft 5 Tage vor dem Anstich. :Greets

Gruß
Peter
Guter Punkt! Bin gerade davon ausgegangen, dass es keine Fässer gibt...
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Kaso
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#5

Beitrag von Kaso »

Hi

danke für die Antwort auch wenn sie nicht sehr vielversprechend klingt.
chaos-black hat geschrieben: Das heißt nicht, dass dabei dann sehr gute Biere rauskommen können, ich würde es dann aber wahrscheinlich eher jung trinken.
Ich denke ich werde mit 2 g/ l Cascade Stopfen, Galaxy habe ich nicht da nur noch Simcoe und Citra und Spalter Select aber der ist wohl nichts zum Stopfen. Danach probiere ich wie es schmeckt, evtl. reicht es ja zu einem Vesper Bier ohne weiter Ansprüche. Was habe ich den zu erwarten ?
chaos-black hat geschrieben: Das kann man aber bei Rechnern, z.B. im kleinen Brauhelfer, direkt mit einkalkulieren.
Ja bei dem von mir verwendeten Rezeptprogramm (Müggelland) wird die Bitterkeit auch auf 39 IBU angehoben wenn ich die 30 Min angebe, aber es wird noch ein mäßiges Hopfenaroma angegeben (3.5 mg/l Öl).

Aber macht dann eine Vorderwürzhopfung überhaupt noch Sinn, Mythos hin oder her wenn die Erfahrung scheinbar zeigt, dass dann alles Aroma verkocht ist. Dies müsste doch, dann ungeachtet der zitierten Quelle, bei jedem Sud mit Vorderwürzhopfung zu beobachten sein.

Ich bin erst bei meinem 6'ten Sud und mache gerade erst solche Erfahrungen. :crying

Danke und Gruss Thilo
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chaos-black
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#6

Beitrag von chaos-black »

Nach dem was ich bisher so gelesen habe, ist Vorderwürzehopfung nicht nur Brauer-Selbstbespaßung, sondern hat schon auch Auswirkungen. Ich zitiere dazu mal Mitch Steele aus seinem Buch "IPA - Brewing Techniques, Recipes and the Evolution of India Pale Ale" (2012). Nach etwa einer Seite über Mash Hopping (also Hopfung während des Maischens!) schreibt er auf Seite 206 folgendes über First-Wort Hopping:
First-wort hopping is similar in theory to mash hopping. Hops are added to the first wort in the kettle, and during the time it takes to fill the kettle, the volatile flavor components are bound to the malt components in the wort. In addition, the hops' longer contact time with the wort at the higher pH increases utilization, which results in higher bitterness levels. This technique also has the advantage of helping reduce foaming during the start of boil. As with mash hopping, the desired hop product to use here is usually whole hops or pellets. A good-quality, high-alpha hop with desired flavor and aromatic properties is best for this stage
Da in dem Teil Ähnlichkeiten zum Mash Hopping nur genannt werden, zitiere ich den Teil (S.205f.) auch auszugsweise:
A technique, in which whole hops or pellets are added directly to the mash. [...] The theory is that the higher pH in the mash and the presence of oxygen allow the volatile compounds in the hops to form oxidation products with components in the malt. The resulting compounds are not volatile and remain in the wort throughtout the lautering and kettle boil process, and lend a "more rounded" depth of hop flavor to the beer. [...]
Außerdem führt er noch auf, dass die Technik des Mash Hoppings umstritten ist und die meisten Biere, die mit dieser Technik gebraut wurden, auch mit viel Hopfen an anderer Stelle produziert werden, sodass eine Aufklärung in dem Bereich noch auf sich warten lässt.

Diese sonst flüchtigen Hopfeninhaltsstoffe, von denen ich mal annehme, dass damit Aromaöle gemeint sind, reagieren also bei Vorderwürzehopfung mit Malzbestandsteilen und verlieren so ihre flüchtigen Eigenschaften. Entsprechend überstehen sie den Kochprozess und die Vorderwürzehopfung hat ihre Berechtigung.

Ich habe aber noch nie den Praxistest gemacht und ein Rezept mal mit und mal ohne VWH gebraut, wäre aber sicher interessant.

Beste Grüße,
Alex
Zuletzt geändert von chaos-black am Dienstag 28. Februar 2017, 16:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#7

Beitrag von Kaso »

Hi

Danke für die fundierte Antwort, vielleicht kaufe ich mir das Buch sogar, obwohl ich "neudeutsch" so ungern lese aber IPA's mag.
Aber so tief theoretisch wollte ich gar nicht einsteigen und möchte mir auch in keinster weise Anmaßen mit reden zu können.
Mir ging es mehr so um die praktische Beobachtung aus der Erfahrung. Ich dachte mir schon das es sich die Vorderwürzehopfung nicht nur aus Spass hält.
chaos-black hat geschrieben:Nach dem was ich bisher so gelesen habe, ist Vorderwürzehopfung nicht nur Brauer-Selbstbespaßung, sondern hat schon auch Auswirkungen.
....
Alex
Aus dem aktuellen Sud werde ich mit nehmen, dass ich kühlen muss und aus der ganzen Diskussion, dass die späte Hopfengabe das Geschmacksprofil wohl am meisten prägt.

Ich bin trotzdem gespannt was in meinem Bier nun noch an Hopfengeschmack noch vorhanden ist. Evtl. sollte ich mir vor meinen Stopf-Versuchen noch etwas abzweigen um den Vergleich zu haben.

Gruss Thilo
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Re: Maibock - stopfen oder doch nicht

#8

Beitrag von Blancblue »

Das Thema Vorderwürzehopfung ist sehr komplex, es gibt bei der TUM wohl auch eine Diplomarbeit dazu, aber scheinbar ist die nicht online verfügbar. Ich habe mal eine Anfrage diesbezüglich erstellt und werde berichten.

Imho sollte man die VWH was die Aromen betrifft einfach nicht überschätzen, d.h. mit eine späten Aromagabe oder Whirlpool vergleichen. Meine Biere werden trotzdem fast ausnahmslos mit VWH gebraut, ganz einfach wegen der anderen genannten Vorteile.


Zum Maibock: Der darf schon hopfig sein, aber die Malzaromen nicht wegbügeln. Ich würde einen schönen deutschen Aromahopfen wie Saphir empfehlen - zum einen sorgt der für eine sehr angenehme Bittere, zum anderen hat der sehr schöne fruchtige Noten. Auch toll zum stopfen, hier würde ich beim Maibock 3g/L empfehlen.
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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