Böhmisch englisches Pils

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Max_L
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Böhmisch englisches Pils

#1

Beitrag von Max_L »

Bei dem Wetter will ich mich mal an ein Pils wagen. Bislang habe ich nur OG gebraut. (Ales und Stouts).

Ich habe eine noch fast vollen Sack Maris Otter, daher möchte ich das Malz auch benutzen. Mit dem Müggelland Rezeptkalkulator habe ich mal folgende Zusammenstellung getüftelt:

50ltr
40 IBU 5,9AVB

10kg Maris Otter
1kg CaraPils
Kombirast 68°C 60min

50g Saaz 60min (4,3%)
50g Saaz 30min
50g Saaz 10min
50g Saaz 0min

4 Päckchen W-34/70 Im Keller ist es um 11° kalt.

Die Kombirast ergibt sich aus der verwendeten Ausrüstung. Wir brauen mit einem holzbefeuerten Waschkessel. :Bigsmile
Der Hauptguss 40 ltr Nachguss 24.

Zur Auswahl haben wir Brunnenwasser in Trinkwasserqualität mit einer Wasserhärte von 5°dH und sonst weis man nix, oder folgendem Leitungswasser.
Mit 450g Sauermalz laut MMuM auf 0,6RA gebraucht
HCO3 4,5
Kalzium 105
Magnesium 17
Sulfat 80
Chlorid 25
Natrium 10,5
RA nach MMuM 7.9°dH

Geschmacklich streben wir eine Art Pilsner Urquell an. Vllt kann man noch mit Simcoe (o.ä) etwas dryhoppen um dem ganzen noch einen blumigen Geschmack mitzugeben.
Was meint Ihr?

Max
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Johnny H
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Re: Böhmisch englisches Pils

#2

Beitrag von Johnny H »

Ich habe einmal ein 100% Maris Otter-Bier untergärig (W34/70) gebraut und mit Spalter Select und Lubelski auf etwa 30 IBUs gehopft, allerdings mit Zweimaischverfahren (Dekoktion).

Das Bier war super, aber m.E. weit weg von einem Urquell. Da bringt der Maris Otter schon viel deutlichere und ganz andere Malzaromen mit, und dunkler als meine bisherigen Pilsner war das Bier auch.

Ich würde es trotzdem machen. Das wird bestimmt (saubere Gärführung vorausgesetzt) ein tolles Bier, allerdings würde ich den Simcoe weglassen. Den finde ich in diesem Rahmen unpassend.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Tozzi
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Re: Böhmisch englisches Pils

#3

Beitrag von Tozzi »

Das Dry Hopping würde ich auch weglassen. Und nach Möglichkeit eine böhmische Lagerhefe einsetzen, anstelle der W34/70.
Die 0 Minuten Hopfengabe auch eher nicht.
Maris Otter (Fawcett?) passt schon, das ist ja auch ein Tennenmalz. Schmeckt halt ein wenig anders, aber sicher nicht schlechter.
Zumal Ihr ja auch keine Dekoktion macht.

//EDIT: Ca und SO4 kommen mir etwas hoch vor für ein böhmisches Pilsner. Eventuell verschneiden?
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Seed7
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Re: Böhmisch englisches Pils

#4

Beitrag von Seed7 »

Bei der kombirasttemperatur brauchst du kein CaraPils.

Pale malts sind prima fuer UG's

Ingo
"Wabi-Sabi" braucht das Bier.
Max_L
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Re: Böhmisch englisches Pils

#5

Beitrag von Max_L »

"Ca und SO4"
Knifflich. Ich kenne mich mit der Wasseraufbereitung nun wirklich kaum aus. Das was ich kapiert habe ist MMuM und die Sauermalzgeschichte. Was passiert wenn Ca und SO4 hoch ist?
Womit verschneiden?
Und zur böhmischen Lagerhefe... Bisher habe ich nur mit Trockenhefen gearbeitet. Mangrove Jack? Oder welche?
Gruß
Max
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Tozzi
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Re: Böhmisch englisches Pils

#6

Beitrag von Tozzi »

Dann nimm ruhig die W34/70. So viel anders ist die wohl auch nicht. Ich persönlich mag sie halt nicht aber das ist mein privates Problem, mag auch rein psychisch sein...
Ich hätte sonst die WLP802 empfohlen. Ist aber flüssig und ohne Starter wird das teuer bei 50 Litern.
Verschneiden könntest Du z.B. halb/halb mit destilliertem Wasser (oder Du legst Dir eine günstige Osmose Anlage zu).
Damit halbierst Du effektiv alle oben angegebenen Werte und brauchst entsprechend auch weniger Sauermalz.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Kernstaedter
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Re: Böhmisch englisches Pils

#7

Beitrag von Kernstaedter »

Warum braut ihr nicht mit Dekoktion, wenn ihr mit Holz feuert? Das würde sich ja nahezu anbieten. Ihr bräuchtet nur einen Läuterbottich, bestenfalls isoliert. Die Kochmaischen macht ihr im Holzkessel und brüht dann in den Läuterbottich wieder zur Restmaische dazu.
Und die Kombirasttemperatur würde ich eher bei 66° ansetzen, sonst wirds zu süß.
Gruß,
Kernstaedter
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Re: Böhmisch englisches Pils

#8

Beitrag von Max_L »

Danke schon mal für die Antworten. Ich lasse meine Anlage erst mal so wie sie ist. Wenn das Bier nur "anders lecker" ist bin ich ja auch zufrieden. Wenn ich durch die Osmoseanlage aber grobe Geschmacksfehler beheben kann, dann schaffe ich mir so was an.
CaraPils weglassen? Die Absicht hinter CaraPils ist das Karamellige der Dekoktion (mit diesem Equipment nicht möglich) zu ersetzen.
Was ich gestern überlesen hatte waren die Worte "saubere Gärführung" Was bedeutet das genau? Ich lasse im Keller gären und reifen und gehe davon aus, dass der ein paar Wochen um die 9-12° warm sein wird.
Die Whirlpool Hopfengabe bzw das Stopfen habe ich gedacht um auf die Pilsner Urquell Basis eine geschmackliche Nuance setze.
Ich könnte aber auch 2 Gärbehälter nehmen. Den einen stopfen, den anderen nicht.
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Johnny H
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Re: Böhmisch englisches Pils

#9

Beitrag von Johnny H »

"Saubere Gärführung" kam von mir. Darunter verstehe ich das kalte Anstellen mit genügend Hefe (4 Pck W34/70 auf 50l ist genug) und dann nach und nach die Temperatur kommen lassen.

Eine Möglichkeit wäre Anstellen bei 9°C, dann innerhalb 24-48 Stunden auf 10°C kommen lassen, dann bei etwa 50% EVGs auf 12°C kommen lassen und bei 13-14°C ausgären lassen.

Wenn Du nicht die Temperatur kontrollieren kannst, dann ist es halt wie es ist. Bei 12°C im Keller kann es dann natürlich sein, dass die Eigenerwärmung den Sud noch ein paar Grad höher drückt, was dann schon wieder Nebenaromen verursachen kann (nicht muss). Und zu sehr schwanken sollte die Temperatur grundsätzlich auch nicht, wobei bei 50l auch eine gewisse Massenträgheit besteht.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
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Max_L
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Re: Böhmisch englisches Pils

#10

Beitrag von Max_L »

Danke, Ich denke auch Keller und 50l haben genug thermische Trägheit. :-)
Blancblue
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Re: Böhmisch englisches Pils

#11

Beitrag von Blancblue »

Max_L hat geschrieben: Donnerstag 7. Dezember 2017, 09:56 CaraPils weglassen? Die Absicht hinter CaraPils ist das Karamellige der Dekoktion (mit diesem Equipment nicht möglich) zu ersetzen

Die geschmacklichen Auswirkungen der Dekoktion werden heiss diskutiert, ich würde mich da nicht zu sehr verrückt machen. Die Karamell Aromen von denen Du sprichst entstehen im übrigen bei den böhmischen Bieren vor allem durch die Direktbefeuerung der Kupferkessel. Das nachzuahmen wirst Du mit CaraPils nicht hinbekommen, das geht am ehesten mit Melanoidin.
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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