Gestbier - Frisch & Altbier

Alles, was mit dem Thema Historische Biere, Grut- bzw. Kräuterbiere, Gewürzbiere, aber auch mit Sake Brauen oder Brauen mit ungewöhnlichen Fermentationsarten zu tun hat
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tbln
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Gestbier - Frisch & Altbier

#1

Beitrag von tbln »

Inspiriert durch diverse belgische Braunbiere traditioneller Brauereien sowie interessanter Neueinsteiger wie Brouwerij Alvinne (Morpheus "Yeast": Hefe & Bakterienblend) bin ich zuletzt auf Spurensuche bzgl. Altbier/Braunbier aus Westfalen gegangen.
Gebetsmühlenartig ist (vor allem aus Richtung Düsseldorf) zu hören/lesen, dass Altbier „Alt“ heißt, da es nach „alter“ Brautradition gebraut wird, nach landläufiger Meinung heißt dies obergärig (Dornbusch etc).
Bekannterweise wurden vor Linde im Norden alle Bierstiele obergärig gebraut. Kalte Lagerung wie beim heutigen Alt war über das gesamte Jahr gesehn nicht zu gewährleisten. Was machte also ein "traditionelles" Altbier vor Mitte des 19. Jahrhundert aus?

Kleine Quellensammlung Münster betreffend:

Diverse Quellen unterscheiden beim Bier aus Gerstenmalz und Hopfen nach Frisch- und Alt- Bier, der Oberbegriff lautet Hefe(n)bier oder Gestbier, [2]:
cerevisia – cerevisia Saxonica: mnd. gestbēr, gessbeir, N.: nhd. Hefebier
hierzu Krumbholz, 1898 [3]:
Dem Kapitel De potus generibus, daß der Humanist Murmellius in seiner »Pappa« [Anm.: veröffentlicht 1513] diesem Gegenstand widmet, läßt sich folgendes entnehmen. Murmellius unterschied 1) »cerevisia, bier« 2) »cerevisiola, dun bier of scherber«, 3) »cerevisia secundaria, convent«. 4) »cerevisia monasteriensis, grussink«, 5) »cerevisia saxonica», gest bier«, 6) »cerevisia bathavica, keut«.

Die zweite Sorte, das Gest-Bier, wird Hefen-Bier gewesen sein und wahrscheinlich dem heute noch in Münster üblichen Altbier und Frischbier entsprochen haben. (S. 199)
hierzu schreibt Grewe, 1907 [1]:
Neben dem Grüsink, Gestbier und Koit führt der Humanist Murmellius (vgl. Kbümbholtz, Gewerbe Münsters S. 198) bei der Aufzählung der ehemals in Münster in Mode gewesenen Biere auch drei andere auf, nämlich „cerevisia", „cerevisiola" und „cerevisia secundaria". Hierunter sind jedoch keineswegs besondere Biersorten zuvermuten. Cerevisia ist der lateinische Name für das Gestbier, während die beiden anderen dasselbe bedeuten, und zwar aus den Malztrebern hergestelltes Nach- oder Dünnbier jeglicher Art. (S. 38)
und weiter
Bis etwa 1480 trank man in der Hauptsache nur den Grüsink. Neben ihm wurden immer auch einige Gebräu Gestbier (Hefenbier) gebraut. Dieses Bier ist das erste einheimische reine Hopfenbier. Das Gestbier aber hat sich erst in späterer Zeit, etwa seit der Mitte des 17. Jahrhunderts, größerer Beliebtheit erfreut. Es wird noch heute in Münster unter dem Namen Alt- oder Frischbier viel getrunken. Zu einem Gebräu Gestbier von 12 Tonnen gehörten nach einer Bierordnung von 1538 4 Malter Gerstenmalz und 9 Scheffel Hopfen.4) Von einer Verdrängung des Grüsink durch das leichte obergährige Gestbier kann ebenso wenig die Rede sein, wie von einer ernsten Konkurrenz auswärtiger Hopfenbiere. (S. 38)
Berthold,1892 [4]:
"Frist off Alt?" (Fisches oder altes Bier?) lautet die Frage des Wirthes, hingeworfen in einem Ton, als würde uns Losung oder Feldgeschrei abgefordert. "Alt!" klingt unserseits die Losung. [...] Dem Beispiele der Kenner folgend, halten wir das mit einem kurzen "Gefällig" uns vom Wirthe gereichte Glas prüfend gegen die Flamme des Lichtes, um uns von der Klarheit des Getränkes zu überzeugen, werfen einen zweiten Blick auf den Schaum, ob er auch weiß wie Milch am Glase hafte, und kosten dann bedächtig den goldig braunen, weinsäuerlichen Trank. (S. 88f)

In Chemie der menschlichen Nahrungs und Genussmittel von König (1903) findet man für Altbier aus Münster für die Jahre 1883-1901 folgende Daten [5]:
„Altbier" aus Münster i. W.: 4,4 Gew% Alc., ca. 0,453% Milchsäure, 0,015 - 0,085% Essigsäure
-> ca. 4500 ppm (mg/L) Milchsäure / 150-850 ppm (mg/L) Essigsäure (belgische Braunbiere haben wohl bis zu 1600ppm oder mehr [6])

Es wird also unterschieden zwischen Frisch- und Alt- Bier (der Kunde kann wählen), ähnlich wie aus England (stock/vatted und mild beer) bekannt und in Belgien (Bière de Coupage) ebenfalls praktiziert. Das vergleichsweise warm „gereifte“/gelagerte Altbier hat wohl wie aktuelle Biere bspw. von Rodenbach eine lange Nachgärung durchlaufen. Schönfeld beschreibt in Obergärige Biere und ihre Herstellung (1938, S. 159) einen Fall, in dem ein Münsteraner Altbier nach einjähriger Lagerung durch Pediokokken "dickschleimig"/lang geworden war.

Vielleicht hat jemand Anmerkungen oder Quellen für weitere Städte. Interessant wäre auch zu wissen, ob Alt und Frischbier wie in England und Belgien verschnitten oder immer seperat getrunken wurden.


Quellen:
1. Grewe, Josef - Das Braugewerbe der Stadt Münster - Teil 1 Dissertationen (1907)
2. http://www.koeblergerhard.de/mnd/2A/mnd_lat.html
3. Krumbholz, Robert - Die Gewerbe der Stadt Münster bis zum Jahre 1661, aus Publicationen aus den Preussischen Staatsarchiven - Siebzigster Band (1898), https://archive.org/stream/publicatione ... /mode/2up/
4. Berthold, Theodor - Ein münsterisches Altbierhaus., aus Lose Blätter aus dem Münsterlande und von der Nordsee (1892), https://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/ ... ew/1592706
5. König - Chemie der menschlichen Nahrungs und Genussmittel 4Auflage Band1 (1903); https://archive.org/stream/chemiedermen ... 8/mode/2up
6. Snauwaert - Microbial diversity and metabolite composition of Belgian red-brown acidic ales (2016)

Gestbier wird ebenfalls erwähnt in:
Schulte, Aloys - Vom Grutbiere. Eine Studie zur Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte aus Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere die Alte Erzdiözese Köln, Fünfundachtzigstes Heft, (1908) http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ih ... re/8080169
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§11
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#2

Beitrag von §11 »

Es gibt im Repetitorium der Analytischen Chemie von 1881 eine Untersuchung verschiedener Altbierproben auf deren Säuregehalt. Dabei wird der Gehalt mit Berliner Weiße als gleich dargestellt.
76464E10-17B8-4D72-9A7A-D8FDD82658BC.png
In „Altes und Neues aus dem Münsterland und seinen Grenzbezirken“ wird das Bier im Vergleich mit dem bayrischen Bier (untergärig) als säuerlich bezeichnet.

Es scheint also so als wäre Altbier damals milchsauer vergoren worden.

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flying
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#3

Beitrag von flying »

Das Münsterländer Altbier ist auch heute noch leicht sauer bzw. der einzig verbliebene Vertreter, dass Pinkus Müller- Alt. Ist ein anderer Biertyp als das Düsseldorfer Altbier. Heller und säuerlich. Im Prinzip ist das Münsterländer Altbier als Biertyp mit einem Saison verwandt. Es wurde früher auf den Bauerhöfen ohne viel hygienischen Dingsbums hergestellt.
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Kurt
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#4

Beitrag von Kurt »

http://weal-film.de/index.php?option=co ... &Itemid=58

Da sieht man so eine bäuerliche Brauerei.
tbln
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#5

Beitrag von tbln »

flying hat geschrieben: Donnerstag 18. Januar 2018, 04:24 Im Prinzip ist das Münsterländer Altbier als Biertyp mit einem Saison verwandt. Es wurde früher auf den Bauerhöfen ohne viel hygienischen Dingsbums hergestellt.
Vollkommen richtig. Siuts, Bäuerliche und handwerkliche Arbeitsgeräte in Westfalen (1982) beschreibt ebenfalls den Brauvorgang. Bei der Volkskundliche Kommission für Westfalen sind einige Berichte zu finden, auf die sich Situs stützt. Ganz interessant in diesem Zusammenhang ist auch eine Übersicht über die Westmünsterländische Mundarten. So finden sich hier bspw.:
  • Dünnbeer, -bier n. D ̧nnbier, alkoholarmes Bier.
  • Harwstbeer, -bier n. (Vr, St, S ̧, Ge, We) Erntefest
  • Mäibeer, -bier n. Bier, das Anfang April gebraut u. im Mai, zur ersten Heuernte, getrunken wurde, im Ggs. zu → Winterbeer
  • Sommerbeer, -bier n. Erntebier (zur Heuernte im Mai, Juni; leichtes Bier).
  • Winterbeer, -bier n. Herbstbier (wurde um den 27. Juli gebraut, reichte für den Herbst, für die Erntezeit, im Ggs. zu → Mäibeer)
  • Huusbeer, -bier n. (St, S ̧, Ge, Bor, Rae, Rh) selbstgebrautes Bier; Erntebier einer Hausbrauerei
  • Laagerbeer, -bier n. Lagerbier
  • Oldbeer, -bier n. Altbier, Erntebier (z.B. zum Kochen von → Beerpapp)
  • Beergest, -gess f. Bierhefe
  • Brougest, -gess f. Bierhefe
  • Sommergest, -gess f. Brauhefe beim Erntebier. → Brougest
Im Gegensatz zu den Höfen, wurde bspw. in Münster (und soweit ich weiss auch in Düsseldorf) von den Bäckern gebraut. Bei Siuts ist zu lesen, das Bier welches für die Erntezeit gebraut worden war, am Ende dieser aufgebraucht werden musste. Das Bier wurde in kleine Fässer abgefüllt. Bei Pinkus sind große Lagerfässer zu sehen. Möglichweise wurde das Altbier länger gelagert als ein halbes Jahr (siehe Schönfeld). Stutzig machen mich die Essigsäurewerte. Im Complete_Beer_Fault_Guide findet man folgende Werte für Essigsäure in Bier:
Typical Concentrations in Beer: 30-200 mg/l.
Perception Threshold: 130 mg/l.
Mit Werten bis zu 0,084% bzw. 840 mg/L (Brauerei Fiehe) sollte die Essigsäure schon deutlich zu schmecken sein, ähnlich wie bei heutigen Braunbieren aus Flandern.. (Falls ich mich bei der Umrechnung vertue, korregiert mich gern!)

Das heutige Pinkus Müller scheint in der Tat deutlich heller zu sein, als die früheren Braunbiere. Geschmäcker ändern sich.

Edit: Habe gerade noch einmal bei Lübke - Freundschaft mit seltenem Handwerk (1939) nachgelesen.

Er macht keine Unterscheidung zwischen Altbier aus Köln, Düsseldorf und dem Münsterland und bezeichnet den Geschmack als „weinähnlich“.

Beschreibt eine „starke Milchsäurebildung“ („die dem Altbier den eigentümlichen weinsauren Geschmack verleiht“) und eine 8 bis 9 Monate lange Lagerung.

Für Münster schreibt er weiter auf S. 234:
Man trinkt es [das Altbier] „schier“, d.h. so wie es vom Faß kommt, ohne Kohlensäure, oder wie die „Berliner Weiße“ mit „Schuß“, entweder mit Himbeersaft, mit obergärigem Frischbier oder untergärigem hellen Bier.
Nach Lübke, wurde Altbier also in der Wirtschaft nach Geschmack mit Frischbier verschnitten.
Zuletzt geändert von tbln am Freitag 19. Januar 2018, 10:28, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#6

Beitrag von flying »

Ist schon interessant wie der Pinkus Müller zu seinem Namen gekommen sein soll. Nach einem 6 Liter Krug Altbier veranstaltete er mit seinen Kumpels einen Wettbewerb im Weitpissen. Als Sieger durfte er sich wohl Pinkel- Primus nennen, was dann abgekürzt zu dem Namen geführt hat. Eine deftige Geschichte aber im Brauereimillieu nicht ohne einen gewissen Charme..

Bei den alten Bieren muss man sagen, dass die Entwicklung der Reinzucht und die moderne bayrische Brautechnologie im 19. Jahrhundert eine Zäsur darstellt, die alles verändert hat. Fast alle der alten rheinländischen Biere starben aus. Das was heute als Kölsch oder Altbier bekannt ist, hat keine lange Tradition. Kölsch nach heutiger Machart entstand sogar erst nach dem 2. Weltkrieg. In den Wirtschaftswunderjahren als Papa fett wurde und man nach schlanken Bieren schrie.
Beim Düsseldorfer Alt muss man sagen, dass es auch stark von den damals sehr modernen hochindustriell hergestellten englischen Ales und Bitterbieren inspiriert wurde. Das Hövels Bitterbier z. B. lässt grüßen..

Alles davor war anders und ist ausgestorben. Vor dieser Zäsur wurden alle Biere mehr oder weniger sauer und das war auch überlebenswichtig. Die guten Laktos schützten vor den richtig bösen Keimen mit Killerpotential.

Interessant ist auch, dass die rheinländischen, obergärigen Hefen sich besonders gut für Grutbiere eignen sollen. Die kommen mit den antiseptischen Eigenschaften von Gagel und co. gut klar.

Unter uns Bierhistoriker- Schülerinnen ist oft so eine Ansicht das heutige, mit "Jahrhunderte alte Tradition" angepriesene deutsche Bier mit Coca Cola zu vergleichen. Und da kommt es gegen die braune Blubberbrause schlecht weg...historisch gesehen.

m.f.g
René
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#7

Beitrag von chaos-black »

Ich kann leider nur bedingt was zu diesem Thema beitragen, vlt. ist es aber ja doch unterhaltsam oder hilft ein bisschen weiter. In meinem Englischstudium habe ich mich viel mit historischer Linguistik beschäftigt und interessiere mich für Wörter und wie sie sich in verwandten Sprachen so machen. Das "Gestbier" würde ich allein vom Wortsinn her als Hefebier lesen (nur eine Schätzung meinerseits). Es gab in der englischen Sprachgeschichte eine Lautverschiebung, die einen G-Laut zu einem J-Laut verwandelt, quasi so wie wenn man Berlinern beim Reden zuhört (Ik hab dit jeseehn). Das Ergebnis wäre dann das englische Wort für Hefe, Yeast. Das geht übrigens wenn ich mich recht erinnere auch auf die Schaumentwicklung zurück und ist mit dem deutschen Wort "Gischt", also dem Schaum am Meer, verwandt.

Beste Grüße,
Alex
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#8

Beitrag von flying »

Ja, die Wortverwandschaft von Gest, Gären, Gischt, Yeast ist unzweifelhaft. Ich mag ja das Altenglische, dass für uns Deutsche vermutlich leichter verständlich ist als für heutige Engländer. War es doch der Dialekt von Wessex, dass Westsächsische, welches von Alfred dem Großen im 9. Jahrhundert als Amtsprache eingeführt wurde.
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#9

Beitrag von §11 »

In der Bamberger Ungeldordnung von 1489 stammt die Bezeichnung Gerbe für Hefe. Gest- Gerbe.

Der Reinheitsgebotfanatiker sieht aber einen anderen Hammer in dieser Aussage. Die Ungeldordnung ist eine Art Brauordnung und die nennt 27 Jahre vor der Landordnung von 1516 Hefe? Jeder will uns doch glaubend machen das man die noch gar nicht kannte :Grübel

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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#10

Beitrag von gulp »

§11 hat geschrieben: Freitag 19. Januar 2018, 01:49 In der Bamberger Ungeldordnung von 1489 stammt die Bezeichnung Gerbe für Hefe. Gest- Gerbe.

Der Reinheitsgebotfanatiker sieht aber einen anderen Hammer in dieser Aussage. Die Ungeldordnung ist eine Art Brauordnung und die nennt 27 Jahre vor der Landordnung von 1516 Hefe? Jeder will uns doch glaubend machen das man die noch gar nicht kannte :Grübel

Jan
Hmm, Jeder? Wer ist denn jeder? Die Bamberger Ungeldordnung wurde ja z.B.: auch im Begleitbuch zur Landesausstellung http://www.landesausstellung-bier.de publiziert: https://www.buecher.de/shop/ausstellung ... /44347205/
Kann man da ja nachlesen, dass die "Gerbe erlaubt" war.

Gruß
Peter
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#11

Beitrag von grüner Drache »

flying hat geschrieben: Donnerstag 18. Januar 2018, 17:41

Alles davor war anders und ist ausgestorben. Vor dieser Zäsur wurden alle Biere mehr oder weniger sauer und das war auch überlebenswichtig. Die guten Laktos schützten vor den richtig bösen Keimen mit Killerpotential.

Interessant ist auch, dass die rheinländischen, obergärigen Hefen sich besonders gut für Grutbiere eignen sollen. Die kommen mit den antiseptischen Eigenschaften von Gagel und co. gut klar.
Hallo!

Wenn man den Spuren der Sprache folgt, wird man vielleicht da landen, wo noch " etwas " dieser ausgestorbenen Biere übrig geblieben ist...

Gest - Gijst = also kommen wir in die Niederlande/Vlanderen...

Auch hier hat sich einiges geändert, oder weiterentwickelt, wie man will... :Grübel

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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#12

Beitrag von tbln »

Zum Thema der Bezeichnung von Hefe habe ich gestern Alex schon den kleinen Literaturhinweis "Vom Halm zum Fass" von Matti Räsänen (1975) gegeben. In dem Buch geht es um "vorindustrialisiertes"/landwirtschaftliches Brauen in Finnland (teilweise Russland/Baltikum). Ein Kapitel behandelt die verschiedenen Hefebezeichnungen. Es wurde wohl häufig unterschieden nach Unter- und Oberhefe (Bodensatz und "Schaum") sowie der Art der Aufbewahrung (getrocknete Hefe, Vermengen mit getrocknetem Hopfen etc.). In "Brewing and Beer Tradition in Norway" von Nordland (1969) ist auch noch einiges zu finden.

In Mecklenburg, schreibt Räsänen, sei Hefe als Brugest bezeichnet worden und man verwendete wohl einen Hefekranz (Gestkranz) um Oberhefe zu verwaren. Als Quelle nennt er Karl Baumgarten (1966) "Zum bäuerlichen Bierbrauen in Mecklenburg". Falls jemand weiss wie an das Manuskript zu kommen ist, bitte melden! Scheint nie veröffentlicht worden zu sein.
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#13

Beitrag von flying »

Ist wohl in der "Zeitschrift für Volkskunde" Band 61 von 1965 veröffentlicht wurden? Wie man da ran kommt weiß ich auch nicht?

https://books.google.de/books?hl=de&id= ... ecklenburg
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#14

Beitrag von tbln »

flying hat geschrieben: Freitag 19. Januar 2018, 15:20 Ist wohl in der "Zeitschrift für Volkskunde" Band 61 von 1965 veröffentlicht wurden? Wie man da ran kommt weiß ich auch nicht?

https://books.google.de/books?hl=de&id= ... ecklenburg
Den Beitrag gibt es bei digi-hub.de. Leider nicht der richtige.
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#15

Beitrag von flying »

Sach mal tbln, du bist ja ein wahrer Ausbund an Quellenrecherche, machst Querverweise und ziehst die richtigen Schlüsse. Finde ich toll! Das kann man schon fast ein bisschen drüber über "Bierhistoriker- Schülerin" bezeichnen... :thumbup

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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#16

Beitrag von grüner Drache »

Hallo!

Vielleicht für Bierhistoriker auch noch interessant:

http://verlorenbieren.nl/

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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#17

Beitrag von tbln »

Habe den Text von Karl Baumgarten "Zum bäuerlichen Bierbrauen in Mecklenburg" ausfindig machen können. Ist eine kleine Zusammenfassung (4 Seiten) der Quellen des Wossidlo-Archivs aus Rostock. Falls jemand Interesse hat, werde ich den Text gerne weiterleiten.
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Re: Gestbier - Frisch & Altbier

#18

Beitrag von LuedgerLeGrand »

Interesse :Bigsmile Kannst du einen Link per PN oder so schicken?
Vielen Dank und viele Grüße
Richard
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