Besuch der Abtei Villers-la-Ville mit Bierfestival [Fotoreihe und Verkostung]

[Flothe]

Liebe Gemeinde,

seit nunmehr sechs Wochen lebe ich nun in Belgien und nun hat sich gestern eine schöne Gelegenheit ergeben mal etwas darüber zu berichten.
Noch bis Weihnachten werde ich die schöne Stadt Leuven (dt. Löwen) mein Zuhause nennen. Eine mittelgroße Stadt etwa 30 km östlich von Brüssel. Größere bekanntheit in (Hobby-)Brauerkreisen hat die Stadt vermutlich durch ihre lange Brauereitradition. Heute ist Leuven der Hauptsitz von AB-InBev, dem zur Zeit größten Brauereikonzern weltweit. Hier am Standort wird das Lager Stella Artois gebraut, das jedoch außerhalb Belgiens eher im anglo-amerikanischen Raum Bekanntheit genießt. Darüber hinaus ist Leuven auch Sitz der größten Universität des Landes, der Katholieke Universiteit Leuven (KU Leuven). Diese ist auch der Grund meines Aufenthalts: Ich absolviere hier ein ERASMUS-Praktikum in einem Labor, das dem Leuven Institute for Beer Research (LIBR) angegliedert ist.

Aber kommen wir nun zum eigentlichen Thema meines Posts: Gestern bin ich mit zwei Freunden zur etwa 50 km entfernten Klosterruine der Abtei Villers-la-Ville gefahren.

Nachdem das Wetter hier in Belgien in den vergangenen Wochen äußerst wechselhaft war, hatten wir gestern einfach nur riesiges Glück. In strahlendem Sonnenschein konnten wir die zum Teil 700 Jahre alten Gemäuer der alten Zisterzienserabtei besichtigen.

Die Verwaltungs und Wohngebäude.

Erstmalig erwähnung fand die Abtei im Jahre 1146, zu dieser Zeit wurde zunächst eine Abtei im romanischen Stil errichtet. Im laufe der nächsten hundert Jahre konnten die eigentlich der Armut verpflichteten Mönche einen beachtlichen Reichtum anhäufen. Zu Spitzenzeiten besaß sie bis zu 10.000 ha Land, das bis nach Antwerpen reichte. Daher konnte schon 1197 mit dem Bau einer neuen Abtei im gotischen Stil begonnen werden, der etwa 100 Jahre später abgeschlossen war. Die meisten erhaltenen Ruinen stammen aus dieser oder späteren Epochen.

Ein Gang des Dormitoriums.

Blick in die Kathedrale. Die Gewölbe der beiden ersten Langhausjoche sind noch erhalten.

Es ist wirklich beeindruckend zu sehen, dass diese 500-600 Jahre alten Gewölbe noch heute Bestand haben.

Blick auf das Langhaus der Kathedrale vom Gefängnis aus.

Bei unserer Ankunft hier entdeckten wir ein kleines Bierfestival Carrément Bières Abbaye de Villers-la-Ville, das an diesem Wochenende im Schatten der Ruinen stattfindet. Auf dem Fest schenken etwa 25 kleinere Brauereien aus, hauptsächlich aus dem französischsprachigen Teil des Landes. Bei wunderbarem Wetter haben wir die Gelegnheit genutzt und an der Zahl fünf der angebotenen Erzeugnisse verkostet:

1. Brasserie de Bertinchamps

Gestartet wurde mit einem klassischen Tripel der Brasserie de Bertinchamps.

Aussehen: Es handelt sich um ein blank-filtriertes, strohgelbes Bier mit dichtem Schaum, der auch halbwegs stabil war. Bis zum Schluss war etwas Schaum im Glas.
Geruch: Der Geruch war sehr unauffällig. Eher süßlich mit leichten Noten von Zitrusfrüchten.
Geschmack: Im Geschmack stellte sich das Tripel als eher süß und fruchtig heraus. Koriander und Orangeschale waren deutlich wahrnehmbar. Die Textur war eher schon viskos bis hin zu sämig, das hat uns nicht so gut gefallen, da es die Drinkability doch deutlich mindert. Die Karbonisierung war gut.

2. Mobius

Nummer Zwei war ein hopfengestopftes Blond der Brauerei Mobius.

Aussehen: Blank-filtriertes Bier mit goldgelber Farbe. Der Schaum war etwas weniger stabil, als bei Nr 1.
Geruch: Sehr deutliche Aromen von C-Hopfen. Im Gespräch mit den Leuten am Stand konntte ich in erfahrung bringen, dass es sich hauptsächlich um Cascade und Citra handelt: Ja, das kann ich bestätigen! Die Hopfennoten sind sehr verführereisch, überdecken jedoch so ziemlich alles andere.
Geschmack: Das Blond ist leicht mit nur wenig Restsüße. Der vorhandene Malzkörper verbindet sich wunderbar mit den sehr auffälligen Hopfenaromen. Vor allem im Vergleich mit dem Tripel (Nr. 1) lassen sich wunderbar die Unterschiede in den Zitrusaromen von Hopfen bzw. Koriander und Orange feststellen. Insgesamt hat uns dieses Bier sehr gut gefallen.

3. Novabirra

Als nächstes wurde ein Belgisches Stout mit Kakao der Brauerei Novabirra verkostet.

Aussehen: Sehr dichter, Stout-typischer Schaum mit bräunlicher Farbe. Das Bier selbst ist leider nicht filtriert und durch die Trübung eher braun denn schwarz.
Geruch: Der Geruch ist sehr röstig und auch die Kakaoaromen sind deutlich wahrnehmbar. Das stimmt sehr positiv.
Geschmack: Leider ist das Bier im Geschmack eine totale Enttäuschung. Der erste Eindruck: Alkoholisch. Laut Website hat das Big Mama Stout einen Alkoholgehalt von 8 %vol., das schmeckt man. Wir hatten alle sofort den Gedanken, ob da jemand nachträglich eine Flasche Vodka ins Keg entleert hat. Schade, eigentlich sind die Belgier sonst sehr gut darin, den hohen Alkoholgehalt ihrer Biere zu kaschieren.

4. Bisous M'Chou

Nummer Vier war das Blond der Brauerei Bisous M'Chou.

Aussehen: Das unfiltrierte Blond hat eine strohgelbe Farbe und weist einen stabilen Schaum auf.
Geruch: Der Geruch ist wunderbar malzig, ganz weit im Hintergrund ist eventuell eine Schwefelnote wahrnehmbar.
Geschmack: Leider auch enttäuschend. Ganz klar, das Bier ist oxidiert, es schmeckt pappig. Dahinter sind jedoch weitehin schöne Malzaromen zu erkennen. Der Hopfen steht hier ganz klar im Hintergrund.

5. Belgo Sapiens

Zum guten Schluss war dann ein American Amber Ale der Brauerei Belgo Sapiens dran.

Aussehen: Bernsteinfarbenes Ale mit leider sehr instabilem Schaum.
Geruch: Sehr unauffällig.
Geschmack: Hier wird es kompliziert. Zunächst hat das Ale eine Bittere von 50 IBU bei 14 °P Stammwürze. Nach meinem Geschmack ist das nicht sehr harmonisch. Ich hätte mir 5-10 IBU weniger gewünscht. Darüber hinaus wurde die Farbe (meiner Meinung nach) mit Röstmalz eingestellt. Die Röstaromen kommen leider sehr deutlich durch. Insgesamt kein ausgewogenes Produkt.

Zudem konnte auf dem Bierfestival auch eine Hobbybrauer-Anlage besichtigt werden. Vermutlich fand später auch noch ein Schaubrauen statt.

Beeindruckend fand ich die völlig überdimensionierte Novax-Pumpe. Für eine 35-Liter-Anlage ist das nun wirklich nicht nötig. Aber gut, jedem das seine. Auch abenteuerlich: Die Läuterkonstruktion aus einem bodenlosen Topf mit engmascheigem Drahtgefelcht als Filter.

Damit bin ich dann auch schon am Ende meiner Berichts über diesen Ausflug zur Abtei VIllers-la-Ville. Vielleicht möchte der ein oder andere die Abtei und das Bierfestival heute noch spontan besuchen. Ich kann es nur herzlich empfehlen. Der Eintritt in die Abtei kostet 8 € und 6 € für Studenten. Das Angebotene Tablet für 5 € hat sich als eher nutzlos herausgestellt.

Ich wünsche euch einen schönen, sonnigen Sonntag.

LG Florian

[1] http://www.villers.be/de/zeitleiste
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Villers-la-Ville

[Alt-Phex]

Schöner Bericht Florian.

[Frudel]

Ja auch ein schöner Bericht , man kann fast glauben , dass das Forum durch das belgische
Fremdenverkehrsamt infiltriert wurde !
Stimmt die Pumpe ist schon ne Hausnummer.
Wir sollten die Vorgänge im Auge behalten.

Danke
Markus

[Flothe]

Ja auch ein schöner Bericht , man kann fast glauben , dass das Forum durch das belgische
Fremdenverkehrsamt infiltriert wurde !

Ich glaube ich kann mich von jeglichen Zuwendungen durch das belgsiceh Fremdenverkehrsamt freisprechen

Was ich aber sagen, kann ist, dass Belgien auf jeden Fall ein extrem abwechslungsreiches Land mit extrem schönen Städten und Landschaften ist.

LG Florian

[Tozzi]

Ach manno, ich will da wieder hin.
Danke für den schönen Bericht und die tollen Bilder!

[Düssel]

Hallo Florian,
klasse Bericht. Wie schön das dort zufälligerweise ein Bierfestival stattgefunden hat.
Es werden ja immer mehr Reiseberichte über Belgien hier, ich glaub da muss ich mal hin.
Komm bald zurück - Montag 2.10. ist Stammtisch

[gulp]

Schöner Bericht Florian, mehr davon, du bist ja noch ne Weile in Belgien!

Gruß
Peter