Frage zum Alkoholgehalt

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Snowcrash
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Frage zum Alkoholgehalt

#1

Beitrag von Snowcrash »

Eigentlich eher als Biertrinker, als als Bierbrauer, hätte ich mal eine Frage dazu, wie der Alkoholgehalt eines Bieres zustandekommt und was damit noch so zusammenhängt. Also, erst mal weiß ich(?) mit meinem angelesenen Halbwissen, dass die Hefe den in den Malzen enthaltenen Zucker in Alkohol umwandelt. So weit so gut, aber wie genau kommt dann ein besonders hoher Alkoholgehalt zustande und wie geht man mit möglichen Symptomen um?

Etwas konkreter: Mir ist aufgefallen, dass besonders hochprozentige Biere (10-12%+) oft sehr süßlich schmecken und zwar auf eine sehr unangenehme Weise. Jetzt könnte man sagen "Klar, für mehr Alkohol braucht man mehr Zucker, also wird das Bier auch süßer", aber ich dachte der Zucker wird in Alkohol umgewandelt? Also nicht komplett, oder wie? Liege ich hier wenigstens grundsätzlich schon mal in etwa richtig?

Weiterhin kommt mir ganz selten auch mal hochprozentiges Bier unter, das ganz hervorrgand schmeckt, gerade im Imperial Stout/IPA Bereich. Wie kommt das, was wurde da beim Brauen anders/besser gemacht? Diese Biere haben dann zwar auch noch eine gewisse Süße, aber halt eine eher angenehme, karamellige, hintergründige Süße als die aufdringliche, sprittige Süße der schlechten Biere.

Und warum braut man überhaupt ein besonders hochprozentiges Bier? Das scheint selten gut zu gehen, dann aber potentiell besonders gut zu werden, wenn es gelingt. Das wäre ja schon mal ein Grund, aber ist das überhaupt so oder nur meine Wahrnehmung? Falls ja, wie kommt das zustande? Erzielt man durch die Verwendung von mehr Malz/Hefe intensivere Aromen und der höhere Alkoholgehalt ist nur ein Nebenprodukt? Ist es besonders schwierig, ein gutes hochprozentiges Bier zu brauen? Wäre das auch eine Erklärung dafür, warum gute hochprozentige Biere recht teuer sind? Also mehr Rohstoffe, Aufwand und Risiko?

Ich würde diesen Prozess gerne verstehen, danke schon mal für eure Antworten :Smile .
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Mjoelnir
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Re: Frage zum Alkoholgehalt

#2

Beitrag von Mjoelnir »

Snowcrash hat geschrieben: Dienstag 19. September 2017, 20:31 mit möglichen Symptomen um?

Etwas konkreter: Mir ist aufgefallen, dass besonders hochprozentige Biere (10-12%+) oft sehr süßlich schmecken und zwar auf eine sehr unangenehme Weise. Jetzt könnte man sagen "Klar, für mehr Alkohol braucht man mehr Zucker, also wird das Bier auch süßer", aber ich dachte der Zucker wird in Alkohol umgewandelt? Also nicht komplett, oder wie? Liege ich hier wenigstens grundsätzlich schon mal in etwa richtig?

Weiterhin kommt mir ganz selten auch mal hochprozentiges Bier unter, das ganz hervorrgand schmeckt, gerade im Imperial Stout/IPA Bereich. Wie kommt das, was wurde da beim Brauen anders/besser gemacht? Diese Biere haben dann zwar auch noch eine gewisse Süße, aber halt eine eher angenehme, karamellige, hintergründige Süße als die aufdringliche, sprittige Süße der schlechten Biere.

Und warum braut man überhaupt ein besonders hochprozentiges Bier? Das scheint selten gut zu gehen, dann aber potentiell besonders gut zu werden, wenn es gelingt. Das wäre ja schon mal ein Grund, aber ist das überhaupt so oder nur meine Wahrnehmung? Falls ja, wie kommt das zustande? Erzielt man durch die Verwendung von mehr Malz/Hefe intensivere Aromen und der höhere Alkoholgehalt ist nur ein Nebenprodukt? Ist es besonders schwierig, ein gutes hochprozentiges Bier zu brauen? Wäre das auch eine Erklärung dafür, warum gute hochprozentige Biere recht teuer sind? Also mehr Rohstoffe, Aufwand und Risiko?

Ich würde diesen Prozess gerne verstehen, danke schon mal für eure Antworten :Smile .
Symptome?? Bitte etwas näher erläutern.

Hochprozentige Biere werden in der Regel durch viel Zucker in der Würze erzeugt. Der Grund warum diese Biere recht süß sind, ist, dass es nicht alle Zucker vergärt werden können durch die Hefe. Es gibt die vergärbaren und unvergärbare Zucker. Je mehr Zucker man insgesamt im Bier hat desto mehr unvergärbare Zucker bleiben zurück - das Bier wirkt süßer. Dazu kommt noch, dass viele Hefen bei so hohen Prozenten keinen so hohen Endvergärungsgrad haben, also nicht mehr unbedingt alle Zucker umwandeln, die zur Verfügung stehen.

Man kann so starke Biere auch weniger süß machen, indem man die Rasten beim Maischen so fährt, dass man wenig unvergärbare Zucker produziert.
Dass ein IPA nicht so süß schmeckt wundert mich nicht, da diese stark gebittert werden und die Süße somit in den Hintergrund rückt und nicht mehr so stark zu schmecken sind.

Warum braut man hochprozentige Biere? Na weil's so manch einem gut schmeckt. Die Behauptung, dass würde selten gut gehen, finde ich auch wirklich sehr gewagt. Nur weil sie dir nicht schmecken, heißt es nicht, dass sie nicht gut sind. Es gibt leute die mögen süße und geschmacksintensive Biere.

Hochprozentige Biere sind teuer, weil man viele Rohstoffe verwendet und weil man mehr Steuer dafür bezahlen muss. Bezahlt wird ja nach °P je hl, also nach der Menge Zucker in der Würze.

Grüße
Daniel
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Grüße
Daniel
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afri
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Re: Frage zum Alkoholgehalt

#3

Beitrag von afri »

Nochmal in anders: je höher die STW, desto mehr Zucker ist im Gärbehälter. Die Hefe kann jedoch nicht alle Zuckerarten verarbeiten bzw. stellt ihre Arbeit ob ihres eigenen Stoffwechselprodukts ein, sobald es eine gewisse Konzentration hat (Alk). Je mehr Zuckerarten in der Anstellwürze sind, desto stärker wird das Bier, manchmal halt auch etwas süßer, weil die Hefen halt nicht jeden Jeck kennen, der an ihnen vorbei schwimmt oder weil sie am eigenen Pipi sterben (Hefe pisst Ethanol und pfurzt CO2).

Wenn ein Bier besonders viel Ethanol hat, dann war die Hefe besonders fit oder sie fand eine Flüssigkeit vor, die besonders lecker für sie war (ohne sie umzubringen). Der Brauer bestimmt, was drin ist und was die Hefe finden wird: besonders viel vergärbare Zucker oder recht wenig davon. Das ist u.a. der Sinn des Maischprogramms.

Faustformel: viel hilft viel, mit viel Malz bekommt man eine hohe STW, die Temperaturen entscheiden, was für die Hefe zu verknuspern übrig bleibt. Hausaufgabe: welche Rast macht welche Zucker und ermöglicht so eher niedrige oder eher hohe Alkoholgehalte? :-)
Achim
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Boludo
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Re: Frage zum Alkoholgehalt

#4

Beitrag von Boludo »

Je mehr Zuckerarten in der Anstellwürze sind, desto stärker wird das Bier,
:Waa

Da stimmt noch so einiges andere nicht in Achims Beitrag, aber egal.

Ganz kurz: Der Zucker ist nicht im Malz enthalten, sondern wird aus Enzymen im Malz aus der darin enthaltenen Stärke beim Maischen erzeugt.
Dabei entstehen immer ein prozentualer Anteil unvergärbarer Zucker.
Je höher die Stammwürze, desto mehr unvergärbare Zucker absolut gesehen und desto süßer das Bier.

Stefan
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§11
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Re: Frage zum Alkoholgehalt

#5

Beitrag von §11 »

Hi Snowcrash,

der erste Teil deiner Frage wurde ja schon beantwortet. Vereinfacht gesagt, je mehr Malz ich einsetzte, desto mehr Stoffe gehen in Loesung. DIese Stoffe werden als Stammwuerze zusammengefasst, wobei ein Teil vergaerbar ist und ein Teil nicht. Ich kann zwar das Verhaeltnis durch meine Maischarbeit beeinflussen, aber ich kann unvergaerbaren Extrakt nicht verhindern. EIn Teil dieses unvergaerbaren Extraktes schmeckt aber trotzdem sues. Heisst, je mehr Malz, desto mehr Stammwuerze, desto mehr Alkohol aber auch desto mehr (suesser) unvergerbarer Extrakt.

Dagegen kann man etwas tun. Belgische und auch teilweise Englische Brauer setzen zum Beispiel Brauzucker ein. Der erhoeht auch die Stammwuerze und damit den Alkohol, ist aber zu 100% vergaerbar. D.h. diese Biere koennen sie alkoholreich aber trotzdem schlank sein.

Ein weiterer Trick ist ist das "maskieren" der Restsuesse. Das passiert zum Beispiel mit Hopfen. Ein leichtes Pils mit 40 IBU schmeckt sehr bitter, ein Doppelbock mit 18P und 40 IBU dagegen schmeckt sehr ausgeglichen. Je bitterer also ein Bier, desto weniger Restsuess empfinden wir das Bier. Das ist ein Trick bei Stouts, die durchaus auch ordentlich bitter sein koennen. Einen aehnlichen Effekt kann man auch durch die Bittere von Roestmalzen erzielen. Was ja im Stout auch ausgenutzt wird.

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
inem
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Re: Frage zum Alkoholgehalt

#6

Beitrag von inem »

Ein Punkt der noch nicht angesprochen wurde: Alkohole, vor allem höhere, haben auch einen süßen Eigengeschmack, das könnte die spritige Süße sein, die du manchmal wahrgenommen hast. Das hängt einerseits vom Hefestamm und andererseits von der Gärtemperatur ab, welche Alkohole gebildet werden.
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