Warum ticken in Bayern die Uhren anders?
Verfasst: Freitag 17. Februar 2017, 17:35
Nein, nicht noch eine Reinheitsgebot Diskussion!!!
Keine Angst. Ich hatte heute etwas Zeit am Flughafen und hab mir mal die Muehe gemacht in der Zeit zurueck zu reisen und der Sache auf den Grund zu gehen warum die Gesetzeslage so ist wie sie ist und warum sie in Bayern anders zu sein scheint als sie ist. Vorweg, spannend, denn ein Gesetz verweist auf das naechste und es gab auch spannende „Nebenerkenntnisse“.
Erste „Nebenerkenntnis“, es wird oft gesagt das vor dem zweiten Weltkrieg Heimbrauen allgemein nicht mit Biersteuer belegt war. Ich hab gerade gelesen das das nicht stimmt. Bereits im Reichsgesetzblatt 98 vom 26.Juli 1918 steht das Heimbrauer bis 20hl 3 Reismark je hl zahlen und, sie duerfen nur obergaerig brauen.
Kleine Randnotiz, das Gesetz geht los mit:“ Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, Koenig von Preussen X.“ Haha, Pluralis Majestatis.
Egal, aber das ist das Gesetz auf das sich alles gruendet. Das Biersteuergesetz Preussens. Zur Erinnerung, Bayern wurde erst 1871 Teil des Deutschen Reiches.
Das Gesetz schreibt vor das nur Gerstenmalz untergaerig vergoren werden darf. Alle anderen Malze muessen obergaerig vergoren werden. Malz wird definiert als kuenstlich zum Keimen gebrachtes Getreide (der Text hat sich eigentlich bis zum modernen Biersteuergesetz nicht veraendert). Auch damals schon ausgenommen, besondere Biere und Biere fuer die Ausfuhr und auch damals schon, Hausbrauer.
Das Gesetz schreibt auch damals vor das nur solche Produkte Bier unter der Bezeichnung Bier im Verkehr gebract werden duerfen, die nach den oben erwaehnten Vorgaben hergestellt wurden. Bei Zuckerzusatz muss das dem Verbraucher angezeigt werden. Ausserdem musste die Verwendung von Zucker jedes mal drei Tage vorher (in doppelter Ausfuehrung…) angezeigt werden.
So weit so gut. Nun kommt aber der interessante Teil, der naemlich warum in Bayern und Ba-Wue die Uhren anders ticken. Ba-Wue ist mit Gesetz vom 27.3.1919 und Bayern (und Teile Badens) mit Gesetz vom 24.6.1919 dem Biersteuergebiet beigetreten. Damit gilt das Biersteuergesetz auch in diesen Bundeslaendern….
ABER: in beiden Gesetzen wird explizit die Verwendung von Zuckern und auf Zucker basierenden Faerbemtteln unter die Hoheit des jeweiligen obersten Landesfinanzbehoerde gestellt.
Das heisst dadurch koennen sich Brauen in allen anderen Bundeslaendern auf das urspruengliche Gesetz vom 26.6.1918 berufen, ausser in Bayern und Ba-Wue, wo sie von der Gnade der obersten Finanzbehoerde abhaengig sind. (diesmal nicht von Gottes Gnaden)
Sehr interessant.
Jan
Keine Angst. Ich hatte heute etwas Zeit am Flughafen und hab mir mal die Muehe gemacht in der Zeit zurueck zu reisen und der Sache auf den Grund zu gehen warum die Gesetzeslage so ist wie sie ist und warum sie in Bayern anders zu sein scheint als sie ist. Vorweg, spannend, denn ein Gesetz verweist auf das naechste und es gab auch spannende „Nebenerkenntnisse“.
Erste „Nebenerkenntnis“, es wird oft gesagt das vor dem zweiten Weltkrieg Heimbrauen allgemein nicht mit Biersteuer belegt war. Ich hab gerade gelesen das das nicht stimmt. Bereits im Reichsgesetzblatt 98 vom 26.Juli 1918 steht das Heimbrauer bis 20hl 3 Reismark je hl zahlen und, sie duerfen nur obergaerig brauen.
Kleine Randnotiz, das Gesetz geht los mit:“ Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, Koenig von Preussen X.“ Haha, Pluralis Majestatis.
Egal, aber das ist das Gesetz auf das sich alles gruendet. Das Biersteuergesetz Preussens. Zur Erinnerung, Bayern wurde erst 1871 Teil des Deutschen Reiches.
Das Gesetz schreibt vor das nur Gerstenmalz untergaerig vergoren werden darf. Alle anderen Malze muessen obergaerig vergoren werden. Malz wird definiert als kuenstlich zum Keimen gebrachtes Getreide (der Text hat sich eigentlich bis zum modernen Biersteuergesetz nicht veraendert). Auch damals schon ausgenommen, besondere Biere und Biere fuer die Ausfuhr und auch damals schon, Hausbrauer.
Das Gesetz schreibt auch damals vor das nur solche Produkte Bier unter der Bezeichnung Bier im Verkehr gebract werden duerfen, die nach den oben erwaehnten Vorgaben hergestellt wurden. Bei Zuckerzusatz muss das dem Verbraucher angezeigt werden. Ausserdem musste die Verwendung von Zucker jedes mal drei Tage vorher (in doppelter Ausfuehrung…) angezeigt werden.
So weit so gut. Nun kommt aber der interessante Teil, der naemlich warum in Bayern und Ba-Wue die Uhren anders ticken. Ba-Wue ist mit Gesetz vom 27.3.1919 und Bayern (und Teile Badens) mit Gesetz vom 24.6.1919 dem Biersteuergebiet beigetreten. Damit gilt das Biersteuergesetz auch in diesen Bundeslaendern….
ABER: in beiden Gesetzen wird explizit die Verwendung von Zuckern und auf Zucker basierenden Faerbemtteln unter die Hoheit des jeweiligen obersten Landesfinanzbehoerde gestellt.
Das heisst dadurch koennen sich Brauen in allen anderen Bundeslaendern auf das urspruengliche Gesetz vom 26.6.1918 berufen, ausser in Bayern und Ba-Wue, wo sie von der Gnade der obersten Finanzbehoerde abhaengig sind. (diesmal nicht von Gottes Gnaden)
Sehr interessant.
Jan