Bekannt ist auch, dass die regionalen Hauptzollämter die Biersteuergesetz für Hobbybrauer unterschiedlich interpretieren und nicht überall gleich streng auslegen.
Da ich mir bei einigen Fragen unsicher war, hatte ich unser Hauptzollamt im Kiel angeschrieben und überrascht festgestellt, dass ich mit meiner bisherigen Auslegung des Biersteuergesetzes "übertrieben gesagt" schon fast mit einem Bein im Knast stehe.
Ich möchte meine Fragen und die Antworten des HZA Kiel hier kurz veröffentlichen, damit die Hobbybrauer aus SH wissen, welche Maßstäbe unser Hauptzollamt ansetzt.
Themenschwerpunkt "steuerliche Freimenge"
Jens hat geschrieben:Bin ich in der Nachweispflicht, dass ich die gesetzliche Freimenge von 200 Litern Bier/Jahr nicht überschritten, bzw. die Mehrproduktion ordnungsgemäß versteuert habe? Bin ich irgendeiner Form verpflichtet, jeden Brauvorgang zu dokumentieren?
Zoll hat geschrieben: Grundsätzlich ist dem zuständigen Hauptzollamt jeder Brauvorgang vor Beginn anzuzeigen und durch Aufzeichnungen und Belege zu dokumentieren. Da es sich bei Bier um einen Steuergegenstand nach dem Biersteuergesetz (BierStG) handelt unterliegt die Herstellung im Steuergebiet der Steueraufsicht. Es wird zwar als Erleichterung die jährliche Brauanzeige zugelassen, diese beinhaltet aber keinen Verzicht auf die Dokumentation der einzelnen Brauvorgänge. Das in §39b Biersteuerverordnung (BierStV) genannte Belegheft bezieht sich nur auf gewerbliche "Verwender" im Sinne des Biersteuergesetzes und nicht auf "Hersteller" von Bier.
Jens hat geschrieben:Zählen verworfene Sude bei der steuerlichen Freimenge als "gebrautes Bier" oder werden sie nicht berücksichtigt?
Themenschwerpunkt "§ 40Absatz 2, §41 BierStV Absatz 1"Zoll hat geschrieben: Beim Sud handelt es sich nicht um einen Steuergegenstand und wird somit nicht auf die hergestellte Biermenge angerechnet.
Sobald sich das Bier im Gärprozess befindet, also Alkohol enthält, ist die gebraute Menge anzurechnen. Ein Verwurf ist zu dokumentieren. Sie können die geplante Vernichtung des Bieres vor dem Vollzug bei uns anzeigen, damit die Biermenge von Ihrer Freimenge abgezogen wird. Wir sind in diesem Fall berechtigt, beim Verwurf anwesend zu sein.
Die von Ihnen angeführte Regelung in §40 BierStV trifft nicht auf Sie zu, da sich dieser nur auf in "Brauereien" (Steuerlager) hergestellten "Haustrunk" bezieht.
Jens hat geschrieben:Was bedeutet "eigener Verbrauch" in BierStG § 29 Abs. 2 genau? Muss ich demnach mein gesamtes Bier alleine trinken oder darf ich es in privater Runde mit Bekannten teilen? (Hier bitte unter dem Gesichtspunkt beantworten, dass ich mein Bier in der privaten Runde auch selbst trinke.)
Zoll hat geschrieben: Bier gilt zum "eigenen Verbrauch" hergestellt so lange es im eigenen Haushalt verzehrt wird. Die Abgabe an Freunde und somit der Verbrauch in privater Runde im eigenen Haushalt ist als nicht gewerblich zu bewerten.
Jens hat geschrieben:Wie sieht es aus, wenn ich mein gebrautes Bier an Freunde verschenke, ohne es selbst mitzutrinken?
Zum Beispiel möchte ich demnächst eine Literflasche meines Bieres zum Geburtstag verschenken. Muss ich diesen einen Liter versteuern?
Zoll hat geschrieben: Beim Verschenken von selbstgebrauten Bier an Freunde oder Bekannte kann keine Steuerbefreiung gewährt werden. Das Bier wird dann nicht in ihrem Haushalt verbraucht oder verzehrt und gilt somit als in den Verkehr gebracht.
Die verschenkte Menge ist umgehend mit dem Formular 2075 anzumelden und zu versteuern.
Jens hat geschrieben:Ich habe irgendwo gelesen, dass Brauen an öffentlichen Plätzen rechtlich anders bewertet wird und das gebraute Bier in jedem Fall zu versteuern ist. Leider ist mir die Quelle nicht mehr bekannt.
Wie verhält es sich, wenn ich Brauanleitungen oder meine Brauanlage auf Youtube veröffentliche, bzw. Rezepte und Anleitungen in Internetforen publiziere? Gilt Dies aus Ihrer Sicht ebenfalls als "öffentliches Brauen"?
Also Jungs....Zoll hat geschrieben: Das Bierbrauen an öffentlichen Plätzen ist tatsächlich biersteuerrechtlich anders zu bewerten, da dieses nicht "im eigenen Haushalt" geschieht. In diesen Fällen handelt es sich um eine Herstellung ohne Erlaubnis nach § 5 BierStG (Steuerlager) und die Biersteuer entsteht sofort nach § 14 Absatz 2 Nr. 2 BierStG. Die hergestellte Menge ist umgehend mit dem Formular 2075 anzumelden und zu versteuern.
Das Veröffentlichen Ihrer Brauvorgänge auf verschiedenen Plattformen(Youtube usw.) ist rechtlich nicht weiter zu beanstanden.
Ich möchte Sie lediglich bitten, bei der Veröffentlichung auf die verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften und die erforderliche Anzeige beim zuständigen Hauptzollamt hinzuweisen.
Bei uns im Norden sind die Zügel eher kurz. Jeder Liter Bier der verschenkt oder außer Haus getrunken wird muss per 2075 angemeldet werden! Jeder Brauvorgang muss vor dem Brauen angezeigt werden. Dokumentation ist indirekte Pflicht. Man darf sein Selbstgebrautes nur in der eigenen Wohnung legal steuerfrei trinken. Bier mit Infektionen muss man so lange im Keller weitergammeln lassen bis der Zoll dem Verwurf zustimmt oder die verworfene Menge ist steuerpflichtig (bzw. wird von der Freimenge abgezogen).
Ich denke bei diesen Vorgaben macht es durchaus mehr Sinn auf die 200 Freiliter zu verzichten und gleich alles per Formular 2075 anzumelden. Wie das mit dem Anzeigen vor dem Brauen funktionieren klappen soll weiß ich allerdings noch nicht genau. Die Ausschlagmenge (bei definierter Stammwürze) kann ich vorab nur grob schätzen. Da frage ich besser noch einmal beim Zoll nach.
Gruß
Jens