PH Stabilisator

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Dr.Edelherb

PH Stabilisator

#1

Beitrag von Dr.Edelherb »

Hi,

benutzt jemand dieses Zeug: http://www.hobbybrauerversand.de/Five-S ... abilisator
und kann mir sagen wie das funktionieren soll? Geht das nur bei dest. Wasser oder Osmosewasser? Oder kann das wirklich jede Art von Wasser, egal ob hoher oder niedriger PH Wert auf ca. 5,2 PH bringen?
Versteh das net so ganz.
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Flothe
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Re: PH Stabilisator

#2

Beitrag von Flothe »

Hallo,

ich versuche mal eine Erklärung:

Grundsätzlich beruht dieses Mittel auf einem Phosphatpuffersystem. Das setzt sich zusammen aus der schwachen Säure Natriumdihydrogenphosphat (NaH2PO4) und ihrer konjugierten Base Dinatriumhydrogenphosphat (Na2HSO4).
Reines dest. Wasser hat keine Pufferkapazität und pH 7. Es reagiert auf eine Zugabe von Säure oder Base mit einer unmittelbaren Änderung des pH-Werts nach unten oder oben.
Leitungswasser/Mineralwasser ist selbst schon ein gepuffertes System, durch enthaltene Carbonate kann eine gewisse Menge Säure abgepuffert werden, was es mitunter schwierig macht den pH der Maische ausreichend zu senken.

Zurück zum Phosphatpuffer:
Der pH einer Lösung wird eingestellt durch das Verhältnis von Natriumdihydrogenphosphat und Dinatriumhydrogenphosphat. Entscheident für die Pufferkapazität, also die Menge an Säure oder Base, die ein Puffer kompensieren kann, ohne dass sich der pH der Lösung nennenswert ändert hängt hingegen ab von der Konzentration der beiden Bestandteile.
Nun ist das Leitungswasser ja selbst ein Puffer und hat meinetwegen pH 7,4. Wenn nun der Phosphatpuffer zugegeben wird, der in dest. Wasser sofort einen pH von 5,2 einstellen würde, dann wird die pH senkende Wirkung des Puffers nun zunächst ihrerseits abgepuffert. Hier ist dann entscheident, welcher Puffer die höhere Pufferkapazität hat (also die Konzentration der Puffersubstanzen).
Ein Phosphatpuffer, der einen pH von 5,2 einstellen soll, enthält Säure und Base in einem Verhältnis von 100:1; besteht also fast ausschließlich aus Natriumdihydrogenphosphat. Dieses hat eine Molare Masse von 119,98 g/mol. Man soll 8 g von dem Puffer auf einen Liter Brauwasser geben. Das entspricht einer Konzentration von 67 mmol/l. Trinkwasser enthält in Deutschland (z.B. Düsseldorf) vielleicht irgendwas im Bereich von 3 mmol/l Hydrogencarbonat, also eine ganze Größenordnung geringer. Die Eigen-Pufferkapazität des Wassers ist also bei Zugabe dieses Phosphatpuffers recht schnell aufgebraucht, ohne dass die puffernde Wirkung des Phosphatpuffers wesentlich beeinträchtigt wird.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, dieses Zeug kann auch Leitungswasser auf pH 5,2 einstellen und puffern.

LG Florian

PS: Geschrieben nach besten Wissen und Gewissen :Angel Bin für Verbesserungsvorschläge immer gerne offen.

EDIT: Kleiner Fehler im Verhältnis des Puffers. Es sind nicht 1000:1 sondern 100:1

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
Dekoktor
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Re: PH Stabilisator

#3

Beitrag von Dekoktor »

Flothe hat geschrieben:Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, dieses Zeug kann auch Leitungswasser auf pH 5,2 einstellen und puffern.
Ganz herzlichen Dank für diese äußerst fundierte Erklärung!
Allerdings verstehe ich immer noch nicht ganz, was das Puffern des pH-Wertes des Leitungswassers für einn Sinn haben soll.
Mit dem Einmaischen kommt doch mit den ganzen im Malz enthaltenen Mineralien und Säuren ein ganz anderes, sehr mächtiges Puffersystem hinzu. Und wie das genannte Puffen-Präparat dann mit dem Puffersytem des Malzes (und nicht bloß des Rohwassers) interagiert, das ist doch eine ganz andere (und ungleich entscheidendere) Frage. Oder verstehe ich etwas falsch?
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Ladeberger
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Re: PH Stabilisator

#4

Beitrag von Ladeberger »

Ich muss hier wie Dekoktor meine Zweifel am praktischen Nutzen anmelden. Selbst wenn eine Phosphat-Pufferung hin zu 5,2 (oder knapp darüber) in der Maische eintritt und das Produkt damit wie angepriesen funktioniert, könnte das am Ende eine Milchmädchenrechnung sein. Wichtiger als Maische- und Würze-pH ist aus technologischer Sicht nämlich der pH-Sturz bei der Gärung hin zum finalen Bier-pH von +- 4,4. Genau dieser pH-Sturz scheint mir aber mit zusätzlichem Phosphatpuffer bei 5,2 stärker behindert zu werden, was zu einem höheren Bier-pH führen würde.

Ich würde daher die Finger von dem Produkt lassen.

Gruß
Andy
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Flothe
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Re: PH Stabilisator

#5

Beitrag von Flothe »

Ist jetzt rein von mir ins blaue geraten: Verbrauchen die sich vermehrenden Heffezellen die Phosphate nicht in großem Maße für ihr Wachstum?

LG Florian

Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.
- Zitat: Hildegard von Bingen in ihrem Buch über Heilverfahren "Causae et Curae"
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Ladeberger
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Re: PH Stabilisator

#6

Beitrag von Ladeberger »

Ja, aber Phosphat ist schon in Normalwürzen im Überschuss vorhanden. D.h. alles was hier noch zusätzlich kommt, beibt wohl unangetastet.

Gruß
Andy
Troite
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Re: PH Stabilisator

#7

Beitrag von Troite »

Eine Pufferung beim pH 5,2 halt ich nicht nur für überflüssig sondern für höchst unangebracht! Daa senkt vermutlich den EVG da das pH Optimum der Amylasen unterschritten wird. Außerdem verschlechtert es den Schaum aufgrund eines verstärkten Eiweißabbaus. Das schlimmste wäre allerdings der Phosphatabbau. Eine gesäuerte Maische ergibt NICHT zwangsläufig einen tieferen Bier pH, da bei tiefem Maische pH der Phosphatabbau gefördert wid und somit weiterr Puffersubstanzen in Lösung gehen. Damit ist die Würze schließlich DOPPELT gepuffert, was dem unbedingt notwendigen pH Sturz entgegenwirkt.

EDIT: Alle Rechtschreibfehler sind dem Handy geschuldet ;)
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Sura
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Re: PH Stabilisator

#8

Beitrag von Sura »

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Boludo
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Re: PH Stabilisator

#9

Beitrag von Boludo »

Ich war heute bei einem amerikanischen Homebrewer eingeladen und es war ein wirklich netter Brautag.
Lustig war, dass er so ziemlich alles "falsch" gemacht hat: Würze durch die Luft plätschern lassen, Luft unter dem Läuterblech, Roggenmalz ohne Gummirast, Hopfen im Socken kochen und Würze samt Heißtrub in den ldurchsichtigen Fermenter, Trockenhefe auf die Würze streuen und belüften usw. Und es ging los mit genau diesem pH Stabilisator.
Er hat die Menge einfach mit einem Löffel grob abgeschätzt und das Brauwasser wurde sofort trübe.
Das sei normal hat er gemeint. Das Wasser kam aus einem eigenen Brunnern, die Häuser außerhalb der Städte haben alle keinen Wasseranschluss.
Wir haben natürlich noch sein Bier probiert. Ein Strong Porter und einen untergärigen hellen Bock.
Die Biere waren tip top.
Es wäre natürlich sehr interessant gewesen den pH Wert der Biere zu messen.
Dieser Stabilisator scheint hier sehr verbreitet zu sein und die Biere ware geschmacklich tadellos.
Eventuell wären sie das aber auch ohne diesen Puffer gewesen. Soviel ich mitbekommen habe, ist das Wasser in Neuengland relativ weich.


Stefan, der heute natürlich die Klappe gehalten hat
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Re: PH Stabilisator

#10

Beitrag von raistlin »

Boludo hat geschrieben:Hopfen im Socken kochen
Vielleicht war das der entscheidende Faktor :-).
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Re: PH Stabilisator

#11

Beitrag von Tozzi »

Ich zitiere diesbezüglich mal Martin Brungard, den Autor des Brun'Water Tools...
Five Star 5.2 Stabilizer is indicated by its manufacturer to "lock in your mash and kettle water at a pH of 5.2 regardless of the starting pH of your water". Evidence by homebrewers indicates that this product does not produce a mash pH in the preferred room-temperature range of 5.3 to 5.5. That evidence shows this product does produce some pH moderation in waters with high Residual Alkalinity. However, the mash pH tends to center around 5.8 (room-temperature measurement). While 5.8 pH is acceptable, it is at the upper end of the desirable mashing range. The evidence also shows that in waters with low Residual Alkalinity, this product shows little effect on mash pH. Since Five Star 5.2 Stabilizer is a compound with high sodium content, its use will elevate the sodium concentration in the brewing water. High sodium content can be undesirable from a taste standpoint in beer. Proper alkalinity control of mashing and sparging water may produce more acceptable brewing results for most brewers than with the use of 5.2 Stabilizer. To add emphasis to difficulty in using this product, the following conversation posted on Homebrew Talk between noted brewing water expert, AJ DeLange and the chemist from Five Star Chemical regarding their 5.2 Stabilizer product. "Tipped a few last night with the chemist who designed this product and was able to confirm that it is indeed a mix of phosphates (mono and di basic) that accounts for the presence of the malt phosphate. This is something I have long suspected and am pleased to have finally confirmed. Good manners prevented me from pressing him on it's efficacy and suitability relative to the statement on the label. But his comments on it were basically that most brewers shouldn't use it/need it and that it was put together for a particular brewery that had variable source water and no desire to make any effort to track that variability."
Normalerweise kommt man damit also wohl in die Gegend um pH 5,8.
Gleichzeitig erhöht das Mittel die Na+ Konzentration.
Ein Angestellter des Herstellers sagt sinngemäß und sehr frei übersetzt: "Die meisten Brauer sollten das nicht benutzen/brauchen; es wurde ursprünglich entwickelt für eine spezielle aber nicht näher genannte Brauerei, deren Wasser starken Schwankungen unterliegt und die keine Lust hatte, sich darauf in irgend einer Weise einzustellen".

Wär ja auch zu schön um wahr zu sein, ganz ehrlich...
Ganz so einfach ist es halt (leider?) doch nicht.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Alt-Phex
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Re: PH Stabilisator

#12

Beitrag von Alt-Phex »

Das war bestimmt dieses ominöse Felsquellwasser mit der schwankenden Qualität :Greets
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

"Viele Biere werden am Etikettierer gemacht"
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