Verständnisfrage Milchsäure

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herrpaul
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Verständnisfrage Milchsäure

#1

Beitrag von herrpaul »

Nachdem das Wasser in meiner Wohnung durch eine zentrale Wasserenthärtungsanlage läuft, und das zum Brauen ja alles andere als optimal sein soll, habe ich mir für die letzten drei Sude das Wasser aus einer Nachbargemeinde geholt, lt. Wasserbericht mit diesen Werten:

http://maischemalzundmehr.de/index.php? ... s1=Pilsner

GH 11.6, KH 9.3, RA 6.5°. Mit Tröpfchentests kam ich auf GH 12 und KH 9, das dürfte also passen. Für die ersten beiden Sude mit diesem Wasser habe ich es so gelassen wie es ist, nur beim Letzten wollte ich jetzt probieren die RA mit 80%iger Milchsäure abzusenken. Ich habe 2 Eimer mit je 22,5 Liter Wasser mit je 3,5 ml Milchsäure behandelt, das sollte eine RA von ca. 2° ergeben. Ich habe das Wasser dann so zum Brauen verwendet, und zwischendurch ist mir eingefallen, dass ich mit den Tröpfchentests nachschauen könnte, wie sich die Milchsäure genau ausgewirkt hat. Das Ergebnis: GH 7-8, KH 7-8.

Bis dahin hatte ich gedacht ich hätte es verstanden, jetzt bin ich wieder verwirrt. Laut Faustformel RA = KH - GH/4 sind das noch immer 5.6° RA. Ich frage mich (bzw. euch):

1) Sollte nicht die GH gleich bleiben, und die KH viel tiefer gesunken sein?
2) Hätte ich der Milchsäure länger (mehr als ca. 1h) Zeit geben müssen um ihr Werk zu vollbringen? Reicht reinspritzen und umrühren nicht aus?

Festhalten muss ich noch, dass ich das unbehandelte Wasser nur beim ersten Mal getestet habe, also nicht das tatsächlich behandelte Wasser vor der Behandlung (beim nächsten Mal dann). Es stammt aber aus demselben Hahn, ist vor dem Brauen 3 Tage in Eimern gestanden.
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Bergbock
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#2

Beitrag von Bergbock »

Eigentlich sollte sich die GH überhaupt nicht ändern. Durch Zugabe von Milchsäure machst Du lediglich aus Hydrogencarbonat CO2, das ausgetrieben wird, sonst nix.
Der Gehalt an Ca/Mg ändert sich ja damit nicht und da der Tröpfchentest für die GH eigentlich eine komplexometrische Erdalkali-Titration ist, ist bei Deiner Messung / Bestimmung irgendwas wohl schief gelaufen.

Die Carbonathärte müsste aber in der Tat deutlich reduziert sein. Dies sollte sich auch im Tröpfchentest widerspiegeln, schliesslich ist dieser Test eine Säure-Base Titration.

Vielleicht wiederholst Du den Test mal.

Gruss!
Frank
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herrpaul
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#3

Beitrag von herrpaul »

Ich seh schon, ich werde den Test am nächsten Brautag wiederholen müssen (das Wasser ist 35 km weit weg, daher hol ich es mir nur wenn ich es brauche).

Interessieren würde mich trotzdem noch, wie schnell die Milchsäure das Hydrogencarbonat in Wasser und CO2 umwandelt. Geht das in Sekunden oder Minuten, oder sollte man das Brauwasser z.B. schon am Vortag behandeln? Bei der kleinen Menge Milchsäure auf die große Menge Wasser fragt man sich ja schon, wie schnell sich das "durchfressen" kann, vor allem wenn man nicht großartig rührt. Interessanterweise finde ich zu dem Thema nichts.
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Bergbock
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#4

Beitrag von Bergbock »

Kurz umrühren, um eine vollständige physikalische Vermischung zu gewährleisten, das ist alles.
Der chemische Teil (Säure-Base-Reaktion) geht unmittelbar.
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Boludo
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#5

Beitrag von Boludo »

Neutralisationen sind so ziemlich die schnellsten chemischen Reaktionen, die es gibt.

Stefan
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#6

Beitrag von wfritz »

Ich habe gestern den Test gemacht. 4 l Trinkwasser mit 18°dH Gesamthärte und 13°dH Carbonathärte (eigene Messwerte) => RA = 8,5. Anschließend 0,8 ml 80%-ige Milchsäure dazugegeben, kurz gerührt u. wieder gemessen. Ergebnis: 18°dH Gesamthärte blieb unverändert, die Carbonathärte ist auf 10°dH abgefallen => RA = 5,5. Berechnung über MaischeMalzundMehr ergab RA = 4,2. Somit konnte ich feststellen, dass tatsächlich, wie es in der Theorie erwartet wird, bei Milchsäurezugabe nur die Carbonathärte abfällt.
Ich werde künftig mein Brauwasser mit Milchsäure "enthärten" und zwar 3 ml auf 18 l Hauptguss. Damit reduziere ich den RA auf 5°dH was für ein helles, obergäriges Bier (z.B. Weizen) reichen müsste. Oder was meint Ihr dazu??
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Boludo
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#7

Beitrag von Boludo »

Hallo wfritz,

für ein Weizen ist das sicher ok.
Bei hopfenbetonten Bieren würde ich aber weiter runter gehen, bei Pils sogar leicht in den negativen Bereich.
Der MMuM Rechner rechnet Dir ja anhand der Schüttung den ungefähren Maische pH aus, daran kannst du Dich auch noch orientieren.
Falls Du Probleme mit zu viel Magnesium oder Nitrat hast, hilft die Milchsäure allerdings nur noch bedingt weiter.

Stefan
wfritz
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#8

Beitrag von wfritz »

Hallo Stefan,
Magnesium liegt bei 9,8 mg/l und Nitrat bei 3,3 mg/l. Ich kann leider nicht beurteilen, ob das für's Bierbrauen problematisch ist. Vielleicht kannst Du mir einen Tipp geben?
Gruß Wfritz
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Boludo
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#9

Beitrag von Boludo »

Das ist vollkommen save :thumbup

Stefan
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herrpaul
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#10

Beitrag von herrpaul »

So, da der nächste Brautag ansteht habe ich mir wieder Wasser geholt und das Experiment wiederholt, diesmal aber auch das Originalwasser mit den Tröpfchentests gemessen.

Vorher hatte ich GH=12 und KH=9, was zu meiner früheren Messung und der Wasseranalyse (GH=11.6 und KH=9.3) passt. Dann wieder 3,5 ml 80%ige Milchsäure in 22,5 Liter Wasser eingerührt, kurz gewartet und die Tests wiederholt.

Die GH lag bei 11-12 und die KH bei 6-7 (Farbumschlag jeweils eher uneindeutig zwischen zwei Tröpfchen). Das ergäbe lt. Faustformel eine RA von 3 - 4.25. Laut den üblichen Rechnern hätte ich bei einer RA von 2 landen sollen.

Die Messungen liegen jetzt also zumindest in der Nähe des erwarteten Ergebnisses. Die Abweichungen bei den einzelnen Werten lassen sich wahrscheinlich durch die Ungenauigkeit des Tröpfchentests erklären (kaum vorstellbar, dass jedes Tröpfchen immer exakt gleich groß ist). So genau muss man es ja wahrscheinlich eh nicht nehmen. Hanghofer hat bei den Rezepten meist nur "RA < 10", "RA < 5" oder "RA <= 0" - ich würd dann halt bei ersterem mein unbehandeltes Wasser nehmen, bei zweiterem das aus obigem Experiment und für letzteres die Milchsäauregabe auf 5-7 ml auf 22,5 Liter Wasser erhöhen. Klingt das vernünftig?

Die anderen Werte sollten eh passen, oder?
Sulfat: 32 mg/l - Magnesium: 15 mg/l - Chlorid: 26 mg/l - Natrium: 15 mg/l
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#11

Beitrag von schuessm »

Wo bezieht ihr die Milchsäure?
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Duke
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#12

Beitrag von Duke »

Bei meinem Händler.
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herrpaul
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#13

Beitrag von herrpaul »

Ich hab sie von "Hopfen und mehr" (hobbybrauerversand.de). Gibt's aber wohl z.B. auch bei amazon oder in der Apotheke.
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ggansde
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#14

Beitrag von ggansde »

Moin,
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#15

Beitrag von schuessm »

Danke für die Info. Ja bei Amazon bin ich mir nicht sicher ob man diese wirklich verwenden kann oder ob es da von der Reinheit her einen Unterschied gibt. In der Apo wollten die bei mir für 125ml 12 Euro, war mir zuviel ;-) Werde sie wohl bei der nächsten Bestellung bei HuM mitbestellen
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afri
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Re: Verständnisfrage Milchsäure

#16

Beitrag von afri »

Ich habe Milchsäure 80% im Reformhaus gekauft, ich glaube 125ml für ca. 6 EUR. Gibt's hier im Norden aber nicht überall, da hier keine klassische Mostgegend ist.
Achim (im Weserbergland wohnend)
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