Was ist eine Rohfruchtmaische??

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FloMeGue

Was ist eine Rohfruchtmaische??

#1

Beitrag von FloMeGue »

Hallo liebe Braufreunde,

kann mir mal jemand sagen was eine Rohfruchtmaische ist? Habe folgendes Rezept vor mir:
& außerdem: gibt es Haferflocken-Malz oder sind das echte Haferflocken? :Waa

Maischen:
Haferflocken als Rohfruchtmaische kalt ansetzen und zum Kochen bringen, gut 30 Minuten kochen.
Einmaischen 55°C
Eiweißrast 55°C - 15min
Dann beide Teilmaischen zusammenführen (ergibt ca. 65°C). Knapp eine Stunde gut isoliert rasten, regelmäßig rühren.
20% Dickmaische abziehen, zum Kochen bringen und zehn Minuten kochen. Dann wieder zubrühen, ergibt ca. 72°C (wenn zu heiß, notfalls etwas Kaltwasser nachgeben). 40 Minuten gut isoliert rasten.

Freue mich auf eure Antworten & vielen Dank schonmal vorab!!
JanBr

Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#2

Beitrag von JanBr »

Rohfrucht ist unvermälztes Getreide. Hier sind es Haferflocken. Die werden häufig vorverkleistert, weshalb sie separat eingemaischt werden. Da Rohfrucht keine Enzyme hat, braucht man eine "normale" Maische zum verzuckern oder muss Enzyme zusetzen.

Gruß

Jan
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tauroplu
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#3

Beitrag von tauroplu »

Und ja, es gibt Hafermalz.

Gruß
Michael
Beste Grüße
Michael

„Lass die anderen mit Fichten- und Tannensprossen würzen, der Hopfen ist das Beste, was die Natur uns bietet.“
Aus "Das Erbe des Bierzauberers" von Günther Thömmes, Gmeiner Verlag
christoph83
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#4

Beitrag von christoph83 »

Rohfruchtmaische funktioniert ein wenig wie eine Dekoktion, nur dass eben der größere Anteil an Feststoffen die Rohfrucht ist. Kann man auch praktischerweise zum Erreichen der ersten Rast zur Hauptmaische zubrühen wenn alles schön gekocht ist und dann weitermaischen wie gewohnt. Im Gegensatz zur normalen Dekoktion ist es aber nicht ratsam, bei Erreichen der Kochtemperatur mit dem Rühren aufzuhören, das kann dann ganz schnell zu ungewollten Röstaromen führen.
Wichtig ist ein Anteil an diastasetarkem Malz in der Rohfruchtmaische zu haben, sprich entweder Pilsner oder Pale, 2-row oder (historisch angeblich am Authentischsten) 6-row - die letzten beiden Malze werden einem hierzulande aber weniger begegnen. Das dient dazu, dass die gelöste Stärke bei den entsprechenden Rasten gespalten wird und nicht mehr für das Reaktionsgleichgewicht "nicht verkleistert <-> verkleistert" zur Verfügung steht. Ich persönlich finde, wenn man über 10% Rohfrucht verwendet, dann ist die Rohfruchtmaische weniger Aufwand als bloßes Kochen (your mileage may vary).
Falls ich mich unklar ausdrücke bitte ich um einen Wink mit dem Zaunpfahl.
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FloMeGue

Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#5

Beitrag von FloMeGue »

http://meinsudhaus.de/bier-rezepte/ober ... sten-bier/

ich möchte es gerne wie in diesem Rezept versuchen - jedoch bin ich mir nicht sicher wie ich vorgehen soll, da ich so etwas noch nie vorher gemacht habe.
Ich benötige in diesem Fall 1,2 kg Haferflocken. Diese muss ich in kaltes Wasser geben, aufkochen und 30 Minuten lang kochen lassen, danach zu der normalen Maische geben - verstehe ich das richtig oder steh' ich auf dem Schlauch? :Mad2
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#6

Beitrag von christoph83 »

Ja, aber mit derart viel Haferflocken wird das ein ziemlich dicker Brei wenn dus nur kochst. Wenn du noch keine Dekoktion gemacht hast, dann lies dich da mal ein, es hilft ungemein beim Brauen insgesamt, wenn man da Bescheid weiss - und es ist wesentlich weniger arkan, als einen das gewisse v.a. Englischsprachige Foren weismachen wollen (ich hab mangels Kapazitäten nolens volens so begonnen und kann den Trara rundherum nur eingeschränkt nachvollziehen).

Ich empfehle für dein Rezept folgendes (kannst dann im Endeffekt mit jeder beliebigen Rohfrucht so machen):

Haferflocken mit 300g PiMa und der genannten Wassermenge kalt aufstellen. Dann durchläufst du die Rasten der normalen Dekoktion (ich mach immer 55 Grad bei eiweissreicher Frucht, kann man aber überspringen, dann 62 für 10 minuten, 70 für 15 minuten, dann für die angegebene Zeit kochen) und brühst das Ganze zur Hauptmaische, die du ja bereits auf die angegebene Temperatur gebracht hast. Das sollte dann die im Rezept beschriebene Temperatur ergeben. Während der Rohfruchtmaische wirst du bemerken, dass der Patz immer dünnflüssiger wird, dunkler, und bei Verkostung, auch süßer. Weil sich die niedermolekularen Zucker, die bei den Rasten entstehen, wesentlich besser lösen merkst du, dass das Umrühren entgegen aller Erwartungen nicht mühsamer wird, manchmal sogar leichter. Wenn du mal Pudding gekocht hast, dann weisst du ja, wie die Stärkeverkleisterung auch aussehen kann, jetzt stell dir mal vor, es sind nicht die paar EL Puddingpulver sondern über ein Kilo Haferflocken (oder Polenta, Reisschrot, Dinkel, Buchweizengrütze, Weizen, Hirse, Amaranth, Edelkastanien, Reis, Einkorn... Welten tun sich auf).
Noch ein Tipp zum Hafer: fast immer lässt sich das Ergebnis verbessern wenn man den ein wenig im Backrohr toastet, versuchs mal mit kleinem Mengen und genieße den Keksduft, der dann durch deine Küche schwebt.
Beware: Brews off-style!
FloMeGue

Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#7

Beitrag von FloMeGue »

Also noch mal zusammengefasst:
300g Haferflocken auf 5 Litern Wasser kalt ansetzen
55°C - ca. 15 Minuten
62°C - ca. 10 Minuten
70°C - ca. 15 Minuten
dann 30 Minuten kochen, danach zur Hauptmaische zufügen.
christoph83
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#8

Beitrag von christoph83 »

Damit erziele ich jedenfalls ganz gute Ergebnisse. Durchforste doch mal das Wiki, vielleicht findest du noch die Lieblings,ethode von jemand anders, es ist immer besser mehrere Wege nach Rom zu kennen.
Beware: Brews off-style!
FloMeGue

Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#9

Beitrag von FloMeGue »

Ich habe in den letzten Tagen vergeblich im Internet gestöbert & werde daraus irgendwie nicht schlauer.. :thumbdown
Deshalb habe ich noch ein paar Fragen auf die ihr vielleicht Antworten wisst:

1.) Kann man die Rohfrucht auch normal mit dem Malz maischen ohne sie vorher seperat zu verkleistern - oder macht das gar keinen Sinn?
Bsp. dieses Rezept für ein Stout: http://maischemalzundmehr.de/index.php? ... rtype=DESC
Dabei steht nichts ob die Rohfrucht seperate Behandlung gebraucht hat...

2.) Wie dosiere ich die Rohfrucht? Habe gehört mehr als 20 % der Gesamtschüttung sollten es nicht sein.
Hat beispielweise 1000g Pilsner Malz auf Wasser die gleiche Wirkung wie die Zugabe von 1000g Haferflocken?

3.) Ist die Dosierung von den unten Aufgeführten Rohfruchtvarianten gleich oder ist bei den verschiedenen Sorten etwas besonders zu beachten?

Rohfrucht Wirkung/Einsatz
Gerste bessere Schaumverhalten, geringerer Endvergärungsgrad, schlechtere Filtrierbarkeit, Gefahr der Trübung
Weizen besseres Schaumverhalten, geschmackliche Abrundung
Hafer cremiger, schwerer Schaum, erhöhte Vollmundigkeit, feines, nussiges Aroma, für helle und dunkle Biere
Mais (Maisflocken) süßlich-vollmundige Biere
hoggel1
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#10

Beitrag von hoggel1 »

Hallo,

zu 1.: Haferflocken sind eigetlich Vorverkleistert. Ich habe bis jetzt dieses Rezept genutzt, da muss man nix vorverkleistern. Bei anderen Rezepten mit Haferflocken bin ich auch so vorgegangen. War kein Problem.

zu 2.: Bitte nochmal informieren, was für auswirkungen die Zutaten haben.

zu 3.: Nach Paracelsius: "Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift; allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei" - Was hast du vor?

MfG
Thomas
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Uwe12
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#11

Beitrag von Uwe12 »

Ob ich eine echte Rohfrucht-Vormaische anwerfen muß oder die Rohfrucht auch direkt mitmaischen kann, versuche ich aus der Verkleisterungstemperatur aus der Tabelle auf dieser Seite zu ermitteln.
Da finde ich bei Hafer und Gerste eine typische Verkleisterungstemperatur von 56-62°C, die kann man also mitmaischen, da sie im ganz normalen Maischvorgang mit verkleistert.

Bei echter (!) Maisrohfrucht ginge das nicht so einfach, da sind es obere Werte von 70-87°C. Maisrohfrucht wäre hier das gemahlene, Maiskorn bzw. nicht weiter bearbeitetes Maismehl.

Bei Polenta ist das Maismehl bereits (länger?) vorgekocht, hat also schon eine gewisse Verkleisterung erfahren.

Vom "Guck" her sind Maisflocken auch nicht aus einem "ganzen" Maiskorn gequetscht, sondern wohl so ähnlich wie Cornflakes aus einer Art breiigen Masse gepreßt.
...wie genau Maisflocken gemacht werden, weiß ich aber nicht (Sendung mit der Maus?).
Üblich sind flockenförmige Rohfruchten durch dämpfen vor dem (heißen?) Quetschen weich gemacht und somit zu einem gewissen Grad bereits verkleistert.
Solche Rohfruchtflocken kann man meist ohne Probleme mitmaischen und wird auch jodneutral.

...was anderes wären selbst gemachte Rohfruchtflocken aus einer Flockenquetsche...die würde sich über glasharten Mais aber auch zurecht beschweren! :Wink

Zu den Mengen: i.A. sind 30% Rohfrucht in der Gesamtschüttung noch (gut) zu verarbeiten.
Bei einer Rohfruchtvormaische kann man auch mehr als 1:1 Rohfrucht:Malz nehmen, sollte dabei aber deutlich mehr Wasser nehmen, als bei einer normalen Schüttung.
So etwa die 6-fache Menge Wasser zur Schüttung sind ein ganz guter Anhalt...damit kann man auch zur Not noch Rohfrucht ganz ohne Malz kochen.

Außer Mais, der einen gewissen, süßlichen Geschmack nach "Maiskölbchen" in die Würze bringt, sorgen große Schüttungsmengen an Rohfrucht eher für eine merklich geschmackliche Leere.
Das kann auch gewollt sein. Reisrohfrucht z.B. macht wohl ein geschmacklich sehr leichtes Bier. Heavybyte (altes Forum) hat in seinem Pils erfolgreich Reisrohfrucht verwendet, da er einen leichten Geschmack (im Ggs. zu ausgeprägter "Vollmundigkeit") in seinem Pils haben wollte.

Gerstenrohfrucht mag ich nicht. Zumindest wenn ich Futtergerste gequetscht verwendet habe (also keine Flocken), machte sie einen "harten" (unangenehm kernigen?) Geschmack.
...Vorsicht bei längeren Kochvorgängen von Gerstenrohfrucht! Bei größerem Schüttungsanteil und ab etwa 30 Minuten Kochzeit kann die Läutergeschwindigkeit erheblich (!) leiden!
Weizenrohfrucht "rundet" den Geschmack für mich eigentlich wenig ab, es ist ein relativ geschmacksneutraler Stärkelieferant, der sich sehr einfach einsetzen läßt.
Den oft zitierten "nussigen" Geschmack bei Haferflocken konnte ich noch nicht feststellen, schmecke das aber vielleicht nicht recht heraus oder weiß nicht , "nach was" ich da geschmacklich "suchen" muß.
Mais habe ich schon erwähnt - ich liebe Mais in der Schüttung...man muß ihn aber mögen und manche Hobbybrauer haben ihn irgendwann "über".
...abraten (oder besser zur Vorsicht raten) möchte ich von Hirse: die brachte bei meinem Versuch eines Mehrkornbieres einen unharmonisch-schärflichen Geschmack rein.

Allgemein: taste Dich an die Einsatzmengen von Rohfrucht heran.
Mal ein Pfund Haferflocken in einem 20ltr-Versuchssud sind problemlos zu verarbeiten und erlauben vielleicht schon einen geschmacklichen Vergleich.
Zur weiteren Abrundung kann man Rohfrucht recht gut im Backofen anbacken/rösten. Dann aber auf jeden Fall an die Einsatzmengen bzw. Röstzeiten von unten herantasten! :Smile

Uwe
FloMeGue

Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#12

Beitrag von FloMeGue »

Vielen Dank schon mal für die guten Antworten - die haben gut geholfen. Eine Frage hätte ich trotzdem noch:
Wirkt sich die Rohfrucht NUR auf z.B. die Schaumstabilität aus oder hat sie ebenfalls Einfluss auf den Alkoholgehalt des Bieres?
Gruß
Flo
christoph83
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Re: Was ist eine Rohfruchtmaische??

#13

Beitrag von christoph83 »

Je nach Art der Rohfrucht. Gerste wird im Englischen zu den "head grains" gezählt, da sehr schaumstabilisierend. Reis und Mais bringen kaum Eiweiß mit, verschlechtern daher die Schaumstabilität. Mais und Reis werden auch dazu verwendet, Biere "auszudünnen", die Vollmundigkeit des Maises kann ich nicht nachvollziehen (Vollmundigkeit bei maishältigen Schüttungen find ich schwierig herzustellen) und wird bei vielen industriellen Brauereien auf aller Welt v. A. als billiger Stärke=Alkohollieferant angesehen.
Das "nussige" bei den Haferflocken hab ich auch noch nicht bemerken können. Eventuell ein gewisser keksartiger Geschmack bei getoasteten Flocken.
Grundsätzlich stimmt es, dass die meisten kommerziell erhältlichen Flocken herstellungsbedingt vorverkleistert sind und daher keine Rohfruchtmaische benötigen, ich hab halt gute Erfahrungen gemacht, sogar so weit, dass ich finde, ab ca. 10% spart es mir Zeit gegenüber der sehr langen Konversionsdauer beim bloßen mitmaischen. Muss aber nicht zwangsläufig bei kedem so sein. Ebenso wie natürlich - auch da geb ich den Vorredndern recht - grade exotischere Getreidesorten natürlich Geschmackssache sind. 15% getoastete Rispenhirse in meinem Hakuna Matata Safari Ale haben aber zumindest bei meinen Gästen den Griff zur zweiten Flasche verursacht.
Hier sind viele gute Tipps präsentiert worden. Allerdings rate ich zu eigenen Experimenten: erstens kann sich so manches als Ausrüstungsbedingt darstellen und bei dir daher ganz anders verlaufen als bei den Kollegen. Zweitens machts Riesenspaß, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und was zu brauen, wad du sonst nirgends kriegst.
Edit: Besorg dir das Buch "Radical Brewing" von Randy Mosher. Im Gegensatz zu dem was du in amerikanischen Foren liest eignet es sich durchaus für Anfänger - Vorausgesetzt man hat Erfahrung mit dem Maischen und macht nicht alles mit Extrakten.
Beware: Brews off-style!
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