ich möchte das Thema Caramalz gerne aus dem Strang Das brau!magazin Ausgabe Frühjahr 2017 rauslösen und speziell zum Artikel Caramalze und ihre Endvergärungsgrade in unterschiedlichen Schüttungsverhältnissen noch ein paar Anmerkungen machen. In einem eigenem Thread lässts sichs besser diskutieren und der Themenstrang ist über die Sufu besser wiederzufinden.
Im oben genannten Thread wurden bereits einige Dinge diskutiert bzw. angesprochen. Ich fasse das Wesentliche nochmals zusammen:
- Das Süßempfinden betreffend ist "Zucker" nicht gleich "Zucker". Die Wechselwirkung der Zucker untereinander spielt diesbezüglich ebenfalls eine Rolle.
- Der verbleibende (unvergärbare)Restextrakt ist dem Brauer in seiner Zusammensetzung unbekannt und in der Folge auch wie diese verbleibende Restextraktmenge auf ein Süßempfinden bei gleicher Konzentration wirkt. Tendenziell gilt für das was wir für gewöhnlich unter Zucker verstehen, dass kürzere Molekülketten süßer wahrgenommen werden als längere. Fructose nimmt die Rolle des Spitzenreiters ein, während Glucose nur noch halb so süß schmeckt und Maltose nur noch halb so süß wie Glucose. Saccharose(Haushaltszucker) liegt zwischen Glucose und Fructose(ca. Angaben). Für kurzkettige-, langkettige- und Grenzdextrine wird die Lage insgesamt undurchsichtig, bleiben sie als "nicht vergärbar" zurück.
- Die Geschmacksschwelle von Saccharose ist sehr gering. Schon bei einer Konzentration von 0,05-0,1% Saccharose wird der Geschmackseindruck "süß" wahrgenommen.
- Karamellisierung beginnt für die im Malz oder in der Würze vorherrschenden Zucker(Glucose, Maltose) erst bei 160°C und für gewöhnlich ohne Beisein von Wasser(Wikipedia, FoodInfo, hier im Forum). Andere Branchen beschreiben den Vorgang der unterhalb von 130°C stattfindet mit "glasieren". Charakteristisch für "glassieren" ist, dass noch keine Farbzunahme und keine Aromatisierung stattfindet.
On top kommt was Berliner(Jörg) in seinem Artikel Karamellmalze formuliert. Zitat:
"[...]auch wenn Karamellmalze verschiedener Hersteller die gleiche Farbe besitzen, können sie durch die vielen Variationsmöglichkeiten, die sich während des aufwändigen Vermälzungsprozesses bieten, große Unterschiede aufweisen[...]"
Bedeutet für uns und in der letzten Konsequenz, dass das was wir meist in kleinen Säckchen geliefert bekommen "irgend etwas in einer bestimmten Farbe ist". Wir sind aber ganze Kerle und trauen und trotzdem bis zu 20% davon in einem Rezept zu verbauen und reissen die Arme hoch 'wenns was wird, wenns' nix wird, ist biergesellig der Schuldige schnell gefunden ;-)
Nach dem ich mich die letzten Wochen in das Thema "reingeschafft" habe und so nach und nach die Ergebnisse eingetrudelt sind hab ich mich schon so manches mal gefragt, was denn bitteschön Caramalz überhaupt sein soll - vor allem im Abgleich zu dem was für gemeinhin und im chemischen Sinne unter "Karamellisierung" verstanden wird. So recht und auf die Schnelle sollte sich kein Konsens finden:
"ist da überhaupt Karamell drin" war die Frage und als Antwort kam aus Fachbüchern, Internetressourcen und aus Aufzeichnungen zurück: "keine Ahnung".
Weiterführend hab ich darüber nachgedacht, warum in Malzkontrakten für "CaraMalz" nicht verankert ist, wie viel "Karamell" min. darin enthalten sein muss - sind doch sonst aller Parameter bis auf die 2. Nachkommastelle genau festgeschrieben. Es schleicht sich der Anfangsverdacht ein, dass an dieser Stelle der Brauer den Mälzer und der Mälzer den Brauer in Ruhe lässt. Seitens des Brauers wird im Besten Falle eine gewisse "Farbtreue" eingefordert - recht viel mehr aber nicht.
Drumherum ist ein ganzer "Hype" entstanden und "Brauer" weiß eigentlich gar nicht so genau mit welchem Rohstoff er da hantiert, integriert aber trotzdem 20%(Hausnummer) davon in seine Schüttungskomposition, lässt seiner implizierten Phantasie freien Lauf und hofft entlang einer positiven Behaftung des Rohstoffs "Cara" auf ein gutes Gelingen. Ein akademisches und hinterfragendes Wirken bis in alle Untiefen hinein, würde ich mir an dieser Stelle mehr als wünschen.
Auch wenn ich vom Konzept "CaraMalz" nicht gänzlich überzeugt bin, möchte ich aber trotzdem eine Lanze brechen:
Im o.g. Artikel klingt schon zwischen den Zeilen an, dass ein "Caraeinsatz" für zu mächtige Bierkörper immer dann herhalten muss, wenn er alleine als Schüttungsanteil im Rezept auftaucht.
Recht und billig ist hier der Fingerzeig: "die 10% Cara sind Schuld".
Ganz so einfach ist die Sache nicht und ich möchte das gerne mal' an einem fiktiven Beispiel erklären:
Eine Würze mit 20% Cara in der Schüttung wird zweigeteilt und mit zwei unterschiedlichen Hefestämmen vergoren:
Vom Hefestamm A wissen wir, dass er Einfach-, Zweifach- und Dreifachzucker vergärt und er wird laut Hersteller mit einem EVG von 82% gehandelt.
Vom Hefestamm B wissen wir, dass er Einfach-, Zweifach- und bedingt Dreifachzucker vergärt und er wird laut Hersteller mit einem EVG von 75% gehandelt.
Es ergibt sich, dass Hefestamm B einen "Restextrakt" in der Würze hinterlässt, den Hefestamm A durchaus hätte vergären können. Im Ergebnis wird das Bier das aus Hefestamm B vergoren wurde süßer schmecken als das Bier das aus Hefestamm A vergoren wurde(s.o.). Im Schulterschluss fragt man sich, welche Rolle der Schüttungsanteil CaraMalz in solch einem Szenario einnimmt und die Antwort ist klar: keine.
Die Differenz im EVG, hier im Beispiel 7 %, wird in solch einem Szenario immer die Selbe bleiben, ob die Würze nun mit oder ohne Caramalz hergestellt wurde spielt dabei überhaupt keine Rolle.
Auch ein gezieltes Maischen in die ein oder andere Richtung wird daran nichts ändern - hier wird nur das Gesamtpotential festgelegt, nicht aber eine absolute Extraktdifferenz, die sich final nur aus der Genetik der different gewählten Hefestämme bestimmt.
Die Sachlage ist also nicht ganz so einfach und sie lässt sich auch nicht via Kausalattribut auf die Schnelle klären - ich denke aber schon, dass so mancher Caraeinsatz hat für Dinge herhalten müssen, für die er am Ende nichts konnte :-)
Gruß
Oli
Edith, mein Schatz, es tut mir leid: ich hab hier und da rumgeschusselt.