Hefe Abtöten möglich?

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Chugx
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Hefe Abtöten möglich?

#1

Beitrag von Chugx »

Seit meinem letzten Honigbier frage ich mich, wie man es schaffen könnte, vom Honig etwas Zucker zur Süßung im Bier zu behalten.

Das Problem ist klar, die Hefe zersetzt den Zucker, also dachte ich mir, wäre es möglich, die Hefe nach der HG im Jungbier einfach vollständig abzutöten, so dass nachträglich eingebrachter Zucker (Honig) nicht mehr vergoren wird? Da ich eh mit CO2 Flaschen diee Kohlensäure rein bringe, wäre das schon mal kein Problem.

Aber ist so was überhaupt denkbar? Gibt es das vielleicht sogar schon? Oder klappt das nur in meinen Gedanken.

Meine Überlegung ging in zwei Richtungen, Hitze oder Kälte.
Hitze wäre ja vermutlich wirkungsvoller, aber da ist dann das Problem mit dem Alkohol, der geht mir ja irgendwann flöten. :thumbdown
Also höchstens auf die 65°C erhitzen, aber würde das reichen, mir alle Hefezellen zuverlässig zu killen?

Alternative wäre einfrieren. Die Eiskristalle zerstören ja auch die Zellen, aber auch hier die Frage, wie zuverlässig würden alle sterben? Oder überleben das welche, was ja dann zur ungewollten, unkontrollierten Nachgärung führen würde.

Das Ganze beschäftigt mich schon seit ein paar Tagen, aber im Forum habe ich leider nichts dazu gefunden.
Auf den Zweig hat mich übrigens dieser "Odin Trunk" gebracht, der ja auch Bier mit Honig ist, aber extrem Süß schmeckt.

Würde mich über ein paar Meinungen der reversierten Brauexperten hier freuen. :Drink

Liebe Grüße Jakob
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§11
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#2

Beitrag von §11 »

Normalerweise zuckerst du solange auf bis der Alkoholgehalt so hoch ist das die Hefe mit der Arbeit aufhört. Dann bleibt der Zucker erhalten.

Wahlweise kannst du den Alkohol auch so zugeben. Schau mal wie Portwein gemacht wird.

Jan
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Oldbag
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#3

Beitrag von Oldbag »

Moin,

Radio Jerewan sagt: Im Prinzip ja. Wärme funktioniert. Bevor ich meine Obstweine abfülle, töte ich die Hefe auch, und ich erhitze dabei auf 55 Grad. Das reicht. Allerdings: Ich mache das, bevor ich den Wein in die Flaschen fülle, im Einkocher mit Deckel drauf. Bei Flaschenbier (Du willst ja Bläschen drin) würde ich an Deiner Stelle erstmal ausrechnen, wie hoch der Druck wird und dann gucken, ob Flasche und Verschluß das auch abkönnen. Daran hege ich Zweifel. Sonst könnten die Flaschen nämlich mit großer Wucht explodieren und äußerst destruktive psychische Greuel verursachen. Von unangenehmen Blutungen und Teilamputationen abgesehen.

Mit Kälte wirst Du die Hefe nicht komplett killen können, denke ich.

Guck doch lieber mal, ob es Bierhefe gibt, die noch ein bißchen Restsüße übrigläßt.

LG
Oldbag
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Berliner
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#4

Beitrag von Berliner »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 20. Juli 2017, 18:51 Normalerweise zuckerst du solange auf bis der Alkoholgehalt so hoch ist das die Hefe mit der Arbeit aufhört. Dann bleibt der Zucker erhalten
Das wird dann aber irgendwas zwischen Doppelbock und Barley Wine.
Pasteurisieren ist zumindest theoretisch möglich, aber mit kaum vorhersehbaren geschmacklichen Einbußen verbunden, insbesondere, wenn noch viel Hefe im Spiel ist.
Schwefeln wäre auch eine Möglichkeit, das macht man ja bei Met auch. Ist halt nichts für RHG-Verfechter.
Gruß vom Berliner
noel
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#5

Beitrag von noel »

Hi Jakob,

ich sehe kein Problem darin das Bier kurz zu erhitzen. In vielen Brauereien läuft das Bier ja auch durch
einen KZE (Kurzzeiterhitzer). Dieser erhitzt das Bier auf ca. 70°C und kühlt dann relativ schnell runter.
Alkohol sollte dabei nur minimal verloren gehen, da der Siedepunkt von Alkohol bei 78°C liegt.

Noel
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§11
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#6

Beitrag von §11 »

noel hat geschrieben: Donnerstag 20. Juli 2017, 20:32 Hi Jakob,

ich sehe kein Problem darin das Bier kurz zu erhitzen. In vielen Brauereien läuft das Bier ja auch durch
einen KZE (Kurzzeiterhitzer). Dieser erhitzt das Bier auf ca. 70°C und kühlt dann relativ schnell runter.
Alkohol sollte dabei nur minimal verloren gehen, da der Siedepunkt von Alkohol bei 78°C liegt.

Noel
Naja, eine KZE arbeitet typischerweise bei 76-78 für um die 60 Sekunden. Wie willst du das mit Haushaltsmitteln hinbekommen?

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Re: Hefe Abtöten möglich?

#7

Beitrag von 420 »

Hefe töten ist nicht ganz so leicht. Wärme/Hitze geht. Ob es bei Unterdruck und geringerer Temperatur funktioniert - weiß ich nicht. Nur Hitze geht auf Kosten des Geschmacks. Chemie geht auch, aber da sollte schon 10 % da sein. Bei Druck ab ca. 6-8 Bar arbeiten die Hefen kaum noch, aber da halten wohl unsere Flaschen nicht.

Im Weinbereich wird steril gefiltert. Z.B. mit dem Schichtenfilter oder mit einem Membranfilter. Kieselgurfilter reicht nicht, da er normal bis ca. 0,5 µ runter geht, Hefen aber auch kleiner sind.

Beim Schichtenfilter wird per EK-Filterung die Flüssigkeit auf 0,25 µ gefiltert. D.h. natürlich auch, dass vorher alles steril sein muss und auch das, was nacher mit dem Bier in Berührung kommt muss steril sein. Schläuche, Abfüller, Flaschen, der Filter selber mit den Filterschichten. Membranfilter ist zu teuer.
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Johnny H
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#8

Beitrag von Johnny H »

Ich dachte, Honig enthält ebenfalls Hefezellen? Gegebenenfalls muss man also auch an diese Hefe denken, bzw. den Honig ebenfalls pasteurisieren.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#9

Beitrag von Chugx »

Ok, danke für die vielen Antworten!

Ja ich habe fast schon befürchtet, dass das wohl nichts wird, bzw mit zu viel Aufwand als Hobbybrauer verbunden ist.
Schade eigentlich, die Idee klang für mich im 1. Moment cool.
Dann bleibe ich wohl bei "normalem" Bier, da gibts ja auch genug Variationen.
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#10

Beitrag von Oldbag »

Bloß mal aus Interesse: Warum wählst Du nicht die Rasten so, daß viel unvergärbarer Zucker entsteht? Dann kannst Du die Hefe den Honig komplett verputzen lassen. Der Honiggeschmack bleibt, und süß ist's dann ja auch noch. Oder zählt das nicht, wenn es nicht der Originalzucker aus'm Honig ist? :-)
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Sura
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#11

Beitrag von Sura »

Der unvergärbare Zucker ist nicht unbedingt süß.
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Mjoelnir
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#12

Beitrag von Mjoelnir »

Wenn du dich entscheidest die Hefe nicht abzutöten kannst du ja z. B. Birkenzucker, der nicht von Hefen verstoffwechselt wird und trotzdem süß ist verwenden zum nach süßen. Beim Cidre machen wird der Birkenzucker auch verwendet zum süßen. Schmeckt wohl süß aber ein wenig anders als Saccharose. Zusätzlich kannst du noch eine Hefe mit einem sehr niedrigen EVG wählen. Eventuell auch mal außerhalb der Bierhefen suchen. Ansonsten kannst du auch noch zusätzlich eine Hefe suchen mit einer sehr niedrigen Alkoholtoleranz und niedrigem EVG. Ich denke mal es lässt sich genug machen ohne die Hefe zu töten. Das ist im Hobbybereich meiner Meinung nach nicht so gut machbar. Es gibt ja Hefen mit einem EVG von 60% unter den Bierchen. Da bleibt noch einiges an Zucker übrig. Beim Alkohol hat es viele Hefen die bei 6-7% absterben. Das ist für ein Honigbier nicht zu viel und die Hefe stirbt danach ja ab, also bleibt danach alles an Zucker übrig. Da wirst du etwas nachrechnen und ausprobieren müssen. Schau halt wieviel Prozent dein Bier hat und wie hoch der EVG ist. Dann kannst du dir ausrechnen wie viel Haushaltszucker du noch rein geben musst damit du auf die Vol% Alkohol der Tolerantgrenze kommst. Danach Honig rein und der Zucker sollte dann nicht mehr abgebaut werden.
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#13

Beitrag von 420 »

Meine Erfahrungen sind so, dass die Hefen auch bei niedrigen EVG nicht absterben. Sie werden sicherlich nur ruhen. Und wenn sich die Bedingungen ändern, könnten sie wieder aktiv werden. Das gilt dann auch, wenn ich vom Hefebrub später abziehe. Es sind genügend Hefen im Bier vorhanden, die wieder aktiv werden (können).

Birkenzucker wurde hier im Forum auch schon oft erwähnt. Ist auf jeden Fall eine Alternative. Süßstoffe würde ich nicht nehmen, da man diese sehr stark heraus schmeckt. Bei Wein kenne ich es, da der Geschmack auch nach über 10-15 Jahren negativ beeinflußt wird.

VG
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#14

Beitrag von Mjoelnir »

Es geht ja nicht darum, dass Hefen mit niedrigem EVG absterben, sondern Hefen mit niederiger Alkoholtoleranz, die auch eher einen niedrigen EVG haben, aufgrund der Überschreitung des Alkoholtoleranzwertes. Dabei gehen die Hefen doch recht sicher zu Grunde. Zwar sterben sie deswegen nicht direkt alle ab, aber sie werden definitiv inaktiv und werden auch nicht mehr aktiv, sofern man das Bier nicht verdünnt (was man auch nicht sollte).
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#15

Beitrag von Frau G. »

Ich habe in dem Bereich auch schon experimentiert, aber keine gangbare Lösung gefunden (Bier/Met/Cidre-Experimente).

Erhitzen: Geht wohl schon, ist aber heikel. Sowohl was Geschmack als auch Sicherheit angeht (ich hatte Bügelflaschen erwärmt, der entstehende Druck war aber grenzwertig).

Kälte: Ah, vergiss es. ;-)

Hefen mit niedrigem EVG: Habe ich letzten Endes nie probiert, da sämtliche Recherchen ergeben haben, dass die Ergebnisse oft nicht sonderlich gut schmecken und darüber hinaus arbeiten diese Hefen ja auch weiter.

Wenn jemand DIE Lösung hat, PN bitte an mich. ;-)
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#16

Beitrag von flying »

Unvergorenen Honig im Bier haben zu wollen ist das einfachste was es gibt. Mach Dir mit ein bisschen Wasser einen Honigsirup und mische mit Bier am Tisch...
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Re: Hefe Abtöten möglich?

#17

Beitrag von katzlbt »

Eine Methode bei der Wein und Ciderherstellung ist E224 (Kaliumdisulfit, Potassium Metabisulfit) zu verwenden um die Hefe abzutöten, also zu Schwefeln. Das ist vermutlich billiger als erhitzen (im industriellen Maßstab). Siehe Anfängerfragen -> Schwefeldioxid.
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