ungewöhnlich hohe Endvergärung

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Eifelbauer
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ungewöhnlich hohe Endvergärung

#1

Beitrag von Eifelbauer »

Tach zusammen!
Ich stehe hier vor einem kleinem Rätsel: Mein Belgisch Wit (nach Boludos Wit bei MMuM), das ich jetzt zu 6. mal gebraut habe und immer gelungen ist, haben wir gestern zum ersten mal getestet. Das Bier roch wie gewohnt herrlich wie es sein sollte. Der Antruck war auch so wie wir es gewohnt sind. Kein Fehler war zu erkennen. Jedoch war das Bier im Vergleich zu den anderen, nach dem selben Rezept gebrauten Wit Bieren, absolut furztrocken. Wie kann das sein? Es schmeckt eher wie Pils mit Koriander und Orangengeschmack. Auch gut, aber halt absolut trocken. Der einzige Unterschied zu meinen anderen Wits war, dass ich einen Starter von 5 Liter :Bigsmile ( Der Brautag hatte sich 3 Tage nach hinten gezogen) angesetzt habe. Die Hefe ist nach 2 Stunden angekommen und ist nach einer Woche bei 4,5 °P stehen geblieben. Dann habe ich die Temperatur um 2 Grad auf 22 °C erhöht und dann ging die Hefe (Wyeast fortbidden fruit) richtig los. Nach 23 Tagen war dann bei 1,5 °P Schluß. Normalerweise komme ich nur auf 3-3,5°P. Messfehler mit der Spindel, denke ich, sind nicht passiert. Auch habe ich das Maischprogramm eingehalten. Vielleicht habe ich die Maltoserast 5 Minuten länger gehalten, aber das kann es doch nicht sein, warum ich so einen extrem hohen Endvergärungsgrad habe, oder? Hat vielleicht meine recht aktive, überdosierte Hefe doch einen Teil der höheren Zuckerketten angeknabbert? Das Bier ist nach etwa einer Woche Nachgärung (Druck stieg schnell auf 3 bar und blieb stehen) jetzt ein paar Tage in der Kühlung bei 4°C.
Bildschirmfoto 2017-10-03 um 11.11.19.jpg
Einen schönen Sonntag
Arnd
Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es.
Wenn ich es einem erklären will, der danach fragt, weiß ich es nicht.
(Augustinus Aurelius)
Gruß aus der Nordeifel, Arnd.
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§11
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#2

Beitrag von §11 »

Die Antwort gibst du dir ja bereits selbst
Der einzige Unterschied zu meinen anderen Wits war, dass ich einen Starter von 5 Liter :Bigsmile ( Der Brautag hatte sich 3 Tage nach hinten gezogen) angesetzt habe.
Hoch active Hefe in ausreichender Zahl = hoher VG= trockeneres Bier
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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Eifelbauer
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#3

Beitrag von Eifelbauer »

Danke Jan für die schnelle Antwort.

Um meine Frage zu präzisieren: Was genau macht den Unterschied zwischen meinem gewöhnlich 2L Starter und den 5 L? Natürlich, je mehr Hefekrieger in den Kampf ziehen, desto länger länger dauert die Stoffwechselschlacht. Aber warum schafft mein kleiner Starter nicht die Reproduktionszahl des großen Starters? Wo ist die Hürde, die der kleine Starter nicht schafft? Ich kann mir den riesen Unterschied des EVG nicht erklären. Vielleicht sollte man darüber mal in einem Sachbuch etwas schreiben.... Ich freu mich darauf.

Arnd
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Xacobator
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#4

Beitrag von Xacobator »

Hat es was mit diesem Plateau-Effekt zu tun:
flying hat geschrieben:Trockenhefen (und nicht nur die) haben manchmal einen sogenannten "Plateau- Effekt". Den kann man z. B. auch beim Meister Narziss nachlesen. Das heißt, sie haben aus irgendwelchen Gründen Schwierigkeiten den Sprung auf die letzten 15% der Würzezucker, die Maltotriose zu schaffen. Ungünstige Nährstoffverfügbarkeit, Zinkmangel, Kupfermangel, Nitrit und was weiß ich noch..Trockenhefen werden ja auch in Melasse vermehrt und müssen sich erst mal an Maltose gewöhnen, geschweige denn an Maltotriose. In zweiter Führung sind die oft viel viabiler.
viewtopic.php?f=7&t=10244&p=155989&hilit=Sprung#p155989

D.h. die Hefe schafft den Sprung meist nicht, ihr ist es aber diesmal gelungen.
Viele Grüße
Daniel
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#5

Beitrag von afri »

Falls sich das Rätsel löst, wäre ein Artikel im Brau!magazin vielleicht etwas für dich? Wir würden uns jedenfalls darüber freuen.
Achim
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Ladeberger
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#6

Beitrag von Ladeberger »

Vergärungsgrade bis Mitte der 80er sind keinesfalls ungewöhnlich. Außerdem würden hier schon kleine Messfehler (zeigt die Spindel nur 0,5 %mas Teilung an?) zu einem "gewohnteren" Wert rund um 80 % führen.

Mit dem Plateau-Effekt bei der Umstellung auf Maltotriose hat das nichts zu tun, der kommt (ggf.) wesentlich früher zum Tragen.

Gruß
Andy
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Johnny H
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#7

Beitrag von Johnny H »

Ich tippe hier auch auf Overpitching, und ich habe ähnliches auch schon beobachtet.

Meine Gedanken dazu (bin aber nicht sicher ob diese korrekt sind): bei einer höheren Anstellzahl wird nicht die gleiche Reproduktionsrate erreicht, da m.W. die maximale Endkonzentration an Hefezellen üblicherweise immer in der gleichen Größenordnung liegt, und zwar bei ca. 100 Mio Zellen / ml. Dies würde bedeuten, dass weniger Biomasse neu gebildet wird und damit weniger Nährstoffverarmung im Jungbier stattfindet. Von daher bleiben die Hefezellen bis zum Ende der Gärung noch recht vital und verstoffwechseln, was sie kriegen können. Üblicherweise (d.h. bei normalen Anstellzahlen) verarmt das Jungbier zuerst an Nährstoffen und nicht an vergärbaren Zuckern.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Brewie
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#8

Beitrag von Brewie »

Danke das hat mir einige Fragen beantwortet. Trotzdem frage ich mich, wo bei Belgischen Bieren ein "normaler" oder sagen wir mal durchschnittlicher EVG liegt. Mein erstes Belgier macht schon seit einigen Tagen schlapp und knabbert ganz ganz langsam 0.001 SG Tag für Tag runter. Bin jetzt bei Tag 6 und liege bei 1,025 bei 18,9Grad. Gestartet ist die bei etwa 23P wie eine Rakete. Geruch & Geschmack is i.O. aber
ich mach mir doch etwas Sorgen. Würde es ungerne so in Flaschen abfüllen. Spricht etwas dagegen es einfach im Eimer noch ne Woche im normalen Gäreimer stehen zu lassen? Hab kein Keg oder so.

Andererseits - es gärt ja noch minimalst vor sich hin.. könnte also sein das die HG tatsächlich noch nicht voll durch ist. Hefe ist genug drin. Aber ob der hohe Alkohol der Mangrove Jack M31 zu schaffen macht.. könnte durch aus sein. Vielleicht habe ich mich doch etwas übernommen mit dem Belgier :/ aber riechen tut der lecker..
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Eifelbauer
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Re: ungewöhnlich hohe Endvergärung

#9

Beitrag von Eifelbauer »

So, ich habe jetzt mit dem neuen Refraktometer das Wit gemessen und komme auf 5 Brix. D.h. 1,7°P laut Müggelland-Rechner. Also stimmen halbwegs auch meine gespindelten Werte. Das Bier ist weniger süß- aber gerade deswegen das beste, rundeste Wit, das ich bis jetzt gemacht habe. Was auch dem echten "indisch Koriander" geschuldet ist. Ich habe zwar für mich noch keine plausible Erklärung, warum mein 2 Liter Starter so viel früher die Vergärung einstellt als der 5 Liter Starter. Jedoch vermute ich auch wie Johnny H (s. oben), dass es mit der reduzierten, neugebildeten Biomasse korreliert. Aber ich werde die nächsten Biere mal öfters overpitchen und mir die Unterschiede der Biere anschauen. So, und jetzt gehe ich in den Keller 20 Liter Starterwürze brauen. Ein schönes WE
Arnd
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