zu viel Ethylacetat im Weizenbock

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brewder
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zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#1

Beitrag von brewder »

Liebe Braufreunde!

Ich stehe aktuell vor einem dunklen Weizenbock mit satten 160 Litern und 18 Grad Stammwürze. Bis vor kurzen war alles in bester Ordnung, die Gärung war vielleicht etwas langsam, aber das hatte mich bei dem Doppelbock jetzt auch nicht unbedingt beunruhigt, da muss sich die Hefe schon mal einen Tag umstellen um dann weiter zu fressen. Leider stelle ich jetzt einen unangenehmen Lösungsmittelgeruch fest. Entweder habe ich eine Fremdhefe/Kamhefe eingegangen, oder die Hefe ist dermaßen gestresst, dass sich dadurch zu viel Ethylacetat gebildet hat. Es ist auf jeden Fall unangenehm. Das Bier hat eine leicht saure Note, ist jetzt aber nicht richtig sauer, wie man es kennt, wenn man sich vielleicht Milchsäure- oder Essigbakterien eingefangen hat. Ich würde ungern 160 Liter vernichten, da blutet mir das Herz. Ich habe jetzt mal unverzüglich in Fässer geschlaucht um auf jeden Fall jeden weiteren Sauerstoffkontakt zu unterbinden und die Fässer etwas unter Druck gesetzt. Das Bier hatte keine Kamhaut oder ähnliches. Ich habe auch einen Erlenmayerkolben mit Jungbier gefüllt, auch darauf hat sich in den letzten zwei Tagen nichts gebildet, kein Film, keine Kamhefe ... ich bin da etwas ratlos und werde das Bier im Labor auf Bierschädliche Keime untersuchen lassen.

Ich habe in einem Weinforum gelesen, dass sich ein Zuviel an Ethylacetat durch erwärmen austreiben lässt? Meine Idee wäre jetzt folgende:

1) Rückfüllen in den Sudkessel
2) kontrollierte Erwärmung auf 70 Grad - Pasteurisieren
3) ca. 20 Min. Temperatur halten, prüfen ob sich die Fehlaromen verringern
4) wenn ja, Gewürze zugeben und ein Weihnachtsbier daraus machen
5) noch heiß zurück in die Desinfizierten Fässer
6) leicht Zwangscarbonisieren und für den Winter als Glühbier verwenden

Kann das klappen? Hat schon mal wer versucht Ethylacetat über Wärme auszutreiben?

LG
Ein betroffener Brauer :crying
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chaos-black
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Re: zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#2

Beitrag von chaos-black »

Ist denn die Gärung schon komplett durch? Falls nein: Die Hefe produziert schon mal einen Haufen an Stoffen während der Gärung, die oft auch einfach nur Zwischenprodukte sind und ggf. noch abgebaut werden.
Ich blätter mal schnell in Yeast von Chris White was dazu speziell da drin steht...

//Edit: Da hab ich jetzt leider nichts gefunden wie du es wieder loswerden kannst. Das hilft dir zwar jetzt mit diesem Sud nicht mehr viel, aber man kann die Esterproduktion (wozu der von dir genannte Stoff gehört) kontrollieren indem man an der Konzentration von acetyl-CoA, der Konzentration von Fuselakohol und der Aktivität bestimmter Enzyme schraubt. Z.B. wirkt sich starkes Wachstum auf geringere acetyl-CoA Mengen aus, was dann zu weniger Estern führt, also z.B. durch gute Belüftung beim Gärstart. Für mehr Details empfehle ich dir das Buch, das was ich hier geschrieben hab kommt von Seite 35f.
Meine Hobbybrauerei: http://brauerei-flaschenpost.de/ (gerade offline)
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Re: zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#3

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Mit dem Pasteurisieren bin ich nicht glücklich geworden. Dabei hatte ich mir noch die Mühe gemacht, das Jungbier indirekt zu erhitzen (durch eine in heißem Wasser hängende Kühlspirale gepumpt), anstatt es in Kontakt mit einer heißen Platte / Heizwendel kommen zu lassen. Sämtliche Hopfenaromen waren danach weg und eine stumpfe Bittere blieb übrig. Die Kegs wurden heiß gefüllt und danach in kaltem Wasser abgekühlt. Anschließend gingen bei 2°C sie in die Kühlung.
Das zuvor abgefüllte unpasteurisierte Keg war hingegen sehr hopfenaromatisch.

Bei deinem Weizenbock stehen Hopfenaromen vermutlich nicht im Vordergrund. Trotzdem würde ich das Pasteurisieren an deiner Stelle erst einmal mit einer geringen Menge ausprobieren.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
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Viele Grüße
Jens
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Re: zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#4

Beitrag von h2opolo »

Mahlzeit,
habe mit meinem "Amarillo Weizenbock" exakt das gleiche Problem. Riecht unangenehm und schmeckt nach "Verdünner". :Angry .

Lagert jetzt seit mehreren Wochen in Flaschen in der Kühlung weil ich die Hoffnung nicht aufgeben will das sich "das noch gibt".
Werde wohl bis vor Weihnachten alles wegschütten :crying

Gruß und allzeit guten Sud :Drink

Michael
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Re: zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#5

Beitrag von h2opolo »

Mahlzeit,
hab zu diesem Thema noch ne Frage.
Ist es so das wenn die Hefe gestresst wird (zuviel "Plato" zu verarbeiten) sich automatisch Ethylacetat bildet???
Kann man dem vorbeugen indem man z.B. mehr Hefe verwendet???

Danke und Gruß :Drink

Michael
brewder
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Re: zu viel Ethylacetat im Weizenbock

#6

Beitrag von brewder »

Weissbierhefe bildet immer Ester, es sollte allerdings nicht vorkommen, dass es unangenehm wird. Meisens werden sogar mehr Ester gewünscht um das typische Bananenaroma zu erreichen. In dem Fall ging irgendwas daneben. Entweder Fremdhefe oder Temperaturprobleme oder was weiss ich...
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