Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

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negme
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Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#1

Beitrag von negme »

Hi!

Habe bei meinem letzten Sud zum ersten Mal eine Schnellvergärprobe gemacht. Hefe war W34/70 in dritter Führung.

Beim Spindeln weist die SVG nach drei Wochen bei rund 12 Grad Celsius einen deutlich geringeren Restextrakt auf, als das Jungbier:

SVG:
Bild
Jungbier:
Bild

Meine Frage: Ist die SVG so exakt, dass die Werte völlig übereinstimmen müssen, bevor ich abfülle? Oder kann es hier Abweichungen geben?

Sensorisch ist die SVG im Vergleich zum Bier übrigens relativ "off". Geruch ein wenig nach Apfelsaft, Geschmack allerdings überhaupt nicht sauer. Stattdessen bitter, malzig und pappig (wg. Oxidation vermutlich).

Im Jungbier ist übrigens diesmal eine relativ große Menge CO2 gelöst, die hab ich vor dem Spindeln so gut wie möglich ausgetrieben, um das Messergebnis möglichst wenig zu beeinflussen. Dennoch steigen auch nach viel Schütteln und Rühren immer noch Bläschen auf. Könnte das unterschiedliche Spindelergebnis auch darauf zurückzuführen sein?

Hätte ich übrigens (wie die letzten Sude) keine SVG gemacht, hätte ich vermutlich ohne Bedenken abgefüllt, da sich der Wert im Bier jetzt die vielbesagten drei Tage nicht mehr verändert hat. Durch die mittlerweile eher winterlichen Temperaturen im Keller könnte die Gärung aber eventuell auch deswegen gestockt haben und jetzt mache ich mich schon wegen der SVG Gedanken. :Grübel

LG
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§11
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#2

Beitrag von §11 »

Natürlich gibt es Abweichungen. Die SVG stellt ideale Bedingungen da, die du im Keller so nie vorfindest. Bei der SVG spricht man vom Endvergärungsgrad, bei dem was du im Keller erreichst vom Ausstoßvergärungsgrad.

Im Grunde musst du selbst Erfahrung sammeln, aber wenn der Ausstoßvergärungsgrad weit hinter dem EVG (>0,5%) hinterher hinkt, dann ist bei deiner Gärung was hängen geblieben

Jan
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§11
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#3

Beitrag von §11 »

Achja, mit haushaltsüblichen Mitteln lässt sich eine Probe am besten und einfachsten entgasen indem man die Probe durch einen Kaffeefilter gibt.
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Ladeberger
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#4

Beitrag von Ladeberger »

Nach drei Wochen und den beschriebenen, sensorischen Abweichungen ist doch gar nicht mehr nachvollziehbar, auf was die Extraktabnahme zurückzuführen ist. Eine Schnellgärprobe muss zack zack durchgeführt werden, was durch stark erhöhte Hefemenge, Temperatur und ausreichende Konvektion sichergestellt wird. Siehe auch: viewtopic.php?p=169088

In der beschriebenen Variante meinens Erachtens wenig nutzbringend. Zieht nur Ungeziefer an.

Gruß
Andyy
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#5

Beitrag von tauroplu »

Dem kann man aber z.B. dadurch entgegenwirken, dass man oben einen kleinen Wattebausch auf die Tülle steckt.
Beste Grüße
Michael

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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#6

Beitrag von haefner »

Bei mir war die SVGP bisher immer 0,2 - 0,4 brix unter dem Wert des Jungbieres.
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afri
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#7

Beitrag von afri »

haefner hat geschrieben: Samstag 18. November 2017, 14:38 Bei mir war die SVGP bisher immer 0,2 - 0,4 brix unter dem Wert des Jungbieres.
Bei mir auch, Gärung im Stahlfass im Keller vs. SVP im Glaskolben in der Küche, Delta t ca. 6-7°C. Ich nehme das so hin, übercarbonisiert war bei mir noch kaum ein Bier.
Achim
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#8

Beitrag von negme »

Danke für die Antworten! Eventuell hab ich mir das mit der SVG tatsächlich etwas zu einfach vorgestellt. Grundsätzlich lass ich das Bier meistens aber ohnehin lieber ein paar Tage länger als kürzer stehen...
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§11
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#9

Beitrag von §11 »

haefner hat geschrieben: Samstag 18. November 2017, 14:38 Bei mir war die SVGP bisher immer 0,2 - 0,4 brix unter dem Wert des Jungbieres.
Wie oben beschrieben, so sollte das sein

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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#10

Beitrag von Jan82 »

Guten Morgen,
auch wenn der Thread schon etwas älter ist passt meine Frage hier denk ich ganz gut.

Ich habe vor 11 Tagen das folgende Altbier gebraut: https://www.maischemalzundmehr.de/index ... rha1=4%2C5
Stammwürze: 12,5 Brix
Menge: 12 Liter (BM 10)
Sud in 2x 6 Liter geteilt und je einmal vergoren mit: Brewferm Top Hefe / GOZDAWA Old German Altbier 9 (OGA9)

Die beiden separaten Schnellvergärproben hatten nach 3 Tagen jeweils 5,5 Brix laut Refraktometer. Also für beide Hefe jeweils der exakt gleiche Wert. Vergoren hab ich beide bei etwa 25 Grad in unserem Heizungsraum in kleinen Spritzen.

In den beiden Fässern hatte ich eine Temperatur von 16,5-17°C während der ersten stürmischen Tage der Hefe. Nach 48 Stunden hat sich die Gärtätigkeit merklich verringert (Gärverlauf mit der iSpindel beobachtet). 3 Tage nach dem Anstellen habe ich die Fässer dann etwas wärmer gestellt (meiner Frau zuliebe, damit sie das Badezimmer wieder nutzen kann ohne Erfrierungen zu bekommen). An Tag 8 habe ich mit dem Refraktometer in beiden Fässern gemessen und hatte jeweils 7,7 Brix, bei fast keiner Gärtätigkeit mehr. Habe dann nochmal etwas wärmer gestellt. Nun stehen sie mittlerweile seit drei Tagen bei 22 Grad im Abstellraum und es passiert nichts mehr. Eine Messung heute morgen hat 7,6 Brix ergeben, keinerlei Bläschen mehr auf der Oberfläche. Und auch die iSpindel zeigt seit der Messung vor 3 Tagen keine Veränderung mehr an.

Den Unterschied zwischen der SVG mit 5,5 Brix und den aktuellen Proben bei 7,6 Brix finde ich schon viel und kann ihn mir nicht so recht erklären. Und vor allem, dass beide Hefen exakt gleich vergoren haben wundert mich ebenfalls. Oder ist das erwartungskonform? Insgesamt hätte ich gedacht, da ich jeweils ja ein ganzes Päckchen Hefe auf 6 Liter gegeben habe, dass sowas wie ein Hängenbleiben nicht passieren sollte.
Ich habe übrigens SVG wie auch die anderen Proben immer drei bis viermal genommen und immer wieder zwischendurch das Refraktometer mit Wasser überprüft um Messfehler auszuschließen. Es ist mir alles ein Rätsel...

Beste Grüße, Jan
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#11

Beitrag von afri »

Dieses Rätsel stellt sich mir auch ständig, die SVG geht recht weit runter und der Sud nicht. Warum ist mir schleierhaft. Wobei ich die SVG meist offen stehen habe und durch Verdunstung der Extrakt scheinbar bzw. real nach einiger Zeit wieder steigt, was jedoch leicht zu erklären ist.
Achim
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#12

Beitrag von Jan82 »

afri hat geschrieben: Donnerstag 25. Februar 2021, 22:42 Dieses Rätsel stellt sich mir auch ständig, die SVG geht recht weit runter und der Sud nicht. Warum ist mir schleierhaft. Wobei ich die SVG meist offen stehen habe und durch Verdunstung der Extrakt scheinbar bzw. real nach einiger Zeit wieder steigt, was jedoch leicht zu erklären ist.
Achim
Freut mich dass ich nicht der einzige bin ;) Ohne SVG würde ich schwören die Gärung ist durch - so wenige (keine!) kleine Bläschen-Nester hatte ich am Ende einer Hauptgärung selten...die Probe verwirrt da jetzt natürlich imens.
Bei meinem letzten Sud stimmten Schnellvergärprobe und Probe aus dem Fass tatsächlich fast exakt überein, trotzdem hat das Manometer bei der anschließenden Karbonisierung rund 1 Bar mehr auf die Anzeige gebracht als errechnet...
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#13

Beitrag von olibaer »

Hallo zusammen,
afri hat geschrieben: Donnerstag 25. Februar 2021, 22:42 Dieses Rätsel stellt sich mir auch ständig, die SVG geht recht weit runter und der Sud nicht. Warum ist mir schleierhaft. [...]
Achim
Jan82 hat geschrieben: Freitag 26. Februar 2021, 08:35 Freut mich dass ich nicht der einzige bin ;) Ohne SVG würde ich schwören die Gärung ist durch - so wenige (keine!) kleine Bläschen-Nester hatte ich am Ende einer Hauptgärung selten...die Probe verwirrt da jetzt natürlich imens.
Jan hatte ja schon angedeutet, dass ein kleiner Unterschied zwischen der Laborprobe(SVG/EVG) und der Bierprobe(AVG) durchaus normal ist.
Völlig aus der Welt sind aber Messwertabweichungen von >= 0,3 Brix zwischen Extraktgehalt Laborprobe und Extraktgehalt Bierprobe.

Alleine eine 0,3 Brix Extraktdifferenz hat für unsere Standardbiere ein vergärbares Extraktpotential im Bauch, das einem Aufkarbonisierungseffekt von rund 2,3 g/L CO2 entspricht[1]. Würde man das bei der Berechnung der Zuckergabe nicht berücksichtigen, gäbe es durchgängig ein paar blutige Gesichter mehr.

Ich denke dass die Ursachen für diese hier geschilderten Abweichungen eher hier zu suchen sind:
  • die Analysenmethode(SVG) wird nicht richtig durchgeführt
  • es wird falsch gemessen (entgasen, filtrieren, kalibrieren, temperieren ...)
  • die Präzision der Messinstrumente passt nicht zur Anforderung
Eine letzte Konsequenz bleibt natürlich noch:
Die Biere sind nicht endvergoren. So festgestellt, aber einfach nicht geglaubt ;-)

P.S.: Die Feststellung des Endvergärungsgrades ist nicht trivial. Schon die kleinen Probemengen machen diese Methode tükisch und fehleranfällig.


Gruß
Oli


[1] Eine Extraktdifferenz von 0,3 Brix entspricht einer Extraktdifferenz von 0,5 %mas(P12,Vs75%,Standardformel) und nach Balling erzeugt eine Extraktdifferenz von 0,1 %mas 0,46 g/L CO2.
Gruss
Oli
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#14

Beitrag von Jan82 »

olibaer hat geschrieben: Samstag 27. Februar 2021, 00:43
Ich denke dass die Ursachen für diese hier geschilderten Abweichungen eher hier zu suchen sind:
  • die Analysenmethode(SVG) wird nicht richtig durchgeführt
  • es wird falsch gemessen (entgasen, filtrieren, kalibrieren, temperieren ...)
  • die Präzision der Messinstrumente passt nicht zur Anforderung
Eine letzte Konsequenz bleibt natürlich noch:
Die Biere sind nicht endvergoren. So festgestellt, aber einfach nicht geglaubt ;-)
Ich probiere es mal mit der Ausschlussmethode:

Entgast, temperiert und kalibriert habe ich (letzteres auch im Nachgang nochmal geprüft, weil sich die Refraktometer ja gern mal plötzlich verstellen). Gefiltert habe ich nicht, tatsächlich war die Probe aber nicht übermäßig unscharf. Für eine Genauigkeit von +-0,1 Brix hat das sicher nicht gereicht, aber mein Problem ist ja auch eine Kommastelle Größer :) Das Refraktometer ist auch genau genug (auch mit Zuckerlösung überprüft). Nicht auf die Nachkommastelle genau ablesbar, um 0,1 oder 0,2 Brix gehts mir ja nicht...

Ich dachte dann noch, dass die SVG evtl mehr Sauerstoff abbekommen haben könnte, aber da hab ich dann eben ein paar Beiträge gelesen die mein Bild vom Belüften korrigiert haben. Da ich mehr als ausreichend Trockenhefe verwendet habe sollte das auch nicht das Problem sein.

Bleibt also eigentlich nur der Punkt "SVG nicht richtig durchgeführt". Ich mache immer eine kleine 5ml Spritze zu 4ml voll mit fertig belüfteter Würze und gebe noch ein paar Körnchen Hefe extra dazu.In der regel vielleicht so 3-5 (das was noch so im Tütchen klebt), dieses mal waren es aber ein paar mehr (vielleicht 15-20). Einfach weil ich mit einem Beutel Hefe pro 6 Liter eh mehr als genug Hefe hatte und nicht so genau drauf geachtet habe dass nicht zuviel im Tütchen bleibt.
Kann es daran liegen? Mehr als genug Hefe war sicher für Würze und Probe vorhanden, in der Spritze rein Verhältnismäßig aber natürlich einiges mehr. Gibt es etwas was ich bei den Proben besser oder anders machen kann/sollte?
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Re: Genauigkeit Schnellvergärprobe, Einfluss CO2?

#15

Beitrag von Jan82 »

@ olibaer: Hab grad gesehen, dass ich die "Spritzenmethode" tatsächlich aus Deinem Beitrag damals hatte (https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... 5&p=415571) Daran wird also nichts grundlegendes falsch sein...

Allerdings hab ich nun auch noch gelesen, dass die OGA 9 oder Brewfer Top gerne mal nur um die 68% sEVG fabrizieren, da ist die SVG mit 80% ja sehr weit entfernt...vermutlich ist da wohl dennoch irgend etwas falsch gelaufen, was auch immer...
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