Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

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Seppelpeter
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Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#1

Beitrag von Seppelpeter »

Hallo zusammen,

da ich inzwischen einige sehr interessante Gose-Biere getrunken habe, steht mir der Sinn nach einem Eigengebräu. Am Anfang stand die Rechereche. Hier im Forum gibt es ja auch schon sehr viel Material. Am Ende bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht einfach mit Milchsäure nachsäuern möchte. Es soll ein zweistufiger Prozess werden, bei dem die Maische vor dem Hopfenkochen einige Tage mit Lactos konfrontiert wird.

Mit Lactos habe ich ein wenig Erfahrung, da ich schon desöfteren Gemüse gesäuert habe. Daher bin ich jetzt im Rahmen eines kleinen Experimentes einen ähnlichen Weg gegangen. Hier kommen die Details:

In einem 1 l Plastikbehälter wurden in ca. 250ml Wasser 50 gr Haushaltszucker aufgelöst. Danach habe ich 250 ml Molke dazugegeben. Die Molke war laut Verpackung eine "wärmebehandelte Sauermolke". Gibt es beim Discounter für unter 50 ct pro 500ml. Das Ganze wurde geschüttelt und bei Zimmertemperatur angestellt. pH-Wert der Plörre lag irgendwo zwischen 4 und 5...die Streifen gehen von 0 bis 14 und sind entsprechend ungenau. :redhead

In den ersten zwei Tagen tat sich nix. Ich hatte schon Sorge, die Wärmebehandlung der Molke hätte die Lactos gekillt. :Grübel

Heute nach ein Woche fiel mir die Flasche wieder ein. :redhead Schon beim Anfassen merkte ich, dass die Flasche derbe unter Druck stand. Beim Öffnen zischte sehr stark. Die milchig trübe Flüssigkeit perlte wie Sekt. :Bigsmile Der Geruch erinnerte an einen sauren Apfelmost. Alles andere als unangenehm. Der pH-Wert liegt jetzt zwischen 3 und 4. :thumbsup

Die Geschmacksprobe zeigte, dass der Zucker noch nicht vollständig abgebaut wurde. Daher geht das Experiment noch weiter. Mal sehen, ob die gewünschte Säurung eintritt oder ob es den Lactos zu sauer wird und sie die Arbeit einstellen. Das wäre aus meiner Sicht kein Problem. Dann kommt beim nächsten Mal einfach weniger Zucker in die Starterkultur.

Insofern werte ich das Experiment bis jetzt als einen Erfolg. Mit ein Wenig Zucker und Molke kann man sich auf diese Weise sehr preiswert und sicher mit einem Vorlauf von einer Woche eine Milchsäurekultur anlegen.

Bei einem der nächsten Sude werde ich wohl das Verfahren dann auf eine Maische anwenden, um eine Gose zu basteln. Ich braue im Grainfather und plane folgndes Vorgehen:
  • Brauen eines "normalen" Biers
  • Nach dem Abmaischen auf ca. 35° C einstellen und mit der Milchsäurekultur versetzen.
  • Nach zwei bis drei Tagen (Geschmacksprobe entscheidet, wann sauer genug) Hopfen kochen -> dann sollten die Lactos den Geist aufgeben
Unsicher bin ich mir noch, wie ich den Grainfather reinige. Das Ding hat tausend Ecken, Bögen und Schläuche. Ich hoffe, dass durch das Würzekochen alle Bakterien absterben und es bei einem späteren Sud nicht gleich wieder Sauerbier gibt :Waa

So weit so gut. Ich würde mich über Anregungen, Hinweise und jegliche Form der konstruktiven Kritk sehr freuen.

In diesem Sinne: guten Rutsch und allzeit Gut Sud!!

Euer Seppelpeter
"Gut Sud"


Seppelpeter

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Kurt
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#2

Beitrag von Kurt »

Hm du hast durch unsteriles Arbeiten aber sehr wahrscheinlich eher eine Hefe angefüttert. Eine gute Quelle für Milchsäurebakterien ist Malz. Wie man damit einen Milchsäurestarter macht findet man per google.
Ich habe bei MMuM ein Berliner Weisse Rezept hochgeladen, da beachreibe ich das Prozedere.
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Seppelpeter
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#3

Beitrag von Seppelpeter »

Hi Kurt,

wenn es eine Hefe ist, werde ich Alkohol nachweisen können. Fakt ist, dass Molke Milchsäurebakterien enthält. Ebenso wie Joghurt und Kefir.
Letztendlich kann auf Malz auch wilde Hefe sein. Warum sollte da nicht auch die Hefe dominieren?

Muss ich mal abwarten.

Gruß
Seppelpeter
"Gut Sud"


Seppelpeter

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Kurt
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#4

Beitrag von Kurt »

Naja die Molke ist wärmebehandelt - sprich pasteurisiert. Da sollte nicht mehr so viel leben. Die Milchsäurebakterien vom Malz werden über die Substrattemperatur und den Sauerstoffabschluss selektiert. Ich habe damit schon viele milchsaure Biere vergoren. Die historischen Biere haben ihre Bakterien wohl auch eher vom Malzstaub abbekommen ...
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#5

Beitrag von Fe2O3 »

(ich schlage in die gleiche Kerbe wie Kurt)
Hast du nicht in Post1 geschrieben, dass du wärmebehandelte Molke verwendet hast - bzw. dort auch selbst angemerkt hast, dass die Wärmebehandlung die Lakos abgetötet hat (was ja schließlich der Sinn und Zweck einer Wärmebehandlung ist)
Solltest du echt noch Laktos aus der Molke nachgezüchtet haben, müsste sich die Molkerei wohl echt Sorgen um ihre Qualitätssicherung machen.
lG
Martin
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Bierwisch
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#6

Beitrag von Bierwisch »

Hallo Seppelpeter,

ich schliesse mich den Vorschreibern an. Hier im Forum findest Du unter "Milchsäurestarter" alle benötigten Infos. Natürlich züchtest Du auch anderes Getier als nur Lactos heran, Du selektierst dann die gewünschten Organismen über die Zusammensetzung der Würze (Stammwürze, Hopfen, Gehalt an Dextrinen, Lagerung etc.).
Ich persönlich bin kein Freund der Maischesäuerung, auch wenn man damit Probleme der Verschleppung von Bierschädlingen in spätere Sude umgeht. Die Komplexität von lange gelagerten und von diversen Mikroorganismen vergorenen Sauerbieren erreicht man damit aber nie. Die maischegesäuerten Biere, die ich bisher proBIERen konnte, schmeckten deutlich flacher und konnten mich nicht überzeugen. Für den Einstieg in das Thema ist das aber bestimmt nicht der schlechteste Weg.

Gruß,
Bierwisch
Der Klügere kippt nach!
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Seppelpeter
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Re: Milchsäurebakterien für Gose züchten (ein Experiment)

#7

Beitrag von Seppelpeter »

Hallo zusammen,

vielen Dank für die Hinweise. Ich habe mich hier durch nochmal durch das Forum gewühlt. Dabei musste ich feststellen, dass ich das Thema Milchsäure leicht unterschätzt habe :redhead. Besonders aufschlussreich waren die diversen Beiträge von Ulrich. Die zig Lacto-Sorten und deren Zweck sind ja beängstigend :Shocked ....muss aber ja auch einen Grund geben, warum in Weihenstephan schlaue Leute sich über Hefe, Bakterien und sonstiges Gedöns täglich viele Gedanken machen (müssen) :Grübel

Also alles zurück auf Anfang und Schluß mit Pfusch.

Nochmal besten Dank für Eure Kommentare.

Allzeit Gut Sud,

Seppelpeter
"Gut Sud"


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