Optimale PH-Werte -> Brauprozess und Bierstile

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Blancblue
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Optimale PH-Werte -> Brauprozess und Bierstile

#1

Beitrag von Blancblue »

Das der PH-Wert einen großen Einfluss im Brauprozess und auf den Geschmack hat, ist ja allgemein bekannt. Allerdings sind die Infos dazu gefühlt sehr verstreut und ich suche mal eine Übersicht nur zu diesem Thema. Mein Ziel ist es, meinen Workflow in Punkto "PH Führung" zu optimieren und den unterschiedlichen Bierstilen anzupassen. Hat da jemand einen guten Link eventuell parat? Narziss habe ich hier liegen, aber der erschlägt einen ja...

Ansonsten ein paar Fragen dazu oder vielleicht können wir ja ein "How-to" entwickeln:


1) PH während dem Maischen

Allgemein bekannt ist, dass der PH Wert während dem maischen zwischen 5.2 und 5.6 liegen sollte, damit die entsprechenden Enzyme ordentlich arbeiten können. Wobei Alpha am liebsten zwischen 5,6 und 5.8 und die Beta Amylase bei 5.2 bis 5.4 arbeitet. PH-Wert über 6.0 sollte man vermeiden, da sonst zu viele Gerbstoffe aus den Spelzen gelöst werden. Soweit erstmal gängiges Hobbybrauer 1x1 Wissen.

Geht man in die Tiefe, gibt es dazu noch mehr zu beachten, siehe z.B. hier: viewtopic.php?f=17&t=8813
Wie man da so liest, kann man beim Weizenbier über den PH doch noch mehr Bier-Parameter beeinflussen. Gibt es hier in Punkto Bierstil oder auch Schüttungsabhängig noch mehr Informationen und Tipps?

----Übergangsphase--- Ich habe gelesen, dass manche Brauer den PH-Wert nach dem maischen für das kochen noch mal anpassen. Wann und wie macht das Sinn?

2) PH während dem Kochen

Auch in diesem Brauabschnitt spielt der PH Wert eine große Rolle und beeinflusst diverse Faktoren - großes Thema hier z.B. die Korrelation zwischen Hopfen Isomerisierung und PH-Wert. Ein (nicht ganz neuer) Link habe ich hier gefunden: http://www.student-online.net/Publikationen/194/

Auch hier wäre ich für Infos, Anregungen und Tipps zu optimalen PH-Werten für verschiedene Bierstile und reproduzierbarerer Ergebnisse dankbar.

----Übergangsphase--- Ich habe gelesen, dass manche Brauer den PH-Wert nach dem kochen für die Gärung noch mal anpassen. Wann und wie macht das Sinn?

3) PH während der Gärung

Der finale PH Wert hat entscheidenden Einfluss auf den Biergeschmack. Entscheidender Faktor ist hier die Hefe, die je nach Hefestamm einen unterschiedlich hohen PH-Sturz verursacht. Letzter hat wiederum u.a. einen großen Einfluss auf die Bitterstoffverluste, die während der Gärung auftreten. Weizenhefen z.B. verursachen oft einen recht hohen PH-Sturz, also muss man aufpassen, dass der PH-Wert vor dem anstellen nicht zu niedrig ist. Auch hier wären ein paar Faustregeln und Tipps von Profis super.

-----

Zu jeder Phase gibt es nun noch einen Haufen mehr an Details und Faktoren und anders als Großbrauereien, muss man es als Hobbybrauer ja auch nicht übertreiben. Aber dennoch würde mich interessieren, wie so ein PH-Führungs-Prozess bei den Profis aussieht und warum welche PH-Wert für die entsprechende Biersorte /-stil verwenden werden, um danach eine pragmatische Vorgehensweise für (fortgeschrittene) Hobbybrauer zu entwicklen.
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Re: Optimale PH-Werte -> Brauprozess und Bierstile

#2

Beitrag von rakader »

Servus - bist Du bei diesem Thema, insbesondere zu einzelnen Bierstilen und -sorten weitergekommen und kannst uns was an die Hand geben?

Grüße
Radulph
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Viele Grüße / Regards
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Re: Optimale PH-Werte -> Brauprozess und Bierstile

#3

Beitrag von Johnny H »

Christian (bieratenschreck) ist in diesem Thread auf das Thema Hefeverklumpung vs. pH-Wert eingegangen:
bieratenschreck hat geschrieben: Freitag 8. November 2019, 10:09
Das Verklumpungsproblem ist mir bekannt, hatte ich auch schon mal. In einem Podcast mit einem Hefeexperten habe ich mitbekommen, dass sich die Klumpen lösen, wenn der ph-Wert reduziert wird, also ein Säurebildner zugegeben wird. Das habe ich aber noch nicht ausprobiert.
Jetzt hatte ich mal wieder das Problem, dass die W120-Hefe klumpt. Während dem Rühren auf dem Magnetrührer sieht man flockige helle Hefebatzen vorbeischweben. Wenn man den Rührer abschaltet, setzt sich sehr schnell ein heller, flockiger Bodensatz. Unter dem Mikroskop sind das Haufen mit locker hundert Zellen. Bei einem Viabilitätstest mit Methylenblau habe ich gesehen, dass sich die Zellen in den Kernbereichen der Klumpen scheinbar deutlich mehr verfärben (weil sie tot sind?) als freie Zellen.
Ich habe für eine Zellzählung 1 ml Starterwürze aus einem laufenden Propagationsprozess entnommen und bis auf 1:100 verdünnt. Auf 10 ml dieser Verdünnung habe ich vier Tropfen Zitronensäure aus einer "Plastikzitrone" gegeben, gut gemischt und eine Stunde stehen gelassen. Unter dem Mikroskop konnte man sehen, dass die Klumpen sich fast ganz aufgelöst hatten.
Für mich stellen sich jetzt für die W120 die folgenden Fragen:
- lebt die Hefe nach dieser Säurebehandlung noch? (finde ich mit Methylenblau selber raus)
- kann die Vermehrungsrate und Gesundheit der Hefe durch Ph-Wert-Senkung erhöht werden
- ist es sinnvoll, den Ph-Wert durch Zugabe von Säurebildnern zu senken, wenn ja
- gibt es eine praktische Lösung zur Ph-Wert-Senkung im Hobbymaßstab, die auch noch keimarm ist
Hat jemand von Euch hier schon Erfahrungen sammeln können?

[...]
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(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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