Braini hat geschrieben: ↑Dienstag 15. Februar 2022, 14:06
Meine Frage hierzu wäre jetzt aber, hat es denn einen Nachteil wenn man von Beginn weg unter Druck vergärt? In meinem Fall braue/vergäre ich nämlich nicht an meinem Wohnort und würde es sehr begrüssen einfach den Spundapparat korrekt einzustellen und wenn ich das nächste mal vorbeischaue erwarte ich (fast) fixfertiges Bier ;-)
Habe mir deshalb extra den roten Spundapparat von Kegland geholt, welcher angeblich viel genauer eingestellt werden kann, als die bezahlbaren Dinger aus Metall.
Das Thema Druckgärung ist ziemlich komplex. Große Brauerein fahren da einen ziemlichen Analytikfuhrpark auf und haben mit hohem Aufwand Druckgärprozesse entwickelt, um unter Druck bei erhöhter Temperatur in kürzere Zeit Bier zu produzieren, das ein immernoch stiltypisches Geschmacksprofil ausweist. Da werden Druck und Temperatur dann Aufgrund von Markersubstanzkonzentrationen geregelt. Ich glaube nicht, dass sie diesen Aufwand betreiben würden, wenn man auch einfach von Anfang an nen Spundapparst aufstecken und den Sud dann vergessen könnte.
Im Hobbybereich ist die Sache natürlich anders gelagert. Neben eher rudimentärer Analytik (Wer hat schon UV vis oder GC im Keller? Die meisten werden sich schon eher schwer tun die Menge an lebenden Zellen in ihrer Hefesuspension vernünftig zu bestimmen) treibt hier oft eher der Wunsch untergärige Hefen bei RT arbeiten zu lassen oder wie bei Dir der Wunsch nach Prozessvereinfachung. Die Erfahrungen sind da eher kontrovers und reichen von "einfach unter 1 bar vergären und gut ist" bis zu "das mach ich nie wieder". Es gibt durchaus einige gute Podcasts zum Thema. Am Ende wirst Du aber um eigene Versuche und Erfahrungen nicht herum kommen. Zumal da ja mal wieder beliebig viele Freiheitsgrade existieren: Ober oder Untergärig? Bei welcher Temperatur stellst Du an? Beaufschlagt Du zu Beginn mit Druck aus der Flasche oder wartest Du darauf, dass die Gärung genug Druck aufbaut. Konstante Temperatur oder eine Rampe? Wenn Rampe, in welchem Bereich? Welche Hefe darf es denn sein? Da gibt es ziemlich große Unterschiede, was die Drucktoleranz während der Gärung betrifft.
Ich selbst habe dazu nur ein Experiment gemacht: 20L gestopfte Lager mit 400ml frischer Erntehefe( S 189) bei 7°C angestellt, nach dem Anstellen regelmäßig mit CO2 auf 1 bar beaufschlagt und auf ca 16°C kommen lassen. Bei einsetzender Gärung auf das Spundventil gewechselt und bei 1 bar und 16 °C durchgären lassen. Der Sud war geschmacklich unauffällig, die hohen Mengen Mosaic dürften aber das Potential haben, so einiges an Geschmacksfehlern zuzudecken.
Ob eine Druckgärung jetzt wirklich die Lösung für Deine Probleme ist, weiß ich leider nicht. Am Ende muss man auch bei einer, wie auch immer gearteten, Gärung unter Druck immer mal wieder nach seinem Bier schauen. In meinen Augen macht die Einführung der Variablen "Druck" das Thema Gärführung aber eher komplexer als einfacher. Ob es nachteilig ist, von Beginn an unter Druck zu vergären hängt primär von Dir gewählten Parametern ab. Es kann zu gutem Bier führen, muss es aber nicht. :)