Ab wann ist Sauerstoff schädlich

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Mr.Markus
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Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#1

Beitrag von Mr.Markus »

Hallo zusammen

Braue gerade ein IPA mit Grünhopfen und einer der Killerfaktoren ist ja bekanntlich der böse Sauerstoff. Da aber für die Haupt und Nachgährung Sauerstoff notwendig wird brauche ich ein bisschen Klarheit ab wann ich darauf achten muss möglichst wenig Sauerstoff in den Sud / das Bier zu bringen? Hab mal gehört dass dies erst ab dem Beginn der Hauptgärung, also beim Abfüllen in Flaschen/KEG der Fall ist. Ist es dann egal ob ich beim Abfüllen in den Gärbehälter oder bereits beim Whirlpool den Sauerstoff in den Sud einführe?

Danke und Gruss
Markus Gebräu
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marosh
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#2

Beitrag von marosh »

Moin Markus,

grundsätzlich gilt es den Sauerstoffeintrag zu jeder Zeit und so gut es geht zu vermeiden.
Einzig die Hefe benötigt Sauerstoff zur Vermehrung. Daher wird oftmals die Würze direkt vor dem Anstellen bzw. auch während dem Anstellen mit Hefe belüftet.
Wenn vorher schon Sauerstoff vorhanden ist, wird dieser hier zwar ebenfalls „verbraucht“, aber im Zweifelsfall hatte dieser schon vorher genug Zeit um Schaden anzurichten.
Nach der Gärung wird der Sauerstoff dann so gut wie gar nicht mehr abgebaut und hat genug Zeit dir das Bier zu versauen.
Gruß
Marco
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Alt-Phex
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#3

Beitrag von Alt-Phex »

Für die Nachgärung ist KEIN Sauerstoff erforderlich. Wie schon erwähnt, braucht die Hefe den Sauerstoff ausschließlich zur Vermehrung NICHT zur Gärung.

Der größte Impact ist sicherlich im Kaltbereich und vorallem bei gestopften Bieren zu finden. Aber auch im Heissbereich sollte Sauerstoff-Eintrag möglichst vermieden werden. Was vielen Leuten offenbar nicht wirklich klar ist: Oxidation ist nicht das vorhanden sein von Sauerstoff in Würze oder Bier, sondern die chemische Reaktion des Sauerstoffs mit Würze oder Bier.

Trockenhefe muss darüber hinaus gar nicht belüfet werden. Das kann sogar kontraproduktiv sein. Das Thema wurde hier ausgiebig diskutiert: https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... fe#p400067
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Seed7
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#4

Beitrag von Seed7 »

Bei trockenhefe oder einen perfekten starter ist kein sauerstoff notwendig. Die hefe kann die gaerung "auf ein mahl" durch ziehen. Wenn aber belueftet werden muss dan am besten kurz nach die ersten anzeigen das es gaert (ueberweissung?) und langsam und nicht mit O2 pur.

ingo
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DevilsHole82
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#5

Beitrag von DevilsHole82 »

Wird in den Brauereien nicht nur die Hefe belüftet, statt die angestellte Würze? Ich meine mal von "Hefe belüften" gehört zu haben. Und das hin und her Schütten selbiger von Eimer zu Eimer.
Gruß, Daniel

Was von Herzen kommt gelingt, weil's einen gibt, der die Kelle schwingt. Heute back ich, morgen brau ich, wer heimlich nascht, den verhau ich.
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ggansde
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#6

Beitrag von ggansde »

Moin,
da man bei Unitank mit dem Schneebesen schlecht hereinkommt, habe ich mir aus dem Medizinbereich eine kleine Flasche Sauerstoff besorgt. Ich schließe diese an den Perlator des Unitank an uns lasse ca. 1 - 2 min. mit 1 Blase alle ca. 5 sek. strömen. Im UG-Bereich hat mir dies zu schnellen und vollständigen Gärverläufen verholfen-
Achtung: Reiner Sauerstoff ist nicht ungefährlich, auch hinsichtlich der verwendeten Apparaturen, wie z.B. Druckminderer.
VG, Markus
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Ladeberger
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#7

Beitrag von Ladeberger »

DevilsHole82 hat geschrieben: Freitag 9. September 2022, 10:06 Wird in den Brauereien nicht nur die Hefe belüftet, statt die angestellte Würze? Ich meine mal von "Hefe belüften" gehört zu haben. Und das hin und her Schütten selbiger von Eimer zu Eimer.
Das Hin- und Herschütten der Erntehefe, auch Aufziehen genannt, dient vor allem der Homogenisierung. Belüftet wird die Würze trotzdem. Hat eine Brauerei die Möglichkeit, die Hefe direkt im Hefelagertank zu belüften, kann und sollte die Würzebelüftung aber natürlich etwas knapper ausfallen. Der Anlagenbau liefert hierzu Lösungen rund um das Stichwort "Vitalisierung".

Ganz auf Würzebelüftung verzichten kann man nur, wenn es sich wie von Ingo erwähnt um Propagations-/Assimilationshefe handelt. Wobei die Arbeit mit 100 % Propagationshefe in Brauereien eher die Ausnahme ist.

Gruß
Andy
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DevilsHole82
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#8

Beitrag von DevilsHole82 »

Danke für die Aufklärung, Andy :thumbup

EDIT: Könnte man dann im Hobbybrauerumfeld so planen, dass man mit 100% Assimilationshefe aus der Ernte seine nächsten Sude anstellt? Sofern man mit derselben Hefe gären möchte.
Ich habe meinem letzten Sud mit der kompletten Erntehefe (W177 Kölsch) des vorherigen Suds angestellt. Dazu die Erntehefe im Gärbehälter vorgelegt und die auf Anstelltemperatur gekühlte Hefe drauf plätschern lassen. Auf zusätzliches Belüften habe ich bewusst verzichtet. Nach ca. 4 h war die Würze bereits überweißt und nach vier Tagen der Sud durch.
Zuletzt geändert von DevilsHole82 am Freitag 9. September 2022, 11:01, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß, Daniel

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renzbräu
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#9

Beitrag von renzbräu »

Die Techniken Stube da unterschiedlich. Museumsbrauerei Kulmbach: Offene Gärbottiche, Ausschlagen durch PWT, Schlauch hängt am Rand von Gärbottich, Würze platscht spritzend über einen Schaumlöffel. Braumeister: "Mehr als Sauerstoffsättigung geht nicht, auch bei ungewöhnlichen Hefen kein Problem."
Grüße Johannes

- hausgebraut, handgeklöppelt & mundgetrunken -
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Ladeberger
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Re: Ab wann ist Sauerstoff schädlich

#10

Beitrag von Ladeberger »

Vielleicht verstehe ich dich in diesem Punkt gerade falsch, aber wenn man Erntehefe propagiert, ist es am Ende eben Propagationshefe. Das Herstellen von "echter" Assimilationshefe, die also kontinuerlich in der log-Phase vermehrt und in dieser angestellt wird, ist im Hobby ohnehin kaum möglich.

Bisschen auf dem Magnetrührer aufgewirbelte und sauerstoffversorgte Erntehefe ohne signifikanten Biomassezuwachs ist hingegen das, was die Industrie als Erntehefevitalisierung bezeichnet. Das mag durch Homogenisierung und initiale Sauerstoffversorgung eine gewisse Prozesssicherheit und einen zeitlichen Vorsprung liefern, aber letztlich ist da auch viel Marketing dabei. Tote Hefe steht nicht wieder zum Leben auf und das Gros an Sauerstoff und Nährstoffen wartet eben immer noch in der Würze. Den qualitativen Vorteil gegenüber einer fein in den Würzestrom dosierten Erntehefe + nacheilend Sauerstoff sehe ich da nur bedingt.
Ich habe meinem letzten Sud mit der kompletten Erntehefe (W177 Kölsch) des vorherigen Suds angestellt.
Das mag auch funktionieren, es ist dann einfach so viel Hefe, dass sie das bisschen Zucker auch noch durchziehen kann. Dass sie ohne Wachstum und großartige Nährstoffaufnahme einfach direkt weitergemacht hat, sieht man ja auch am schnellen Ankommen. Das Problem hieran ist, dass der Hefesatz überaltert und an Vitalität einbüßt. Zudem zieht man in so einem Verfahren zunehmend mehr tote Hefe druch den Prozess. Rein von der Sensorik her sind zu hohe Anstellraten auch nicht vorteilhaft.

Also bitte nicht falsch verstehen: Die Gefahr von Overpitching ist im Hobby wesentlich geringer als die Gefahr von Underpitching. Aber die ganze Hefe eines Sudes würde ich dann eben doch nicht geben. Die Zeit bis zum Ankommen ist kein Wettbewerb.

Gruß
Andy
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