7-Korn-Sauerteig-Bier
7-Korn-Sauerteig-Bier
Hallo zusammen,
konnte erfolgreich ein Bier mit Sauerteig vergären und möchte hier meine Erfahrungen teilen.
Vorab hier das Ergebnis:
Quellen: Hauptsächlich Milk The Funk sowie dieser Artikel (Paywall - lohnt sich aber nicht wirklich).
Rezept: 13°P Stammwürze; Schüttung war angelehnt an das 7-Korn-Landbier mit 10% Rauchmalz; mit Herkules auf 30 IBU zu Kochbeginn gebittert; 2g/l getrocknete Dolden selbst angebauter East Kent Goldings im Whirlpool; Maischeschema: 40min. à 64°C, 20min. à 72°C.
Gärung: Auf 25l habe ich 90g Sauerteig-Starter mit 110g Wasser und 110g Mehl am Vorabend angesetzt. Anschließend den gesamten "Starter" gepitcht und bei 18°C in zwei Demijohns vergoren. Insgesamt hat sich die Gärung extrem lange hingezogen, was vermutlich an a) Underpitching, b) zu niedriger Temperatur und c) einem extrem hohen VG lag. Musste das Bier am Ende bei 25°C im Kühlschrank mit Heizmatte ausgären lassen. Einer der Demijohns wurde noch mit 2g/l East Kent Goldings gestopft.
Finale Messwerte: pH: 4,3; RE: 0,3% (gemessen mit Easydens).
Eindrücke: Trotz des Rauchmalzes dominiert der Hefe-Charakter; erinnert am ehesten an ein Saison. Allerdings nicht pfeffrig / phenolisch, eher leichte Noten von Banane. Natürlich extrem trocken, hohe Drinkeability. (Noch) kein Funk. Dank der 30 IBU auch nicht sauer. Insgesamt ein schönes und rustikales Bier, wie ich es mir gewünscht hatte.
Tipps: Wie immer: Geduld! In einigen Artikeln findet man VGs von Sauerteig-Bieren von <80%, meiner hatte deutlich mehr. Wie immer bei unbekannten Kulturen sollten dem Bier also ausreichend Zeit geben und auch die Temperatur sukzessive erhöhen. Nachgärung in jedem Falle per Manometer überwachen. Insgesamt hat sich mein Sauerteig als Übervergärer erwiesen, also achtet auf gute Hygiene und nutzt idealerweise Euer Equipment für "Wild & Sour" und passt also auf, dass ihr den Sauerteig auch wieder aus Eurer Brauerei loswerdet.
Variationen: Laut Milk The Funk profitieren die Kulturen geschmacklich davon, dass man sie öfter (mit Bier) führt. Außerdem scheint die Zusammenstellung des Getreides - zumindest bei Brot - teilweise ganz andere Aromen zu erzeugen (Quelle). Wäre interessant zu wissen, ob das auch für Bier gilt.
Viel Spaß beim Brauen und Let's Milk The Funk!
konnte erfolgreich ein Bier mit Sauerteig vergären und möchte hier meine Erfahrungen teilen.
Vorab hier das Ergebnis:
Quellen: Hauptsächlich Milk The Funk sowie dieser Artikel (Paywall - lohnt sich aber nicht wirklich).
Rezept: 13°P Stammwürze; Schüttung war angelehnt an das 7-Korn-Landbier mit 10% Rauchmalz; mit Herkules auf 30 IBU zu Kochbeginn gebittert; 2g/l getrocknete Dolden selbst angebauter East Kent Goldings im Whirlpool; Maischeschema: 40min. à 64°C, 20min. à 72°C.
Gärung: Auf 25l habe ich 90g Sauerteig-Starter mit 110g Wasser und 110g Mehl am Vorabend angesetzt. Anschließend den gesamten "Starter" gepitcht und bei 18°C in zwei Demijohns vergoren. Insgesamt hat sich die Gärung extrem lange hingezogen, was vermutlich an a) Underpitching, b) zu niedriger Temperatur und c) einem extrem hohen VG lag. Musste das Bier am Ende bei 25°C im Kühlschrank mit Heizmatte ausgären lassen. Einer der Demijohns wurde noch mit 2g/l East Kent Goldings gestopft.
Finale Messwerte: pH: 4,3; RE: 0,3% (gemessen mit Easydens).
Eindrücke: Trotz des Rauchmalzes dominiert der Hefe-Charakter; erinnert am ehesten an ein Saison. Allerdings nicht pfeffrig / phenolisch, eher leichte Noten von Banane. Natürlich extrem trocken, hohe Drinkeability. (Noch) kein Funk. Dank der 30 IBU auch nicht sauer. Insgesamt ein schönes und rustikales Bier, wie ich es mir gewünscht hatte.
Tipps: Wie immer: Geduld! In einigen Artikeln findet man VGs von Sauerteig-Bieren von <80%, meiner hatte deutlich mehr. Wie immer bei unbekannten Kulturen sollten dem Bier also ausreichend Zeit geben und auch die Temperatur sukzessive erhöhen. Nachgärung in jedem Falle per Manometer überwachen. Insgesamt hat sich mein Sauerteig als Übervergärer erwiesen, also achtet auf gute Hygiene und nutzt idealerweise Euer Equipment für "Wild & Sour" und passt also auf, dass ihr den Sauerteig auch wieder aus Eurer Brauerei loswerdet.
Variationen: Laut Milk The Funk profitieren die Kulturen geschmacklich davon, dass man sie öfter (mit Bier) führt. Außerdem scheint die Zusammenstellung des Getreides - zumindest bei Brot - teilweise ganz andere Aromen zu erzeugen (Quelle). Wäre interessant zu wissen, ob das auch für Bier gilt.
Viel Spaß beim Brauen und Let's Milk The Funk!
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- Posting Klettermax
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Schönes Projekt!
Meine Sauer+Funky-Phase liegt ein paar Jahre zurück. Eventuell muss ich da auch mal wieder einsteigen!
Meine Sauer+Funky-Phase liegt ein paar Jahre zurück. Eventuell muss ich da auch mal wieder einsteigen!
Mfg
Johst
Johst
- Sebasstian
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Cool! Würde ich gerne mal gekostet haben.
Bin überrascht vom pH. Aber vermutlich hast du mit dem Hopfen und den 30IBU dafür gesorgt, dass es kein Sauerbier geworden ist.
Sauerteig-Bier steht auch auf meiner ToBrew Liste. Aber ich werd's wohl (fast) ohne Hopfen machen.
Bin überrascht vom pH. Aber vermutlich hast du mit dem Hopfen und den 30IBU dafür gesorgt, dass es kein Sauerbier geworden ist.
Sauerteig-Bier steht auch auf meiner ToBrew Liste. Aber ich werd's wohl (fast) ohne Hopfen machen.
Grüße,
Sebastian
Sebastian
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- Posting Klettermax
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- BrauSachse
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Wow, cool. Das werde ich nachbrauen. Kannst du bitte noch schreiben, wie lang die Gärzeit letztendlich war? Und nun kommen die Fragen:
Hast du einen Roggen- oder einen Weizensauerteig genommen? Welches Mehl hast du für den Ansatz genutzt?
Wenn du von unterpitchen schreibst, mit welcher Menge Sauerteig würdest du beim nächsten Mal anstellen?
Würdest du empfehlen, von Beginn wärmer zu vergären? Wenn ja bei welcher Temperatur?
Ich habe noch nie absichtlich mit Bakterien vergoren. Wie viel Kopfraum muss man für die Gärung einplanen?
Viele Grüße
Tilo
Hast du einen Roggen- oder einen Weizensauerteig genommen? Welches Mehl hast du für den Ansatz genutzt?
Wenn du von unterpitchen schreibst, mit welcher Menge Sauerteig würdest du beim nächsten Mal anstellen?
Würdest du empfehlen, von Beginn wärmer zu vergären? Wenn ja bei welcher Temperatur?
Ich habe noch nie absichtlich mit Bakterien vergoren. Wie viel Kopfraum muss man für die Gärung einplanen?
Viele Grüße
Tilo
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Hallo Hans und Danke für das Rezept ... Sauerbier ist immer mein erstes Bier des Jahres.
Wäre cool wenn es das Rezept auch in MMum schafft
Wäre cool wenn es das Rezept auch in MMum schafft
Selbstgespräche sind nicht schlimm solange du nichts Neues erfährst.
- Sebasstian
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Das ist zwar Sauerteig, aber kein Sauerbier.integrator hat geschrieben: ↑Freitag 15. März 2024, 18:22 Hallo Hans und Danke für das Rezept ... Sauerbier ist immer mein erstes Bier des Jahres.
Grüße,
Sebastian
Sebastian
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Schon klar aber mit dem Ziel auf PH 4,3 und tiefer zukommen ist doch geschmacklich sauer ... oder liege ich falsch?Sebasstian hat geschrieben: ↑Freitag 15. März 2024, 18:30Das ist zwar Sauerteig, aber kein Sauerbier.integrator hat geschrieben: ↑Freitag 15. März 2024, 18:22 Hallo Hans und Danke für das Rezept ... Sauerbier ist immer mein erstes Bier des Jahres.
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Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Hängt von den Bugs ab. Unser Saison im Holzfass ist trotz 35-40 IBU gritzesauer geworden.Bei 30 IBUs wollen die bugs nicht mehr so...
Viele Grüße
Björn
Allen wird bekannt gemacht, dass keiner in die Jeetze kackt - denn morgen wird gebraut.
Steht am Bierbrunnen in Salzwedel
Björn
Allen wird bekannt gemacht, dass keiner in die Jeetze kackt - denn morgen wird gebraut.
Steht am Bierbrunnen in Salzwedel
Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Hallo zusammen, Danke für's Feedback !
Zur Gärdauer: Ich habe am Ende nach gut zwei Monaten abgefüllt und das Bier ist nun auch seit Monaten in der Flasche stabil, war also durch. Grundsätzlich misst man bei so einem Bier natürlich nicht so oft, sondern lässt es im Zweifelsfall eher noch stehen. Autolyse ist bei Wildhefen m.W. kein Problem.
Zum Sauerteig: War ein Weizensauerteig, habe wenn ich mich recht erinnere normales Vollkornmehl genommen.
Zur Pitch Rate: Ich würde beim nächsten mal die 1,5-facher Menge nehmen.
Zur Temperatur: "Mein" Sauerteig ist vermutlich auf Raumtemperatur >21°C konditioniert. Hatte die Demijohns im Keller stehen, da waren es eher <=18°C. Am Ende muss man sich darüber im klaren sein, dass man ohnehin keine richtige Kontrolle über das Endergebnis hat (- zumindest nicht in der ersten Führung). Aus meiner Sicht ist daher einfach nur wichtig, dass das Bier so warm steht, dass die Gärung auch gut in Gang geht. Was bei mir recht zügig war, hatte bereits nach 12 Stunden Krausen.
Zum Kopfraum: Die Bakterien selbst machen keine Krausen, nur die Hefen. Insofern benötigt man bei moderater Anstelltemperatur keinen riesigen Kopfraum. Bei mir waren die Krausen in den typischen 14l-Demijohns nur so 2-3cm hoch. Im Gegenteil ist ein großer Kopfraum bei so einem eher länger stehenden Bier eher nachteilig, da durch Temperaturschwankungen in der Umgebung auch immer mal Sauerstoff über das Gärröhrchen eingezogen werden kann.
Abschließend noch zum pH-Wert: In der Tat war mein Ziel, hier kein Sauerbier zu brauen. Der pH von 4,3 ist auch voll im Bereich von "Normalbieren" (da geht man von 4,2 bis 4,6 aus). Normale Lactobazillen sind nicht IBU-tolerant, die dürfte man bei 30 IBU relativ sicher killen. Pediokokken hingegen sind IBU-tolerant, dafür aber extrem langsam. Nun fehlt mir das Hintergrundwissen über die in Sauerteig typischerweise enthaltenen Hefen und Bakterien; sofern da Pediokokken drin waren, kann das also durchaus noch sein, dass das Bier noch saurer wird.
Einstellen auf MMuM kann ich bei Gelegenheit auch gerne angehen; meldet Euch in der Zwischenzeit einfach hier, wenn ihr Fragen habt.
Hallo Tilo,BrauSachse hat geschrieben: ↑Freitag 15. März 2024, 10:28 Wow, cool. Das werde ich nachbrauen. Kannst du bitte noch schreiben, wie lang die Gärzeit letztendlich war? Und nun kommen die Fragen:
Hast du einen Roggen- oder einen Weizensauerteig genommen? Welches Mehl hast du für den Ansatz genutzt?
Wenn du von unterpitchen schreibst, mit welcher Menge Sauerteig würdest du beim nächsten Mal anstellen?
Würdest du empfehlen, von Beginn wärmer zu vergären? Wenn ja bei welcher Temperatur?
Ich habe noch nie absichtlich mit Bakterien vergoren. Wie viel Kopfraum muss man für die Gärung einplanen?
Viele Grüße
Tilo
Zur Gärdauer: Ich habe am Ende nach gut zwei Monaten abgefüllt und das Bier ist nun auch seit Monaten in der Flasche stabil, war also durch. Grundsätzlich misst man bei so einem Bier natürlich nicht so oft, sondern lässt es im Zweifelsfall eher noch stehen. Autolyse ist bei Wildhefen m.W. kein Problem.
Zum Sauerteig: War ein Weizensauerteig, habe wenn ich mich recht erinnere normales Vollkornmehl genommen.
Zur Pitch Rate: Ich würde beim nächsten mal die 1,5-facher Menge nehmen.
Zur Temperatur: "Mein" Sauerteig ist vermutlich auf Raumtemperatur >21°C konditioniert. Hatte die Demijohns im Keller stehen, da waren es eher <=18°C. Am Ende muss man sich darüber im klaren sein, dass man ohnehin keine richtige Kontrolle über das Endergebnis hat (- zumindest nicht in der ersten Führung). Aus meiner Sicht ist daher einfach nur wichtig, dass das Bier so warm steht, dass die Gärung auch gut in Gang geht. Was bei mir recht zügig war, hatte bereits nach 12 Stunden Krausen.
Zum Kopfraum: Die Bakterien selbst machen keine Krausen, nur die Hefen. Insofern benötigt man bei moderater Anstelltemperatur keinen riesigen Kopfraum. Bei mir waren die Krausen in den typischen 14l-Demijohns nur so 2-3cm hoch. Im Gegenteil ist ein großer Kopfraum bei so einem eher länger stehenden Bier eher nachteilig, da durch Temperaturschwankungen in der Umgebung auch immer mal Sauerstoff über das Gärröhrchen eingezogen werden kann.
Abschließend noch zum pH-Wert: In der Tat war mein Ziel, hier kein Sauerbier zu brauen. Der pH von 4,3 ist auch voll im Bereich von "Normalbieren" (da geht man von 4,2 bis 4,6 aus). Normale Lactobazillen sind nicht IBU-tolerant, die dürfte man bei 30 IBU relativ sicher killen. Pediokokken hingegen sind IBU-tolerant, dafür aber extrem langsam. Nun fehlt mir das Hintergrundwissen über die in Sauerteig typischerweise enthaltenen Hefen und Bakterien; sofern da Pediokokken drin waren, kann das also durchaus noch sein, dass das Bier noch saurer wird.
Einstellen auf MMuM kann ich bei Gelegenheit auch gerne angehen; meldet Euch in der Zwischenzeit einfach hier, wenn ihr Fragen habt.
- BrauSachse
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- Registriert: Samstag 2. Mai 2020, 20:23
- Wohnort: Taunus
Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Ich danke dir für die ausführlichen Antworten.
Schönes Wochenende noch
Tilo
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Tilo
- DevilsHole82
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- Beiträge: 1864
- Registriert: Dienstag 13. Oktober 2015, 10:03
- Wohnort: Neunkirchen (Siegerland)
Re: 7-Korn-Sauerteig-Bier
Wenn sich die MOs in der Würze genauso verhalten wie im Anstellgut, bzw. Sauerteig, dann kannst Du mit der Temperatur die dominierenden MOs beeinflussen. Niedrige Temperatur führt zu mehr Essigsäurebakterien. Hohe Temperatur (~30°C) zu mehr Milchsäurebakterien.
Das merkt man auch deutlich bei der Führung vom Anstellgut. Ich führe mein Roggen ASG und mein Lievito Madre mit TA150 im Kühlschrank. Die riechen beim Auffrischen nach einer Woche schön nach Essig.
Das merkt man auch deutlich bei der Führung vom Anstellgut. Ich führe mein Roggen ASG und mein Lievito Madre mit TA150 im Kühlschrank. Die riechen beim Auffrischen nach einer Woche schön nach Essig.
Gruß, Daniel
Was von Herzen kommt gelingt, weil's einen gibt, der die Kelle schwingt. Heute back ich, morgen brau ich, wer heimlich nascht, den verhau ich.
Was von Herzen kommt gelingt, weil's einen gibt, der die Kelle schwingt. Heute back ich, morgen brau ich, wer heimlich nascht, den verhau ich.