Tschechische Studie: Hopfen verlieren Alphasäure und Ertrag durch Klimaänderungen

[maecki-maecki]

Bin gerade über eine spannende Veröffentlichung gestolpert:

https://www.nature.com/articles/s41467-023-41474-5

Die Studie hat Ertragseinbussen von 10-20% und Alphasäurerückgang von 11-15% in den deutschen Anbaugebieten seit 1995 ermittelt.

Sie geht davon aus, dass 2050 bis zu 18% weniger Ertrag und bis zu 30% weniger Alphasäure in der Ernte vorhanden sein wird.

Mäcki

[Wintermuffel]

https://www.br.de/nachrichten/bayern/st ... EB69YXoEA8

hier wird das ganze etwas relativiert.
Interessant das an der Studie nur sogenannte Klimaforscher beteiligt waren, keine Hopfenexperten.

[Colindo]

Das gilt nur für die traditionellen Landsorten. Moderne Hopfensorten, auch aus den 90ern etc, wurden nicht untersucht. Das hat mit Klimaforschern vs Hopfenexperten nichts zu tun, der Artikel muss nur von den Lesenden bzw. den Medien richtig eingeordnet werden.

[Andlix]

Wenn Klimaforscher Hopfenanbauer empfehlen, wie sie in Zukunft zu investieren haben (das machen die in der Studie), dann ist das schon schräg.
Erst recht, wenn die Sorten in Anbau eine geringe Rolle spielen.

[Colindo]

Wenn Klimaforscher Hopfenanbauer empfehlen, wie sie in Zukunft zu investieren haben (das machen die in der Studie), dann ist das schon schräg.

Kannst du mir die Stelle zitieren? Finde das im Paper nicht.

[Zoigl Jehovas]

Passend dazu: https://www.arte.tv/de/videos/111749-00 ... -verloren/

[Andlix]

https://www.nature.com/articles/s41467-023-41474-5

Im Titel des Artikels heißt es schon:
"Climate-induced decline in the quality and quantity of European hops calls for immediate adaptation measures"

"Hop farmers can and have responded to climate change by relocating hop gardens to higher elevations and valley locations with higher water tables, building irrigation systems, changing the orientation and spacing of crop rows, and even breeding more resistant varieties."

(...)

"This can be achieved by slowing plant growth via growth inhibitors or by building protective shading structures."
"The higher probability of droughts can be partly mitigated by less frequent tillage and cultivation of hop fields, changes in fertilization and the use of row cover crops to support root growth"

"it will be necessary to expand the area of aroma hops by 20% compared to the current production area to compensate for a future decline in alpha content"

[Colindo]

Im Titel des Artikels heißt es schon:
"Climate-induced decline in the quality and quantity of European hops calls for immediate adaptation measures"

Ach so, ja. Den Titel habe ich als gelernter Akademiker natürlich direkt ignoriert. Er ist sehr viel dramatischer formuliert als sinnvoll wäre, allerdings halte ich entgegen, dass er so dramatisch ist wie notwendig, um eine derartige Publikation platzieren zu können. Die Kritik müssen wir also direkt an Nature weitergeben, die solche Praktiken fordern. Die Medien sehen nur die Überschrift und dahinter die wichtigste und größte wissenschaftliche Zeitschrift der Welt und denken nicht weiter nach. Allerdings widerspreche ich, dass an der Stelle den Hopfenbauern etwas empfohlen wird; der Titel sagt hingegen nur aus, dass die Daten entsprechende Maßnahmen erforderlich machen. Das ist nicht tendenziös sondern inhaltlich korrekt.

Die meisten anderen deiner Zitate stammen aus dem Teil der Literaturrecherche und sind jeweils mit Quellen belegt. Es geht also viel weniger um Empfehlungen, als darum, den Ist-Zustand zu beschreiben und Maßnahmen, die bereits getroffen wurden, aufzulisten. Daraus ergibt sich keine Empfehlung für Hopfenbauern, tatsächlich ist die angesprochene Leserschaft eher im Umfeld der Hopfenforschung wie in Hüll anzufinden. Übrigens nennen die Forscher auch "breeding more resistant varieties", was genau der Punkt ist, der im BR-Artikel als "Gegenposition" genannt wird. Es geht im BR-Artikel also viel mehr darum, die reißerischen Medienartikel zu korrigieren, indem man die Fakten, die der wissenschaftliche Artikel korrekterweise nennt, in den Vordergrund rückt.

Dein letztes Zitat ist das einzige, was aus dem Schlussteil des Artikels kommt und somit Konsequenzen bzw. ein Fazit darstellt. Auch hier gibt es keine Empfehlung, sondern die Aussage, dass die gesammelten Daten über den Rückgang der Ernte bei den untersuchten Hopfensorten eine Erhöhung der Produktionsmenge notwendig machen. Der Kontext dazu sind zunehmende Dürren, im Falle welcher insbesondere die alten Sorten leiden. Wenn du nur diesen Satz anschaust und nicht den Rest des Artikels, dann klingt das in der Tat so, als würde man alle Produktionsmengen erhöhen müssen. Da ist es die Aufgabe des ausgebildeten Lesers, hier den Gesamtartikel im Auge zu behalten. Liest du nämlich den Schlusssatz, klingt das direkt anders:

In summary, this study demonstrates a climate-induced decline in the quality and quantity of traditional aroma hops across Europe and calls for urgent adaptation measures to stabilize international market chains.

Solche Schlusssätze sind es, die man einzeln ohne Kontext zitieren kann, da die Wissenschaftler hier darauf achten, den Kontext im Satz unterzubringen.

Zum Schluss möchte ich noch einmal darauf eingehen, dass deine Ursprungskritik, die auch im BR-Artikel vorkommt, eine einseitige Besetzung der Forschergruppe einschloss. Tatsächlich ist es weder ungewöhnlich noch problematisch, dass ein Forschungsteam einen Sachverhalt aus seinem Spezialgebiet untersucht und daraus Konsequenzen in anderen Fachgebieten schließt, insbesondere wenn diese gut durch Literatur belegt sind. Wäre zusätzlich ein Hopfenforscher beteiligt gewesen, so wäre es sicher ein Spezialist für die untersuchten traditionellen Sorten gewesen, der den Text in genau der Art, wie er vorliegt, mitgetragen hätte. Es würde sich also nichts ändern und der Kritikpunkt der Zusammensetzung der Autorenschaft ist nichtig. Dazu kommt, dass solche Aussagen stets gefährlich nahe an "die Wissenschaftler wissen nicht, wovon sie reden" kommen, was die Wissenschaft generell in Abrede stellen kann. Stattdessen ist es die Lesekompetenz, die hier das Problem ist, insbesondere bei den Medien, deren Aufgabe es ist, wissenschaftliche Sachverhalte für die Allgemeinheit zugänglich zu machen.

[Roger_Echo]