Würzigkeit im Bier

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
Antworten
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Würzigkeit im Bier

#1

Beitrag von Biermutant »

Hallo Hobbybierbrauer,

wie bekomme ich diese leckere Würzigkeit ins Bier. Quasi das Bier-Umami ins Bier, ohne dass es bitter ist? Ich hoffe Ihr versteht was ich meine? Das hat man direkt auf der Zunge. Ihr kennt es sicher. Ansatzweise ist das bsp. beim Augustiner Hell oder Flensburger Pils zu schmecken. Um jetzt einfach Mal ganz platt bekannte Biere herzunehmen.

Der Würzegeschmack fällt sofort auf der Zunge auf. Ich kann es gar nicht genau beschreiben. Aber vergleichbar in anderen Kategorien ist bsp. Maggie oder eine leckere Pilzpfanne. Gut gewürzte Soßen oder ein Thailändisches Curry (abgesehen von der Schärfe).

Ich vermutetes hat was mit dem Würzekochen zu tun und mit den verschiedenen Arten der Hopfengaben? Aber wie dieser Flavour im Duft und vor Allem im Geschmack kreiert wird würde ich gerne wissen.

Ich möchte das unbedingt selbst so hinbekommen.

Vielleicht kann mir jemand dabei weiterhelfen?

Freue mich auf Eure Antworten!
Zuletzt geändert von Biermutant am Sonntag 24. März 2024, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
maecki-maecki
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 871
Registriert: Mittwoch 30. März 2022, 22:17

Re: Würzigkeit im Bier

#2

Beitrag von maecki-maecki »

Hallo Du Mutant ;-)

‚Würzegeschmack‘ meint in der Brauersprache was anderes - das ist die unvergärte Süsse wie man sie aus manchen alkoholfreien Bieren kennt.

Darüber hinaus kann ich mit Deinen Schilderungen nicht viel anfangen, Umami im Bier kann ich mir nicht vorstellen.

Manche klassischen untergärigen Biere bringen durch die Dekoktion eine gewisse Kernigkeit mit (denke das sind Tannine und Maillard/Karamellaromen). Meinst Du vielleicht sowas?
Außerdem lebt Bier generell von der Balance zwischen süss, sauer und bitter. Hier gibt es natürlich unterschiedliche Vorlieben und unterschiedliche Stile…

Mäcki
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19404
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: Würzigkeit im Bier

#3

Beitrag von Boludo »

Würzig ist genauso wie süffiig oder vollmundig so ein Begriff, den man gerne als Werbung auf ein Etikett druckt, mit dem aber letztendlich nichts genaues definiert ist.
Da versteht wohl jeder irgendwie was anderes drunter.
Eine Diskussion über etwas, was jeder anders versteht, ist nicht wirklich zielführend.
Ich würde Würzigkeit an ehesten einem Hopfenaroma zuordnen. Zb finde ich Tettnanger Hopfen sehr würzig.
Da passt dann aber das hier genannte Augustiner Hell nicht dazu, da schmeckt man nicht wirklich viel vom Hopfen.
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#4

Beitrag von Stuggbrew »

Hi Braumutant,

Ich kann mich da den alten Hasen nur anschließen. Das ist eine sehr wage Beschreibung. Zu „Umami“ im Bier gab es mal einen eigenen Faden.
Beim Augustiner ist es aus meiner Sicht (aber eben subjektiv) eine Schüttung mit MüMa und möglicherweise Dektoktion. Denn es ist eine malzig-kerniger Geschmack. Dazu ein Nobelhopfen der Honig, erdige Gesvhmacksnoten noch kontert und ein sehr klares hefeprofil das neutral ist. Das weiche Wasser wird auch so gesteuert dass es die Aromen schön einbindet.
Ich zB habe sehr weiches mineralienarmes Wasser. Daher arbeite ich oft mit einer NaCl Gabe - damit bekomm ich auch diesen „Durst nach einem zweiten Schluck“ hin
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Colindo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1564
Registriert: Dienstag 16. Februar 2021, 16:36
Wohnort: bei Düsseldorf

Re: Würzigkeit im Bier

#5

Beitrag von Colindo »

Würzigkeit kann man vom Hopfen und manchmal auch von Karamellmalzen erhalten. Beim Flensburger Pils denke ich, dass du den Geschmack eines deutschen, traditionellen Hopfens meinst, der in den letzten 10 min zugegeben wurde. Leider kenne ich mich mit deutschen Hopfen nicht genug aus und weiß nur, dass Whitbread Golding den gleichen Geschmack liefert. Vielleicht mal Hersbrucker oder Tettnanger ausprobieren?
Auf Youtube: The British Pint
stemps
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 100
Registriert: Freitag 28. August 2020, 18:05

Re: Würzigkeit im Bier

#6

Beitrag von stemps »

Stuggbrew hat geschrieben: Sonntag 24. März 2024, 07:57 Beim Augustiner ist es aus meiner Sicht (aber eben subjektiv) eine Schüttung mit MüMa und möglicherweise Dektoktion.
MüMa im Hellen? Wieviel gibst du da hinzu? Alle Rezepte die mir bisher begegnet waren hatten waren entweder 100% PiMa oder eine Mischung aus PiMa und etwas Wiener Malz oder Karamellmalz. Ich frage weil meine Hellen, auch mit Dekoktion, immer etwas dünn und langweilig schmecken. Evtl. sollte ich auch mal MüMa versuchen.

Simon
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#7

Beitrag von Stuggbrew »

Hi Simon,

Ich geb Max 10 % MüMa dazu. Den Rest Pilsner. Manchmal nehm ich auch nur 8% und 2% Carapils.
Ist dann von der Farbe bei rund 14 EBC. da leg ich aber nicht so viel Wert drauf.
Dann schöne Nobelhopfen - gern mit einer VWH Gabe und einer bei 10Min.
Als Hefe die Wy2308.
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#8

Beitrag von Stuggbrew »

Noch als Nachtrag - das Rezept kommt meinem relativ nah:
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... Münch%25er
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19404
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: Würzigkeit im Bier

#9

Beitrag von Boludo »

stemps hat geschrieben: Sonntag 24. März 2024, 12:31
MüMa im Hellen?
Es gibt MüMa Typ 1 und Typ 2. Und ich habe den Eindruck, dass jede Mälzerei etwas anderes unter MüMa versteht.
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#10

Beitrag von Stuggbrew »

Ja das stimmt natürlich. Ich verwende das Plohberger MüMa mit 12-25EBC angegeben (ja - große Schwankung)

Bei Weyerman würde ich auf Typ1 bei einem hellen gehen
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Benutzeravatar
Frommersbraeu
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 766
Registriert: Samstag 11. April 2020, 08:44

Re: Würzigkeit im Bier

#11

Beitrag von Frommersbraeu »

Boludo hat geschrieben: Sonntag 24. März 2024, 15:11
Es gibt MüMa Typ 1 und Typ 2. Und ich habe den Eindruck, dass jede Mälzerei etwas anderes unter MüMa versteht.
Ich würde sogar behaupten, dass Wiener, MüMa 1 & 2 schlicht aus MüMa und Pilsner gemischt wird :Pulpfiction, drei verschiedene Darrverfahren sind nicht wirklich wirtschaftlich oder? Da kann die Varianz recht hoch werden, je nachdem wie gut gemischt wurde...
Schöne Grüße
Patrick


Brauen ist wie ein Überraschungsei:
Spiel, Spaß und Scho.. ach ne Bier!
:Drink
Meine Seminarbrauerei acidusbraeu.de
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#12

Beitrag von Stuggbrew »

Hi Patrick,

Naja es sind ja keine verschiedenen Darrverfahren. Es ist ja lediglich die Dauer und Temp. angepasst. Natürlich ist die Reihenfolge Pilsner / Wiener / Münchner aber von eine n reinen Mischung seitens Mälzer würde ich nicht ausgehen.
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Benutzeravatar
Boludo
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 19404
Registriert: Mittwoch 12. November 2008, 20:55

Re: Würzigkeit im Bier

#13

Beitrag von Boludo »

Frommersbraeu hat geschrieben: Sonntag 24. März 2024, 16:33
Boludo hat geschrieben: Sonntag 24. März 2024, 15:11
Es gibt MüMa Typ 1 und Typ 2. Und ich habe den Eindruck, dass jede Mälzerei etwas anderes unter MüMa versteht.
Ich würde sogar behaupten, dass Wiener, MüMa 1 & 2 schlicht aus MüMa und Pilsner gemischt wird :Pulpfiction, drei verschiedene Darrverfahren sind nicht wirklich wirtschaftlich oder? Da kann die Varianz recht hoch werden, je nachdem wie gut gemischt wurde...
Wenn du etwas behauptest, solltest du zumindest einen Hinweis darauf haben, dass es auch stimmt.
Es geht bei den Malzsorten nicht nur um Farbe, sondern auch um Geschmack. Je höher gedarrt wird, desto mehr spezielle Aromen entstehen auch. Ob sich sowas durch Mischen erreichen lässt, bezweifle ich ein wenig.
Wobei ich nicht ausschließen würde, dass die eine oder andere Mälzerei da trickst, aber wer seinen Mälzer Job ernst nimmt, wird sowas wohl ziemlich sicher nicht machen.
rauchbier
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 843
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2014, 22:29

Re: Würzigkeit im Bier

#14

Beitrag von rauchbier »

Wir hatten das Thema Wiener Malz in dem Zusammenhang schon mal hier. Es gibt auch Mälzereien, die explizit auf die Etiketten der Säcke schreiben, dass es sich um "echtes" Wiener Malz (ungemischt) handelt:
viewtopic.php?p=372515#p372515

Jetzt kann man die Vermutung aufstellen, dass es dann auch Mälzereien geben muss, die Malzsorten mischen. Andernfalls wäre es nicht notwendig, explizit auf sortenreines Wiener Malz hinzuweisen und sich von anderen Mälzereien abzugrenzen. Interessant wäre, wie es die gängigen Mälzereien aus den HB-Shops handhaben.
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Re: Würzigkeit im Bier

#15

Beitrag von Biermutant »

Hallo ihr Tratschtanten 😉 Könnt ihr euch bitte im entsprechenden Thread bezüglich eurer „Malzproblematik“ anzicken? 😅 Gerade die Vielposter, die sich sonst selbst darüber aufregen… schämt euch 😉

Das hat bestimmt indirekt auch was mit der Würzigkeit zu tun. Aber triftetet mir hier zu weit vom eigentlichen Thema ab.

Zurück zum Thema:

Zusammenfassend hat es also mit dem unvergärbaren Restzucker ( also mit den Rasten zwischen ca. 65 -74 Grad zu tun).

Vermutlich hat es also auch was mit den Hopfengaben zutun.

Sowie auch mit der Härte und Salzzusammensetzung des Brauwassers.

Kann die Hefe dabei auch eine Rolle spielen? Vergärungsgrad und geschmackliche Eigenschaftenndurch bestimmte Hefen? Obergärig/untergärig?
Zuletzt geändert von Biermutant am Montag 25. März 2024, 11:43, insgesamt 1-mal geändert.
OS-Schlingel
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1081
Registriert: Sonntag 2. November 2014, 09:04
Wohnort: Lengerich

Re: Würzigkeit im Bier

#16

Beitrag von OS-Schlingel »

Hallo,

Du versuchst gerade an allen Stellschrauben gleichzeitig zu drehen.
Wenn Du ein Kaufbier hast, dass Deinen Wünschen entspricht, kannst Du vielleicht mal die Online Shops mit dem Wunsch anschreiben und um Beratung Bitten. Es gibt hier schon einige Mischungen, die man testen könnte.

Nein, sicherlich nicht perfekt, aber ein Einstieg.

Alternativ gibt es MaischeMalzundmehr.de für mehr Rezepte.
Mit etwas mehr Erfahrung, kannst Du dann auch hier etwas für Dich finden.

Auch in Deiner Gegend wird es Hobbybrauerstammtische geben, wo sich vortrefflich über Biere und Bestandteile diskutieren lässt.
Üblicherweise werden hier auch eigene Biere verkostet.


Gruß Stephen
Or kindly when his credit's out
Surprise him with a pint of Stout
:Smile
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Re: Würzigkeit im Bier

#17

Beitrag von Biermutant »

Bsp. dieses Bier hat diesen „würzigen“ Körper, oder wie auch immer man den Geschmack bezeichnen möchte.
https://shop.bierliebe.ch/produkt/braue ... -basilisk/
shudayo
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 141
Registriert: Donnerstag 23. März 2023, 19:41
Wohnort: Oberhavel

Re: Würzigkeit im Bier

#18

Beitrag von shudayo »

Hops: Hallertau Tradition hops
Malt: Pilsner malt, caramel malt
Yeast: bottom-fermented
Alcohol: 5.4% vol
Brewed since: 2012

Die Infos findet man hier:
https://www.uelibier.ch/en/ueli-bier-a-sip-of-basel/

Basierend auf den Angaben könntest du ein Rezept entwickeln und das dann iterativ an das Original anpassen.
Gruß,
Alex

Cervisiam bibat
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Re: Würzigkeit im Bier

#19

Beitrag von Biermutant »

Ja, ich kenne das Rezept. Nur weiß man ja nicht welche Mengen eingehalten und welche Rasttemperaturen- und Zeiten, sowie Kochzeiten eingehalten wurden. Gab es eine VWH usw. Aber einen Versuch ist es definitiv wert! 😊

Ein ähnliches tolles Schweizer Bier ist das „Kitchenbrew Lager Hell“

https://www.kitchenbrew.ch/lager


shudayo hat geschrieben: Montag 25. März 2024, 12:05 Hops: Hallertau Tradition hops
Malt: Pilsner malt, caramel malt
Yeast: bottom-fermented
Alcohol: 5.4% vol
Brewed since: 2012

Die Infos findet man hier:
https://www.uelibier.ch/en/ueli-bier-a-sip-of-basel/

Basierend auf den Angaben könntest du ein Rezept entwickeln und das dann iterativ an das Original anpassen.
Stuggbrew
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 748
Registriert: Samstag 24. Dezember 2022, 07:31
Wohnort: Innsbruck

Re: Würzigkeit im Bier

#20

Beitrag von Stuggbrew »

Zur Frage bzgl Hefe:
Ja die hat auch einen Einfluss. Auch bei den UG hast welche die das Malzige etwas stärker betonen.
Man kann auch eine Budvar nehmen und eine saubere Diacetyl Rast einlegen wenn man den Geschmack der Tschechen nicht so mag
Einstiegsklasse: 27l Einkocher, Läuterfeinblech, Eintauchkühler, klassische Gäreimer - Hauptsache es schmeckt :Drink
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Re: Würzigkeit im Bier

#21

Beitrag von Biermutant »

Danke für die vielen Beiträge!
Benutzeravatar
rakader
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 5062
Registriert: Dienstag 1. Dezember 2015, 10:45
Wohnort: Karpaten & Niederbayern
Kontaktdaten:

Re: Würzigkeit im Bier

#22

Beitrag von rakader »

Biermutant hat geschrieben: Samstag 23. März 2024, 22:30 Ansatzweise ist das bsp. beim Augustiner Hell oder Flensburger Pils zu schmecken. Um jetzt einfach Mal ganz platt bekannte Biere herzunehmen.

Der Würzegeschmack fällt sofort auf der Zunge auf.
Komme zwar später dazu, erlaube mir aber zu meinem 5.000 Post einen Schlusspunkt, der versucht, viele Aspekte aufzugreifen. Reden wir mal vom Münchener Bier. Hallertauer Tradition, Hallertauer Mittelfrüh oder Tettnanger sowie Hersbrucker bringen die hochfeine Würze mit floralen Aromen, die Du meinst. Besonders Tettnanger und Tradition sind hier hervorzuheben, wobei Tettnanger leicht Orange erkennen lässt. Die harmonische Herbe bewegt sich bei rund 15 Bittereinheiten. Dass es so schmeckt wie es Dir schmeckt, liegt an einer ausgeklügelten Balance, zu der auch das Malz mit Pilsener und Münchener Malz Typ 1 beiträgt. Typ 2 wäre jetzt etwas dunkler und damit malziger.

Und dann spielt natürlich die Hefe wie die W34/72, die eher neutral ist und die Temperatur der Gärung/Reifung eine Rolle, wobei viele Brauereien ihre Haushefe haben. Tschechische Hefen sind weniger neutral und leicht malzbetont. Aber auch diese Biere setzen auf den von Dir geschätzten Würzegeschmack mit Saazer Hopfen. Der ist auf eine hochfeine Sorte und mit den deutschen Sorten verwandt. Man spricht von Saazer Formenkreis.

Tschechische Alltagsbiere sind etwas leichter als die bayerischen. Der größte Unterschied zwischen Bayerwald und Böhmerwald (Südböhmen) dürfte aber das Wasser sein; im Böhmerwald ist das Wasser extrem weich, teilweise so weich, dass es aufgehärtet wird, um die Wasserleitungen zu schonen. Die Biere sind mit diesem Wasser seidiger, aber auch markanter aber immer rund im Hopfengeschmack, doch nie harsch. Prägnant ist auch der längere Abgang stärkerer tschechischer Premium-Lager und leichtes bis mittleres Diacetyl.

Flensburger und Augustiner kannst Du nicht vergleichen. Flensburger gab es immer bei meiner Oma an der Ostsee. Der erste Schluck erinnerte mich immer an kaltes Metall, wenn ich aus dem Süden kam. Gut zu wissen ist, dass viele Bierstile dem Wasser vor Ort zu verdanken sind. Heute macht das technisch zwar keine Probleme mehr, aber ein Münchener Pils wäre früher nicht denkbar gewesen. Somit kannst Du sagen, dass traditionelle Biere oft wegen des Wassers vor Ort so lecker schmecken, weil sie auf dieses hin optimiert wurden.

:Drink
Radulph
---
Viele Grüße / Regards
Radulph Kader
Rezepte, Tipps und Stories von Malte by Stubby Hobbs
Neu: Serie Brauzucker selber machen
"Wenn wir noch aufstehen können, bleiben wir da. Wenn wir nimmer aufstehen können, gehn wir heim."
Biermutant
Posting Junior
Posting Junior
Beiträge: 24
Registriert: Sonntag 19. Februar 2023, 17:24

Re: Würzigkeit im Bier

#23

Beitrag von Biermutant »

Danke für deinen guten Beitrag. Der erste Beitrag zu meiner Frage mit einem (meines Erachtens) wirklich sinnvollen Inhalt. Augustiner und Flensburger waren auch ganz schlechte Beispiele und ein norddeutsches herbes Pils ist mit einem Münchner Hell natürlich nicht vergleichbar. :D Wobei das Augustiner diesen würzigen Geschmack ganz im Ansatz hat und im Gegensatz zu manch anderen Hellen schon etwas hopfenbetonter ist, was ich sehr schätze. Aber nicht zu vergleichen mit guten fränkischen Hellen aus den kleinen Brauereien, die keinen Industriestandard produzieren, sondern Geschmack!

Bei jedem Sud lernt man immer etwas Neues dazu. Aktuell habe ich ein Pils in der Gärung. Dort habe ich VWH, Bitterhopfung mit Magnum, Aromahopfung mit Hersbrucker, Spalt und Perle gemacht, sowie noch eine gute Whirlpoolhopfung, nachdem ich mit Eis auf 80< Grad gekühlt habe. Ich habe eine schöne Bittere durch den Magnum, so wie ich das im Pils auch mag, sowie auch tatsächlich die "Würzigkeit", die ich meine! :) Ich beschreibe es als "Rezent" und typisch hopfenwürzig. Ich habe sehr kühl angestellt und die Hefen haben wunderbar gearbeitet bei einer Kühlungsumgebung von 8 Grad (somit war die Würze durch die Hefe-Erwärmung vermutlich bei ca. 10 Grad. Ich habe 2 Flüssighefen von Braupartner verwendet. Zymoferm Hell/Pils/Lager UG (ca. 76% VG) und Zymoferm 34/78 Weihenstepahner UG (ca. 81,5% VG). Sind beide Betriebshefen. Hab mit 12,5 °P auf 3,5°P untervergoren und bin bei ca. 5,6 Vol. Ich werde es noch etwas verdünnen mit abgekochten und aufbereitetem Wasser, so dass ich mit Nachgärung auf 5,8 gCO2/l rauskomme und bei knapp über 5% Vol. bin. Mein Brauwasser habe ich auch abgekocht und durch einen Kalkfilter gegeben, da wir hier sehr hartes Wasser haben. Haben das Chlorid/Sulfid Verhältnis noch angepasst, mit etwas mehr Sulfid, da ich weniger Malzigkeit und mehr Hopfenbetonung drin haben wollte. Ich habe Pilsener und Carapils verwendet und noch eine geringe Menge Haferflocken dazu gegeben. Wobei ich deren Zweck der besseren Schaumbildung etwas anzweifle. Aber wissen tue ich es auch nicht.

Wenn es dann fertig ist, werde ich nochmals berichten. Es ist so würzig aromatisch, dass ich davon ausgehe, dass durch eine ca. 300ml Verdünnung es nicht verwässert. Ich hoffe es, werde eine Testflasche abfüllen und es ausprobieren bevor ich den gesamten Sud abfülle.

rakader hat geschrieben: Dienstag 26. März 2024, 22:02
Biermutant hat geschrieben: Samstag 23. März 2024, 22:30 Ansatzweise ist das bsp. beim Augustiner Hell oder Flensburger Pils zu schmecken. Um jetzt einfach Mal ganz platt bekannte Biere herzunehmen.

Der Würzegeschmack fällt sofort auf der Zunge auf.
Komme zwar später dazu, erlaube mir aber zu meinem 5.000 Post einen Schlusspunkt, der versucht, viele Aspekte aufzugreifen. Reden wir mal vom Münchener Bier. Hallertauer Tradition, Hallertauer Mittelfrüh oder Tettnanger sowie Hersbrucker bringen die hochfeine Würze mit floralen Aromen, die Du meinst. Besonders Tettnanger und Tradition sind hier hervorzuheben, wobei Tettnanger leicht Orange erkennen lässt. Die harmonische Herbe bewegt sich bei rund 15 Bittereinheiten. Dass es so schmeckt wie es Dir schmeckt, liegt an einer ausgeklügelten Balance, zu der auch das Malz mit Pilsener und Münchener Malz Typ 1 beiträgt. Typ 2 wäre jetzt etwas dunkler und damit malziger.

Und dann spielt natürlich die Hefe wie die W34/72, die eher neutral ist und die Temperatur der Gärung/Reifung eine Rolle, wobei viele Brauereien ihre Haushefe haben. Tschechische Hefen sind weniger neutral und leicht malzbetont. Aber auch diese Biere setzen auf den von Dir geschätzten Würzegeschmack mit Saazer Hopfen. Der ist auf eine hochfeine Sorte und mit den deutschen Sorten verwandt. Man spricht von Saazer Formenkreis.

Tschechische Alltagsbiere sind etwas leichter als die bayerischen. Der größte Unterschied zwischen Bayerwald und Böhmerwald (Südböhmen) dürfte aber das Wasser sein; im Böhmerwald ist das Wasser extrem weich, teilweise so weich, dass es aufgehärtet wird, um die Wasserleitungen zu schonen. Die Biere sind mit diesem Wasser seidiger, aber auch markanter aber immer rund im Hopfengeschmack, doch nie harsch. Prägnant ist auch der längere Abgang stärkerer tschechischer Premium-Lager und leichtes bis mittleres Diacetyl.

Flensburger und Augustiner kannst Du nicht vergleichen. Flensburger gab es immer bei meiner Oma an der Ostsee. Der erste Schluck erinnerte mich immer an kaltes Metall, wenn ich aus dem Süden kam. Gut zu wissen ist, dass viele Bierstile dem Wasser vor Ort zu verdanken sind. Heute macht das technisch zwar keine Probleme mehr, aber ein Münchener Pils wäre früher nicht denkbar gewesen. Somit kannst Du sagen, dass traditionelle Biere oft wegen des Wassers vor Ort so lecker schmecken, weil sie auf dieses hin optimiert wurden.

:Drink
Radulph
Antworten