Zwetschgendatschibier

Bitte beschränkt Euch auf das Wesentliche, die Bilder. Nach Möglichkeit langatmige oder ausführliche Textpassagen vermeiden. In der Kürze liegt die Würze.
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Bieryllium
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Zwetschgendatschibier

#1

Beitrag von Bieryllium »

Dank dem Himbeerbier konnte ich eine junge Dame für ausgefalleneres Bier mit besonderen Zutaten begeistern. Da sie einen Obstgarten hat und neugierig war ob ich auch was mit Zwetschgen hinkriege bekam ich also 1,7 kg entsteinte vollreife Früchte, die aber noch einmal Zeit in der Tiefkühltruhe verbringen durften.
Die Idee die mir in den Sinn kam war eine süße fruchtige und leicht röstige Versuchung für die ersten kühlen Tage im Herbst um an die schönen warmen Sonnentage des vergangenen Sommers zu erinnern. Weil keine Zeit dafür da war (alle mit Kindern kennen das), sind es jetzt halt die ersten kalten Wintertage geworden. Ich hatte noch so gut wie alles im Lager, bis auf einen Röstgeschmacklieferanten. Darum habe ich mir dann Graupen aus dem Supermarkt besorgt und diese selbst geröstet (aus dem Wiki Eintrag 130°C 30 Minuten, 210°C 30 Minuten, 230°C 5 Minuten). Dann noch in der Kaffeemühle klein gemahlen.
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Das hat vielleicht gequalmt. Nach einer halben Stunde Lüften war die Bude eisig und ich wurde immer noch von meiner besseren Hälfte rund gemacht wegen dem Geruch. Hatte nur Glück, dass sie erst nach dem Lüften nach Hause kam :Pulpfiction. Fazit: selber rösten kann man machen, will man aber eigentlich nicht.
Die Schüttung:
500gr Special B
200gr Röstgerste ohne Spelzen
500gr CaraWheat
500g Melanoidinmalz
3kg Pilsner Malz
15 Liter Hauptguss
50gr Tettnanger 3.6% 2017 in die Vorderwürze
14 Liter Nachguss
Die "Anlage" in Aktion:
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Starttemperatur beim Maischen 45°C (weil es so heiß aus der Leitung kam) 5 Minuten Rast.
Aufheizen auf 62°C, 20 Minuten Rast.
Aufheizen auf 73°C 40+ Minuten Rast.
Aufheizen auf 76-78°C und abmaischen.
20 Minuten Ruhe gönnen.
Das Läutern:
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Das Kochen war jetzt nicht so spannend zum fotografieren. Was noch Erwähnung finden sollte: eine Dunstabzugshaube mit Kanal zur Außenwand hat sich beim Brauen richtig bewährt und mit dem Hopfentubus gibt es wesentlich weniger Trub, aber ich glaube es ist wahnsinnig ineffektiv weil immer nur wenig Oberfläche des Hopfens Kontakt zur Flüssigkeit hat.
Ich baue gerade noch einen Kühler (siehe Bemerkung über Zeitmangel weiter oben), deswegen gehe ich noch ziemlich archaisch vor. In jeden Topf gibt's einen Liter kaltes Wasser rein und der Topf wird in die Küchenspüle in kaltes Wasser gestellt (einmal Wasser ablaufen lassen und noch mal mit kaltem Wasser auffüllen). Damit komm ich dann in annehmbarer Zeit auf 40-50° C runter. Dann über einen Filter rein ins Gärfass. Bei Außentemperaturen von 0-5° muss man nur ein paar Stunden warten bis 21 Liter Flüssigkeit auf Anstelltemperatur abkühlen (hab bei 20°C ein Päckchen Danstar Windsor Ale hinzugefügt).
Das durfte 11 Tage gären bevor die Zwetschgen dazu kamen. Sehr dunkel geworden.
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Die Früchte haben richtig Säure eingebracht.
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Weil es aber süß werden sollte gab's noch 500gr Milchzucker dazu. Zusammen mit 140gr normalem Zucker in einem Liter Wasser aufgekocht ins blaue Fass vorgelegt und dann draufgeschlaucht und abgefüllt.
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Wie man sieht mache ich das bevorzugt mit einem kleinen Schlauch. Geht schnell, plätschert nicht.
22 Liter sind es dann geworden.
Wer jetzt genau aufgepasst hat, wird sich fragen: wie viel Stammwürze hat das "Gebräu" und wie hoch war der Endvergärungsgrad?
Kurze Antwort: ich weiß es nicht. Habe meine zweite Spindel nach ihrem zweiten Einsatz schon wieder zerbrochen und deswegen hatte ich da keine :Ahh.
Weihnachten steht ja vor der Tür und da bringt mir das Christkind eventuell ein robusteres Refraktometer. Bedingung ist, dass ich brav bin und in Zukunft Röstgerste bestelle statt sie selbst zu machen :Bigsmile.
Wie schmeckt es, wird wohl die zweite Frage sein. Auf jeden Fall schon sehr intensiv. Wir haben da das Zwetschgenaroma, etwas kräftiger die Kaffee- und Schokoaromen der Röstgerste. Die Karamell-und Melanoidinaromen gehen da auch mit ein, ich kann sie aber nicht einzeln zu einer Geschmackskomponente zuordnen. Die Bittere vom Hopfen ist auch präsent aber man nimmt das eher nebensächlich wahr. Dazu noch richtig ordentlich Säure und die Süße des Milchzuckers auf der Zunge. Als kühl serviettes Dessertbier ist es toll. Mehr als eine Flasche auf einmal wird aber einfach zu viel. In einem Monat erwarte ich, dass es noch ein wenig milder und runder im Geschmack wird.
Ich hoffe die Bilder zeigen wie man in einer normalen Küche auch ohne teures Equipment zwei bis drei Kisten Bier brauen kann. Wer Fragen hat nur raus damit, aber nicht bös werden wenn die Antwort etwas auf sich warten lässt.
Prost :Drink
Grüße aus Nürnberg!

Euer Christopher
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marsabba
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Re: Zwetschgendatschibier

#2

Beitrag von marsabba »

Astrein, das will ich unbedingt Probieren !

Viele Grüße
Martin
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schwarzwaldbrauer
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Re: Zwetschgendatschibier

#3

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Gratuliere zu der Idee und danke für die Dokumentation.
Wenn das was wird hast du bei der jungen Dame einen riesigen Stein im Brett!
Gib später Mal Info darüber.

Grüßle Dieter
Brau, schau wem.
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Braufex
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Re: Zwetschgendatschibier

#4

Beitrag von Braufex »

Bieryllium hat geschrieben: Sonntag 1. Dezember 2019, 22:57 Das durfte 11 Tage gären bevor die Zwetschgen dazu kamen. Sehr dunkel geworden.
Die Früchte haben richtig Säure eingebracht.
Weil es aber süß werden sollte gab's noch 500gr Milchzucker dazu. Zusammen mit 140gr normalem Zucker in einem Liter Wasser aufgekocht ins blaue Fass vorgelegt und dann draufgeschlaucht und abgefüllt.
Interessante Doku :thumbsup
Nur aus Neugier:
Wie lange hast Du das Jungbier bis zum Abfüllen auf den Zwetschgen stehen gelassen?
Gruß Erwin
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Ich weiß zwar nicht wie, aber sie funktioniert prima ;-)
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Bieryllium
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Re: Zwetschgendatschibier

#5

Beitrag von Bieryllium »

Stimmt die Info fehlt im Post:
Habe es 6 Tage mit Früchten drin gären lassen. Eine habe ich auch probiert danach. War gut ausgelaugt, ich geh davon aus, dass sich da nicht mehr viel getan hätte.
Die Kochzeit betrug eine Stunde (lange Aufheizzeit kommt oben drauf).
Grüße aus Nürnberg!

Euer Christopher
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Bierjunge
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Re: Zwetschgendatschibier

#6

Beitrag von Bierjunge »

Eine lustige Idee, die ich nächsten Sommer womöglich aufgreifen werde. Ich würde das dann aber mit der Schneider-Hefe machen, die, auf dunkle Würzen losgelassen, gast automatisch Dürrpflaumen-Aromen liefert, siehe Aventinus.

Moritz
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Bieryllium
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Re: Zwetschgendatschibier

#7

Beitrag von Bieryllium »

marsabba hat geschrieben: Sonntag 1. Dezember 2019, 23:03 Astrein, das will ich unbedingt Probieren !

Viele Grüße
Martin
Ich hebe auf jeden Fall etwas für einen Stammtisch auf. Kannst du da ein gutes (sweet) Stout mitbringen oder empfehlen? Mich würde interessieren wie unterschiedlich das schmeckt.
Grüße aus Nürnberg!

Euer Christopher
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Bieryllium
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Re: Zwetschgendatschibier

#8

Beitrag von Bieryllium »

schwarzwaldbrauer hat geschrieben: Sonntag 1. Dezember 2019, 23:10 Gratuliere zu der Idee und danke für die Dokumentation.
Wenn das was wird hast du bei der jungen Dame einen riesigen Stein im Brett!
Gib später Mal Info darüber.

Grüßle Dieter
Ja, es ist auf jeden Fall gut angekommen. Der Geschmack ist tatsächlich runder geworden. Ich bin richtig verwundert wie stark sich das verändert hat. In der Wahrnehmung viel weniger süß als am Anfang. Dafür schmeckt es viel fruchtiger. Ich finde es echt hart dieses Bier richtig zu beschreiben, weil es so anders schmeckt als alles was ich bisher verkostet habe. Da braucht es definitiv noch eine Verkostung bei einem Stammtisch mit mehreren Meinungen.
Grüße aus Nürnberg!

Euer Christopher
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