Hallo zusammen,
ich bin seit einigen Jahren den fassgelagerten Bieren verfallen. Es fing zum 500. Jubiläum des Reinheitsgebotes am 23.04.2016 mit einem "Holzbock" aus einem Barrique in Dresden an (ist doch gar nicht RHG-konform...) und hört seitdem nicht mehr auf.
Ob Kehrwieder, Rodenbach oder Duchesse de Bourgogne, alles lecker. Bisher scheiterte die Umsetzung eigener Versuche an zu großen Fässern. Jetzt konnte ich bei einem 40-Liter Fass nicht "nein" sagen. Vorbelegt mit Sherry und Rye ging einfach kein Weg daran vorbei. Ich weiß nicht, was mit diesem Fass in den nächsten Monaten passiert, aber ich möchte Euch an unserem kleinen Abenteuer teilhaben lassen. Wir (meine Mitbrauerin Sylvia und ich) haben ein paar Ideen, was da nacheinander rein soll. Was es genau wird, werden wir dann entscheiden, wenn wir eine Idee bekommen wie sich das "Restaroma" entwickelt. Wahrscheinlich werden die Biere heller und leichter, bevor dann das Fass zur Einzeller-WG umgewidmet wird.
Das Fass
Als erstes haben wir ein nicht zu röstiges Imperial Stout vorgesehen, das die Sherrynoten einfangen soll. Schokolade, Malz, Rosinen, Karamell und eine Spur Röstmalz. Als grobe Orientierung haben wir das Imperial Stout von borzy auf Mmum genommen, die Schüttung aber nach unseren Vorstellungen verändert. Der Fokus sollte dabei auf britischen Malzen liegen.
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... torha2=4.7
Die Schüttung war folgende (die Bilder werden größer und schärfer, wenn man draufklickt):
Das Problem war, dass wir für ein 40-Liter Fass mit 43 Litern Ausschlagvolumen kalkuliert haben (bei 60 % SHA, normalerweise schaffen wir etwas mehr). Unsere "Anlage" ist auf 20 - 25 Liter ausgelegt. Also haben wir die Würzepfanne zum Maischkessel umgebaut (zweite Läuterhexe besorgt) und uns einen großen Topf besorgt, um die Würze zu kochen. Der sollte 70 Liter haben, hatte dann aber 150 oder mehr. Die "Zweizylinderanlage" funktionierte aber nicht schlecht. Eine Induktionsplatte mit Temperaturregelung und Rührwerk, die zweite handgesteuert und handgerührt.
Die Rasten haben wir um eine Eiweißrast bei 54 °C für 10 Minuten erweitert. Dann 62 °C für 45 Minuten und 72 °C für 60 Minuten. Abmaischen bei 78 °C.
Am Vorabend wurden die Rohfrucht angeröstet und die Schüttungen zusammengestellt (für jeden Topf separat). Und es gab zur Einstimmung ein Bier

. Zwei Pakete Wyeast 1084 Irish Ale hatten wir am Nachmittag gesmackt und zum Abendbrot bekamen sie schon mal was zu futtern (ein halber Liter Würze mit 10 °P und später etwas Malzextrakt in Lösung mit 15 °P)
Am nächsten Vormittag wurde geschrotet und die Hauptgüsse (2 x 25 Liter) auf Temperatur gebracht. Die Caso Induktionsplatte mit Temperaturregelung hatte Premiere und lief hervorragend. Auch die Mühle hielt diesmal durch (siehe letze Braudoku Fruitcake Old Ale).
Eingemaischt wurde nacheinander in beiden Töpfen.
Die Läuterei ging ohne Auffälligkeiten. Wir haben Batch Sparging angewendet und geläutert bis gut 75 Liter mit 15 °P im Topf waren.
Die Kocherei war wie erwartet eine mittlere Katastrophe. Wir haben die Würze in dem großen Topf nicht heiß bekommen. Also Plan B: Unsere Töpfe wurden geschrubbt, mit jeweils 25 Liter Würze gefüllt (die 83 °C hatte) und immer wieder nachgefüllt, bis der große Topf leer war. Nach etwa 3 Stunden hatten wir ca. 48 Liter mit 23,1 Brix. Schweröl... Gebittert haben wir mit Hercules (der war noch da), als Aromahopfen kamen East Kent Golding und Fuggles dazu. Damit die Tapete an den Wänden bleibt, kam unsere innovative Brüdenwegpustanlage zum Einsatz. Man sah die Hand vor Augen nicht mehr...

Nach Kühlen und Whirlpool ging es in die Gärbehälter. 30 Liter Speidel und 50 Liter Sansone Edelstahl. Die hochgepäppelte Hefe hatte sich schon ganz gut vermehrt. Nach zwei Stunden Sedimentation haben wir den Überstand dekantiert und die Hefe in die beiden Gärbehälter aufgeteilt. Man hat uns vorgewarnt, dass die Hefe ein Monster sei. Und es stimmte. Nach zwei Tagen hatten wir Mühe, sie zu bändigen. Es kam einfach überall raus. Schade, dass man hier keine Videos einbinden kann.

Nach der Hauptgärung haben wir einmal umgeschlaucht, um nicht zuviel Sediment in das Holzfass zu bekommen. Dann wurde mit ca. 13 Brix Refraktometerwert (ca. 6,4 % scheinbarer RE, sVG 71 %, Alkohol ca. 9,1 %) abgefüllt, also alles im Plan. Das Fass ist etwas größer als gedacht. Wir hatten netto 42 - 43 Liter Bier (ohne die Bodensätze). Das Fass ist fast voll geworden, es hätte aber ruhig noch ein Liter mehr sein können. Wir haben mit CO2 gespült, um Oxidation zu verringern und drei Teelöffel Malzextrakt dazugegeben. Die Gärung sprang nochmal an und es ist hoffentlich nicht zuviel Sauerstoff im Fass.
Jetzt heisst es abwarten. Am 23. April (Jahrestag des Holzbocks aus Dresden) wollen wir die erste Probe zwickeln. Wir rechnen mit 2- 3 Monaten im Fass. Dann folgt die zweite Etappe des Fassabenteuers. Stay tuned...
Viele Grüße
Björn
P. S.: Schade, dass das Internet keine Gerüche übertragen kann. Meine kleine Kühlzelle duftet herrlich.
Edit: Falsches Foto ausgetauscht, Text ergänzt und Schreibfehlöer korrigiert.
Allen wird bekannt gemacht, dass keiner in die Jeetze kackt - denn morgen wird gebraut.
Steht am Bierbrunnen in Salzwedel