Helles mit 50% Luftmalz

Bitte beschränkt Euch auf das Wesentliche, die Bilder. Nach Möglichkeit langatmige oder ausführliche Textpassagen vermeiden. In der Kürze liegt die Würze.
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Hieronymus
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Helles mit 50% Luftmalz

#1

Beitrag von Hieronymus »

Hallo Leute,
nachdem ich schon vor einigen Tagen den Bericht über die Herstellung von Luftmalz (viewtopic.php?f=6&t=637&view=unread#unread) reingestellt habe,
hier ein kurzer Bericht über den ersten Brauversuch mit Luftmalz:

Weil ich nicht wusste, was auf mich zukommt habe ich mich zunächst einmal auf eine Mischung aus Pilsner Malz und Luftmalz entschieden. Vielleicht hätte man auch gleich auf 100%
gehen sollen. Aber ich dachte mir: "Lieber erst mal rantasten!" Weil sich vieles aus anderen Braudokumentationen wiederholt, habe ich einiges in der Dokumentation übersprungen
bzw. verkürzt dargestellt oder nur beschrieben.

Die Schüttung bestand also aus
2kg Luftmalz und
2 kg Pilsner Malz.

Beim Schroten gab es dann die erste kleine Überraschung. Da nicht alle getrockneten Keimlinge entfernt werden konnte, rutschte das Lufmalz wesentlich schlechter ins Mahlwerk und
blieb oft hängen. Es musste ständig mit einem Holz nachgeschoben werden. Dadurch dauerte das Mahlen des Luftmalze 3- bis 4-mal so lang, wie das Mahlen des Pilsner Malzes.
Brauen Luftmalz 001.JPG
Jedesmal, wenn ich das rieselnde Lufmalzschrot fotografieren wollte, blieb das Malz im Trichter hängen. Also wieder nachschieben und erneut versuchen.
Brauen Luftmalz 003.JPG
Trotz des weiten Walzenabstands, mit dem ich sonst immer schrote, entstand beim Lufmalz immer ein sehr hoher Anteil von fast weißem Mehl. Auf der rechten Seite sieht man das
geschrotete Lufmalz mit dem Mehl und den fast unbeschädigten Spelzen. Auf der linken Seite ist das Pilsner Malz mit einem nur geringen Mehlanteil, das auch nicht richtig weiß ist.
Brauen Luftmalz 005.JPG
Das Maischen verlief relativ normal. Es passierte nichts Außergewöhnliches. Vom Geruch her gab es auch nichts Auffälliges. Ich hatte das Gefühl in der Nase, als braute ich ein ganz einfaches Helles.
Die Bilder dazu lasse ich jetzt mal einfach weg. Es gibt auch fast keine davon.
Die Rasten lagen bei
57 °C für 10 Miunten (Vorsichthalber mal nicht einfach eine Kombirast. Lieber eine kurze Eiweißrast einlegen. Wer weiss, wozu die vielleicht gut ist.),
63 - 64 °C für 45 Minuten (Nach der Hälfte der Zeit ungefähr habe ich etwa 5 Liter Kochmaische gezogen und nach 10 Minuten Kochen zugebrüht;
weil mittlerweil zu weit abgekühlt war, musste ich zusätzlich noch aufheizen.),
71 - 72 °C für 20 Minuten,
Abmaischen bei ca 77 °C.

Beim Läutern hatte ich mich schon auf eine mittlere Katastrophe eingestellt. Bei dem hohen Mehlanteil rechnete ich eigentlich damit, dass die ganze Sache mindestens doppelt so lange wie sonst
verlaufen würde. Ich läutere übrigens mit Panzerschlauch. Aber was soll ich sagen: Die ganz Geschichte lief ungewohnt schnell durch, deutlich schneller als sonst, vielleicht zwei Drittel der Zeit.
Die Würze war auch wie erwartet sehr hell.
Brauen Luftmalz 006.JPG
Weil beim Würzkochen auch nichts Besonderes passierte, habe ich auch diese Bilder weggelassen. Zur Hopfengabe ist nur anzumerken, dass ich beim ersten Luftmalzbier keine Experimente machen wollte.
Es wurde Vorderwüze gehopft mit Nordbrauer (8,7%) und 10 Minuten vor Kochende mit etwas Saazer (3,9%) zugegeben. Der IBU-Wert sollte damit bei ca. 27 liegen.

Überrascht war ich dann nach dem Ausschlagen über den geringen Würzegehalt von ca. 10,5 °P. Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Bei meinem Equipment und 4 kg Schüttung hätte ich jetzt mit einem Wert
zwischen 12 und 13 °P gerechnet. Möglicherweise ist der Feuchtigkeitsgehalt beim Luftmalz doch deutlich höher als bei gedarrten Malzen, so dass man den Luftmalzanteil höher veranschlagen muss.
Die Farbe der Würze auf dem Foto täuscht übrigens gewaltig. Sie ist eigentlich deutlich heller.
Brauen Luftmalz 018.JPG
Mit der Hefe wollte ich auch nicht sonderlich experimentieren. Am liebsten hätte ich wegen der halbwegs neutralen Aromen eine Kölschhefe verwendet. Die hatte ich aber leider nicht zur Hand. Stattdessen
habe ich dann eine M07 (British Ale), die ich vor gut zwei Wochen geerntet habe, verwendet. Die ist eigentlich auch relativ neutral. Ich habe sie mit etwas Vorderwürze einige Stunden vorher in Schwung gebracht.
Und nach 7 Stunden sah es dann schon so aus:
Brauen Luftmalz 019.JPG



Ich werde dann natürlich noch berichten wie es weitergeht. Über Anregungen oder Kommentare würde ich mich aber auch jetzt schon freuen.

Gruß
Heinrich
Timm
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Re: Helles mit 50% Luftmalz

#2

Beitrag von Timm »

Hallo,
schöner Bericht, auch der über das Luftmalz ist sehr interessant.
Ich habe diesen Sommer auch Luftmalz gemacht, allerdings aus Backweizen. Für das Weichen und Keimen bin ich so vorgegangen wie es im Kunze beschrieben ist. Dabei macht man keine direkte Wasser- und Luftweiche, sondern gibt 3x, im Abstand von ca. 6 bis 8h, eine abgemessene Menge Wasser zu dem Getreide hinzu.
Gedarrt habe ich das Malz auch auf einem Tuch auf der Terasse. Das war in einer sehr heißen Woche, so dass bei dem Malz eine Temperatur von 35°C erreicht wurde. Über Nacht habe ich es reingeholt und nach 2 Tagen fand ich es trocken genug. Die Wurzelkeime habe ich auch mit einem Sieb entfernt, was sehr gut funktionierte. Ich denke die Wurzeln lassen sich um so besser entfernen, je trockener und spröder sie sind.
Aber nun zu dem daraus gebrauten Bier.
Ich habe nach 4 Wochen Lagerzeit im 20l Braumeister ein Weizen gebraut, mit 42% Weizen- Luftmalz und 58% Pilsener Malz. Damals ist mir auch aufgefallen, dass meine Sudhausausbeute um ca. 5 Prozentpunkte niedrieger war als bei Suden mit 100% PiMa. Ich vermute das liegt an dem Weizen- Luftmalz. Ob es aber daran liegt, dass das Luftmalz vielleicht nicht ganz trocken ist, kann ich nicht beurteilen. Könnte nicht auch ein Grund sein, dass ich Backweizen anstatt Brauweizen verwendet habe?
Vor kurzem habe ich nochmal Backweizen vermälzt aber dann im Ofen gedarrt. Am Wochenende möchte ich daraus mit 50% Weizenmalz ein Weizenbier brauen. Bin mal gespannt, wie die Sudhausausbeute dabei wird.
Gruß
Timm
Beri
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Re: Helles mit 50% Luftmalz

#3

Beitrag von Beri »

und wie hat Dein Weizen geschmeckt?
Ich könnte mir vorstellen, das Luftmalz eher wenig Geschmack bringt, so wie Rohfrucht?
Bei 100% Schüttung wären evtl 3 Kochmaischen gut.
Ich habe auch mal selber vermälzt, die Ausbeute war grottenschlecht, so 50%, sonst habe ich ca 65%

Gruss Beri
Slime: Karlsquell
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Hieronymus
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Re: Helles mit 50% Luftmalz

#4

Beitrag von Hieronymus »

So, mittlerweile ist das Zeug abgefüllt. Es sind 23 Liter geworden. Das entspricht einer Sudhausaubeute von ca. 61 %.
Sonst sind das bei mir eigentlich auch immer ein paar Prozent mehr.

Überraschend war, dass es runtergärte auf unter 2 %, wie hier auf dem Foto zu sehen. Am Ende waren es dann so etwa 1,7 oder 1,8 %.
K640_Luftmalzbier 2 004.JPG

Da fiel mir dann doch ein, dass ich eine Besonderheit nicht so richtig ernst genommen und deswegen auch nicht erwähnt hatte: Die Iodprobe
war schon zu Beginn der 72°C-Rast negativ. Die meiste Stärke war also in der Maltoserast schon umgesetzt worden. Deswegen hatte die Hefe
wohl auch keine besondere Schwierigkeit, so weit runter zu vergären.
Die Eiweißrast hätte ich mir allerdings wahrscheinlich sparen können. Vom Schaum blieb nicht viel stehen. Aber erst mal abwarten. Vielleicht
bringen ein paar Wochen Lagerung doch noch etwas.

Die Bierfarbe ist besonders hell. Das geht im Moment so gegen "Norddeutsches Pils", wird aber wohl beim Klären noch heller werden.
Hier auf dem Foto ist sie fast schon zu hell.
Luftmalzbier 2 012.JPG

Geschmacklich war bei den ersten Proben beim Abfüllen schon eine deutliche Fruchtigkeit wahrzunehmen, auch geringfügig mehr Säure.

Weil ich einen ganz schwachen Diacetyl-Geruch zu vernehmen meinte, habe ich die Flaschen zu Nachgärung relativ warm gestellt ( > 20°C).
Die Sache bleibt also spannend.

Heinrich
Timm
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Re: Helles mit 50% Luftmalz

#5

Beitrag von Timm »

Mein Hefeweizen war sehr lecker.
Da ich davor lange kein Weizenbier mehr gebraut habe, hatte ich leider keinen direkten Vergleich um zu sehen ob man das Luftmalz "herausschmecken" kann.
Nächsten Sommer werde ich auf jeden Fall nochmal Luftmalz machen, diesmal vielleicht auch aus Gerste.
Gruß
Timm
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Hieronymus
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Re: Helles mit 50% Luftmalz

#6

Beitrag von Hieronymus »

Jetzt noch mal ein kleiner Verkostungsbericht. Ich habe mir dazu ´mal ein Bier aufgemacht. Ein Foto ist auch gleich mit dabei, trifft aber mal wieder
nicht richtig die Farbe. Mittlerweile ist sie eigentlich genauso, wie man es auf dem Foto weiter oben sieht, also richtig hell.
Luise Dezember 046.JPG
Jetzt aber zum Bier bzw. zur Verkostung des Biers:
Beim Einschenken schäumt es nicht zu stark. Der Schaum ist aber nur mäßig stabil. Nach 3 - 4 Minuten ist noch eine einfache Schaumdecke übrig.
In die Nase geht ein frischer, leicht blumiger Geruch. Von Hopfenaromen ist wenig zu spüren, was allerdings auch zu erwarten war.
Beim Trinken spürt man zunächst deutlich, aber nicht unangenehm die Kohlensäure, die gut zu den fruchtig, blumigen Noten passt. Die Carbonisierung liegt
über der vom Pils, aber noch weit entfernt vom Weizen. Geschmacklich spürt man dann doch deutlich, aber moderat eine Hopfenbittere neben einer schwachen,
fruchtigen Säure. Dazu rundet eine ganz schwache Süße das Mundgefühl ab.

Ich sag´es mal einfach so:
Es schmeckt richtig lecker, nur ist es leider ein Sommerbier geworden. So eins, was man sich an heißen Tagen so richtig in den Hals schütten kann, gulpgulpgulp.... .
Für die kalte Jahreszeit ist es nur bedingt zu empfehlen.

Ich meine auch, dass dieses fruchtig Blumige eindeutig auf das Luftmalz zurückzuführen ist. Ich kenne mich mit der Hefe (M 07) nicht besonders gut aus. Aber diese
Geschmackskomponenten kommen nicht von der Hefe. Ebenso dieses leicht Säuerliche, was etwas von Fruchtsäure hat. Das ist das Luftmalz, was für mich doch neue
Horizonte öffnet.

Im Moment habe ich gerade wieder was in Gärung, nur mit selbst gemälzteM Malz, untergärig. Bin richtig gespannt.


Heinrich
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