Böhmisches Pilsner

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Tozzi
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Böhmisches Pilsner

#1

Beitrag von Tozzi »

Servus zusammen,

das UG Virus hat mich gepackt und ich möchte demnächst mal was "Schwierigeres" angehen, ein Bier böhmischer Art.
Soll aber kein Pilsner Urquell Klon werden, ich peile eher was an in die Richtung Velkopopovicky Kozel, also weniger IBUs, etwas dunklere Farbe, eher auf der malzigen Seite.
Kein Klon, einfach ein gutes Trinkbier tschechischer Art.
"Süffigkeit" wäre mein Hauptanliegen, bei einem Alkoholgehalt zwischen 4,5 und 5%, Stammwürze ca. 12-12,5˚P.

Ich will das im Braumeister 50 machen und auf Dekoktion verzichten. (Ja, ich weiß, ist eigentlich ein no-go).

Angedacht ist Folgendes:

Ausschlagmenge 60 Liter, HG 57 Liter, NG 18 Liter. HG so dimensioniert, dass nichts plätschert.
Schüttung 13,5 Kg (mit der Bac Brewing Disk):
  • 11 Kg Bohemian Pilsner Malz (Weyermann)
  • 1,5 kg Pale Malt, Golden Promise (Fawcett) - weil ich Depp zu wenig Bohemian bestellt habe
  • 0,6 kg Cara Bohemian (Weyermann, 200 EBC)
  • 0,6 kg Melanoidin (Weyermann, 70 EBC)
  • 0,3 kg Carafa Spezial II (weil irgendwas Röstiges drin sein muss)
Passt das vom Verhältnis, um ansatzweise eine Dekoktion geschmacklich zu "imitieren"?

Kochen will ich das Ganze dann 120 Minuten.
Hopfung mit Saazer (130g VWH, 70g 60 min, 150g 5 min), Nachisomerisierung ca. 10 Minuten.
Ziel sind ca. 35 IBU.
Die Mengen muss ich nochmal anpassen, da der gelieferte Hopfen nur 3,04% Alpha hat (berechnet habe ich mit 3,5%).

Wasser: 90% Aqua Dest, 10% Leitung, 0,6g Gips, 0,4g CaCl2, 0,25g NaCl, 4,3 ml Milchsäure 80%.
Zielwerte (ppm): Ca:12, Mg:2, Na:2, SO4:8, Cl:7
RA (ppm als CaCO3): -19

Angestellt bei 8˚C mit der Imperial L28 "Urkel", 3 frische Dosen (insgesamt hoffentlich 600 Mrd. Zellen).
Reiner Sauerstoff (je 1 Minute) 1 Stunde und 5 Stunden nach Anstellen, Temperatur nach 12 Stunden auf 9˚C erhöhen.
Eine gaaaanz leichte Diazetylnote hätte ich natürlich gerne mit drin, weiß aber nicht, wie ich das hinkriege.
Mein Ansatz besteht momentan, wie beschrieben, in leichtem Underpitching mit O2 Gabe.

Über Tips und Kritik würde ich mich freuen.
Ich begebe mich da auf für mich neues Terrain...
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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§11
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Re: Böhmisches Pilsner

#2

Beitrag von §11 »

:P Du machst das schon, da mach ich mir keine Sorgen

Ich hab mit dem BM schon eine Art Pseudo- Dekoktion gemacht. In der Maltoserast (etwa 15 Minuten nach Start) hab ich 4 Liter Dickmaische mit der Schöpfkelle entnommen und auf der Herd 10 Minuten gekocht. Dann wieder zurück in den BM und normal weiter gemacht mit der Verzuckerung.

Gruß

Jan
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Tozzi
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Re: Böhmisches Pilsner

#3

Beitrag von Tozzi »

Danke! :P
Ich werd sicher irgendwann mal Dekoktion ausprobieren, aber momentan hab ich da keine Lust drauf.
Das muss auch über die Schüttung machbar sein, und lange Kochzeit.
Klar, ist halt irgendwo ein Stilbruch.
Aber mir wird's glaub ich schmecken, es soll auch kein Wettbewerbsbier werden, und meine Kumpels checken das eh nicht.
Die sind ähnlich strukturiert wie die ExBEERiment Kontrollgruppe von Brülosophy... :Wink

Ich will damit meinen Unitank einweihen.
Das Diazetyl ist aber noch ein Buch mit 7 Siegeln. Kriegt man das eventuell hin, wenn man die Gärung ganz am Ende mit Druck "abwürgt"?
Oder ist der Ansatz mit leichtem Underpitching dafür schon geeignet?
Nach Büffelbutter soll's ja auch nicht schmecken nachher...

Bernd (Diapolo) hatte zur Camba 2016 ein Bier mit deutlicher Diazetylnote gemacht (zu seinem eigenen Leidwesen), das ich aber super fand.
Hatte mich damals direkt nach Prag teleportiert.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Re: Böhmisches Pilsner

#4

Beitrag von diapolo »

Morgen,
ich würde nur 60 min kochen um die Farbe zu halten. Wenn du das Diacetyl im Bier halten willst geh einfach nie über 18°C Gärtemperatur. Vergäre es kalt und lagere es kalt. Wie ich damals ddiesen Buttergeschmack reingebracht habe ist mir immernoch ein Rätzel....
Ich hatte damals wahrscheinlich eine zu lang geführte Brauereihefe, dieses ist mir schon öfters aufgefallen, dass es drauf ankommt aus welcher Führung die Hefe aus der Brauerei ist je "älter" desto mehr Butter. Mich würde mal interessieren ob nach dem Filtern dieser Geschmack verschwindet im fertigen Produkt dieser Brauerei ist mir dieser Geschmack nie aufgefallen.
Mich hat es aber schon 2 mal "erwischt" mit diesem Geschmack.

mfg

Bernd

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Re: Böhmisches Pilsner

#5

Beitrag von ggansde »

Moin,
ich habe es leider noch nie hinbekommen, das Diacethyl :crying
Interessant, mal Mela statt Cara einzusetzen, wenn man dem Geschmack einer Dekoktion näher kommen will.
35 sind eher weniger IBU? Na, ja.
VG, Markus
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Re: Böhmisches Pilsner

#6

Beitrag von omitz »

Ein böhmisches Pils war auch mein letzter Sud und der erste UG überhaupt! Daher bin ich es strikt nach "Keep it simple" und als Prototyp so angegangen:

Nur PiMA, ca. 3 Stunden bei 66° Grad im TP gemaischt.
35 IBU Single Hop mit Saazer
3 Päckchen M84 Bohemian Lager (auf 40l) , vergoren bei recht konstanten 9° Grad.
EVG lag bei 71%

Aktuell reift das Bier seit knapp 3 Wochen und das erste Zwickeln hat mir bisher gut gefallen.

Für mein erstes UG bin ich sehr zufrieden uns es kann sein, dass mich der "UG Virus" jetzt auch gepackt hat! :)

Gut Sud!
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Re: Böhmisches Pilsner

#7

Beitrag von hyper472 »

omitz hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 09:37 Ein böhmisches Pils war auch mein letzter Sud und der erste UG überhaupt! Daher bin ich es strikt nach "Keep it simple" und als Prototyp so angegangen:

Nur PiMA, ca. 3 Stunden bei 66° Grad im TP gemaischt.
35 IBU Single Hop mit Saazer
3 Päckchen M84 Bohemian Lager (auf 40l) , vergoren bei recht konstanten 9° Grad.
EVG lag bei 71%

Aktuell reift das Bier seit knapp 3 Wochen und das erste Zwickeln hat mir bisher gut gefallen.

Für mein erstes UG bin ich sehr zufrieden uns es kann sein, dass mich der "UG Virus" jetzt auch gepackt hat! :)

Gut Sud!
Timo
Das wäre auch mein Ansatz beim ersten UG. Danach würde ich es - und werde es hoffentlich irgendwann - mit Dekoktion versuchen. Erst danach käme der Versuch, mit der Schüttung etwas imitieren zu wollen.
Ist sicher letztlich Geschmackssache. Ich fange gerne leicht an, kompliziert werden die Dinge von alleine.
Viele Grüße, Henning
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Re: Böhmisches Pilsner

#8

Beitrag von Johnny H »

Diacetyl hätte ich auch mal gerne in einem Bier.

Ich weiß leider nicht, wo die optimalen Bedingungen dafür liegen. Man darf vermutlich nicht zu warm werden, sonst wird es wieder abgebaut (Stichwort Diacetylrast). Ab 14°C zu warm? Also immer schön drunter halten?

Edit: so viel Respekt vor UG und Dekoktion muss man nun auch wieder nicht haben. Mein dritter Sud war UG mit Dekoktion, und der ist abgesehen von kleinen Fehlern auch recht gut geworden. Man muss halt für UG die Gärtemperatur kontrollieren können und mit reichlich Hefe anstellen, und für Dekoktion steht alles in Moritz' Artikel im Braumagazin drin.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Böhmisches Pilsner

#9

Beitrag von ggansde »

Moin,
Es geht hier um Deko im Braumeister. Ansonsten sehe ich da auch keine Probleme.
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Re: Böhmisches Pilsner

#10

Beitrag von Tozzi »

ggansde hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 10:01 Es geht hier um Deko im Braumeister. Ansonsten sehe ich da auch keine Probleme.
Genau das...
Es geht wohl ohne große Probleme, aber ich müsste mit kochender Dickmaische die enge Kellertreppe runter.
Lieber nicht.
ggansde hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 07:21 Interessant, mal Mela statt Cara einzusetzen, wenn man dem Geschmack einer Dekoktion näher kommen will.
In den USA machen sie das wohl recht gerne mal.
Ich kann mir das auch ganz gut vorstellen. Das Cara Bohemia sollte ja auch passen.
ggansde hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 07:21 35 sind eher weniger IBU? Na, ja.
Hast recht, ich geh noch ein paar IBUs runter.
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Stephan
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Re: Böhmisches Pilsner

#11

Beitrag von §11 »

diapolo hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 07:12 Morgen,
ich würde nur 60 min kochen um die Farbe zu halten. Wenn du das Diacetyl im Bier halten willst geh einfach nie über 18°C Gärtemperatur. Vergäre es kalt und lagere es kalt. Wie ich damals ddiesen Buttergeschmack reingebracht habe ist mir immernoch ein Rätzel....
Ich hatte damals wahrscheinlich eine zu lang geführte Brauereihefe, dieses ist mir schon öfters aufgefallen, dass es drauf ankommt aus welcher Führung die Hefe aus der Brauerei ist je "älter" desto mehr Butter. Mich würde mal interessieren ob nach dem Filtern dieser Geschmack verschwindet im fertigen Produkt dieser Brauerei ist mir dieser Geschmack nie aufgefallen.
Mich hat es aber schon 2 mal "erwischt" mit diesem Geschmack.

mfg

Bernd

Und "gutes" Gelingen wenn man sowas haben will hehe
Wir hatten das Thema erst in einer anderen Diskussion. Kalt vergaeren und kalt lagern ist absolut kein Garant fuer Diacetyl. Da muss schon auch die Hefe mitspielen.

Hefen sind in der Lage Diacetyl zu bilden und Diacetyl abzubauen. Wobei die Abbauleistung wesentlich hoeher ist als die Bildung. Diacetyl wird im Verlauf der Hauptgaerung gebildet und im spaeteren Verlauf wieder abgebaut. Interessanterweise wird beides durch hoehere Temperaturen beguenstigt nur eben in unterschiedlichen Phasen des.

Entstehen tut es beim Energiestoffwechsel beim Abbau der Brenztraubensaeure ueber Co-Acetyl A. Der Abbau erfolgt dann ueber Acetoin zu Butandiol und weiteren Abbauprodukten.

Im Normalfall, also wenn man kein Diacetyl will, ergeben sich damit zwei Angriffspunkte. Ich wirke "bremsend" auf die Bildung ein, in dem ich kalt vergaere und/ oder ich wirke forcierend auf den Abbau ein, indem ich am Ende der Gaerung warm werde.

Im klassischen Brauereialltag, also da wo wir einen Gaerkeller haben und einen gekuehlten Lagerkeller, also keine individuell geregelten Tanks, wird der erste Weg bestritten. Es wird kalt vergoren und kalt gelagert.

Fuer die Bildung von Diacetyl, waere es somit eigentlich sinnvoll waermer als normal anzustellen, dann kalter zu werden und am Ende der HG, bei fallenden Kraeusen zu kuehlen.

Jan
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Re: Böhmisches Pilsner

#12

Beitrag von §11 »

Zum Thema gibt es eine interessante Arbeit (Achtung, ist wirklich starker chemischer Tobak). Interessant sind vor allem Seite 15 und 16, aus der genau dieses Vorgehen abgeleitet werden kann. Hier hat Scherre Wuerze bei 25C vergoren und in Abstaenden die VDK im GC gemessen. Er stellt eben genau den sehr starken Anstieg fest (bis auf 0,46mg/l nach etwa 80 Stunden) das dann aber im weiteren Verlauf bis unter die Geschmacksschwelle abgebaut wird.

Auf diesem Verfahren beruhen moderne warme Gaerverfahren. Fuer dich heisst das aber eben warm angaeren und dann kuehlen um den Abbau zu stoppen.

Jan

https://www.research-collection.ethz.ch ... 977-02.pdf
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Re: Böhmisches Pilsner

#13

Beitrag von Johnny H »

§11 hat geschrieben: Donnerstag 14. Dezember 2017, 18:13 Zum Thema gibt es eine interessante Arbeit (Achtung, ist wirklich starker chemischer Tobak). Interessant sind vor allem Seite 15 und 16, aus der genau dieses Vorgehen abgeleitet werden kann. Hier hat Scherre Wuerze bei 25C vergoren und in Abstaenden die VDK im GC gemessen. Er stellt eben genau den sehr starken Anstieg fest (bis auf 0,46mg/l nach etwa 80 Stunden) das dann aber im weiteren Verlauf bis unter die Geschmacksschwelle abgebaut wird.

Auf diesem Verfahren beruhen moderne warme Gaerverfahren. Fuer dich heisst das aber eben warm angaeren und dann kuehlen um den Abbau zu stoppen.

Jan

https://www.research-collection.ethz.ch ... 977-02.pdf
Danke @Jan.

Das muss ich mir mal zu Gemüte führen. Das böhmische Pils mit leichter Diacetylnote ist ja immer noch ein bisschen der heilige Gral für mich.

Ich kann nur sagen: mit der WY2308 hatte ich einmal in der 1. Führung (kalt, 9-12°C) bei der Abfüllung des Sudes in Flaschen extrem viel Diacetyl! Die ganze Küche hat danach gerochen! Nach der Nachgärung bei Raumtemperatur war das aber, wie von mir erwartet und bei diesem Bier auch beabsichtigt, wieder komplett verschwunden.

Die Hefe habe ich dann nochmal geführt. Da habe ich aber bei ähnlichem Vorgehen (Gärführung) kein Diacetyl mehr wahrgenommen, weder bei der Abfüllung noch im fertigen Bier.

Die 2308 ist aber m.E. sowieso nicht so geeignet für ein böhmisches Pils: grandiose Hefe, aber die Betonung liegt da eher auf der malzigen Note der Biere.

Ich muss auch nochmal in meinen Jalowetz schauen. Da stehen im Nachdruck einige Details von 1993 zur Urquell-Rezeptur, aber auch zu Anstellzahlen, Belüftung und Gärführung.

Also mal bei 15-16°C mit einer Pils-Hefe anstellen und dann nach und nach runterkühlen? Bei 25°C (wie bei Scherrer) schüttet man vermutlich das Diacetyl-Kind mit dem Fuselalkohol-und Fruchtester-Bad aus? Denn am Ende des Tages will ich ja im böhmischen Pils immer noch die saubere untergärige Note und nicht etwa einen Geschmackscocktail aus Ester-Fruchtkorb und höheren Alkoholen, vielleicht noch weihnachtlich gewürzt mit ein paar zusätzlichen Phenolen.

Edit: letzten Absatz ergänzt
Zuletzt geändert von Johnny H am Freitag 15. Dezember 2017, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Böhmisches Pilsner

#14

Beitrag von Biermensch »

Hi,
ich habe ein gutes böhmisches mit der Bohemian Lager von MJ hinbekommen. Die Diacetylnote lies sich auch mit warmer Nachgärung nicht ganz totschlagen. Das Bier ist sehr gut angekommen, war aber auch 6 Wochen in der Kühle. Gutes Wasser ist ja eh klar.
Gruß
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Re: Böhmisches Pilsner

#15

Beitrag von gulp »

Ich kann nur sagen: mit der WY2308 hatte ich einmal in der 1. Führung (kalt, 9-12°C) bei der Abfüllung des Sudes in Flaschen extrem viel Diacetyl! Die ganze Küche hat danach gerochen! Nach der Nachgärung bei Raumtemperatur war das aber, wie von mir erwartet und bei diesem Bier auch beabsichtigt, wieder komplett verschwunden.
Das ist dann auch für mich der Knackpunkt. Wenn Diacetyl vorhanden ist und bleiben soll, muss man das Bier von der Hefe trennen. Solange da noch Hefe im Spiel ist, wird weiter Diacetyl abgebaut. Ob man das mit "unseren" Mitteln, also in Fässern abfüllen, wenn Diacetyl vorhanden ist umdrücken und möglichst kalt lagern hin bekommt? Keine Ahnung. Ich habe es bisher nicht darauf angelegt Diacetyl im Bier zu haben, weil ich das unterm Strich auch nicht mag, zumindest nicht, wenn es mal tagelang schier nichts Anderes gibt. Abgesehen davon wird man das Urquell eh nicht erreichen, dazu ist die Brauweise zu kompliziert.
Ich muss auch nochmal in meinen Jalowetz schauen. Da stehen im Nachdruck einige Details von 1993 zur Urquell-Rezeptur, aber auch zu Anstellzahlen, Belüftung und Gärführung.
Die erste und folgende Hefe waren bayerisch. Man hat Anfangs nur Wert darauf gelegt, dass sie untergärig ist und aus Bayern kommt. Ob da schon Diacetyl unterwegs war? Vermutlich ja, keine Ahnung wann Diacetyl zum ersten mal in der Bierliteratur auftaucht. Habe ich bisher auch nicht darauf geachtet. Wie immer, wenn man meint mal ein bisserl was zu wissen, gehen wieder ein paar Scheren auf. Man lernt nie aus.

Gruß
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Re: Böhmisches Pilsner

#16

Beitrag von §11 »

Das sollte schon klappen. Die Hefe kann ja noch drin sein, nur nicht mehr aktiv. Das spricht für kaltes Lagern und schnell trinken. In Pilsen schenken sie ja auch das naturtrübe aus. Allerdings hat die Urquell auch eine Bier KZE (daran war ich nicht ganz unbeteiligt...) Ich weiß aber nicht ob sie das naturtrübe über die KZE jagen?

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Re: Böhmisches Pilsner

#17

Beitrag von Bierjunge »

gulp hat geschrieben: Freitag 15. Dezember 2017, 14:04Wenn Diacetyl vorhanden ist und bleiben soll, muss man das Bier von der Hefe trennen. Solange da noch Hefe im Spiel ist, wird weiter Diacetyl abgebaut. Ob man das mit "unseren" Mitteln, also in Fässern abfüllen, wenn Diacetyl vorhanden ist umdrücken und möglichst kalt lagern hin bekommt? (...)
Die erste und folgende Hefe waren bayerisch. Man hat Anfangs nur Wert darauf gelegt, dass sie untergärig ist und aus Bayern kommt. Ob da schon Diacetyl unterwegs war? Vermutlich ja, keine Ahnung wann Diacetyl zum ersten mal in der Bierliteratur auftaucht.
Laut Zepf sei Diacetyl für das klassische Pilsner notorisch, weil nach der Hauptgärung in vergleichsweise kleine Lagerfässer im eiskalten Lagerkeller geschlaucht wurde, wo das Bier rasch herunterkühlte. Die Bildung von Diacetyl aus dem während der HG entstandenen, an sich geschmacksneutralen Vorläufer 2-Acetolactat geht leider eh nur langsam vor sich, und bei der kalten Temperatur hätte Diacetyl von der Hefe auch nicht abgebaut werden können, was bei höheren Temperaturen ansonsten schnell geschieht.
Am Filter seien diese Biere paradoxerweise noch geschmacklich unauffällig. Danach, ohne Hefe, hat der Vorläufer aber alle Zeit, zu Diacetyl zu zerfallen, und voilà.

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Re: Böhmisches Pilsner

#18

Beitrag von Johnny H »

gulp hat geschrieben: Freitag 15. Dezember 2017, 14:04
Ich muss auch nochmal in meinen Jalowetz schauen. Da stehen im Nachdruck einige Details von 1993 zur Urquell-Rezeptur, aber auch zu Anstellzahlen, Belüftung und Gärführung.
Die erste und folgende Hefe waren bayerisch. Man hat Anfangs nur Wert darauf gelegt, dass sie untergärig ist und aus Bayern kommt. Ob da schon Diacetyl unterwegs war? Vermutlich ja, keine Ahnung wann Diacetyl zum ersten mal in der Bierliteratur auftaucht. Habe ich bisher auch nicht darauf geachtet. Wie immer, wenn man meint mal ein bisserl was zu wissen, gehen wieder ein paar Scheren auf. Man lernt nie aus.
Das ist klar - geht mir ja jetzt auch nicht vordergründig ums historische Vorgehen. In meinem Jalowetz-Nachdruck sind aber im Anhang noch ein paar Veröffentlichungen von etwa 1993, die sich dezidiert mit der Brauerei-Renovierung, der Umstellung auf ZKGs und auch der dazu notwendigen Anpassungen der Hefe und der Gärführung beschäftigen.

Ich weiß definitiv, dass da von Anstellzahlen und Belüftungsraten die Rede ist, aber auch von den Temperaturen? Ich muss nachschauen...

Edit (2x):
Bierjunge hat geschrieben: Freitag 15. Dezember 2017, 15:03 Laut Zepf sei Diacetyl für das klassische Pilsner notorisch, weil nach der Hauptgärung in vergleichsweise kleine Lagerfässer im eiskalten Lagerkeller geschlaucht wurde, wo das Bier rasch herunterkühlte. Die Bildung von Diacetyl aus dem während der HG entstandenen, an sich geschmacksneutralen Vorläufer 2-Acetolactat geht leider eh nur langsam vor sich, und bei der kalten Temperatur hätte Diacetyl von der Hefe auch nicht abgebaut werden können, was bei höheren Temperaturen ansonsten schnell geschieht.
Am Filter seien diese Biere paradoxerweise noch geschmacklich unauffällig. Danach, ohne Hefe, hat der Vorläufer aber alle Zeit, zu Diacetyl zu zerfallen, und voilà.

Moritz
Das würde ja zumindest dafür sprechen, das wir schnell nach der HG schnell runterkühlen sollten, um die Hefe zumindest nicht auch noch zu ermutigen, Diacetyl abzubauen, wenn wir sie schon nicht vollständig abtrennen können. Oder wir klären möglichst vollständig.
Also:
- Gärung präzise überwachen und möglichst sofort nach Gärende schnell runterkühlen bzw. Cold Crash durchführen
- Eventuell Klärmittel einsetzen für möglichst vollständige Abtrennung der Hefe
- möglichst kalt abfüllen und lange kalt lagern
- evtl. sogar zwangskarbonisieren

Könnte das funktionieren?

Als weitere Fragestellung ergibt sich, ob wir die Bildung des Vorläufers 2-Acetolactat durch unsere Gärführung irgendwie nach oben drücken können? Da wäre dann vielleicht die etwas wärmere Gärung vonnöten?
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Böhmisches Pilsner

#19

Beitrag von Johnny H »

Also, ich habe jetzt meinen Jalowetz-Nachdruck bzw. die darin enthaltenen zusätzlichen Quellen konsultiert. Darin ist ein wenig die Gär- und Lagerpraxis beschrieben, und zwar vor und nach den großen Renovierungen ca. 1993. Ob die hier beschriebenen Praktiken für die Themenstellung "Wie bekomme ich möglichst einfach Diacetyl in ein Bier im Stil böhmischen Pilsners?" hilfreich sind, sei mal dahingestellt, ich fasse aber trotzdem mal die Punkte zusammen, die mir wichtig, wesentlich(?) und relevant erscheinen.

"Die Entwicklung von Produktion und Technologie in der Pilsner Urquell Brauerei im Zeitraum von 125 Jahren seit der Gründung (1842-1967)", Hlavacek, Berka, Famera, 1992:

Hier ist die Gär- und Lagerpraxis vor der Renovierung beschrieben, als noch mit Holzfässern und vier verschiedenen Hefen gearbeitet wurde.

Ab ca. 1930 wurde definitiv mit der Filtration begonnen, und aus einer anderen Quelle weiß ich auch, dass irgendwann zwischen ca. 1915 und 1930 mit der Hefereinzucht begonnen wurde.

Würzemenge pro Pfanne 180 hl. Abkühlung in offenen Kühlschiffen, dann weitere Abkühlung in Gegenstromkühlern auf die Anstelltemperatur von 4,7-4,9°C. Vor dem Anstellen leichte Belüftung (6-7 mg O2/l). Dauer der Hauptgärung 11 bis 12 Tage. Während dieser Zeit werden 8,5°C nicht überschritten. Führung von vier Hefestämmen, wobei jeder Gärbottich mit einem Hefestamm angestellt wurde. Scheinbare Vergärung des Jungbiers 57-60%.

Es ist von 25hl großen Gärbottichen aus Holz und 40 hl fassenden Lagerfässern die Rede - vermutlich diejenigen, die heute in den umfangreichen Kellern stehen und bei der Führung besichtigt werden können. Nach der Hauptgärung wurden die unterschiedlich vergorenen Jungbiere in einem gemeinsamen Sammelbottich verschnitten und waren somit homogen. Die Lagerung betrug dann 60 Tage bei einer Temperatur von 1°C, wobei die ersten 14 Tage ungespundet gearbeitet wurde, und nach eben diesen 14 Tagen die Lagerfässer dann verschlossen wurden.

Das sind also dann vielleicht die kleinen Gär- und Lagertanks sowie die niedrigen Lagertemperaturen, die Michael Zepf im Sinne hatte?

Anfang der 90er Jahre wurde dann auf ZKTs umgestellt. Zunächst wurden 48 ZKTs angeschafft (8x 800hl, 40x1800hl), dann weitere 56 (je 3300hl).

"Das Pilsner Urquell, seine Bedeutung für das Brauen heller Lagerbiere in Vergangenheit und Gegenwart", Pesler, Prucha (1992)

Hier sind u.a. Analysedaten des Pilsners enthalten. Ich liste mal die auf, die mir hier wichtig erscheinen. Es ist mir aber leider nicht ganz klar, aus welchem Jahr die Daten stammen.

Stammwürze 12 Gew.%
Alkohol 3,5 Gew.%
Scheinbarer Extrakt 3,8 Gew.%
Scheinbarer Vergärungsgrad 68,5%*
Wirklicher Extraktgehalt 5,3 Gew.%
Wirklicher Vergärungsgrad 55,8%*
Endvergärungsgrad 72,5%*
Vicinale Diketone 0,15 mg/l
Bitterstoffe 40 EBC-BU

*Ich habe hier die Bezeichnungen, Zahlen und Einheiten so abgeschrieben, obgleich ich nicht genau weiß, worin der Unterschied zwischen dem "Scheinbaren Vergärungsgrad" und dem "Endvergärungsgrad" bestehen. Ich kannte bisher nur den Unterschied zwischen scheinbarem und wirklichem Endvergärgrad. Wenn ich aus den gegebenen Daten der Stammwürze (12 Gew.%) und dem scheinbarem Extrakt (3,8 Gew.%) den scheinbaren Vergärgrad ausrechne, wie ich es gewohnt bin, komme ich auf 68,3%. Wie man hier nun zusätzlich auf 72,5% kommt, weiß ich nicht. Vielleicht kann hier ja jemand Licht ins Dunkle werfen? Oder stehe ich einfach auf dem Schlauch?

Ob der Wert für die vicinalen Diketone (zu denen ja auch das Diacetyl gehört) hoch oder niedrig ist, vermag ich leider auch nicht zu sagen.
Edit: laut Hornsey (Brewing, 2nd Edition 2013, Seite 205) liegt die Wahrnehmungsschwelle für Diacetyl bei besagten 0,15 mg/l.

"Die Modernisierung der Pilsner Urquell Brauerei", Berka, Rous, Framera (1994)

Hier wird nun u.a. nochmals die Umstellung auf ZKTs beschrieben, und es wird auch ein wenig auf die dazu notwendigen Tests eingegangen. Die Tanks wurden, wie bereits beschrieben, in zwei Stufen erneuert.

Sektion A (universale Anwendung, hauptsächlich Hauptgärung):
8 ZKTs zu je 800hl, 40 ZKTs zu je 1800hl (es werden auch Dimensionen, Konuswinkel, Kühlsystem etc. beschrieben)

Weitere Sektion (ausschließlich Nachgärung/Reifung):
56 ZKTs zu je 3300hl

Aus umfangreichen Tests für die Umstellung im Vorfeld in Radegast und Protivin soll sich die folgende Variante als optimal ergeben haben:
Zwei-Phasen-Technologie (?), Anstelltemperatur 6°C, max. Gärtemperatur 9°C. Anstellgabe 15 Millionen Zellen/Liter (das steht da so, vermutlich sind aber Mill./ml oder Mrd./l gemeint), Würzebelüftung 6-8 mg O2/l. Dazu soll der Hefestamm W34 aus der TU München bzw. Weihenstephan erworben worden sein.

Insgesamt sollen dann innerhalb eines Jahres 52 Prüfungen durchgeführt worden sein, und es wurden wohl Anstellzahl, Belüftung und die Temperaturen variiert, immer mit dem Ziel eines optimalen Verhältnisses zwischen Estern und höheren Alkoholen. Auf Druckverhältnisse wird nicht eingegangen, aber die ZKTs sollen wohl auf einen maximalen Überdruck von 0,1MPa (1 bar) ausgelegt sein.

Auch mit den unterschiedlichen Gärbehältnissen wurde gearbeitet (z.B. ZKT für HG, dann klassische Reifung), sowie mit der Hopfung (Alphasäuren -10%!!).

Daraus soll sich dann ergeben haben, dass sich ein langsames Anlaufen der Gärung positiv auf das Verhältnis von Estern zu höheren Alkoholen auswirkt. Daraufhin wurde die Belüftung auf die Hälfte reduziert, und eine Erhöhung der max. Gärtemperatur soll keine sensorisch guten Biere ergeben haben.

Auch mit verschiedenen Klärmitteln wurde experimentiert.

In puncto weiterer Tests wird auch von einer geplanten Umstellung des Hefetyps gesprochen. Das dürfte dann wohl der oft erwähnte H-Typ sein, oder doch der D-Typ?

Diacetyl wird in diesem Zusammenhang leider nicht erwähnt, und auch auf die Lagerbedingungen (Temperatur) wird nicht eingegangen.

===========================

Aus den Daten vor den 90er Jahren kann man also schon herauslesen, dass sehr kalt und langsam gearbeitet wurde (wie Michael Zepf ja auch angedeutet hat).

Was man aus den späteren Daten für uns herausziehen kann, weiß ich nicht. Dazu kenne ich die Gärpraktiken mit ZKTs in Großbrauereien zu wenig, 6-9°C erscheinen mir für ZKTs aber auch eher kalt. Unklar bleiben die Druckverhältnisse. Die Anstell- und Belüftungszahlen scheinen im Rahmen zu liegen, wobei die Hefe aus eigener Reinzucht vermutlich deutlich fitter sein dürfte als das, was wir für gewöhnlich haben.

Edit: ein paar Kleinigkeiten zu den Analysedaten in der 2. Quelle von 1992 ergänzt.
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Re: Böhmisches Pilsner

#20

Beitrag von Kleinenhainer »

Hallo Hobbybrauer,

ich bin ja sonst immer etwas schüchtern und lese bei Euch nur mit... vorgestellt hatte ich mich auch schon mal irgendwann. Braue seit 2011 als "Selbstversorger".
Ich muss mich mal eben in Eure Diskussion hier einklinken und hoffe ihr seht das nicht als "Kapern" an. Ich habe am 14.12. einen Sud in der Art Böhmisches Pils angesetzt, 50 Liter, inzwischen aufgeteilt in 3 CC KEGs.
PiMa, Dekoktion, Tettnanger und Saazer Hopfen, geklärt mit IM, vergoren mit 2 Pack GOZDAWA Czech Pilsner 18 (CP18), die ich 2 Tage vorher in einem 5l Kleinsud mit Würze vom Sud vorher ( in Flaschen sterilisiert und aufbewahrt) bei 9°C angestellt hatte. Umgeschlaucht nach 5 Tagen HG in 2. Gärbottich, nach 10 Tagen in KEGs abgefüllt bei ca. 4% Restextrakt. Temperatur nach "Drauflassen" bei 8°C, dann 11° C konstant durch bis heute. Bier ist jetzt sehr klar, hat im KEG 1,5 bar aufgebaut, ändert sich auch nicht weiter.
Jetzt kommt auch mal das Problem. Es soll ja eine DiazethylNOTE haben, aber im Moment ist wirklich "Büffelbutter" angesagt. Brrrr. Ist auch noch viel Jungbiergeschmack dabei, der Hopfen passt aber schon irgendwie zum Alter/Frische.

Wie kann man den Geschmack gezielt einstellen?

Entweder alles auf 17-18°C aufwärmen, täglich verkosten wann es passt und dann wieder kühlen?
Oder besser 1 KEG warm stellen, kompletten Abbau abwarten und dann " verschneiden"? OK, wäre bei mir so wie aus 2 KEGS halbe/halbe in das nächste umdrücken..
Es wird sich ja auf jeden Fall noch etwas abbauen (KEG steht ja irgendwann bei Trinktemperatur, da es jetzt schon klar ist, plane ich nicht zwanghaft Cold Crash. Oder würde ich damit durch noch mehr Hefesedimentation den Geschmack stabilisieren? Ist ja auch noch so jung das Bier...

Viele Fragen..

Thomas
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Re: Böhmisches Pilsner

#21

Beitrag von SchlatzPopatz »

Hallo Thomas,
ich bin zwar kein Experte in diesem Fall, aber ich hatte letztens dieses Problem in abgeschwächter Form in einem Pils. Mein Bier war auch sehr klar und stand schon vier Wochen im Kühlschrank. Gelöst habe ich es, in dem ich über den Getränkeanschluss des Kegs CO2 reingeblasen habe und dadurch die Hefe nochmal aufgewirbelt wurde. Nach einer Woche war die leichte Diacetyl-Note verschwunden. Das Fass habe ich nicht wärmer gestellt.
Mir ist schon klar, dass du eine leichte Note haben möchtest. Aber um zumindest von diesem starken Buttergeschmack wegzukommen, hilft es sicher, die Hefe noch einmal aufzuwirbeln. Es gibt zum Thema Diacetyl auch was im Braumagazin: https://braumagazin.de/article/bierfehler-diacetyl/
Gruß
Markus
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Re: Böhmisches Pilsner

#22

Beitrag von §11 »

@Johnny

Endvergärungsgrad ist „normalerweise“ der VG der Schnellvergärprobe im Labor. Der scheinbare VG dann der Ausstoßvergärungsgrad des fertigen Bieres. Allerdings sind hier 4% ein mächtig großer Unterschied.

Jan
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Re: Böhmisches Pilsner

#23

Beitrag von Johnny H »

Das würde ja dann heißen: in der Regel nicht endvergoren und mit deutlicher Restsüße!

In Bezug auf diese Daten ist in einer weiteren Tabelle auch der Durchschnitt für sechs weitere tschechische Biere angegeben. Dieser beträgt im Schnitt 3,4% (81% Endvergärgrad vs. 77,6% scheinbarer VG).

Die Zahlen sind übrigens von 1991, glaube ich.
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Re: Böhmisches Pilsner

#24

Beitrag von §11 »

Johnny H hat geschrieben: Mittwoch 3. Januar 2018, 13:26 Das würde ja dann heißen: in der Regel nicht endvergoren und mit deutlicher Restsüße!

In Bezug auf diese Daten ist in einer weiteren Tabelle auch der Durchschnitt für sechs weitere tschechische Biere angegeben. Dieser beträgt im Schnitt 3,4% (81% Endvergärgrad vs. 77,6% scheinbarer VG).

Die Zahlen sind übrigens von 1991, glaube ich.
Bei 12P sind 1% Abweichung im VG 0,12 GG% Extrakt. Das heiß bei 3.4% Abweichung macht das 0.4GG% Extraktunterschied. Das gibt erhebliche technologische Probleme mit der Stabilität, denn das sind ja 0.4GG% vergärbaret Extrakt. Das sind 4g je Liter.

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Re: Böhmisches Pilsner

#25

Beitrag von Johnny H »

§11 hat geschrieben: Mittwoch 3. Januar 2018, 14:07 Bei 12P sind 1% Abweichung im VG 0,12 GG% Extrakt. Das heiß bei 3.4% Abweichung macht das 0.4GG% Extraktunterschied. Das gibt erhebliche technologische Probleme mit der Stabilität, denn das sind ja 0.4GG% vergärbaret Extrakt. Das sind 4g je Liter.

Jan
Beim Urquell dann sogar noch mehr:

Stammwürze 12 Gew.%
Scheinbarer Extrakt 3,8 Gew.%
-> scheinbarer Vergärgrad 68,3%,
bzw. es entsprächen dann 3,78 Gew.% genau 68,5%.

Um auf 72,5% Endvergärgrad zu kommen, braucht es bei 12 Gew.% einen Restextrakt von 3,3 Gew.%. Differenz 0,48 Gew.% bzw. fast 5 g/l, wenn man auch noch die tatsächliche Dichte berücksichtigt.

Wäre interessant, ob man diesen Restextrakt zuhause messen kann bzw. mit einer fitten Erntehefe dann ganz runterbekommt. Ich schreibe das mal auf meine Liste für exotische Experimente.
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Re: Böhmisches Pilsner

#26

Beitrag von Tozzi »

Ich hole den Faden nochmal raus, denn ich habe gerade mein Rezept, so wie dann endgültig gebraut, auf MMuM gepostet.
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... tte=rezept

Über (konstruktive) Kommentare würde ich mich freuen.
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Re: Böhmisches Pilsner

#27

Beitrag von flying »

Ja der Name erscheint mir unglücklich gewählt. Bohemian steht hier nicht für Böhmen. Der Begriff stammt ursprünglich aus Frankreich für die aus Böhmen kommenden Zigeuner. Für Freigeister und Vagabunden die alles Bürgerliche ablehnen. Später dann auch synonym für linksintellektuelle Künstler und Randgruppen. Eine Rhapsodie ist ja bekanntlich ein wild aus allen möglichen Stilrichtungen zusammengestelltes Musikstück.
Im Prinzip ist Bohemian Rhapsodie das Gegenteil für was ein Böhmisches Pilsner steht. Für Tradition, Heimatverbundenheit und wenn man so will spießiges Bürgertum.

Aber letzendlich sind Namen Schall und Rauch... :Greets
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Re: Böhmisches Pilsner

#28

Beitrag von Tozzi »

Du hast zwar weitgehend recht, aber "Bohemian" ist nun mal die einzige wörtliche englische Übersetzung von "böhmisch".
Auch wenn der Begriff im Französischen eine Wandlung erfahren hat, welche dann wiederum als "Bohemien" in andere Sprachen (auch unsere) Einzug gehalten hat...
Und das Rezept ist ja auch kein klassisches "Pilsener", dazu hat es viel zu wenig Bittere und ist viel zu dunkel.
Nur gibt's die Kategorie "Böhmisches Lager" halt nirgendwo außer ebendort, da nennt man es "Ležák".
Das Vorbild heißt "Kozel" (wörtlich "Bock"), was auch nicht wirklich den Punkt trifft.
Von daher passt das schon alles so, finde ich... :P
Auf die Flaschen hab ich letztlich "Praha" geschrieben. Ist kürzer.
flying hat geschrieben: Dienstag 24. April 2018, 01:43Aber letzendlich sind Namen Schall und Rauch... :Greets
Ja, seh ich auch so. Irgendeinen muss man dem "Kind" halt verpassen.
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Re: Böhmisches Pilsner

#29

Beitrag von flying »

Das Bier geht in die Richtung Böhmisches Granat (engl. Bohemian Garnet :Wink ). Eigentlich ein sehr beliebtes Mischbier aus hellen und dunklen Bier. Wurde frisch am Zapfhahn zubereitet. Meistens so dreiviertel Helles mit einem Schuss böhmischen Schwarzbieres. Der tschechisches Nationaldichter Bohumil Hrabal liebte es. Heute brauen viele tschechische Brauereien das Granat aber schon fertig ein. Mit Deiner Rhapsodie im Sinne von Stilmix liegst Du also doch gar nicht so schlecht.. :Greets
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Re: Böhmisches Pilsner

#30

Beitrag von Johnny H »

Sieht doch gut aus. Die Leute von Bernard nennen ihr etwas dunkleres "Ležák" Jantarowý Ležák, was man mit "Amber Lager" übersetzen kann. Oder eben das von Rene schon angeführte "Granát", das es z.B. von Staropramen gibt.

Da Du noch die WLP800 angeführt hast: das ist m.W. der gleiche Stamm wie die WY2001 (Pilsner Urquell). Ich habe mit der auch schon gebraut und fand sie ganz anders als alle Lagerhefen, die ich mittlerweile durch habe: geschmacklich geht sie ins blumige bzw. fast schon fruchtige. Für mich als Flaschenvergärer war allerdings das Sedimentationsverhalten nicht sehr befriedigend: die Hefe setzt sich zwar sehr schön ab, bildet aber kein festes Sediment, so dass nach dem ersten Absetzen das Bier sofort trüb wird. Im Fass und mit vorigem Abschießen der Hefe dürfte das aber besser sein als bei mir.
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Re: Böhmisches Pilsner

#31

Beitrag von Tozzi »

Johnny H hat geschrieben: Dienstag 24. April 2018, 07:56 Da Du noch die WLP800 angeführt hast: das ist m.W. der gleiche Stamm wie die WY2001 (Pilsner Urquell).
Ah ja, die Wyeast hatte ich vergessen. Ich habe weder-noch bisher verwendet.
Ich weiß es natürlich nicht genau, gehe aber davon aus, dass es sich bei der L28 "Urkel" ebenfalls um denselben Stamm handelt.
Deine Beschreibung trifft es ganz gut.
Mit den Imperial Hefen war ich insgesamt nicht so richtig glücklich.
Mag daran liegen, dass ich aufgrund deren Marketing etwas zu hohe Erwartungen hatte.

Ich hatte das Bier noch recht lange (kalt) im Unitank, und habe dann direkt unter Druck in Kegs gefüllt, dadurch wurde es schön klar.
Aber ich kann mir gut vorstellen, dass das Sedimentationsverhalten bei Nachgärung in der Flasche zu wünschen übrig lässt...
Viele Grüße aus Fasano
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Re: Böhmisches Pilsner

#32

Beitrag von Johnny H »

Tozzi hat geschrieben: Dienstag 24. April 2018, 18:05
Johnny H hat geschrieben: Dienstag 24. April 2018, 07:56 Da Du noch die WLP800 angeführt hast: das ist m.W. der gleiche Stamm wie die WY2001 (Pilsner Urquell).
Ah ja, die Wyeast hatte ich vergessen. Ich habe weder-noch bisher verwendet.
Ich weiß es natürlich nicht genau, gehe aber davon aus, dass es sich bei der L28 "Urkel" ebenfalls um denselben Stamm handelt.
Deine Beschreibung trifft es ganz gut.
[...]
Ich dachte, die L28 Urkel sei das Äquivalent zur WY2278, welche wiederum dem Pilsner Urquell-Stamm D entsprechen soll (ich glaube, da gibt es kein White Labs-Produkt).

Die WY2001/WLP800 soll der Pilsner Urquell H-Stamm sein.

Es ist zwar schon lange her, dass ich mit der 2000er (Budvar) bzw. der 2001er gebraut habe, aber mir scheint die 2278 geschmacklich näher an der 2000er zu liegen als an der 2001er. Ist aber, wie gesagt, lange her, und ich habe damals vermutlich eher underpitched.

Pilsner Urquell hat ja zu den Zeiten der großen Holzfässer mit mindestens vier verschiedenen Stämmen gearbeitet und dann verschnitten. Diese Praxis hat man m.W. erst nach der großen Modernisierung und Umstellung auf ZKGs in den frühen 90ern aufgegeben.

Heute verwendet man in Pilsen m.W. nur noch den H-Stamm, vermutlich aber bei sehr viel niedrigeren Temperaturen als wir.

Ich kann es aus Kapazitätsgründen leider nicht machen, aber am liebsten würde ich sämtliche Hefen mal parallel für einen Pilsner-Sud benutzen:
WY2278/Urkel (PU-D),
WY2000 (Budvar),
WY2001/WLP800 (PU-H),
WLP802 (Samson)...
und ggf. noch die W34/70 mit dazu (oder sogar die WY2308/WLP838, um was ganz anderes zu bekommen, denn die ist wirklich nochmal ein ganz anderes Kaliber)

Geschichte des Pilsner Urquells
Hefevergleiche verschiedener Hersteller

Edit: hier hatte ich auch mal ganz viel historisches zu den verschiedenen Stämmen geschrieben und auch ein paar Vergleiche verlinkt: Link
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Re: Böhmisches Pilsner

#33

Beitrag von Tozzi »

Johnny H hat geschrieben: Mittwoch 25. April 2018, 07:41 ch dachte, die L28 Urkel sei das Äquivalent zur WY2278, welche wiederum dem Pilsner Urquell-Stamm D entsprechen soll (ich glaube, da gibt es kein White Labs-Produkt).

Die WY2001/WLP800 soll der Pilsner Urquell H-Stamm sein.
Interessant! Vielen Dank für die Infos!
Von der Beschreibung der WY2278 her kommt das schon sehr gut hin.
Ich werd mir Deine Links gleich mal genau durchlesen.

Ein Vergleichssud wäre schon mal klasse. Leider kann ich das hier auch nur schlecht bewerkstelligen.
2 verschiedene Stämme könnte ich aber gut mal testen. Kommt auf die To-Do Liste.
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Re: Böhmisches Pilsner

#34

Beitrag von Alheimer »

Hallo zusammen,

ich habe die WLP800 zum ersten Mal eingesetzt und ich bin über das Gärverhalten überrascht. Mein Ziel war es ein Böhmisches Pils zu brauen. Die Malzzusammensetzung ist sehr ähnlich wie die von Tozzi am Anfang dieses Threats nur habe ich kein Carafa genommen und das Cara Bohemian durch CaraPils ersetzt. Die Stammwürze war 11,3 Plato und ich habe auf 40 IBU ausschließlich mit Saazer gehopft
Aus dem WLP800 Päckchen habe ich einen Starter gemacht und bei 8 Grad angestellt. Die Gärung ist schnell angesprungen und nach 6 Stunden „raketenmäßig“ abgegangen. Aber nach 12 Stunden ist jede Gäraktivität zum Erliegen gekommen. Auf der Würze war eine dicke Schaumschicht und es war ein angenehm fruchtiger Geruch wahrnehmbar.
Damit es weitergeht habe ich die Würze belüftet und tatsächlich sprang die Gärung wieder stark an. Aber wiederum nur für 12 Stunden. Nach erneuter Belüftung ging es auch dann weiter aber wieder nur für 12 Stunden. Also habe ich die Temperatur auf 10 Grad hochgefahren und erneut belüftet. So hat dann die Hefe durchvergoren bis ein SEVG von 2,2 Plato erreicht war. Das war 5 Tage nach dem Anstellen, was ich für eine Lagerhefe sehr schnell finde. Danach 2 Tage Diacetylrast und 3 Tage Cold Crash.
Gestern habe ich das Jungbier ins Fass abgefüllt und dabei einen extrem fruchtigen Geruch wahrgenommen. Es riecht nach „Bananenkuchen“, fast wie ein Weizenbier aber ganz untypisch für ein Pilsener.
Hat jemand von euch mit der Hefe ähnliche Erfahrungen gemacht? Verschwindet der Geruch eventuell während der Reifung? Für Ideen, Tipps oder Hinweise bin ich euch dankbar.

Grüße
Clemens
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Re: Böhmisches Pilsner

#35

Beitrag von SchlatzPopatz »

War es vielleicht die WLP300 und die "3" sah aus wie eine "8"?
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Re: Böhmisches Pilsner

#36

Beitrag von hkpdererste »

Nach mindestens 3x Luft einrühren während der Gärung bist du im Zweifelsfall mit Bananengeschmack noch relativ gut bedient. :Ahh
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Re: Böhmisches Pilsner

#37

Beitrag von danieldee »

Hier! Ich hatte schon des Öfteren Diacetylprobleme, aber mit der 34/70 in Verbindung mit nem Conical und einer Diacetylrast.
Ja hört sich komisch an, ist aber so.
Meine Theorie:
In einem konischen Gärbehälter legt sich die Hefe viel schneller schlafen als in einem "normalen". Ich bin ab 50%sEVG auf 16° hochgegangen für ca. 3 Tage. Nach diesen 3 Tagen war die Hefe schon gut gesetzt. Hat wahrscheinlich nicht dazu gereicht um das Diacetyl zu verstoffwechseln, dafür brauchts ja bekanntlich aktive Hefe in Schwebe....so meine Theorie.
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Re: Böhmisches Pilsner

#38

Beitrag von SchlatzPopatz »

Diacetyl riecht aber nicht nach Banane.
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Re: Böhmisches Pilsner

#39

Beitrag von Paule »

Aber auch nach was mit "B" :Smile
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Re: Böhmisches Pilsner

#40

Beitrag von Alheimer »

Es war definitiv die WLP800. Die WLP300 hätte bei 8 Grad auch nicht so intensiv vergärt, oder?
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Re: Böhmisches Pilsner

#41

Beitrag von SchlatzPopatz »

Alheimer hat geschrieben: Mittwoch 24. Juli 2019, 13:36 Es war definitiv die WLP800. Die WLP300 hätte bei 8 Grad auch nicht so intensiv vergärt, oder?
Habe ich ncoh nie probiert, die stelle ich immer bei 18°C an. Bringt aber schöne Banane :Bigsmile .
Und je nachdem wie gut oder schlecht der Aufdruck ist, kann es schon mal passieren, dass eine "3" wie eine "8" aussieht. Allerdings steht der Hefename ja noch mal im Klartext darunter.
War der Gärbehälter vielleicht vorher mit einem Weizenbier gefüllt?
Bei mir hatten mal ungereinigte Bügelverschlüsse, die zuvor auf einem Weizen waren, in einem Pils im Nachhinein für ein Fruchtkorbaroma gesorgt. Ich hatte die Flaschen mit Gegendruckabfüller aus einem KEG befüllt, das Bier schäumte kurz den Flaschenhals hoch und dann mit Bügelverschluss verschlossen. Das reichte dann, dass nach einer Woche das Pils total versaut war. Das aus dem KEG schmeckte nachwievor wie Pils.
Zuletzt geändert von SchlatzPopatz am Mittwoch 24. Juli 2019, 16:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Böhmisches Pilsner

#42

Beitrag von Alheimer »

In dem Gärbehälter war vorher ein Pils, das ich mit der S189 vergoren habe. Daran kann es auch nicht liegen.
Vielleicht reduziert sich der Geruch noch. Ich habe den Gärbehälter mit dem Hefebodensatz seit gestern im Keller stehen. Der Geruch hat schon deutlich nachgelassen. Vielleicht helfen ja 8 Wochen Kaltreifung.
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Re: Böhmisches Pilsner

#43

Beitrag von guenter »

Woran machst du eigentlich fest, dass es keine Gärativität mehr gibt?
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Re: Böhmisches Pilsner

#44

Beitrag von Alheimer »

Es ist keine Schaumdecke mehr auf dem Bier, der Endvergärungsgrad entspricht der Schnellvergärprobe und ich benutze einen Plaato Gärspund, der mir die Aktivität über den Zeitverlauf anzeigt.
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Re: Böhmisches Pilsner

#45

Beitrag von guenter »

Alheimer hat geschrieben: Mittwoch 24. Juli 2019, 18:37 Es ist keine Schaumdecke mehr auf dem Bier, der Endvergärungsgrad entspricht der Schnellvergärprobe und ich benutze einen Plaato Gärspund, der mir die Aktivität über den Zeitverlauf anzeigt.
Weiter oben schreibst du:
"Auf der Würze war eine dicke Schaumschicht und es war ein angenehm fruchtiger Geruch wahrnehmbar."

Sorry, da passt doch was nicht.

Dass der Endvergärungsgrad nicht erreicht was, OK, aber dann muss die Gärung ja nicht am Ende sein.

Davon mal abgesehen: was ist ein Plato-Gärspund?
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Re: Böhmisches Pilsner

#46

Beitrag von Braufex »

guenter hat geschrieben: Mittwoch 24. Juli 2019, 23:02 Davon mal abgesehen: was ist ein Plato-Gärspund?
Morgen Günter,
schau mal hier.
Plaato

Gruß Erwin
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Ich weiß zwar nicht wie, aber sie funktioniert prima ;-)
Alheimer
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Re: Böhmisches Pilsner

#47

Beitrag von Alheimer »

Hallo Günter,
die dicke Schaumschicht war auf dem Bier als ich nach 12 Stunden zum ersten Mal belüften musste.
Plaato ist ein digitaler Gärspund. Ein ganz nette Spielerei. Hier der Link zur Homepage

https://plaato.io/

Gruß
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gulp
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Re: Böhmisches Pilsner

#48

Beitrag von gulp »

Alheimer hat geschrieben: Donnerstag 25. Juli 2019, 07:03 Hallo Günter,
die dicke Schaumschicht war auf dem Bier als ich nach 12 Stunden zum ersten Mal belüften musste.
Plaato ist ein digitaler Gärspund. Ein ganz nette Spielerei. Hier der Link zur Homepage

https://plaato.io/

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Alt-Phex
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Re: Böhmisches Pilsner

#49

Beitrag von Alt-Phex »

Diese digitalen Blubberzähler sind tatsächlich nicht mehr als eine teure Spielerei. Die Aussagekraft ist quasi gleich Null.
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Re: Böhmisches Pilsner

#50

Beitrag von Bierbert »

Warum man das nun braucht, verstehe ich auch nicht, aber das Selbe habe ich 95 auch über das Internet gesagt. :puzz
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