Mal wieder: Norddeutsches Pils

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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chaos-black
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Mal wieder: Norddeutsches Pils

#1

Beitrag von chaos-black »

Ich weiß, es gibt immer mal wieder Diskussionen zu Pils-Rezepten und gelegentlich auch norddeutscher Art. Da ich mit Pilsner noch sehr unerfahren bin, möchte ich dennoch mit euch einen Entwurf diskutieren, den ich nach Recherchen angefertigt habe. Die Brauerei in Dublin bei der ich gerade ein mehrmonatiges Praktikum absolviere hat mich gebeten mal ein gutes Pils zu brauen. Potenziell besteht auch die Möglichkeit, sofern es gut ankommt, das Bier nach dem kleinen Testlauf auf der großen Anlage zu Brauen.
Ich bin für eure Einwürfe und Kommentare also sehr dankbar :)

Rezept:
Stammwürze: 11,9°P
Bitterkeit: 40IBU
Karbonisierung: 5,5g/L

Basis-Wasserprofil
Calcium (Ca): 28,4ppm | Magnesium (Mg): 2,2ppm | Sodium (Na): 0,0ppm | Sulfate (SO4): 27,6 | Chloride (Cl): 12,4ppm | Bicarbonate (HCO3): 29,3
Nach Beersmith -> Alkalinity 24ppm as CaCO3 | Effective Hardness 22ppm as CaCO3 | Residual Alkalinity: 2ppm as CaCO3

Würdet ihr hier irgendwas mit dem Wasser machen?

Schüttung:
100% Pilsner Malz

Maischeprogramm:
In der Brauerei wird meistens mit Infusion gearbeitet, daher würde ich der Einfachheit wegen nur eine Rast machen
Kombirast 66°C - 60min

Hopfenkochen 90min:
Magnum 40% der Bitterkeit 90min
Hallertauer Tradition 15% der Bitterkeit 30min
Hallertauer Perle 15% der Bitterkeit 30min
Hallertauer Perle, Hallertauer Tradition, Spalt Spalter je 10% der Bitterkeit 5min

Was haltet ihr von dieser Kombination an Hopfensorten? Ich wollte sowohl klassisch grasig/würzige Aromen haben als auch leicht blumig und verhalten fruchtige.
Außerdem habe ich überlegt auch noch Hopfen in den Whirlpool zu geben, aber möglicherweise wäre das dann zuviel des guten für ein Pils.


Hefe und Gärung:
Einige Forenbeiträge beschreiben die S-189 als gut geeignet für norddeutsches Pils. Ich kenne an untergärigen eigentlich nur die W34/70 und weiß dass ich die hier nicht so gern verwenden möchte. Was haltet ihr von der Hefe? Und welche Temperaturen würdet ihr empfehlen?
Für den kleinen Testsud kann ich die Temperatur auf etwa 2-3°C genau regeln, die großen Gärgefäße sind auf 1°C genau.

Vielen Dank schonmal für eure Antworten!
Alex
Zuletzt geändert von chaos-black am Donnerstag 15. Februar 2018, 10:51, insgesamt 3-mal geändert.
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Boludo
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#2

Beitrag von Boludo »

Das liest sich ganz gut. Und ich würde jede Menge Hopfen in den WP geben. Die Hopfensorten sind sicher gut geeignet.
Beim Wasser würde ich eventuell noch mit CaSO4 aufsalzen, die Restalkalität darf ruhig deutlich negativ sein (bis zu -5°dH), und das Sulfat sollte dem Pils auch gut stehen.
Die S-189 kenne ich leider nicht, die 3470 ist jedenfalls ein wenig zu malzig für ein norddeutsches Pils.

Stefan
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#3

Beitrag von kochmann »

chaos-black hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2018, 16:07



Hefe und Gärung:
Einige Forenbeiträge beschreiben die S-189 als gut geeignet für norddeutsches Pils. Ich kenne an untergärigen eigentlich nur die W34/70 und weiß dass ich die hier nicht so gern verwenden möchte. Was haltet ihr von der Hefe? Und welche Temperaturen würdet ihr empfehlen?
Für den kleinen Testsud kann ich die Temperatur auf etwa 2-3°C genau regeln, die großen Gärgefäße sind auf 1°C genau.


Die S 189 Hefe benutze ich immer für ein Herbes Pils und sie tut ihre Arbeit gut bei 9 grad und zum ende 11 grad .
Die S 189 kommt nicht so malzig rüber.
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chaos-black
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#4

Beitrag von chaos-black »

Ah, danke für eure Hinweise :) Auf englischen Hobbybrau-Seiten hab ich gelesen, dass die S-189 viel Diacetyl übrig lassen kann und Leute da teilweise eine Woche Diacetylrast bei 20°C machen. Kannst du das bestätigen?
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#5

Beitrag von kochmann »

chaos-black hat geschrieben: Mittwoch 14. Februar 2018, 19:16 Ah, danke für eure Hinweise :) Auf englischen Hobbybrau-Seiten hab ich gelesen, dass die S-189 viel Diacetyl übrig lassen kann und Leute da teilweise eine Woche Diacetylrast bei 20°C machen. Kannst du das bestätigen?
Das kann ich nicht Bestätigen
Ich Denke das Liegt an der Gärtemperatur .
Aber ich lasse das Pils mindestens 12 Wochen Reifen .
Pro Plato eine Woche .
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#6

Beitrag von Beerbrouer »

Moin,

ich habe so etwas in der Art auch noch in der Pipeline. Ich will ebenfalls die S189 verwenden; vier Päckchen habe ich hier schon liegen.

Ob man den Magnum ggf. durch den Taurus ersetzt, ist ggf. Geschmackssache. Der Tradition passt m.E. sehr gut.

Was sagen aber die Experten zu der hier angedachten Kombirast? Diese Frage treibt mich auch um...

Gruß

Gerald
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Bergbock
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#7

Beitrag von Bergbock »

Für ein richtig norddeutsch trockenes Pils folge ich seit einigen Jahren der Empfehlung Hubert Hanghofers.
Mach eine lange 62/63 °C Rast (bis etwa 45 min), danach noch die Kombirast bei 67 °C für weitere 10-15 min bevor Du auf die 72°C hochgehst,.
So nutzt Du die Enzympotentiale für Deinen Zweck optimal; trockener als mit diesem Verfahren hab ich's nicht hinbekommen, von daher kann ich Huberts Ansatz nur bestätigen.

Gruss!
Frank
deralex
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#8

Beitrag von deralex »

Für ein herbes trockenes Pils nehme ich das 3-4fache an IBUs in Relation zur Stammwürze. Diese liegt zwischen 11,5-12° Plato. Schüttung 100% PiMa.

Hopfen meist Magnum mit Perle oder Tradition als Aromahopfen.

Eine bessere Hefe als die S-189 habe ich noch nicht gefunden, um das Bier schön trocken zu bekommen. Die W34/70 ist mir (selbst in x-ter Führung) zu malzbetont.

Das ist schon mal deckungsgleich mit deinem Rezept. Bei den Rasten lege ich den Schwerpunkt auf die Maltoserast meist 50 Min. bei 62 und 20 Min. bei 72 Grad. Kombirast mache ich eher bei anderen Bierstilen. Denke aber die 66 Grad sollten auch passen. Ich denke kaum dass es großte Unterschiede gibt. Die IBUs und die Hefe sollten entscheidender sein.
Blancblue
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#9

Beitrag von Blancblue »

Das was Stefan sagt.

Und: S-189 passt imho für norddeutsches Pils besser als die 34/70. Ruhig auch mal die Wyeast 940 Mexican Lager für den Bierstil ausprobieren, macht auch schöne schlanke Lager Biere.

Ansonsten gönnt Eurem UG ruhig ne kurze Eiweiss-Rast, die Hefe wirds Euch danken.

Vom Hopfen her ist das Geschmackssache. Narziss steht total auf Taurus und Hersbrucker. Andere schwören auf Perle und Spalter Select.
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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Boludo
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#10

Beitrag von Boludo »

Mein letztes Pils hat den, Keller vollgestunken. Echt eklig, wie ne volle Windel. Und das trotz 10 Minuten Eiweißrast bei 57°C. Davon merkt man zum Glück nichts mehr. Eiweißrast ist echt nicht verkehrt.
Ich hab natürlich noch mit 2,5g/l mit Spalter Select gestopft, das Bier braucht aber noch ein paar Wochen bis es reif ist. 40 IBU mit Spalter Select und ordentlich Saazer im Whirlpool, 100% PiMa.
Beim Wasser hab ich mir echt Mühe gegeben, Osmosewasser aufgesalzen und mit Milchsäure auf - 6°dH RA eingestellt. Das ist fast das wichtigste.

Stefan
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#11

Beitrag von kochmann »

Blancblue hat geschrieben: Donnerstag 15. Februar 2018, 17:48 Das was Stefan sagt.

Und: S-189 passt imho für norddeutsches Pils besser als die 34/70. Ruhig auch mal die Wyeast 940 Mexican Lager für den Bierstil ausprobieren, macht auch schöne schlanke Lager Biere.

Ansonsten gönnt Eurem UG ruhig ne kurze Eiweiss-Rast, die Hefe wirds Euch danken.

Vom Hopfen her ist das Geschmackssache. Narziss steht total auf Taurus und Hersbrucker. Andere schwören auf Perle und Spalter Select.
Hast du da evt ein Maischeplan ?
Gruss Michael
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#12

Beitrag von Blancblue »

Sähe bei mir so aus:

Einmaischen: 58 Grad
Eiweissrast: 55 Grad | 10 Minuten
Maltoserast: 63 Grad | 30 Minuten
Kombirast: 68 Grad | 25 Minuten
Verzuckerung: 75 Grad | 10 Minuten
Abmaischen 78 Grad
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#13

Beitrag von kochmann »

Danke
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chaos-black
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Re: Mal wieder: Norddeutsches Pils

#14

Beitrag von chaos-black »

Kleines Update, da das Rezept gebraut und der Sud durchgegoren ist:
Das Brautag war eine Läuterkatastrophe. Der Versand hat das geschrotet bestellt Malz beinahe pulverisiert, extrem hoher Mehlanteil, intakte Spelzen musste man suchen. Dementsprechend hat das Läutern etwa drei Stunden gedauert, man kann also davon sprechen dass die Enzyme beinahe 4 Stunden Zeit hatten bei ~66°C (der tatsächliche Spielraum lag bei ca 63-69°C) zu wirken. Als Ergebnis war die Sudhausausbeute höher als kalkuliert und ich landete statt bei 11,9°P bei 13,3°P.

Daher wurde am Folgetag nachgerechnet mit wieviel Wasser verdünnt werden muss um wieder auf Zielstammwürze zu kommen. Das Wasser wurde mit Perle für 40IBU 60 Minuten lang gebittert und anschließend zum bereits gärenden Ansatz zugegeben. Die S-189 schwefelte übrigens heftigst, hab ich so noch nicht erlebt. Man konnte das 150L Gärfass auf drei Meter entfernung riechen.

Die neuste Messung ergab einen Restextrakt von 1,5°P, womit Beersmith mir einen Vergärungsgrad von 87,4% ausspuckt :Shocked . Naja, dann hats jetzt 5,5% Alkohol. Ich nehme an das geht auf die ~4 Stunden Maische und Mehl zurück. Die Probe schmeckte übrigens schon vielversprechend. Der Schwefel ist stark zurück gegangen und ich bin sehr zuversichtlich, dass der sich in der nächsten Woche bei warm gestelltem Fass auslagert.

Außerdem fand ich es erstaunlich, wie wenig der Hopfenaromen im Vergleich zum Gärbeginn noch anzutreffen sind. Es ist immer noch lecker und ausgewogen hopfenaromatisch mit schöner Komplexität, aber ich hatte bei der Menge schon damit gerechnet, das sich das Aroma beinahe IPA-mäßig in den Vordergrund drängt. Das ist definitiv nicht der Fall. Will man das, sollte man über stopfen nachdenken.
Ich sollte vlt. noch hinzufügen, dass ein kleiner Hopfentee mit Herkules so gut roch, dass ich kurzerhand den Rest (etwa 0,5g/L) in den Whirlpool dazugegeben habe. Echt ein spannender Hopfen, den ich noch nie auf sein Aromapotenzial abgeklopft hatte.

Beste Grüße,
Alex
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