Rezeptcheck: Al Frääd - Summer Kiwi Saison

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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rakader
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Rezeptcheck: Al Frääd - Summer Kiwi Saison

#1

Beitrag von rakader »

Nachdem mein Lindenblüten Saison bei einigen Verkostungsrunden auf beste Räsonanz gestoßen ist, leg ich noch eine Schippe Mut drauf und möchte hier mein neues Rezept, inspiriert durch einige Threads und abermalige Recherchen, zur Diskussion stellen.
[Moderator: Leider kann ich den Thread Lindenblüten IPA nicht in Lindenblüten Saison ändern - wäre aus heutiger Sicht passender.]

Idee ist wiederum ein komplexes Saison, das fruchtig und erfrischend wie ein wenig angreifend pfeffrig, dabei trocken, aber doch mit angenehmen Mundgefühl versehen ist, ohne in die Breite zu gehen. Bei der Entwicklung hatte ich – nicht lachen – einen süß-scharf-salzigen Tomatensaft im Flieger im Kopf (ich versuche sauer immer zu übertönen).

Das Wasser stelle ich auf Brüsseler Wasser mit Bru'n Water ein. Es ist etwas mineralischer als sonstiges belgisches Wasser und gibt mir den Puffer für Fällreaktionen der eingesetzten Phosphorsäure. Näheres im Braumagazin.

Das Rezept folgt den klassischen Grundprinzipen eines Saison: Definierter, aber nicht dominanter Hopfencharakter, zurückgenommener Malzkörper, aber mit guten Mundgefühl und natürlich den pfeffrigen Aromenspielen der Belle Saison mit eben dem süßen Abgang von Glycerin. (Es ist mein erster Versuch mit der Belle Saison.) Die Interpretation des Bierstils ist wie beim Lindenblüten Saison wieder auf die Fruchtaromen neuseeländischer Hopfen fixiert. (Ich dachte damit ein Alleinstellungsmerkmal zu haben - aber weit gefehlt, beide Hopfen werden gerne mit dem Saison eingeetzt, wenn auch nicht in Kombination.) Ich gehe davon aus, dass der Hopfen mit der Hefe harmoniert. Die bewährte Kombination von Nelson Sauvin (Sauvignon Blanc, Grapefruit) und Pacific Gem (Brombeere ausgeprägt, Eiche, Pinie, würzig) wird beibehalten. Pacific Gem gebe ich bewusst nicht von Anfang dazu, da dessen Humolon-Dominanz problematisch sein kann; mehr interessieren mich dessen Brombeeraromen. Die fruchtigen Aromen werden im Whirlpool noch einmal betont, Nelson wird auch noch einmal – nicht zu dominant – zwischen 0°C und 4°C gestopft.

Beim Al Frääd Saison (lehnt sich an die Figur aus dem MAD-Magazin an, den Älteren von uns wird dieser anarchische Wicht mit Bumms in der Birne etwas sagen), lasse ich dieses Mal das Cara Belge weg. Ich gehe davon aus, dass dessen Job die Belle Saison übernimmt. Wichtig ist mir Frische und ein guter Schaum, deswegen arbeite ich mit Weizenmalz und ein wenig Haferflocken. Keine Ahnung, ob es zu wenig ist. Das Wiener Malz soll zusätzlich etwas Röstaromen und Körper eintragen. Die Rasten sind wie beim Saison üblich mehrstufig ausgelegt, um eine bessere Verzuckerung zu erreichen und die Beta-Amylase zu schonen. Stiltypisch kommt belgischer Kandiszucker hinzu. Mit unter 5 EBC ist es ein sehr helles Saison.

Nach vielen Threads habe ich mich entschlossen zusätzliche Zitrusaromen durch Koriander einzbringen. Die Meinungen gehen hier sehr weit auseinander. Übereinstimmend kann ich sagen, dass Koriander in der Nachgärung mir den Sud durch seine Dominanz verhauen würde. Deswegen kommt er in kleiner Dosage 5 min von Kochende ran. Empfohlen werden immer 14-28 g, ich nehme dezente 10 g, die vorher zerstoßen und angeröstet werden. Bei der Bitterorange, die gut harmonieren soll, bin ich noch vorsichtiger – 5 g statt 14 g: Sie soll den Zitrusnoten etwas Bitterness entgegensetzen, kann aber auch zitrusartig wirken. Auf keinen Fall, wie hier an deren Stellen besprochen, kommt sie in die Nachgärung. Das wäre dann nur bitter. (Mit einer Mazeration könnte ich es später einmal versuchen.) Die Frage die sich mir stellt, ob sie den Aromen vom Nelson und Pacific Gem nicht im Weg stehen. Wenn ja, fliegt's raus.
(Am liebsten hätte ich die Kombination Nelson Sauvin und Tardif de Bourgogne gemacht - letzterer ist aber nicht aufzutreiben.)

Bleibt die Hefe. Wie an verschiedenen Stellen besprochen, stelle ich mich auf eine lange Gärführung von 4 Wochen ein, dabei die Temperatur von 20"C auf 30°C anhebend. Zuviel Glycerin möchte ich aber nicht im Bier haben, es soll schon trocken sein. So ist die Temperatur für mich die entscheidende Stellgröße. Die Gärführung bewerkstellige ich mit einer Heizschlange von Polsinelli. In die Nachgärung wird noch eine Packung Candi-Sirup gekippt, der hat sich wegen seiner Karamellnoten bewährt und gärt trocken aus. Summa summarum rechne ich mit guten 10% ABV und mind. 2 Monaten Reifung mit Zwangskarbonisierung von 6,5 CO2/l im Fass. Flaschengärung ist stiluntypisch nicht vorgesehen.

Wenn Ihr Fehler entdeckt, Anregungen, Verbesserungsvorschläge habt - bitte her damit. Gegen Nachmittag möchte ich das Malz konditionieren und am Sonntag brauen. Hoffentlich war der Sermon nicht zu lang…

Viele Grüße
Radulph
Al Frääd N°1 Summer Kiwi Saison.pdf
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Re: Rezeptcheck: Al Frääd - Summer Kiwi Saison

#2

Beitrag von rakader »

31 mal geladen und kein Feedback? Ich kann keine Optimierungsschraube erkennen, aber vielleicht andere?

…habe das Bier jetzt 4x gebraut, immer mit Hefewechsel. Zuletzt mit der French Saison. Großes Kino. Suuper leckeres Saison, sehr frisch, Restsüße mildert einen zu harten Abgang ab, sehr ausbalanciert, das mag der europäische Gaumen. Bisher mein bestes Saison - aber definitiv am besten Winter. Nächster Sud wird mit der Bastogne gemacht.
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Re: Rezeptcheck: Al Frääd - Summer Kiwi Saison

#3

Beitrag von marsabba »

Hallo,
wie waren die Erfahrungen mit Koriander/Orange ? Bist du bei der Menge geblieben ?

Grüße
Martin
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Re: Rezeptcheck: Al Frääd - Summer Kiwi Saison

#4

Beitrag von rakader »

Servus Martin,

Koriander-, Orange-Mengen sind optimal. Kein bisschen mehr, auch nicht weniger. Koriander röste ich in einem Pfännchen leicht an. Es darf aber kein Korn schwarz werden, das schmeckt sonst durch. Leichte Bräunung genügt. Nimm indischen Koriander aus einem Braushop, nicht den europäischen aus dem Supermarkt. Der europäische neigt zum unerwünschten Seifengeschmack und ist weniger intensiv.

Grüße
Radulph

Edit: Beim Zucker trickse ich ein wenig, wenn die Stammwürze nicht ganz hinhaut und erhöhe den Anteil in der Gärung leicht. Wird dadurch nicht trockener. Anstelle Belgischer Kandis verwende ich beim Kochen künftig Brewers Invert N°1.
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