Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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steko
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Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#1

Beitrag von steko »

Hallo zusammen,

könntet ihr hier mal einen Blick drüber werfen?

Es soll eine Art Latzenbier, bzw. Sticke werden, also ein Altbier, was etwas stärker ist. Der Arbeitstitel deutet es bereits an 😉

Hier die Eckdaten zu meinem Rezept für ca. 57 Liter Ausschlagwürze:

Angestrebte Stammwürze: ca. 14,5 %
EBC: 40
IBU: 40??
Kochzeit 90 Minuten

Schüttung:

Münchner Malz II: 8500 g
Wiener Malz: 4500 g
Caramünch II: 600 g
Carafa Spezial: 50 g

60 Minuten Kombirast bei 63 Grad Celsius.

Hopfen:

180 g Hallertauer Mittelfrüh 3,5 % (Vorderwürzehopfung)

100 g Tettnanger 3,7 % (20 Minuten vor Ende)

Hefe: OGA9 Altbierhefe

Bei einem EVG von 70 % sollte ich laut Müggelland auf 14,5 % SW und 5,6 Vol. % Alkohol kommen. Die Schüttung gilt für 63% SHA.

Ich überlege, ob ich es noch mit 1 g / Liter Tettnanger stopfen soll. Bezüglich der IBU bin ich mir nicht sicher, ob ich da etwas mutiger sein darf…

Folgende Fragen:

1. Passt das Rezept aus eurer Sicht grundsätzlich?
2. IBU höher?
3. Stopfen ja oder nein?
4. ……Was stört euch dran?

Es ist das erste Rezept, das ich hier einstelle. Ich hoffe alle relevanten Daten sind vorhanden und ihr könnt mir auf der Basis helfen.

Vielen Dank!

Gruß Stephan
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Alt-Phex
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Re: Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#2

Beitrag von Alt-Phex »

Ich bin jetzt nicht so der Latzen oder Sticke Experte, aber das ist mir eindeutig zuviel Münchermalz. Kombirast kann man schon machen aber nicht bei 63°C. Da bist du viel zu weit vom Wirkungsoptimum der Alpha-Amylase entfernt. Mach mal lieber 67°C. Von der Verkleisterungs Temperatur der letzten Malzchargen, die bei 64°C+ liegt mal ganz abgesehen.

Man mag es vieleicht nicht glauben, aber die Hauptzutat bei einem Altbier ist auch Pilsener Malz. Ich würde sowas wie folgt angehen.

60% Pilsener Malz
30% Münchner Malz (evt. sogar Münchner II)
8% Caramünch II
2% Carafa II (10-15min vor abmaischen/läutern dazu geben)

IBU gerne auf 45-50 erhöhen, wegen dem hohen Restextrakt und auf keinen Fall stopfen. Das macht man bei einem Alt einfach nicht. Ich würde auch eher Tettnanger oder Tradition als VWH nehmen und reichlich Mittelfrüh für die letzten 10min.
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Kurt
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Re: Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#3

Beitrag von Kurt »

Auf jeden Fall zu viel Münchner! Die Uerige Schüttung ist bekannt. Da ist nur sehr wenig Cara drin. Ich würde mich daran anlehnen. Ein Bockbier auf MüMa-Basis stelle ich mir schwer trinkbar vor.
jemo
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Re: Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#4

Beitrag von jemo »

Altbier kann durchaus mit einem hohen Anteil Münchner Malz oder auch nur mit Münchner Malz gebraut werden, da gibt es verschiedene Vorgehensweisen.
Randy Mosher schreibt dazu:
"They are two very different ways to put together an altbier grist: One with pils malt and a bit of debittered roast malt for clor and a crisp roasty flavour; the second approach is to use a Munich malt base for a richer toasted caramel flavor ..."

Horst Dornbusch schreibt ähnliches in "Altbier" und auch die Rezepte in diesem Buch spiegeln beide Vorgehensweisen wider. Darunter ist ein Rezept von Herbert Enderlein, zur Zeit der Erstellung des Buches Braumeister bei Schumacher, welches aus 100% Münchner Malz besteht.
Bei Hubert Hanghofer in "Gutes Bier selber brauen" besteht ein Altbierrezept aus 70% Münchner Malz und bei Klaus Kling in "Bier selbst gebraut" aus ca. 65% Münchner Malz.

Kurzum, die These, daß Altbier nur geringe Teile von MüMa enthalten soll ist sehr gewagt.

Wichtiger scheinen die Rasten zu sein, in "Altbier" wird ein Alt ohne Proteinrast als "nicht authentisch" beschrieben, auch bei Kling wird eine Eiweißrast eingehalten. Eine Kombirast ist hier also zumindest kritisch zu sehen, ein Alt ist eben kein Ale.
Viele Grüße,
Jens
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Ladeberger
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Re: Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#5

Beitrag von Ladeberger »

jemo hat geschrieben: Samstag 16. März 2019, 10:30 Wichtiger scheinen die Rasten zu sein, in "Altbier" wird ein Alt ohne Proteinrast als "nicht authentisch" beschrieben, auch bei Kling wird eine Eiweißrast eingehalten.
"Nicht authentisch" kann bestenfalls ein Ergebnis im Glas sein. Magst du auch verraten, wo Dornbusch die Kausalitätskette von einer Eiweißrast zu dieser Ergebnislage im Glas verlaufen sieht? Liefert er weitergehende Erkenntnis, wie eine Eiweißrast unter Ausblendung der vorliegenden Schüttung und deren Chargen zu einer reproduzierbar "authentischen" Ergebnislage führen kann?

Bisher klingt das nach einer weiteren Dornbusch-Märchenstunde.

Gruß
Andy
jemo
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Re: Rezeptcheck - Arbeitstitel: Ein Alt, das knallt

#6

Beitrag von jemo »

Ladeberger hat geschrieben: Samstag 16. März 2019, 11:23 Bisher klingt das nach einer weiteren Dornbusch-Märchenstunde.
Ich sehe Dornbusch durchaus kritisch und insbesondere bei "Die Biersorten der Brauwelt" sind einige Passagen, die zumindest diskussionswürdig, wenn nicht sogar schlichtweg falsch sind. Als er "Altbier" schrieb, hat er aber in Düsseldorf gewohnt und hat zur Recherche die Altbierbrauereien abgeklappert. Von daher dürften die meisten Infos in diesem Buch aus erster Hand sein. Das Buch ist echt nicht schlecht, falls Du Dich für diesen Bierstil interessierst, solltest Du das lesen.
Zudem ist er nicht der einzige, der die Eiweißrast beschreibt, Kling macht das auch.

Falls die Dir zur Verfügung stehende Literatur dazu andere Angaben hat, wäre ich für eine Quellenangabe dankbar.
Viele Grüße,
Jens
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