Rezeptzusammensetzungen

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Troubadix
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Rezeptzusammensetzungen

#1

Beitrag von Troubadix »

Hallo,
mal eine Grundsatzfrage:
Rezepte nachzubrauen oder zu modifizieren (nach angeeignetem Wissen) gelingt mir schon ganz gut. Mich beschäftigt aber die grundsätzliche Frage, welches Malz oder welcher Hopfen/Hefe nehme ich denn wohl, wenn ich ein eigenes Bier kreieren möchte? Also wenn ich jetzt mit einem leeren Blatt anfangen wollte, ein malziges und fruchtiges Bier mit goldener Farbe und sowas 5% Alkohol zu entwickeln wüsste ich nicht, wie ich bei der Menge verschiedener Malz/Hopfen/Hefe-Sorten anfangen könnte. Ich kenne die Berechnungen von Massen zur Bestimmung von Alkohol und könnte mit Hilfe des KBH auch Farbe definieren....Aber welches Malz nehme ich denn jetzt nun??? Hat wer einen guten Ansatz für mich, wie ich dahin komme?
Grüße
Troubadix
Viele Grüße
Troubadix
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schlupf
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#2

Beitrag von schlupf »

Moin,
Beim Rezeptdesign kommt halt neben der rein technischen Komponente auch ein bisschen Kunst bzw. Kreativität ins Spiel.
Du hast deine Vorstellung davon, wie dein Bier werden soll, daraus entwirfst du ein erstes Rezept und danach kannst du es mit jedem neuen Versuch anpassen und verbessern.

Für den Anfang kannst du natürlich erstmal relativ technisch rangehen: Du möchtest 5% also wirst du so um die 12 Plato Stammwürze brauchen. Daraus kannst du dir dann schonmal mit deiner SHA die nötige Schüttungsmenge berechnen.

Da es golden werden soll, wirst du zum größten Teil helle Malze verwenden müssen und der Hauptteil der Schüttung wird natürlich (wie der Name schon sagt) aus einem oder mehreren Basismalzen bestehen.
Der Anteil von Spezialmalzen (Cara/Crystal) ist dann schon eine kreative Entscheidung und hängt einerseits von deinem Ziel, andererseits aber auch von deinem Maischverfahren ab. Meistens ist man mit 5-10% Cara auf einem guten Weg, aber auch 0 bis 20% sind unter Umständen möglich.

Beim Hopfen gibt's auch zuerst einen technischen Ansatz: das Bier soll malzig sein, daher darf die Bittere nicht zu hoch sein tendenziell unter dem 2-fachen der Stammwürze.
Dann kommt wieder die Kreativität ins Spiel: Wieviel Hopfenaroma soll das Bier haben und welches? Willst du Vorderwürzehopfung verwenden, klassische Gaben oder vielleicht nur einen Hopstand machen?

Mit der Hefe ist es genauso. Man muss sich nicht nur für einen Hefestamm entscheiden sondern die bringen je nach Gärtemperatur und anderen Variablen jeweils unterschiedliche Ergebnisse.

Das ist alles nicht ganz einfach, aber das schlimmste, was passieren kann ist, dass man halt mal einen total versauten Sud wegkippen muss. Bei unseren Größenordnungen ist da noch zu verkraften, also einfach anfangen und ausprobieren.

Viele Grüße
Sebastian
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Bierwisch
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#3

Beitrag von Bierwisch »

Hallo Troubadix,

das ist die Frage aller Fragen - wie designe ich ein leckeres Bier nach meinen Vorstellungen.

Da man über Geschmack trefflich streiten kann, aber nur sehr schlecht seine konkrete Vorstellung von Geschmack mit Worten erfassen kann, mußt Du wohl oder übel nach etwas Vergleichbarem suchen.

Entweder verkostest Du Biere, bis Du etwas nach Deinem Geschmack gefunden hast und versuchst das nachzustellen (wenn Du ein kommerzielles Beispiel gefunden hast, finden sich meistens auch konkrete Hinweise auf die verwendeten Rohstoffe etc.) oder Du braust auf Verdacht ein Rezept und variierst dann die einzelnen Komponenten, um die geschmacklichen Änderungen zu erfahren.

Am Ende hast Du jede Menge Erfahrung gesammelt und außerdem eine Vorstellung davon, wie sich bestimmte Malze, Hopfen, Zusätze und Prozessänderungen auf das fertige Bier auswirken.

Das wird eine ganze Weile dauern, aber der Weg ist nunmal das Ziel. Brauen ist leider nicht wie Kochen, weil der Faktor Zeit ganz entscheidenden Einfluß auf das Ergebnis hat.

Wenn Du sehr ungeduldig bist, dann baue Dir eine Anlage für Minisude á 5 Liter. Da brauchst Du nur ein paar 5-Liter Gärflaschen und kannst jeden Tag drei Sude durchziehen...

Gruß
Bierwisch
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Troubadix
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#4

Beitrag von Troubadix »

Danke für Eure Antworten! Ja die technische Seite hab ich natürlich auf dem Schirm (Technikerschicksal... :Greets ). Und das ich die Tendenz habe, DIE Frage der Fragen zu stellen...liegt mir auch irgendwie. :Smile
Der Tip mit dem Verkosten und dann quasi Zusammensetzung recherchieren ist gut. Gibt es hier vielleicht eine Quelle oder Sammlung?
Den Gedanken mit dem 5 Liter-Test verfolge ich auch gerade.. Kann ja theoretisch auch auf dem Küchenherd erfolgen :Shocked

Troubadix
Viele Grüße
Troubadix
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Bierwisch
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#5

Beitrag von Bierwisch »

Ich habe mal was ähnliches zusammengestellt - 5l-Behälter mit Panzerschlauch und Auslauf versehen (es gibt auch Thermobehälter in dieser Größe) für die Kombirast und zum Läutern. Einen passenden Topf sollte jeder zu Hause haben. Schon kann´s losgehen.

Nein, eine generelle Rezeptübersicht gibt es nicht, aber einige Brauereien veröffentlichen Daten zu ihren Rezepten und von Brewdog gibt es eine Rezeptsammlung.

Ich würde empfehlen, erst mal mit dem Verkosten zu beginnen und wenn Du was gefunden hast, was halbwegs in Deine Richtung geht, dann frag hier einfach.
Brauereien haben Marketingabteilungen, mit denen man kommunizieren kann. Ich bin mir sicher, daß man als interessierter Hobbybrauer einige (nicht alle) Fragen beantwortet bekommt.

Aber das regelmäßige Brauen solltest Du über das Verkosten auf keinen Fall zu kurz kommen lassen - hier lernst Du das Meiste.

Gruß
Bierwisch
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#6

Beitrag von schuessm »

Hallo,

also ich habe meinen eigenen Rezepte damit angefangen was will ich für einen Grundbiertyp und dafür habe ich mich am BJCP langehangelt. Z.B. habe ich so ein schönes Saison Bier hinbekommen und dann immer mehr verfeinert. Also das war mir eine große Hilfe als Laie. Habe dann das ganze im BeerSmith oder Kleinen Brauhelfer mit den entsprechenden Rahmendaten angelegt.

Vielleicht hilft Dir das auch in die ein oder andere Richtung zu denken
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§11
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#7

Beitrag von §11 »

Moin Troubadix,

Rezepte zu entwickeln gehört wohl mit zum schwierigsten Teil des Brauens. Rein technisch kann man sich viel Wissen aneignen, das ein bestimmtes Fenster vorgibt in dem sich zum Beispiel die Schüttung bewegen kann. Um ein Beispiel herauszugreifen, jede Schüttung braucht ausreichend aktive Enzyme um das Malz beim Maischen umzusetzen. Wie gesagt, dafür gibt es Berechnungen und Erfahrungswerte anhand deren man sich entlang hangeln kann.

Schwieriger wird es beim Geschmack. Hier ist Erfahrung durch nichts zu ersetzen. Brauen lernt man durch Brauen. Es gibt hier viele Anleitungen die einem helfen können diese Erfahrungen zu sammeln, aber man muss sich selbst mit der Materie beschäftigen. Hier hilft zum einen Biere zu verkosten über die möglichst viel bekannt ist und diese zu vergleichen. Es gibt zum Beispiel viele Single Hop Biere. Weiß man irgendwann mal wie ein bestimmter Hopfen schmeckt und wie dieser beschrieben ist und welche Hopfen ähnlich sind, gelingt es einem auch immer besser sich aus Beschreibungen einen Geschmack vorstellen zu können. Das Gleiche gilt auch für Malz, Hefen usw. Zum anderen hilft es hier auch wirklich gezielt selbst Versuche zu machen. Nimm zum Beispiel Malzextrakt und koche es mit verschiedenen Hopfen oder vergäre es mit verschiedenen Hefen oder mit derselben Hefe bei unterschiedlichen Temperaturen. Das ist, mit Malzextrakt, sehr wenig Aufwand, der dich wirklich weiterbringt. Für Malz sind auch French Press/ Kaffee Pressen sehr geeignet. Mach einen kleinen Aufguss und verkoste den.

Mir geht es, nach nun mehr fast 30 Jahre Interesse an Bier und Brauen, so das ich mir ein Bier sehr gut vorstellen kann wenn ich das Rezept bastle. Meisten trifft der Geschmack auch relativ gut zu.

Schoene Gruesse

Jan
„porro bibitur!“
Die Seite zum Buch "Bier brauen" https://www.jan-bruecklmeier.com/
Die Seite zur HBCon https://heimbrauconvention.de/
https://headlessbrewer.wordpress.com/
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nrtn
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#8

Beitrag von nrtn »

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gulp
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#9

Beitrag von gulp »

Das hier ist für den Einstieg ganz gut: https://www.thalia.de/shop/home/artikel ... s0EALw_wcB

Man braut einen Stil einmal nach Vorlage und interpretiert ihn dann.

Gruß
Peter
>>Impfung rettet Leben und Kultur!<<

Ein Bayer ohne Bier ist ein gefährlich Thier!

https://biergrantler.de
https://stixbraeu.de
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Troubadix
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Re: Rezeptzusammensetzungen

#10

Beitrag von Troubadix »

Ui..das ist ja schon ne ganze Menge an Informationen! Danke dafür.. Bier "teste" ich jetzt auch schon seit ca. 35 Jahren..ich weiß auch was mir schmeckt. Früher war ich da sehr festgelegt, heute bin ich eher offen und probiere alles mögliche! Dann sollte ich mir zum verkosten wohl mal als erstes überlegen, wie ich die Informationen sammle und auswerte.mmhh..!? Testen mit Extrakten finde ich auch sehr reizvoll. Beim brauen setzte ich immer schon alle Sinne in allen Phasen ein...und probiere alles ( OK...außer die Hefe :P ). Beim Hopfen tu ich mich dagegen sehr schwer Geschmack zuzuordnen. Vielleicht müßte ich die gängigen Sorten erst mal so probieren um deren Geschmack zu analysieren ( für mich ). Vom Whiskytasting kenne ich die Geschmacksnuancen von Orange, Banane & Co. Beim Bier finde ich es schwieriger. Vielleicht braucht es auch erst mal eine Gebrauchsanleitung zur Interpretation von Geschmack und Eigenschaften im allgemeinen... Wie dem auch sei: werde mir anhand eurer Vorschläge einen Plan machen und derweil mein geliebtes Altbier brauen, damit Reserve im Faßkühlschrank steht! :Drink
Viele Grüße
Troubadix
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