Rezeptcheck: dunkles Lager

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Silbereule
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Rezeptcheck: dunkles Lager

#1

Beitrag von Silbereule »

An alle die gerne und überall ihren Senf dazu geben! :Smile

Ich habe bisher einige bewährte Rezepte von MMuM erfolgreich nachgebraut und möchte mich nun an mein erstes eigenes, wenn auch nicht besonders spektakuläres Rezept wagen. Ein dunkles Lager soll es werden... dann versuche ich mich mal nach bestem Gewissen an die angepinnten Vorgaben für die Rezepthilfe zu halten.

Ziel:
Es soll ein insgesamt sehr ausgewogenes Bier werden, an keinem Ende zu sehr in ein extrem gehen. Nicht bitter, aber auch nicht süß, etwas Malz und etwas Hopfen darf man ruhig schmecken. Es soll ein schönes weiches Mundgefühl geben, nicht zu schwer sein, ohne seinen dunklen Charakter zu verlieren und auch nicht zu schwarz werden, ist schließlich für den Sommer gedacht. Die Idee habe ich beim Trinken des Dunklen vom Bierhannes in Frankfurt a.M., aber den dürften wohl nicht so viele hier kennen...

allg. Angaben:
Ich braue auf 20l fertiges Bier, dachte an 13% Stammwürze, würde als Hefe die W34/70 nehmen, erwarte (in 1. Führung) etwa einen sEVG von ~75%, sodass ich bei etwas über 3% scheinbarer Restextrakt und ~5,2%vol. Alkoholgehalt wäre. IBU zwischen 25 und 30.

geplante Schüttung:
57% (2850g) Pilsner (2,5-4,5 EBC)
30% (1500g) Münchner (20-25 EBC)
8% (400g) Weizen hell (3-5 EBC) (erhoffe mir hiervon ein weiches Mundgefühl)
4% (200g) Cara hell (20-30 EBC)
1% (50g) Carafa Spezial II (1100-1200 EBC) (Zugabe erst nach der Maltoserast)

In Summe 5kg Malz, meine Sudhausausbeute war immer bei knapp 60%. MMuM berechnet mir hier eine Farbe von 30 EBC.

Würdet ihr das Weizen weglassen?
Wird das bei dem Verhältnis Pilsner/Münchner zu malzig? Alternative wäre ja mehr Pilsner und Farbe über einen Ticken mehr Farbmalz.

Hopfen:
Ich würde 90 Minuten Kochen.
40g Tettnanger (4,1%) 80 Minuten mitkochen
15g Tettnanger (4,1%) 10 Minuten mitkochen
15g Tettnanger (4,1%) 0 Minuten mitkochen

MMuM berechnet hier 27 IBU.

Ich mag den Tettnanger ganz gern und die 70g würden genau passen, da ich noch genau so viel übrig habe. Ansonsten müsste ich noch was nachbestellen.
Sollte ich als Bitterhopfen noch was anderes mit höherem Alphasäuregehalt verwenden, um insgesamt weniger Menge an Hopfen reinzuschmeißen?

Wasser:
HG 14l
NG 17l
Mein Wasser ist recht gut mit 5,7°dH Restalkalität, das würde ich unbearbeitet verwenden.

Brauprozess:
Ich braue in aufsteigender Infusion mit Einkocher.

Einmaischen bei 57°C
1. Rast bei 55°C für 15 Minuten
2. Rast bei 62°C für 25 Minuten
3. Rast bei 72°C für 25 Minuten
Abmaischen bei 75°C
Nachgüsse auf 75°C erhitzen

Sollte ich die 2. und 3. Rast auf 30 Minuten erhöhen?

Gärung:
Kühle über Nacht im Kühlschrank. Kühle die Würze ab auf 12°C. Würde 2 Päckchen Fermentis W34/70 nach anständiger Rehydrierung und langsamer Abkühlung durch Verdünnen mit Würze anstellen. Nach einer Woche würde ich mit der Temperatur schrittweise auf bis zu 16°C hochgehen.

Wenns durch ist ab ins Keg und zwangskabonisiert auf 4,8g CO2/l. Denkt ihr das ist zu wenig? Habe wie gesagt gern ein weiches Gefühl im Mund, aber es soll ja auch nicht lasch und schal schmecken.

Zur Reifezeit, ich plane es im April zu brauen, sodass es hoffentlich bis Ende April spätestens durch ist. Ich würde es gerne zu meinem Geburtstag Ende Juni ausschenken, denkt ihr das reicht an Reifezeit?

Danke an alle, die bis hier hin gelesen haben! Ist nix Spektakuläres, dennoch würde ich mir gerne mein erstes eigenes Rezept nochmal absegnen lassen, bevor ich einen ganzen Tag umsonst arbeite :Wink

Bin für jede Antwort dankbar, auch nur zu einzelnen Fragen, und jeden sonstigen Hinweis! :Drink

Herzliche Grüße,
Steffen
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s3b0
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#2

Beitrag von s3b0 »

Servus,
das Rezept liest sich schon mal sehr gut - ein paar Empfehlungen möcht ich Dir aber aussprechen (da ich selbst auch sehr gern und oft ein Lager Dunkel braue):
Silbereule hat geschrieben: Samstag 14. März 2020, 22:41 Ich braue auf 20l fertiges Bier, dachte an 13% Stammwürze...
Ich würde Dir 12,0 bis 12,5 °P empfehlen. Gerade bei einem Sommerbier sind knappe 5% Alc. besser als 5,5 %
Silbereule hat geschrieben: Samstag 14. März 2020, 22:41 geplante Schüttung:
57% (2850g) Pilsner (2,5-4,5 EBC)
30% (1500g) Münchner (20-25 EBC)
8% (400g) Weizen hell (3-5 EBC) (erhoffe mir hiervon ein weiches Mundgefühl)
4% (200g) Cara hell (20-30 EBC)
1% (50g) Carafa Spezial II (1100-1200 EBC) (Zugabe erst nach der Maltoserast)
Ich würde das Pilsner auf 20% reduzieren, dafür das Münchner auf 67% erhöhen.
Weiteres würde ich das Weizenmalz weglassen - hat in einem Lager genausowenig zu suchen wie Haferflocken, die manche im Glauben an bessere Schaumstabilität hinzufügen :Grübel Die Würzefarbe sollte grundsätzlich durch Basismalze hergestellt werden. Spezialmalze dienen der Abrundung (Ein Lager Dunkel mit z.B. 95 % Pilsner und 5 % Carafa2 ist "Pfusch" ) Quelle: Technologie Brauer und Mälzer (Kunze)
Silbereule hat geschrieben: Samstag 14. März 2020, 22:41 Hopfen:
Ich würde 90 Minuten Kochen.
60 min. reichen aus - spar Dir die Zeit
>> Machen Brauereien genauso
Silbereule hat geschrieben: Samstag 14. März 2020, 22:41 Wenns durch ist ab ins Keg und zwangskabonisiert auf 4,8g CO2/l. Denkt ihr das ist zu wenig?
Bei der Karbonisierung würde ich Dir 5,0 g/L empfehlen - ist aber Geschmackssache.
4-6 Wochen Lagerung und schon läufts :Drink

>> Poste mal ein Foto vom Endergebnis :thumbsup Viel Erfolg!
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Kurt
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#3

Beitrag von Kurt »

Guck mal nach dem U-Fleku. Das Bier geht glaube ich ziemlich in die gewünscht Richtung. Dein Vorschlag ist sicher sehr lecker - kann man auch ohne Anpassungen so brauen!
HubertBräu
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#4

Beitrag von HubertBräu »

U-Fleku Rezept auf MMuM.
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rakader
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#5

Beitrag von rakader »

s3b0 hat geschrieben: Montag 16. März 2020, 08:57 60 min. reichen aus - spar Dir die Zeit
>> Machen Brauereien genauso
Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Hobbybrauer haben keine so durchkonfektionierten Prozesse wie eine professionelle Brauerei. Generell wird DMS ab 30min Kochdauer ausgetrieben. Gerade Schüttungen mit Pilsner neigen besonders "gemüsig" riechen, dann dauert es auch länger, bis sich der Geruch abschwächt. Viele hier schwören auf 90 Minuten. Wenn man Fehlerquellen wie "nichtwallendes Kochen", "Kondenswasser" etc. betrachtet, ist man mit 90 Minuten auf der sicheren Seite. Ich selbst wähle gerne 75 Minuten im Hinblick auf die Sudhausausbeute als Kompromiss.
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#6

Beitrag von DerDallmann »

Es wird nicht DMS ab 30 Min. ausgetrieben, die Hauptmenge ist nach 30-40 Min. ausgetrieben.
Und man ist mit 90 Min. keinefalls auf der sicheren Seite.
Aus den genannten Gründen ist die Kochzeit alleine keine aussagekräftige Kennzahl bei der Beherrschung von DMS. Tatsächlich kann sie in falscher Sicherheit wiegen, wenn die verlängerte Kochung – zum Beispiel im Interesse der Rezepttreue – zulasten der Verdampfungsziffer, das heißt der Verdampfung pro Stunde geht.

So sorgt die verlängerte Würzekochzeit in dargestellter Weise zunächst nur für eine vollständigere Umwandlung zu DMS, während die Kochintensität ungünstig verringert wurde. Neben schlecht abschätzbaren Folgen für den DMS-Gehalt stellt dies auch eine zusätzliche thermische Belastung der Würze dar.
Quelle: https://braumagazin.de/article/bierfehl ... ulfid-dms/

Wichtiger ist eine hohe Verdampfungsziffer und anschließend eine rasche Kühlung um eine weitere Bildung von DMS aus SMM zu vermeiden.
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rakader
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#7

Beitrag von rakader »

Danke für die Konkretisierung - nach dem Artikel hatte ich gesucht. Mit der Verdampfung werden unerwünschte Stoffe, also auch DMS, ausgetrieben, so weit, so klar.
Wenn zitieren, dann aber auch Aussagen, die zum Gesamtverständnis beitragen. Z.B. steht da:
Ein vollständiger Abbau von SMM ist innerhalb der üblichen Würzekochzeiten von unter 90 min daher selten möglich, auch weil 100 °C in der Praxis selten erreicht werden (Bsp.: Siedetemperatur in München bei 519 m NHN ca. 98,3 °C).
Das ist ja das, was ich mit Prozessen bei Hobbybraueranlagen meinte. Bei meiner Anlage springt der Timer ab 98,5°C an.

Kann man das mit der thermischen Belastung aber nicht auch anders sehen? Mir kommen da die historischen Whitbread-Rezepte von Ron Pattinson in den Sinn, die gerne 120 min Kochzeit und mehr haben… Die Aussage mit der Kochintensität ist für mich unklar.

Cheers
Radulph
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#8

Beitrag von DerDallmann »

Man will das SMM gar nicht unbedingt vollständig abbauen. Man will das DMS, das während des Kochens aus SMM (geschmacklich unauffällig) gebildet wird, gleichzeitig abbauen.
SMM ist geschmacklich unauffällig, weshalb nur das thermische Abbauprodukt DMS relevant ist. Ziel des Würzekochens in Bezug auf den DMS-Gehalt ist daher, ein Gleichgewicht zwischen thermischer Bildung aus SMM und Ausdampfung von freiem DMS zu erreichen.

Da die thermische Bildung durch die Siedetemperatur fixiert ist, gilt es, die Verdampfung von DMS zu fördern. Während man sich hierzu in industriellen Anlagen einiger physikalisch-chemischer Tricks bedienen kann, erfordert es im Hobbyumfeld vor allem eine hohe Verdampfungsziffer. Diese wird durch eine hohe Kochintensität und effektive Abführung der Brüden erreicht. Durch einen hohen Energieeintrag und die damit verbundene intensive Konvektion der Würze ("wallendes Kochen") wird die Oberfläche der Würze vergrößert und damit das gebildete DMS effektiv ausgetrieben.
DMS-Gleichgewicht

Abb. 2: DMS-Gleichgewicht

Als Indikator für die Austreibung von DMS kann die Gesamtverdampfung herangezogen werden. Diese beschreibt das insgesamt verdampfte Flüssigkeitsvolumen. Unter optimalen Bedingungen können bei atmosphärischer Kochung bereits ca. 5 % Gesamtverdampfung genügen. Als praxisnäher gelten jedoch 10 % Gesamtverdampfung.

Die dafür erforderliche Zeit orientiert sich vorrangig an der Pfannenleistung. Wie Abb. 3 zeigt, kann das freie DMS in der Regel bereits nach 15 min unter Wahrnehmungsschwelle reduziert werden. Ca. 20–30 min nach Kochbeginn pendelt sich dann der Gehalt im gewünschten Gleichgewicht zwischen Bildung und Verdampfung ein. Hier kann demnach das Würzekochen aus Perspektive des DMS-Abbaus jederzeit beendet werden.
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#9

Beitrag von rakader »

Entscheidend ist für mich die Zeitreihe, die sich aus der Temperatur ergibt. Habe ich bei meiner Anlage konstant 100°C? Nein". Aber danke für diesen wichtigen Ausschnitt! Viele Schnipsel führen zum Ziel :Smile
Fährst Du Deine Sude mit 90 oder 60 Minuten?
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#10

Beitrag von DerDallmann »

Zwischen 30 und 60 Minuten. Wenns schnell gehen muss, 30. Wenn ich Zeit habe, 60.

Sorry fürs OT hier... :Grübel
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Silbereule
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#11

Beitrag von Silbereule »

Vielen Dank für eure Beiträge!! Weiß die Hilfe wie immer sehr zu schätzen :thumbup
DerDallmann hat geschrieben: Dienstag 17. März 2020, 14:13 Sorry fürs OT hier... :Grübel
Kein Problem. Ist doch ne spannende und wichtige Frage mit der Kochdauer, hat mich auch schon öfter zum Nachdenken gebracht... wollte es hier der Einfachheit halber bei den altbewährten 90 Minuten belassen - ohne genau zu wissen warum eigentlich. Aber du kochst tatsächlich nur 30 Minuten in der Regel?
s3b0 hat geschrieben: Weiteres würde ich das Weizenmalz weglassen - hat in einem Lager genausowenig zu suchen wie Haferflocken, die manche im Glauben an bessere Schaumstabilität hinzufügen :Grübel
s3b0 hat geschrieben:Ein Lager Dunkel mit z.B. 95 % Pilsner und 5 % Carafa2 ist "Pfusch"
Gibt es hier noch andere Gründe außer "Pfusch"? Ich kann verstehen wenn Leute gerne traditionsbewahrt und urtümlich brauen wollen, mir persönlich wäre der Pfusch aber egal, solange es denn schmeckt. Aber vielleicht gibt es ja einen wichtigen Aspekt bzw. sachlichen Grund, der zu dieser "Tradition" geführt hat.

Und eine Frage verbleibt noch :Smile :
Kann es problematisch sein zu viel Menge an Hopfen zu kochen und wäre es daher ratsam als Bitterhopfen stets einen hohen Alphasäuregehalt zu nutzen, um eben die Menge etwas geringer zu halten, oder kann ich bedenkenlos einen Aromahopfen mit wenig Alphasäure auch zum bittern nehmen, auch wenn ich dann viel mehr Hopfen rein werfen muss?
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#12

Beitrag von rakader »

Silbereule hat geschrieben: Freitag 20. März 2020, 10:10 Und eine Frage verbleibt noch :Smile :
Kann es problematisch sein zu viel Menge an Hopfen zu kochen und wäre es daher ratsam als Bitterhopfen stets einen hohen Alphasäuregehalt zu nutzen, um eben die Menge etwas geringer zu halten, oder kann ich bedenkenlos einen Aromahopfen mit wenig Alphasäure auch zum bittern nehmen, auch wenn ich dann viel mehr Hopfen rein werfen muss?
Du kannst alles immer. Limitierend ist hier persönlicher Stil, der Bierstil selbst und Zeit. Viele Hopfen sind Universalhopfen, d.h. sie können zur Bitterung am Anfang des Kochens, in der Mitte und am Kochende als Aromagabe genutzt werden, bis hin zur Kalthopfung in der Nachgärung. Das sind gute Hopfen am Anfang, um ein Gefühl für Zeit, Bitterung und Aroma zu bekommen. Sehr beliebte Universalhopfen für obergärige Sude sind Cascade oder Nelson Sauvin, bei einem untergärigen Lager deutsche Sorten wie Mittelfrüh, Tettnanger oder Tradition. Und ja, ein Zuviel kann sehr problematisch werden.

Faustregel: Zur Bitterung geringe Mengen Bitterhopfen am Anfang, größere Mengen Aroma- oder Unviersalhopfen zu Kochmitte bis Kochende. Das ist aber alles andere als in Stein gemeißelt!

Hopfengabe und Hopfenkombination ist ein ganz weites Feld. Schnapp Dir dazu am besten ein gutes Buch; z.B. "Bier brauen" von Jan Brücklmeier.
Zuletzt geändert von rakader am Freitag 20. März 2020, 11:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#13

Beitrag von schwarzwaldbrauer »

Nach meiner Erfahrung ist Hopfenmenge und Alphasäure über Dreisatzrechnung kombinierbar, was die Bittere angeht.
Wenn auch zum Bittern sehr aromabetonte Sorten verwendet werden, könnte das vielleicht zum Überwiegen einer bestimmten Geschmacksrichtung führen die nicht unbedingt erwünscht ist.
Grüßle Dieter
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#14

Beitrag von rakader »

Das stimmt doch so nicht. Ein Dreisatz ersetzt die Zunge und das Handling mit dem Hopfen selbst nicht. Wer Aromasorten zum Bittern verwendet hat meist eine genaue Vorstellung von der Geschmacksrichtung. Es kommt sehr stark auf den Bierstil an. Spielt Hopfen die ersten Geige oder Malz, Hefe oder sonst was?
Jeder Bierstil erfordert andere Schwerpunkte, daher sind solche Pauschalaussagen wie Dreisatzberechnung von Hopfen Unsinn bar jeder (kreativen) Vorstellung von Geschmack, weil man damit nur die Denkweise eines bestimmten Bierstils beschreibt.
Für ein Münchner Helles empfiehlt sich z.B. dieser Artikel: https://braumagazin.de/article/muenchne ... brautipps/
Für ein dunkles Lager dieser: https://braumagazin.de/article/ende-der-neutralitaet/
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#15

Beitrag von Braufex »

rakader hat geschrieben: Freitag 20. März 2020, 11:48 Für ein dunkles Lager dieser: https://braumagazin.de/article/ende-der-neutralitaet/
Danke für den Link, Radulph.
Hatte den Bericht vor drei Jahren mal überflogen, war für mich aber damals nicht relevant und wurde wieder vergessen.
Aktuell freu ich mich jetzt, bald mal das erste Münchner Dunkel mit der W120 von Volker zu brauen :thumbsup
Auf den Vergleich mit der W34/70 (was eigentlich schon recht lecker ist) bin ich echt gespannt ...
Gruß Erwin
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Ich weiß zwar nicht wie, aber sie funktioniert prima ;-)
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#16

Beitrag von Johnny H »

Ich finde die Kombination von ca. 50-55% PiMa mit ca. 30-35% MüMa plus passende Spezial- und Röstmalze eine sehr gute Basis für ein dunkles Lager. Ich habe selber letztes Jahr zwei sehr schöne ausgewogene dunkle Biere auf dieser Basis gebraut. Das eine war ein U Fleku-Klon ähnlich dem von Kurt, beim anderen habe ich bei den Spezial- und Röstmalzen etwas auf der Klaviatur gespielt.

Für mich sieht die Schüttung oben gut aus. Bei Aromahopfengaben würde ich mich bei einem Dunklen eher zurückhalten, aber das ist Geschmacksache.

Dekoktion lohnt sich natürlich bei solchen Bieren auch.
Jubel erscholl, als sich die Trinker von dem schneidigen, köstlichen, bei dem früher in Pilsen erzeugten nie wahrgenommenen Geschmack überzeugten. Die Geburt des Pilsner Bieres!
(E. Jalowetz, Pilsner Bier im Lichte von Praxis und Wissenschaft, 1930)
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#17

Beitrag von CastleBravo »

Braufex hat geschrieben: Freitag 20. März 2020, 16:39
rakader hat geschrieben: Freitag 20. März 2020, 11:48 Für ein dunkles Lager dieser: https://braumagazin.de/article/ende-der-neutralitaet/
Danke für den Link, Radulph.
Hatte den Bericht vor drei Jahren mal überflogen, war für mich aber damals nicht relevant und wurde wieder vergessen.
Aktuell freu ich mich jetzt, bald mal das erste Münchner Dunkel mit der W120 von Volker zu brauen :thumbsup
Auf den Vergleich mit der W34/70 (was eigentlich schon recht lecker ist) bin ich echt gespannt ...
Gruß Erwin
Die W120 ist wirklich klasse für ein dunkles Lager. Sie betont sehr schön das Malzaroma. Sie hat bis jetzt die stärkste Bruchbildung aller von mir je verwendeten Hefen. Deshalb war es nach dem CC des Starters und dem Dekantieren nicht ganz einfach die Hefe wieder in Lösung zu bekommen.

Mein letztes Münchner Dunkel hab ich gesplittet, die eine Hälfte mit der W120 angesetzt und die andere mit der W105. Die Dunkel mit der W105 hat mir auch sehr gut geschmeckt, wenn gleich das Dunkel mit der W120 mir ein wenig besser gefallen hat. Außerdem ist die W120 m. M. nach einfacher im Handling.


Hier noch ein paar Infos von Uli zur W120:

originale Hefe für bayrisch Dunkel, betont den Malzkörper bzw. rundet ihn ab

Zur Frage nach dem Einsatz der Hefe, besonders nach Bockbier: Grundsätzlich ist die W120 eine robuste Hefe und ideal für dunkle Biere, typischerweise Münchner/Bayrisch Dunkel. Bock wäre auch möglich, dann aber eher dunkler. Für Bock gibt es aber auch bessere Hefen z.B. die W105. Die W120 baut Diacetyl langsamer ab als andere untergärige, was dem Hobbybrauer in der Regel egal ist, in der Industrie aber ein Faktor ist. Sie kann bei zwischen 6°C und 12°C angestellt werden, bei niedrigeren Temperaturen dann mit mehr Hefe. Nach dem 50% des erwarteten Vergärungsgrades erreicht ist, kann man um 2°C erhöhen.


Meine Gärführung hatte ich mit Uli vorab abgesprochen und sah für die W120 dann so aus:

Anstellen: 8°C (2 Tage)
Gären: 9°C (2 Tage) / 10°C (2 Tage) / 11°C (2 Tage) / ...

Viele Grüße

:Drink
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#18

Beitrag von Braufex »

Servus Sepp,
vielen Dank für die ausführlichen und für mich sehr wertvollen Tipps zur Gärführung :thumbup
Werde ich auf jeden Fall berücksichtigen.
Post ist als Lesezeichen geheftet und ausgedruckt :Wink
Anstellen: 8°C (2 Tage)
Gären: 9°C (2 Tage) / 10°C (2 Tage) / 11°C (2 Tage) / ...
Wie weit bist Du letzten Endes noch hoch gegangen (Diacetylrast)?

Schöne Grüße aus dem Augsburger Süden an die Glonn.
Bleib gsund, Erwin
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#19

Beitrag von CastleBravo »

Servus Erwin,
ich bin alle zwei Tage um 1°C hochgegangen mit der Temperatur bis auf 16°C. Zum Schluss bin ich dann bis auf Zimmertemperatur (19°C) und hab dann abgefüllt.
Viele Grüße und beste Gesundheit!

Edit: Temperatur korrigiert
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Re: Rezeptcheck: dunkles Lager

#20

Beitrag von Braufex »

... nochmals Danke für die Infos :thumbup
Im Augenblick habe ich noch 20l Münchner Dunkles mit der Riegele-Hefe im Keg, war eigentlich für den Wettbewerb in Romrod gedacht.
Mal schauen, wie ich das jetzt allein vernicht ... :Pulpfiction
Der Nachschub wird dann mit der W120 vergoren. In 2ter Führung soll es dann ein Dunkler Doppel-Bock werden.
Aber bis dahin dauerts noch ...
Gruß Erwin
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