Colonial Ale

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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konkret
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Colonial Ale

#1

Beitrag von konkret »

Habe kürzlich über diesen Bierstil gelesen. Also Ales die während des 18 Jhd. in den amerikanischen Kolonien gebraut wurden.
Hab da verschiedene Rezepte gefunden, da werden ja diverse Malze und andere Zutaten verwendet von rauchig bis röstig, denke es werden alles eher dunkle Ales.
Außerdem wird Melasse zugegeben, anscheinend ein günstiger Rohstoff zu dieser Zeot, da Malz knapp war.

Hat jemand schon ein solches Ale gebraut bzw. kann hier ein Rezept empfehlen.
Welche Hefe würdet ihr empfehlen.

Grüße konkret
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DerDerDasBierBraut
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Re: Colonial Ale

#2

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Funk mal ‚Northern Brewer’ an. Er hat letztes Jahr eins gebraut, das unfassbar lecker war.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
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Viele Grüße
Jens
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§11
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Re: Colonial Ale

#3

Beitrag von §11 »

Hi konkret,

deine Idee ist im Grunde richtig. Bier in den USA war bis etwa 1840 vor allem obergärig und "englisch". Untergärige Hefe ist erst 1840 in den USA angekommen, genauso wie die meisten Deutschen erst ab 1820 eingewandert sind. Vorher gab es vor allem Englische Brauereien die Englische Bierstile wie Porter gebraut haben.

Auch das Melasse stimmt, allerdings nur für den atlantischen Süden, da hier Zuckerrohr angebaut wurde und Melasse eines der Nebenprodukte ist.

Da die in Europa übliche zweizeilige Gerste im amerikanischen Klima schlecht gewachsen ist, hat man angefangen schottische six row barley anzupflanzen, die sich besser geeignet hat.

Und genau hier liegt aber auch die Krux. Es ist schwierig über ein "Colonial Ale" zu sprechen. Wie auch in England, gab es in den kolonialen USA verschiedene Biere, sogenannte Small Ales, für den schnellen täglichen Verbrauch und sogenannte Stock Ales, zum Einlagern. Es gibt zum Beispiel ein Small Ale Rezept von George Washington. (in dem auch Melasse vorkommt).

Die Frage ist also soll es was leichtes werden oder was zum Einlagern?

Gruss

Jan
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tbln
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Re: Colonial Ale

#4

Beitrag von tbln »

Randy Mosher, Radical Brewing: https://books.google.de/books?id=isyQAwAAQBAJ&pg=PT525
Siebel - One Hundred Years of Brewing (1901): https://catalog.hathitrust.org/Record/012454900

Bei Randy Mosher ist ein Rezept zu finden, allerdings sind die immer sehr frei interpretiert. In dem zweiten Buch sind auf S. 286 einige Textstellen zu finden, nach denen der Begriff "colonial ale" auch für in Australien gebrautes Bier gebräuchlich war.
The bulk of the output is ale and porter, known as colonial ale. This, a special product of Australia, is highly alcoholic, with little nutriment, and is pronounced to be not unlike the San Francisco steam beer of twenty years ago.
konkret
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Re: Colonial Ale

#5

Beitrag von konkret »

Tendiere schon RIchtung Stock ale.
Das Rezept von George Washington benutzt ja nur Melasse ohne Malz wenn ich das richtig sehe:
Take a large Siffer [Sifter] full of Bran Hops to your Taste. Boil these 3 hours. Then strain out 30 Gall[ons] into a cooler, put in 3 Gall[ons] Molasses while the Beer is Scalding hot or rather draw the Molasses into the cooler & St[r]ain the Beer on it while boiling Hot. Let this stand till it is little more than Blood warm. Then put in a quart of Yeast if the Weather is very Cold, cover it over with a Blank[et] & let it Work in the Cooler 24 hours then put it into the Cask — leave the bung open till it is almost don[e] Working — Bottle it that Week it was Brewed.
Das wäre mir dann doch zu experimentell, möchte da schon Malz verwenden und ggf. noch etwas Melasse zugeben.

Malz: Hier kommt Marris Otter oft vor, "six-row malt" wird eher schwierig zu bekommen sein.

Hopfen dann wohl eher Richtung Golding oder Fuggles, oder US Hopfen, die davon abstammen bzw. gibts da Sorten die aus Kreuzungen mit Wildhopfen hervorgingen? Hab da mal was gelesen kann mich aber nicht mehr an die Sorte erinnern.

Hier hab ich noch einen interessanten Artikel gefunden:
http://www.colonialalesmiths.org/PDFS/C ... rticle.pdf
konkret
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Re: Colonial Ale

#6

Beitrag von konkret »

tbln hat geschrieben: Mittwoch 4. November 2020, 16:37 Randy Mosher, Radical Brewing: https://books.google.de/books?id=isyQAwAAQBAJ&pg=PT525
Siebel - One Hundred Years of Brewing (1901): https://catalog.hathitrust.org/Record/012454900
Danke für die Info. Das zweite Buch sieht ja interessant aus, muß ich mal querlesen.
Randy Mosher kenn ich, die Rezepte dort sind aber immer sehr ungewöhnlich, bzw. wie der Name schon sagt "radikal" (anders).
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Re: Colonial Ale

#7

Beitrag von §11 »

Ich hab ein paar Werte

Amercian Stock Ales (durchschnitt 9 Proben aus dem Jahr 1896):
- Stw: 16,73 m/m%
- Restextrakt: 3,21 m/m%
- Alkohol: 5,55 Vol%
- Lactic Acid: 0,256

Ich hab auch irgendwo alte Rezepte, aber das kann etwas dauern bis ich die finde. Ich hab langsam zu viele historische Quellen :Wink
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Re: Colonial Ale

#8

Beitrag von konkret »

Dann bin ich ja mal gespannt. Sind ja schon mal ein paar Anhaltspunkte. Jede Info ist willkommen. Zum Brauen gibts ja immer was, dann wirds halt einer der nächsten Sude.
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§11
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Re: Colonial Ale

#9

Beitrag von §11 »

Hier finden sich ein paar Hinweise im ersten Teil, die teilweise wieder zu anderen Quellen führen

https://books.google.com/books?id=5JpND ... es&f=false
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Re: Colonial Ale

#10

Beitrag von konkret »

Jetzt ist mir die Hopfensorte wieder eingefallen: Es war Cluster. Soll ja eine der ältesten Sorten in den USA sein. Abstammend von Farnham Hopfen der aber anscheinend heute nicht mehr angebaut wird.
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Re: Colonial Ale

#11

Beitrag von §11 »

Ja, Cluster ist die älteste US amerikanische Sorte. Vorher wurden Englische Sorten angebaut, da die Hopfenbauern vor allem Puritaner waren. Der Anbau begann 1629 um die Kolonien von den Hopfenlieferungen aus der alten Welt unabhängig zu machen. Davor gab es wohl immer wieder Probleme und der Hopfen ging aus, was die Brauer in der neuen Welt dazu veranlasst hat teilweise wieder auf Alternativen wie Tannen- und Kieferntriebe umzusteigen. Als sich dann die Besiedlung nach Westen ausgebreitet hat und der Erie Kanal das Ohio fruchtbare Ohio Valley mit der Ostküste verbunden hat, kam Hopfen vor allem aus diesen Gegenden. Krass ist das bis in die 1850 vor allem der Osten im Hopfenanbau dominert hat. fast 90% wurde in den 1850ern in Upstate New York angebaut. Heute gibt es nur noch sehr sehr wenige Hopfenbauern in der Gegend, die meines Wissens nach auch erst wieder in den 1980ern angefangen haben.

Ab etwa 1800 wurde auch gezielt mit wildem amerikanischen Hopfen gezüchtet. Der amerikanische Cluster stammt wohl von einem unbekannten Englischen Kulturhopfen und einem amerikanischen Wildhopfen ab. Genau Angaben dazu hab ich aber auch nicht gefunden.

Gruss

Jan
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