Anfänger bittet um Hilfe mit Pilsner

[Jorg]

Ich habe vor drei Tagen noch getönt, dass ich auch was sinnvolles zum Forum beigesteuert habe, und schon melde ich mich mit einer hoffentlich nicht ganz so dusseligen Frage:

Mein Problem: Im kühlsten Raum im Keller komme ich auf eine Gärtemperatur von 16°C. Da blubbert gerade fröhlich ein Märzen vor sich hin. Tiefer geht nicht, da es an diesbezüglichem Equipment (noch) mangelt.

Ich habe vorrätig: Einiges an Pilsner Malz. Als Hopfensorte habe ich Hallertauer Perle mit 10,5% Alpha. Daraus wollte ich der Einfachheit halber aus möglichst wenigen Zutaten Pilsner brauen.
Nun bin ich total verunsichert wegen der Hefe. Ursprünglich hatte ich mir die Lagerhefe (trocken) von Brewferm besorgt. Die fühlt sich aber bei 12 - 15°C am wohlsten. Das eine Grad mehr im Keller, hätte ich wohl noch versucht. Allerdings gehe ich davon aus, dass bei steigender Außentemperatur, noch 1 - 2 °C dazu kommen könnten.
Ich hatte schon, auch hier im Forum, nach anderen untergärigen Hefen gesucht, die etwas mehr Temperatur vertragen. Doch je mehr ich lese, je verunsicherter werde ich, was eine Alternative betrifft, da ich bislang noch keine Ahnung habe,wie sich eine Alternative auf den Geschmack auswirkt.

Darum möchte ich euch bitten, mir mal kurz eine Hefesorte so nennen, die ich statt dessen verwenden könnte.

Ich sage schon mal vielen Dank im Voraus.

[flutsch]

Das kommt wohl wirklich darauf an, was Du möchtest. Wenn du absolut klaren Pilsgeschmack möchtest,
geht wohl kein Weg an kalter Gärung mit sowas wie der 34/70 vorbei. Bist Du auch zufrieden, wenn ein
wenig fruchtiger Geschmack dabei ist, könntest Du z.B. auch Krispy/Lutra Kveik probieren. Kommt halt
Deiner aktuellen Gärumgebung entgegen.

Liebe Grüße
Thorsten

[rauchbier]

Ich würde es mit der Brewferm probieren. Hab mit ihr bisher immer gute Erfahrungen gemacht. Die Brewferm Top vergärt auch sauber, ist dann halt eher ein Pale Ale oder Blonde Ale.
Du könntest es natürlich auch eine mit einer amerikanischen Lagerhefe probieren, wenn Flüssighefen für dich schon ein Thema sind:
https://www.hobbybrauerversand.de/Imper ... uessighefe oder die Lutra vergärt auch sauber bei höheren Temperaturen.

Als Tipp: wenn du Pils wie Jever magst, stelle den Bitterkeit auf 40 IBU ein, da fallen dann notfalls auch Esternoten im Bier weniger ins Gewicht. Ich würde es mit der Brewferm versuchen.

[Y-L]

Als Alternative geht auch die M54 von Mangrove Jack.
Es ist eine Untergärige Lager Hefe, die bei bis zu 20°C vergärt.
Ich persönlich mag sie nicht so gern, da sie mir bei 20°C einen seltsamen Beigeschmack spendiert.
Offensichtlich fällt der aber nur wenigen auf.

Kalt vergoren (also bei deinen 16°C und kühler) wirds super.
Mein Kollege braut seit 20 Jahren, und ist durch mich erst auf die M54 aufmerksam geworden.
Inzwischen nutzt er sie als eine seiner Lieblingshefen dauerhaft; weiß aber nicht bei welchen Temperaturen.
Bei seinen Bieren schmecke ich diesen Geschmacksfehler auch nicht mehr.

Kannst dich ja mal über die Hefe schlau machen!

Gruß,
Kay

EDIT: Wortfehler

[rauchbier]

M54 als Trockenhefe Variante passt dann zu meinem Vorschlag Cablecar. Wußte auch nicht, dass es die California von MJ als Trockenhefe gibt. Man wird halt mit der Zeit auch betriebsblind Wieder was gelernt. Danke

[Safari-Guide]

Du könntest auch mal in Richtung Kölsch schauen (K97 etc.), das wird auch bei 15-16 °C vergoren und müsste auch zu deinen Bedingungen und Bierstil gut passen...

Erik

[maecki-maecki]

…
Mein Problem: Im kühlsten Raum im Keller komme ich auf eine Gärtemperatur von 16°C
…
Darum möchte ich euch bitten, mir mal kurz eine Hefesorte so nennen, die ich statt dessen verwenden könnte.

Ich vermute eine obergärige Hefe (z.B. Lutra oder Oslo Kveik oder eine Kölsch Hefe) sollte am unteren Rand des Temperaturspektrums weniger Fehlaromen/Ester produzieren als eine untergärige Hefe am oder über dem oberen Temperaturlimit.

Da ich beides aber noch nicht in der Praxis probiert habe kann vielleicht jemand dazu noch was sagen?

Mäcki

[Jorg]

Erst mal vielen Dank für eure Antworten und fürs Anschubsen.

@Thorsten (Flutsch)
Auf absoluten Pilsgeschmack lege ich nicht unbedingt gesteigerten Wert. Ich probiere gerne auch mal Biere aus kleinen Brauereien, die ihre eigenen Ideen mit einbringen. Die Omega Lutra Kveik kling super. Bis ich meiner Frau den Reservekühlschrank im HWR abgeschwatzt habe (lässt sich digital sehr genau einstellen), ist das eine gute Alternative für wärmere Tage. Werde ich definitiv ausprobieren.

@Rauchbier
Ja, Pale Ale oder Blonde Ale kommt meinem Geschmack schon sehr zugute. Mit Flüssighefen vergäre ich bereits seit Jahrzehnten, allerdings nur Früchte, da komme ich gut mit klar. Einen Durchgang werde ich dann mit der Brewferm wagen. War mir halt nur unsicher, ob die Hefe den Geist aufgibt. Doch wenn es dann Richtung Pale Ale geht, umso besser. Guter Tipp.

@Kay (Y-L)
Habe ich mir notiert und auf dem Schirm. Werde ich gleich mal googlen.

Super - vielen Dank an euch!

[Jorg]

@Erik (Safari-Guide)
Mein Sohn hat mal für einige Jahre in Köln gelebt. Kölsch mag ich sogar sehr gerne. Ich wollte mich nach dem "Pils-Projekt" mal dran wagen.
Jetzt habe ich schon einen guten Tipp (K97) - Danke dafür!

@Mäcki
Danke auch für deine Antwort. Deine Meinung kann ich gut nachvollziehen. Bei der Weinherstellung ist es jedenfalls so. Lieber etwas kühler als zu warm.
Höhere Temperaturen zerstören schnell das fruchttypische Aroma. Kann mir gut vorstellen, dass es sich im Gärprozess von Bier genauso verhält, obwohl beim Wein nicht zwischen unter- und obergärig unterschieden wird. Das sind alles Reinzuchthefen.

[rauchbier]

Gerne, das freut mich. Notfalls gibst du dem Bier noch etwas länger Zeit zum reifen. Und die Option Hopfenstopfen nach der Gärung bleibt ja auch noch. Da würde ich aber nicht Perle nehmen, gefällt mir persönlich als Stopfhopfen nicht so sehr.

[Jorg]

...Notfalls gibst du dem Bier noch etwas länger Zeit zum reifen...

Sag das mal einem Neulig. Ich werde jetzt schon langsam hibbelig

[Innuendo]

Eine Lagerhefe bei 16°C würde ich nicht verwenden. Es gibt Ale Hefen, die bei kühlen 16°C lagerähnlichen Geschmack produzieren.

[rauchbier]

Das kenn ich nur zu gut aus meinen Anfangszeiten. Da hätte ich mich nach Beendigung der Gärung am liebsten direkt unter den "Zapfhahn" vom Gärbehälter gelegt

[Johanson]

Ursprünglich hatte ich mir die Lagerhefe (trocken) von Brewferm besorgt. Die fühlt sich aber bei 12 - 15°C am wohlsten. Das eine Grad mehr im Keller, hätte ich wohl noch versucht. Allerdings gehe ich davon aus, dass bei steigender Außentemperatur, noch 1 - 2 °C dazu kommen könnten.

Bis ich meiner Frau den Reservekühlschrank im HWR abgeschwatzt habe (lässt sich digital sehr genau einstellen), ist das eine gute Alternative für wärmere Tage. Werde ich definitiv ausprobieren.

Hier muss man auch beachten, dass sich die Temperaturempfehlungen der Hefepackung auf die Gärtemperatur beziehen. Durch die Hefeaktivität liegt diese je nach Phase nochmal um einige Grad höher als die Außentemperatur. Willst du dich genau an die Empfehlung des Herstellers halten, kommst du also um eine Messung der Temperatur im Gärbottich nicht herum. Selbst der Kühlschrank misst und regelt ja nur die Umgebungstemperatur.
Falls du das noch nicht so aufgeschnappt hast, viele hier im Forum machen das so: Der Kühlschrank steht auf niedrigst möglicher Temperatur und wird von einem InkBird an und ausgeschaltet. Der Temperaturfühler vom Inkbird kann einfach außen am Gärbottich (vielleicht mit etwas Isolierung drüber) festgeklebt werden, das gibt schon eine ganz passable Näherung. Ansonsten gibt es natürlich auch Tauchhülsen usw.

Gruß und viel Erfolg beim Pils!
Hendrik

[Jorg]

Moin Hendrik,

danke für die Info. Den Temperaturunterschied zwischen dem Inneren des Gärbehälters und der Umgebungstemperatur hatte ich tatsächlich nicht berücksichtigt. Brauchte ich für die Weinherstellung bislang auch nicht. Bierhefen sind durchaus deutlich diffiziler im Handling, bin da echt am umdenken und lernen.
Kühlung via Inkbird gesteuertem Kühlschrank steht auf dem Wunschzettel.

Beste Grüße
Jorg