Wasserwerte bei Pilsbier

Fragen und Diskussion rund um Rezepturen zum Bierbrauen
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Sven
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Wasserwerte bei Pilsbier

#1

Beitrag von Sven »

Hallo zusammen,

meint ihr ich sollte bei den Wasserwerten noch etwas Milchsäure hinzufügen? Beim letzten Pils was ich mit Perle gebraut habe, hatte ich einen leicht kratzigen Abgang gespürt der nicht von der Bitterkeit des Hopfens gekommen ist..
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GamZuBo
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#2

Beitrag von GamZuBo »

Mit Milchsäure alleine ist es da leider nicht getan. Bist du dir sicher nicht noch mehr Probleme zu haben?
Blancblue
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#3

Beitrag von Blancblue »

Das Wasser ist unbehandelt zu hart für Pils. Ich würde eine Kombi aus Braugips, Calcium Chlorid und Milchsäure empfehlen.
Brauen ist zu 50% Kunst und zu 50% Handwerk. Dazu kommen noch mal 100% Erfahrung.
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Kurt
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#4

Beitrag von Kurt »

Für ein richtig hopfenlastiges Pils mit 30+ IBU ist das Wasser nix, da muss man mehr machen als Milchsäure. Ich würde erstmal mit Milchsäure arbeiten und es mit der Bittere nicht übertreiben. RA0 bis RA-2, Nachguss nicht vergessen!
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GamZuBo
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#5

Beitrag von GamZuBo »

Nach meiner Erfahrung und die habe ich nicht nur an meinen Bieren beobachtet, ist nicht nur der Hopfen das Problem.

Lagerbiere generell profitieren von weichem Wasser. Ich sehe hier auch immer wieder, dass Wasserwerte von einer Region gepostet werden und man schließt gleich darauf, dass ein Müncher dunkel mit dem Münchner Leitungswasser am besten schmeckt.

Aber, Brauereien haben heute wie damals eigene Brunnen. Es kann sein dass Bräuerei X recht hartes Brauwasser hat und y am anderen Ende der Stadt weiches. Das hängt von der Tiefe und der geologischen Beschaffenheit ab.

Vor 100 Jahren mag das ja mal durchaus so gewesen sein. Dass man das Bier auf das Wasser anpassen musste und da auch gewisse Dinge hinnehmen musste. Keiner weiß mehr genau wie das wohl so geschmeckt hat, weil es eben keiner (mag sein, dass es da Ausnahmen gibt) macht heut zu Tage.

Heute wird in der Regel mit weichem Wasser gebraut, ob hell dunkel oder Bernstein. Ich kenne eine Braurei hier die haben 5 dh Brunnenwasser wir haben 20 dh Leitungswasser. Das eine hat also mit dem anderen nichts zu tuen. Dieses Wasser wird trotzdem voll entsalzt und mit gerade dem was nötig ist mit Braugips aufgegipst.

Ich habe mal mit einem Braumeister zusammen gebraut. Nach der Frage wie ich das Wasser bearbeiten soll kam "so weich wie möglich"

Kratziger Hopfen ist nicht das alleinige Problem. Da wird soviel Kram aus den Spelzen gewaschen oder die Hefe produziert soviel anderen Schrott, dass ein Helles niemals wie ein Helles schmecken wird. Also nie an ein Tegernseher oder Augustiner etc. auch nur ansatzweise ran kommt.

Mein Kumpel Braut ein dunkles, gleiches Malz, gleiche Hefe, gleicher Hopfen. Lediglich das Wasser ist ein anderes. Das Bier ist irgendwie viel mastiger als meines. Das hängt nach, außerdem schmeckt man noch andere Sachen durch die ich nicht definieren kann. Seine Tochter hat bei mir das Bier für ihre Hochzeit geordert!

Dieses Wasser kannst du mit CaO, Milchsäure und was die Apotheke sonst noch her gibt bearbeiten. Du kannst noch so kalt anstellen und grad genau deine Gärung führen. Das wird nie wie ein Pils schmecken wie du es kennst. Ob das nun ein Jever oder din Urquell sein soll ist dabei egal.

Ich will das keinem jetzt madig machen, es gibt ja einfache Lösungen dafür. Entweder in der 20l klasse Wasser in Kanister kaufen oder eine günstige Osmoßeanlage 50€-60€ (die kann man auch in der 100l Kkasse verwenden).

Wer 9€ für din Päcken Flüssighefe oder 150€ für ein digitales Refraktometer hat kann auch dieses noch investieren.

Am Ende kommt jetzt einer der mit diesem Wasser ein super Pils und Helles braut.

Prost!
Ununnilium
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#6

Beitrag von Ununnilium »

Du hast ca. eine Restalkalität von ca. 3 °dH (siehe hier), was eigentlich nicht extrem ist, aber nicht optimal. Um auf eine Restalkalität von -1 °dH zu kommen, würde ich pro Liter Wasser einfach ca. 165 mg Milchsäure 80% (0.14 ml) hinzufügen. Wie von Kurt erwähnt, darf man nicht vergessen, alles Wasser zu behandeln, also auch z.B. evt. nötiges Verdünnungswasser nach dem Kochen.

Gips oder Calciumchlorid würde ich bei diesem Wasser nicht empfehlen, da ja bei einem Pils ein schlanker Geschmack erwünscht ist und du bereits eher hohe Chlorid- und Sulfatwerte hast.
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GamZuBo
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#7

Beitrag von GamZuBo »

Die Restalkalität gibt dir nur eine Aussage darüber wo du später mit deinem PH-Wert beim Maischen liegst nicht aber was zum Schluss rauskommt. :Wink zudem wird dein fertiges Bier immer mehr mit Säure belastet das schmeckt man irgendwann durch. Selbst mit destilliertem Wasser wirst du noch ein wenig Sauermalz brauchen.
Ununnilium
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Re: Wasserwerte bei Pilsbier

#8

Beitrag von Ununnilium »

GamZuBo hat natürlich Recht, der pH-Wert der Maische hängt nicht nur von der Restalkalität des Brauwassers, sondern auch von anderen Faktoren ab. Die in Tabellen empfohlenen Brauwasser-Restalklitäten für einen bestimmten Bierstil sollten aber zu einem vernünftigen Maische-pH-Wert führen.
GamZuBo hat geschrieben: Dieses Wasser kannst du mit CaO, Milchsäure und was die Apotheke sonst noch her gibt bearbeiten. Du kannst noch so kalt anstellen und grad genau deine Gärung führen. Das wird nie wie ein Pils schmecken wie du es kennst. Ob das nun ein Jever oder din Urquell sein soll ist dabei egal.
Die CaO-Methode (oder Ca(OH)2) müsste aber genau die gleiche Qualität wie eine Osmoseanlage erzeugen, falls nur kalkhaltiges Wasser das Problem ist, da ja bei richtiger Anwendung nichts ausser reines Wasser hinzukommt (als "Abfall" entsteht nur Wasser und Calciumcarbonat [wird entsorgt]):
Ca(HCO3)2 + CaO → 2 CaCO3↓ + H2O

Bei der Verwendung von Milchsäure entsteht Calciumlactat. Sowohl Lactat als auch Calcium schmeckt man aber erst in hohen Konzentrationen, weshalb man damit sicher gutes Bier brauen kann. Den Geschmacksunterschied zu vollentsalztem Wasser müsste man austesten.

Svens Wasser enthält für böhmisches Pils zu viel Chlorid und Sulfat (gibt einen "volleren" Geschmack, der bei einem böhmischen Pils unerwünscht ist), was man wirklich nur per Vollentsalzung beheben kann. Viele Leute dürften aber diesen "volleren" Geschmack gerne haben.
GamZuBo hat geschrieben:Selbst mit destilliertem Wasser wirst du noch ein wenig Sauermalz brauchen.
Für einige Bierstile ist das eine gute Idee. Destilliertes Wasser (gibt es heute kaum noch ausser für Spezialzwecke, heute ist damit meistens per Osmosenanlage entsalztes Wasser gemeint) hat immer einen pH-Wert von 7 und eine Restalkalität von 0, für einige Bierstile ist aber leicht saueres Wasser von Vorteil (z.B. Pils, Wit, Americal Pale Ale/IPA), dann sollte man eine negative Restalkalität einstellen, also auch zum per Osmose oder Destillation entsalzten Wasser noch Säure hinzugeben.

Gruss Fabian
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