Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

Alles, was mit dem Thema Historische Biere, Grut- bzw. Kräuterbiere, Gewürzbiere, aber auch mit Sake Brauen oder Brauen mit ungewöhnlichen Fermentationsarten zu tun hat
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Phalanx
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Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#1

Beitrag von Phalanx »

Hallo Liebe Braufreunde,

ich habe bei der Suche nach Inspiration für meinen Nächsten Sud in Radical Brewing das Rezept für Grätzer gefunden und möchte mich daran gerne versuchen.
Ich habe dann im Alten Forum mit großem Interesse diesen Thread gefunden, sowie Versuche von René und Moritz mit großem Interesse gelesen.

Mittlerweile bin ich mit dem Rezept schon recht weit gekommen (siehe unten) nur bin ich mir noch nicht ganz sicher was die Hefe angeht. René und Moritz haben sich ja für die S-33 enschieden, vielleicht könnte einer der Beiden dazu mal Stellung beziehen, warum und ob sie es wieder tun würden.

Zudem habe ich Probleme Dinkel- oder Reisspelzen bei den üblichen Anlaufstellen zu finden, vielleicht hat da jemand noch einen heißen Tip wo ich die herbekomme. Das Eichenrauch-Weizenmalz von Weyermann gibt es scheinbar nur bei schnapsbrenner.eu aber leider hat es dort keine Spelzen im Angebot...

Ansonsten sage ich mal "Feuer Frei" was Meinungen, Kommentare und Tipps (insbesondere für das Läutern von 100% Weizenschüttungen) angeht

Grätzer

Stammdaten:
  • Stammwürze: 9°P
  • Ausschlagmenge: 19.3 l
  • Bittere: 27 IBU
  • Farbe: 7 EBC
Schüttung und Wasser:
  • Hauptguss: 10 l
  • Nachguss: 20 l
  • 3 kg (100 %) - Eichenrauch Weizenmalz (6 EBC)
  • 0,3 kg Dinkelspelzen
Maischplan:
  • 38°C - Einmaischen
  • 38°C - 30 Minuten (Gummirast)
  • 52°C - 45 Minuten (Eiweißrast)
  • 70°C - 30 Minuten (Verzuckerung)
  • 78°C - 0 Minuten (Abmaischen)
Hopfung:
  • 60 Minuten - Saazer (3 % α-Säure): 33.4 g (33%)
  • 20 Minuten - Saazer (3 % α-Säure): 33.4 g (33%)
  • 5 Minuten - Saazer (3 % α-Säure): 33.4 g (33%)
  • Dauer Hopfenkochen: 90 Minuten
  • Nachisomerisierungszeit: 0 Minuten
Hefe:
  • S-33
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Bierjunge
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#2

Beitrag von Bierjunge »

Hallo Andreas,

Ich habe das Grätzer so wie in dem von Dir zitierten Thread beschrieben mittlerweile zweimal gebraut. Weil mir der erst Versuch so gut gefiel, habe ich beim zweiten Sud nichts mehr verändert, und würde (oder werde) es auch ein drittes Mal wieder so machen.

Die S-33 hatte ich gewählt, weil ich eine obergärige (Allerwelts-)Hefe mit vglw. niedrigem Vergärungsgrad und ohne allzu starken Eigencharakter wollte, denn ich weiß nichts über das Geschmacksprofil der originalen Hefen. Ob man in Polen bereits mehr über die Originalhefen herausgefunden hat, entzieht sich meiner Kenntnis, aber ich würde die S-33 ohne Bedenken wieder verwenden.

Zum Läutern: Beim ersten Versuch hatte ich Dinkelspelzen (Kissenfüllung aus einem Bioladen). Weil das aber nicht der Hit war und die Dinger, obwohl mitgeschrotet, nur oben rumschwammen, hatte ich beim zweiten Versuch gar keine Spelzen mehr. Das ging weder besser noch schlechter, Läutern war beide Male schrecklich. Ich hatte jeweils unter 50% Ausbeute, was mir aber gemessen am Ergebnis ziemlich Wurscht war.

Ach ja, für die Frühjahrsausgabe des brau!magazin rotten sich gerade einige Autoren zusammen, um das Thema Grätzer nochmal von allen Seiten eingehend zu beleuchten...

Viel Erfolg, und las uns wissen, wie es geworden ist! Moritz
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Phalanx
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#3

Beitrag von Phalanx »

Bierjunge hat geschrieben:...Dinkelspelzen (Kissenfüllung aus einem Bioladen)...
Das ist die Art von Tipp auf die ich gehofft hatte... :thumbup
da wär ich im Leben nicht drauf gekommen.

Danke für die Einschätzung der Hefe, ich hatte die S-33 noch nie und wusste daher nicht viel darüber aber dann werde ich es wohl auch mit ihr versuchen.

Ich werde natürlich rückmelden wenn ich Fortschritte gemacht habe, kann aber noch ein paar Wochen dauern bis ich wieder Zeit zum brauen habe.

- Andreas
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flying
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#4

Beitrag von flying »

Hi Phalanx,

ich glaube auch, dass die Dinkelspelzen recht wenig bringen. Ich würde den Hauptguss erhöhen. Aber nicht gleich, sondern kurz für dem Läutern noch heißes Wasser zubrühren um auf ein Verhältniss 1 : 6 zu kommen. Das senkt die Viskosität der Läuterwürze.

Laut den historischen Beschreibungen war die Hefe eher eine Hefemischung. Die Eigenschaften, geringer Vergärungsgrad und hohe Sedimentation passt nur zur Hälfte auf die S-33, wo man aber (ebenfalls historisch korrekt) mit Hausenblase nachhelfen kann.

Ron Pattinson hat mal in Zusammenarbeit mit der Monarchy of Mosselland Grätzer Bier in 2 Versionen und angeblich auch mit der authentischen Hefe gebraut. Besonders anders wie mit der S-33 war der Geschmack allerdings nicht. Moritz sein Grätzer kam da wirklich sehr nahe dran!
Die Version mit der Weidenrinde war m. M. die Bessere, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, weil wir die beiden kleinen Fläschchen beim Mitteldeutschen Hobbybrauertreffen in Jena vor 2 Jahren recht spät verkostet haben..?

Es gibt m. W. nur das Weyermann Eichenrauchmalz. Wie historisch das ist weiß ich nicht aber der Geschmack dominiert alles. Für die Hopfung (ich würde 30 BE empfehlen) bietet sich der polnische Lubelski an. Ein sehr enger Verwandter des Saazers.

m.f.g
René
Held im Schaumgelock

"Fermentation und Zivilisation sind untrennbar verbunden"
(John Ciardi)
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Boludo
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#5

Beitrag von Boludo »

Vergiß die Dinkelspelzen!
Die schwimmen immer nur oben, egal was man macht und das hat mich damals tierisch genervt.

Stefan
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Hagen
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#6

Beitrag von Hagen »

Moin,

leider ist die Seite der Kölner Bierhistoriker gerade nicht erreichbar. Da hatte ich Folgendes bereits als aktuellsten Forschungsstand zum historischen Grätzer eingestellt.

Volker (Brunnebräu) hat mir dankenswerterweise vor 2 Jahren die deutsche Übersetzung der polnischen Grätzer-Forschungskommission überlassen.

Projekt „Grodziskie Redivivus“

(Arbeitsbericht der Kommission zur Wiederbelebung des Grätzer Bieres des Vereins der polnischen Hausbrauer; Dr. Andrzej Sadownik)


Die mehr oder weniger gut dokumentierte Geschichte des Brauwesens auf dem Stadtgebiet von Grodzisk Wielkopolski / Grätz reicht etwa 700 Jahre zurück. In Anbetracht dieses langen Zeitraums und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Grätz immer ein Zentrum des Brauwesens gewesen ist, darf man annehmen, dass hier unterschiedliche Biere gebraut wurden. Zunächst sicherlich auf häuslich-handwerkliche Art, und beginnend in der Mitte des 16. Jahrhunderts dann auch industriell. Die erste industrielle Brauerei braute mit Sicherheit das seinerzeit in diesem Teil Europas populäre obergärige Weizenbier. Nach Warschauer [1] änderte sich im 17. Jahrhundert im Zuge weniger Jahrzehnte die Schüttung des Bieres signifikant: Zu Beginn des Jahrhunderts braute man das Grätzer Bier ausschließlich aus Weizen; im Jahr 1660 betrug das Verhältnis Gerste zu Weizen etwa zwei zu fünf, später braute man sogar ausschließlich mit Gerste. Ab dem Jahr 1686 kehrte man zur ursprünglichen Weizen-Rezeptur zurück und verwendete auf einen Teil Gerstenmalz sechs Teile Weizenmalz.

Gegen Ende der langen Geschichte des Grätzer Brauereiwesens braute die letzte verbliebene Grätzer Brauerei in den 1990er Jahren verschiedene Biere. Neben dem leichten, reinen Weizenbier Grodziskie mit 7,7% Stammwürze produzierte man Grodzisz (Grätzer Spezial) mit 12% und ein dunkles Bernardyńskie mit 14%, welches mit Zugabe von Gerste gebraut wurde [2]. Die Markteinführung der beiden letztgenannten Biere war der Versuch, die schlechten wirtschaftlichen Bedingungen der Brauerei zu verbessern. Von allen genannten Bieren war das berühmteste und am ehesten der Aufmerksamkeit werte das zu 100% aus über Eichenrauch gedarrtem Weizenmalz gebraute Grätzer Bier mit 7,7% Stammwürze und einem Alkoholgehalt, der 3,1% vol. nicht überschritt. Es war eben dieses Bier, das gegen Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Grodzisk Wielkopolski / Grätz berühmt gemacht hat; und es war auch eben dieses Bier, dass in der Geschichte des Grätzer Brauwesens in der größten Menge gebraut worden ist, nämlich Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts insgesamt 100.000 hl jährlich [2]. Genau dieses und nur dieses Grätzer Bier wollen wir zurück ins Leben rufen und anschließend trinken.

Rohstoffe

Wasser. Den Eigenschaften des Grätzer Wassers wird ein großer Anteil am Erfolg des städtischen Bieres zugeschrieben. Auch die letzte nach dem Zweiten Weltkrieg noch aktive Grätzer Brauerei hatte immer noch ihren eigenen Brunnen, aus dem das genutzte Wasser geschöpft wurde. Bis aus einer Tiefe von 72 m wurde gefördert [3], man kann die Zusammensetzung des Wasser also wohl mit dem vergleichen, was heute als Grätzer Wasser verkauft wird: Arctic Plus und Aqua Prima, beide mit ähnlichem Mineralprofil. In der Tat kann man das Grätzer Wasser als ausgezeichnet für die Bedürfnisse in einer Brauerei bewerten. Jedoch findet man im Mineralprofil nichts Spezielles. Näherungsweise setzt es sich (auf Basis eines Vergleichs mit dem heute aus der Tiefe geschöpften Wasser in Grodzisk Wielkopolski) zusammen aus Ca2+ 70 ppm; Mg2+ 10 ppm, Na+ 7 ppm; HCO3- 230 ppm; SO42- 30 ppm; Cl- 15 ppm. Szmelich [8] gibt allerdings an, dass das im Jahr 1969 in der Posener Straße (ulica Pożnańska) das Wasser aus einer Tiefe von lediglich 13 m gefördert wurde und etwa 55 ppm Cl- enthielt. Weitere Daten: pH = 7,0, allgemeine Härte 29° DH, die Nicht-Karbonat-Härte 9° DH, Basizität 7,2 mval/l.

Malz. Ausschließlich Weizenmalz, das nach dem Zweiten Weltkrieg ausschließlich auf der Grodzisker Tennenmälzerei in der Przykop-Straße hergestellt wurde. Eine Besonderheit war, dass das Malz beim Trocknen und Darren auf beiden Darrböden der Mälzerei zusätzlich mit speziellen Räucheröfen, in denen Eichenholz verschwelt wurde, geräuchert wurde. In der Nachkriegszeit wurden besondere Rohstoffe verwendet: Die schwach gelösten, hoch eiweißhaltigen Weizensorten wurden durch Rotweizen ersetzt, der höhere Ausbeuten ermöglichte und einen niedrigeren Eiweißgehalt aufwies. Daraus kann man schließen, dass die Weizensorte nicht entscheidend für den Erfolg des Projektes ist. Wichtiger erscheint die Frage nach der Intensität des Räucherns des Malzes. Es fehlen Informationen über den vom Räuchern stammenden Phenolgehalt des Grätzer Malzes (oder sie wurden zumindest bisher nicht gefunden), allerdings gibt es seit einiger Zeit eine diesbezügliche Industrienorm mit der Bezeichnung ZN-65/A-1/T-2. Typische Analysewerte nach Szmelich [8] sind: Feuchtigkeit 6,7%, Extraktgehalt im Mehl 83,5%, Schrot 77,7%, Verzuckerungszeit 10 bis 15 min, Eiweißgehalt insgesamt 13,3%, lösliche Eiweiße 5,2%, Kolbachzahl 39, Farbe 5,2 bis 5,2 EBC.

Hopfen. Es wurde Hopfen benutzt, der im unmittelbaren Umfeld angebaut wurde, und zwar der Ende des 19. Jahrhunderts sehr geschätzte Aromahopfen Nowotomyski mit einem Alphasäuregehalt von etwa 5%. Diese Hopfensorte ist vermutlich auch heute noch verfügbar. Falls nicht, sollten Aromahopfensorten wie tschechischer Saazer, polnischer Lubelski oder deutscher Hallertauer Mittelfrüh oder Tettnanger verwendet werden. Alte Quellen [5] sprechen von 3 kg Hopfendolden auf 100 kg Weizenmalz; Szmelich [6] hingegen gibt an, dass Anfang der sechziger Jahre das Verhältnis 2,4 kg auf 100 kg Malz betrug.

Hefe. Obergärig. In Grätz verwendete man absichtlich eine Mischung aus zwei verschiedenen Stämmen, die sich in ihren Eigenschaften unterschieden [7]. Die Auswahl dieser Stämme beruhte vor allem auf ihren technologischen und nicht auf ihren sensorischen Eigenschaften. Einer der Stämme setzte sich gut und rasch ab, während der zweite den Charakter einer Staubhefe hatte. Wenn beide hinzugegeben wurden, vergor die Würze innerhalb von 60 Stunden rasch auf etwa 50% des ursprünglichen Extraktgehaltes. Dann setzte sich die erste Hefe ab und stellte ihre Arbeit ein; die Gärung verlangsamte sich. Dieser Moment war das Zeichen dafür, nun die Hefe von der Oberfläche des Jungbieres abzuschöpfen, das Bier abzuziehen, mit Hausenblase zu klären und auf Flaschen zu ziehen. Aus unklaren Gründen importierte die Brauerei nach dem Zweiten Weltkrieg Hefe aus Berlin aus der Groterjan Brauerei, die Berliner Weiße herstellte. Unklar aus dem Grunde, weil die Brauerei (die Brauereien?) in Grätz auch während des Krieges weiter betrieben worden waren und es daher also keinen Grund für einen Verlust der eigenen Hefe gegeben hatte. Die Hefe von Groterjan (üblicherweise leicht mit Milchsäurebakterien infiziert) passte sich nicht allzu gut an die Verhältnisse in der Grätzer Brauerei an, und zu Beginn der sechziger Jahre entschied man sich, die besten Stämme der Arbeitshefe zu selektieren, sie zu kultivieren und keine weitere Hefe mehr zu importieren. Die beiden Hefestämme (der ausflockende und die Staubhefe) wurden getrennt propagiert. Das Mengenverhältnis betrug bei ihrer Verwendung 1:2 zugunsten der Staubhefe. Es scheint aus heutiger Sicht unwesentlich, eine solche Aufteilung der Hefesorten zu verwenden, aber mit Sicherheit hat es technologischen Nutzen gebracht. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Grätzer Hefestämme noch in den Sammlungen der Institute an der Politechnika in Łódź (zu Beginn der siebziger Jahre arbeitete dort Prof. Jadwiga Jakubowska), am Institut für Biotechnologie der landwirtschaftlich-lebensmitteltechnischen Industrie (des früheren Instituts für Gärungstechnologie) in Warschau, in der Naturkundeuniversität in Breslau und in der Brauerei Lech in Posen zu finden sind. In den siebziger Jahren wurde mit dem Ziel der Modernisierung des Brauprozesses (Druckvergärung in geschlossenen Gärbehältern) mit anderen obergärigen Hefestämmen experimentiert. Man verwendete unter anderem Kölsch-Hefe (Gaffel). Als am geeignetsten wurde der Hefestamm „Stamm 86“ aus der IPF-Sammlung (?) bewertet [8].

Technologie [4]

Maischen. 1500 kg Rauchweizenmalz (100%). Infusionsmethode: 20 hl Dickmaische 30‘ bei 38°. Zugabe von 11 hl heißen Wassers (75°), so dass die Maische nach 10‘ etwa 52° hat. 30‘ bis 60‘ Minuten Rast – abhängig davon, wie gut das Malz gelöst ist. Zugabe von 24 hl heißen Wassers (98°) im Laufe von 20‘, so dass die Maische 70° erreicht (30‘). Zugabe von 12 hl heißen Wassers (98°), was die Temperatur auf 75° erhöht. Danach Läutern.

Läutern. Im Läuterbottich formt sich innerhalb von 30‘ eine Filterschicht (früher wurde auf dem Läuterboden eine Schicht aus Hopfendolden vorgelegt, um das Läutern zu unterstützen). Die Würze wird bis zur Klärung rezirkuliert und danach in den Kessel geleitet. 60 hl Vorderwürze (es wirkt unglaubwürdig, dass es so viel war). Wasser zum Schwänzen in der Summe 70 hl (75°). Das Glattwasser hat einen Extraktgehalt von 0,8 bis 1,2%.

Kochen. Der Kessel wurde ab dem Moment beheizt, in dem im Läuterbottich das erste Wasser zum Schwänzen aufgebracht wurde. Gehopft wurde in zwei Gaben: 80% nach 15‘ kochen, und 20% 30‘ vor dem Ausschlagen. Ziel waren 20 bis 22 IBU im fertigen Bier [3]. Die Gesamtkochzeit betrug vom Beginn des Befüllens des Kessels an zwei bis zweieinhalb Stunden. Der finale Extraktgehalt der Würze betrug 7,6 bis 7,7%. Ausgeschlagen wurde durch einen Hopfenfilter in den Absetzkessel. (Bis in die fünfziger Jahre wurden ein stählernes Kühlschiff und ein Rieselkühler verwendet [3]. Der Schwand im Sudhaus betrug 9% [8].

Gärung. Die Würze wird auf eine Temperatur von 14° bis 16° gekühlt und in den Gärbehälter gepumpt (bis zu den fünfziger Jahren Holzbottiche, danach offene, mit Aluminium ausgekleidete Bottiche [3]). Die Hefe wurde in einer Menge von 250 ml Hefeschlamm pro Hektoliter hinzugegeben. Der Schaum, der sich am ersten Tag bildete, wurde abgeschöpft und verworfen. Am dritten Tag wurde die Hefe von der Oberfläche geerntet. Die Hauptgärung endete im Laufe des dritten Tages, der Extraktgehalt sollte dann von 7,7% auf etwa 3,8% gefallen sein.

Klärung. Nach Ernten der Hefe wurde das Bier mit steriler Luft (!) in einen Klärungstank umgepumpt und mit Hausenblase versetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren noch etwa 1,5% Extraktgehalt zu vergären. Möglicherweise wurde in dieser Phase auch noch eine geringe Menge von frischem Bier hinzugegeben (aufkräusen).

Lagerung (in Flaschen). Das Bier aus den Klärungstanks wurde in Flaschen gefüllt. In diesen lagerte es etwa drei bis fünf Wochen bei einer Temperatur von 14° bis 18° im Dunkeln. Es traten häufig Probleme mit der CO2-Sättigung auf (zu hoch oder zu niedrig); Verluste aufgrund übermäßiger Spundung und geplatzter Flaschen betrugen 4 bis 5%, die Gesamtverluste 17 bis 18% [8].

Parameter des fertigen Biers. Restextrakt 2,8%, Alkoholgehalt 2,5% (Gew.) / 3,1% (Vol.), Farbe 9 bis 9,6 EBC, Säure 1,3 ml 1M NaOH/100 ml, CO2-Gehalt 0,7% (Gew.). Gärnebenprodukte im fertigen Bier [8]: Acetaldehyd 0,9 ppm, Ethyloktan 8,7 ppm, n-Propanol 13,9 ppm, Isobutanol 24,5 ppm, Amylalkohol (?) 50,4 ppm, Summe an Alkoholen 88,8 ppm.

Aus allen beschriebenen Fakten erscheinen die folgenden für das Brauen eines originalgetreuen Grätzer Bieres am wichtigsten:

- Wasser mit einem ähnlichen Mineralstoffgehalt wie das Grätzer Original,
- Rauchweizenmalz auf Eiche geräuchert,
- polnischer, tschechischer oder deutscher Aromahopfen (mit einer Bitter von 20 bis 22 IBU im Bier),
- Maischen und Kochen gemäß dem Originalverfahren,
- obergärige Hefe (nach Möglichkeit der gegen Ende verwendete Hefestamm),
- Klärung des Bieres mit Kollagen (Hausenblase oder Gelatine),
- Endvergärung in der Flasche (oder Aufkräusen und Flaschengärung).

Quellen:

[1] – A. Warschauer: „Geschichte des Grätzer Bieres“ Zeitschrift der Historischen Gesellschaft für die Provinz Polen 8:333 (1893)
[2] – T. Kaczmarek: „Księga Piw i Browarów Polskich” (1994) 266-274,
[3] – Z. Zając: mündliche Information
[4] – Instrukcje technologiczne browaru (Technische Anweisungen der Brauerei) w Grodzisku Wlkp. (lata 1970-te i 1980-te)
[5] – F. Schönfeld: „Obergärige Biere und Ihre Herstellung” (1938) Berlin Verlag P. Parey
[6] – W. Szmelich „Zagadnienie drożdży do produkcji piwa grodziskiego” Przemysł Fermentacyjny 11 (1963) 262-268
[7] - J. Jakubowska: „Some Biochemical Features of Flocculent and non-Flocculent Yeast Used In the Top Brewery in Grodzisk Wlkp” Acta Microbiologica Polonica ser.B 1972 4 (21) 111-118 [8] W. Szmelich: „Próby unowocześnienia technologii produkcji piwa Grodziskiego” (Doktorarbeit) Politechnika Łódzka (1974)
[8] – W. Szmelich: „Próby unowocześnienia technologii produkcji piwa Grodziskiego” (Doktorarbeit) Politechnika Łódzka (1974)
Besten Gruß

Hagen

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Hagen
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#7

Beitrag von Hagen »

Vorgeblich will Jopen für ihr Grätzer-Klon Originalhefe(-n?) aus polnischen Hefebanken (welcher?) verwendet haben.
Sofern noch erhältlich könnte man diese wohl aus dem Jopen-Grätzer strippen.

Eventuell hat Ulrich von WS darauf auch Zugriff oder hat sie sogar gehältert?

Ansonsten kann Ulrich sicherlich Hefen zusammen stellen, die dem Eigenschaftsprofil relativ gut entsprechen?
Besten Gruß

Hagen

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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#8

Beitrag von Bierjunge »

Hallo Hagen,

leider zitierst Du mit der deutschen Übersetzung inkonsistente und somit vermutlich falsche und irreführende Wasserwerte. Ich gehe sehr stark davon aus, dass die Werte in der englischen Übersetzung die richtigen sind. Die sind in sich stimmig und decken sich mit anderen Quellen. Siehe auch Postings 91, 92 und ff im Thread Grätzer Bier- Rekonstruktion.

Moritz
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#9

Beitrag von Bierjunge »

Hagen hat geschrieben:Vorgeblich will Jopen für ihr Grätzer-Klon Originalhefe(-n?) aus polnischen Hefebanken (welcher?) verwendet haben.
Sofern noch erhältlich könnte man diese wohl aus dem Jopen-Grätzer strippen.

Eventuell hat Ulrich von WS darauf auch Zugriff oder hat sie sogar gehältert?
Das wäre natürlich das Tüpfelchen auf dem i.
Nachdem aber in der Rekonstruktion steht...
Die Auswahl dieser Stämme beruhte vor allem auf ihren technologischen und nicht auf ihren sensorischen Eigenschaften.
...und ich mit der S-33 sowohl einen niedrigen Vergärungsgrad, als auch (nach Schönung) trotz Flaschengärung ein vollkommen glasklares Bier (siehe Bild) erzielt habe, bin zumindest ich mit der S-33 hochzufrieden.
Der Geschmack wird eh vom Rauchmalz und dem vielen Hopfen dominiert; eine nicht allzu exzentrische OG-Hefe sollte daher in Ordnung sein.

Bild

Moritz
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Hagen
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#10

Beitrag von Hagen »

Wie immer das Original geschmeckt haben mag, dein Grätzer-Version, Moritz, ist auf jeden Fall saulecker! :thumbup
Besten Gruß

Hagen

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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#11

Beitrag von Bilbobreu »

Hallo Phalanx,

die Welt ist voller Zufälle. Gerade heute kam das Paket von Schnapsbrenner mit den Zutaten für den von mir für die nächsten Wochen geplanten Versuch eines Bieres nach Grätzer Art. Daher erlaube ich mir, mich hier einzuklinken.

Mein Plan zielt ebenfalls auf 9°P mit allerdings nur 22 IBU. Schüttung sollen ebenfalls 100% Weizeneichenrauchmalz von Weyermann sein. Auch mein Maischeplan ist Deinem ganz ähnlich, nur die Eiweißrast von 45 min bei 52°C habe ich deutlich kürzer mit 20 min geplant. Hopfen will ich mit polnischem Lubelski. Da ich bisher immer sehr gute Erfahrungen mit Whirlpoolhopfung gemacht habe, will ich neben einer Bitter- und einer Aromagabe auch noch eine größere Gabe bei 80°C in den Whirlpool geben. Da würde mich interessieren, was die erfahrenen Grätzerexperten davon halten. Mir ist bewusst, dass das nicht den historischen Vorgaben entsprechen dürfte. Aber ein bisschen eigene Note hab ich eigentlich ganz gern. Als Hefe ist auch die S 33 geplant.

Gruß
Stefan
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#12

Beitrag von Seed7 »

"Original" Hefe, ob es die gleiche ist die Ron Pattinnson.Jopen benuetzt haben weiss ich nicht.

http://www.fermentum-mobile.pl/portfoli ... ie-debowe/

Selber hebe ich den CBC-1 benuetzt und es hat ewas viel koerper und viel schaum, ist glas klar wie in Mortitz' Bild und jetzt ein jahr alt und immer noch sehr gut.

Ingo
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#13

Beitrag von Phalanx »

Wunderbar! Dann haben sich die Experten ja jetzt hier alle versammelt :) Das kann hier gerne zum offiziellen neuen Grätzer-Thread werden, in dem alle die es brauen ihre Erfahrungen und Fragen posten können.

@René: Das mit dem Zubrühen vor dem Läutern werde ich so machen, das hilft bestimmt.

@Stefan (Boludo): Nachdem sie im Bioladen ums Eck keine Spelzen hatten habe ich mal online geschaut und der niedrigste Preis ist 6,50 + Versand... das ist mehr als das Malz kostet... wird also gestrichen, insbesondere, da der Nutzen ja offensichtlich mehr als zweifelhaft zu sein scheint.

@Hagen: Danke! Den Text habe ich im alten Forum schon gefunden, aber es ist sicher gut wenn er jetzt hier an der neuen Stelle auch zu lesen ist.

@Stefan (Bilbobräu): Zufälle gibts... die 45 min sind die Mitte aus 30 - 60 min aus einem der Rezepte die ich gefunden habe, das habe ich eigenltich recht wilkürlich festgelegt, vielleicht reduziere ich das noch auf 30 min.
Wo hast du den Lubelski bestellt? ich war ganz angetan, dass bei meinem Rezept genau 3 kg Malz und 100 g Hopfen draufgehen... also keine Reste bleiben (ich bestelle mangles Lagerplatz immer von Sud zu Sud).

@Ingo: Das sieht interssant aus, aber ich denke ein Päckchen S-33 beim Schnapsbrenner für 1,50 mitzubestellen ist einfachen.

Es geht mir persönlich auch nicht so sehr darum der Rekonstruktion des historischen Originals so nahe wie möglich zu kommen, sondern mehr darum ein Bier zu brauen das ich noch nicht kenne und so auch nicht kaufen kann... von daher denke ich sind kleiner "künstlerische Freiheiten" wie Whirlpoolhopfen oder die Verwendung von tschechischem Hopfen durchaus tolerabel.

Das Wasser... ja... da habe ich bisher immer nur mit Milchsäure auf 0° RA eingestellt und bin eigentlich immer gut damit gefahren. Vielleicht sollte ich mich damit nochmal etwas beschäftigen. Nur muss ich erstmal genau herausfinden, welche Wasserwerte ich denn nun eigentlich habe... oder ich nehme mir für diesen Sud ein Fass Osmosewasser von der Arbeit mit und gebe alle Salze selbst dazu. :Grübel

Auf jeden Fall freue ich mich sehr über die rege Beteiligung und finde es sehr spannend was wohl dabei rauskommen wird.
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#14

Beitrag von Bilbobreu »

Phalanx hat geschrieben:Wo hast du den Lubelski bestellt?
Der Lubelski ist von hopfen-der-welt.de.

Stefan
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#15

Beitrag von Phalanx »

Ok, das mit den Wasserwerten hat mir dann doch keine Ruhe gelassen...

Ich habe mich an den Werten der Quelle#2 aus dem von Moritz geposteten Link zur englischen Übersetzung orientiert.

Ausgehend von 30 L Umkehrosmosewasser bin ich auf folgende Salzzugaben gekommen:

3 g CaSO4 x 2 H2O
7 g MgSO4 x 7 H2O
1 g NaCl
4 g MgCl2 x 2 H2O
16 g CaCO3
3 g NaHCO3

Das geht sich dann laut diesem Rechner auf folgendes Ionenprofil aus:

Ca2+ 130.1 mg/mL
Mg2+ 38,9 mg/mL
Na+ 40,5 mg/mL
Cl- 66,7 mg/mL
SO42- 147,7 mg/mL
Alkalinität 325,4 mg/mL CaCO3

Denkt ihr das macht Sinn? An die Salze ranzukommen ist für mich kein Problem, ich arbeite in einem Labor.
#+- This line is intentionally left blank #+-
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#16

Beitrag von Bierjunge »

Wenn das das Originalwasser war, warum nicht?
Andererseits wäre es dem Bier sicherlich zuträglich, die Na- und Mg-Salze durch die entsprechenden Ca-Salze zu ersetzen. Kann nur besser werden.

Moritz
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#17

Beitrag von Boludo »

Wie löst man denn 16g Calciumcarbonat in 30 Liter Wasser?
Die Löslichkeit beträgt 14mg pro Liter.
Da kann was nicht stimmen.

Stefan
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Phalanx
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#18

Beitrag von Phalanx »

Boludo hat geschrieben:Die Löslichkeit beträgt 14mg pro Liter.
Äh... Ups. Danach wollte ich eigentlich noch schauen, habs dann aber vergessen. Ich hab den Wert einfach so lange erhöht, bis die Zahl bei "Alkalinity" gestimmt hat... Da muss ich wohl nochmal drüber nachdenken.
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flying
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#19

Beitrag von flying »

Wenn schon authentisches Wasser dann natürlich auch mit Beten und Anrufungen... :Greets


1599 trat Błażej aus Wąbrzeźno in das Benediktinerkloster in Lubiń ein und nahm den Ordensnamen Bernard an. Zu jener Zeit wurde Wielkopolska von zahlreichen Seuchen heimgesucht. Einmal kam der Ordensbruder nach Grodzisk, in dem „verpestete Luft” herrschte. Seinen Augen bot sich ein schrecklicher Anblick dar. Die ganze Stadt schien menschenleer. Auf den Straßen lagen Leichen von Verstorbenen, die Brunnen in der Stadt waren versiegt. Selbst der größte, aus dem die einheimischen Bierbrauer das Wasser für die Bierherstellung geschöpft hatten, war ausgetrocknet. Den Einwohnern der Stadt begann der Hunger in die Augen zu schauen. Sie dauerten den Mönch, er fiel also auf die Knie, begann inbrünstig zu beten und Gott um Gnade für die Stadt zu bitten. Er machte das Kreuzzeichen über dem Brunnen und dieser begann sich mit Wasser zu füllen. Es hatte die ungewöhnliche Eigenschaft, dass jeder, der es trank, wieder gesund wurde. Das daraus gebraute Bier aber wurde berühmt. Nach dem Tod des Paters Bernard pilgerten die Einwohner von Grodzisk an sein Grab in Lubiń und brachten ihm immer ein Fässchen des besten Bieres aus Grodzisk als Gabe mit.
Diese Tradition hielt sich bis in unsere Tage, das heißt, eigentlich solange, wie das Bier in Grodzisk gebraut wurde. Die Einwohner der Stadt hoffen, dass es gelingen wird, diese Tradition wieder zu beleben. Zum Gedenken an Bernard aus Wąbrzeźno wurde auf dem Markt in Grodzisk ein Denkmal des guten Mönchs aufgestellt.
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#20

Beitrag von Uwe12 »

Würde das CaCO3 ungelöst mit eingemaischt, würde es mit den Säuren aus dem Malz reagieren.
Ich habe ähnliches mal früher gemacht. Aus Furcht vor einem "Versauern" der Maische wegen viel dunkler Malze, habe zum Aufheizen zur Rast bei 72°C eine Portion "Kalk zur Weinentsäuerung" - eben CaCO3 zugegeben.
Es gab dabei tatsächlich eine leichte Schaumentwicklung. :Smile

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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#21

Beitrag von flying »

Bei stark kohlensäurehaltigem Tiefenwasser ist die Löslichkeit wohl höher..?
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#22

Beitrag von Boludo »

flying hat geschrieben:Bei stark kohlensäurehaltigem Tiefenwasser ist die Löslichkeit wohl höher..?
Ja klar, durch das CO2 wird das Carbonat zu Hydrogencarbonat umgewandelt und das ist wieder löslich.

CaCO3 + CO2 + H2O -> Ca(HCO3)2


Stefan
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#23

Beitrag von flying »

Stimmen die Werte, hätte das originale Wasser einen hohen Anteil natürlicher Kohlensäure..? Beim Maischen würde die Kohlensäure zwar ausgetrieben aber durch die Säuren aus dem Malz bezüglich des Kalks ersetzt. Wie reagiert Calciumcarbonat eigentlich mit Phosphorsäure? Müsste ja ausfällen...
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#24

Beitrag von DerDennis »

Die Ca-Hydrogenphosphate sind löslich, das tri-Phosphat ist unlöslich. Die Frage ist also, welche Phosphate aus dem Malz gelöst werden.. :)

edit - der gute Braukaiser sagt:
When malt is added, the malt's phosphates (mainly potassium phosphate K2HPO4 [Fix,1999]) dissolve in the mash water:
K2HPO44 -> 2K+ + HPO42-
Also normales, unlösliches Phosphat, das ausfällt.

Grüße
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#25

Beitrag von Bilbobreu »

Hallo,

ich bin heute bei meinem Grätzer Abenteuer mit 100 % Eichenrauch-Weizenmalz und Lubelski Hopfen. Es lässt sich schon sagen, dass es was wird. Aber all denen, die als fortgeschrittene Anfänger (so wie ich einer bin) meinen, sie wüssten, wie eine Maische aussieht, sei eine 100% Weizenmalzschüttung empfohlen. Das ist doch noch mal was ganz anderes. Anfänglich sieht's eher wie Mehlsuppe aus und entwickelt sich dann nach und nach zu etwas derart viskosem, dass mein Nachbar es als nur geringfügig verdünnten Schneckenschleim bezeichnet hat.
Bilder folgen noch.

Gruß
Stefan
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#26

Beitrag von Bilbobreu »

Hier nun die versprochenen Bilder:

Ein wunderschöner Tag zum Brauen. War fast ein bisschen wie Altweibersommer.
P1050078.JPG
Eingemaischt bei 38°C und dort 20 min gerastet. Es sieht sehr nach Mehlsuppe aus.
P1050074.JPG
Weitere Rasten bei 52°C (20 min) und 70°C (geplant 30 min aber erst nach 45 min jodnormal). Die milchig-mehlige Färbung der Maische verliert sich etwas, dafür wird es immer viskoser, aber das lässt sich schlecht fotografieren.
P1050076.JPG
Mein Läuterequipment.
P1050079.JPG
Läuterruhe. Hier kam der Spruch mit dem Schneckenschleim.
P1050085.JPG
Hier sieht man die Läutergeschwindigkeit. Hat etwa 2,5 h gedauert für etwa 30 l lief aber im Wesentlichen kontinuierlich. Die Ausbeute war hier noch besser, als erwartet.
P1050086.JPG
Das Läutern nähert sich dem Ende. Wie man sehen kann habe ich gegen Ende mit einem Messer den Treber aufgeschnitten.
P1050087.JPG
Die eigentlichen Probleme kamen erst beim Hopfenseihen. Wegen der niedrigen Alphasäurewerte des Lubelski (2,9) hatte ich schon recht erhebliche Mengen Hopfen im Topf. Dazu auch noch die massiven Ausflockungen. Insgesamt war es so viel, dass der Whirlpool zu einem so riesigen Trubkegel führte, das dieser bis an den Topfrand reichte und von Anfang an meinen Schwanenhals verstopfte. Was dann kam war schreckliches Gemansche mit Unterbrechungen und Sputnikfilter ausspülen. Zum Fotografieren hatte ich einfach keine Nerven mehr. Dabei hat dann auch die Ausbeute etwas gelitten. Nach dem Runterverdünnen auf 9°P haben ich jetzt etwa 32 l.

Schönen Abend
Stefan
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#27

Beitrag von Phalanx »

Vielen Dank für den Bericht! Die Maische und der Treber sehen ja echt interessant aus. Das mit dem Saihen war dann natürlich blöd, aber wenn man die Würze von oben abzieht, könnte man die Verstopfung vielleicht ein wenig hinauszögern.

Halte uns auf jeden Fall auf dem Laufenden wenn es was neues gibt :thumbup
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Re: Grätzer - Welche Hefe und Detailberatung

#28

Beitrag von Bilbobreu »

Liebe Freunde des Grätzer Bieres,

ich präsentiere:
Fumidus
Grätzer Rauchbier

P1050133.JPG
P1050136.JPG
Wenn ich den Geschmack beschreiben soll, bin ich schon überfordert. So etwas habe ich noch nie getrunken. Müsste ich mit verbundenen Augen dran riechen, würde ich wahrscheinlich gar nicht auf Bier kommen. Klar es kommt der typische Geruch und Geschmack von Weizen-Eichenrauchmalz deutlich zum tragen. Es schmeckt auch keinesfalls dünn oder leer. Auch passt die Bittere von 27 IBU gut und der Lubelski bringt kräuterig-erdige Aromen. Insgesamt schon ein süffiges Bier für warme Sommertage. Aber ob das Ganze nun überhaupt in der Nähe von dem ist, was für ein Grätzer typisch ist? Keine Ahnung.
Vielleicht mag einer der Experten mal eine Flasche kosten?

Gruß Stefan
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