Glaabsbräu -- Grie Soß

Alles, was mit dem Thema Historische Biere, Grut- bzw. Kräuterbiere, Gewürzbiere, aber auch mit Sake Brauen oder Brauen mit ungewöhnlichen Fermentationsarten zu tun hat
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Sura
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Glaabsbräu -- Grie Soß

#1

Beitrag von Sura »

Moin.

Anfang des Jahres dachte ich mal an ein Kräuterbier, und Markus (ggansde) hat mir freudlicherweise eines zukommen lassen. Wie zugesagt möchte ich hier meine Eindrücke (als ausdrücklicher Nicht-Sommelier!) beschreiben.

Angepriesen als Kräutercraft habe ich es zu unserer Verköstigungsrunde mitgenommen. Die 10% Kräuteranteil (Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauerampfer und Schnittlauch) sind schon eine ganze Menge. Die Kräuter sind ja eingermaßen bekannt im Geschmack, da sollte es eigentlich kein Problem sein das eine oder andere rauszuschmecken. Für heute habe ich mir nochmal eines aus dem Kühlschrank genommen, und leider bestätigen sich die Eindrücke die ich noch im Sinn hatte....

Nach dem einschenken empfängt mich ein sehr direkt in die Nase steigender, leicht säuerlich, kräuteriger Duft, zu dem ich im Kopf vorerst keine Assoziationen bilden kann. Es riecht allerdings leider nicht frisch, sondern eher schon ein wenig älter. Das Bier im Glas bleibt klar und feinperlig. Glanzfein würde ich es jetzt nicht nennen, die Karbonisierung ist eher moderat. Helle goldene Farbe, aber die angegebenen 13EBC scheinen mir etwas zu hoch gegriffen. Der Duft verfliegt genau wie die Krone recht schnell. Ist die Krone weg, ist der Duft auch kaum noch wahrnehmbar. Schad´ nichts, ehrlich gesagt.
Der erste Schluck ist vom Mundgefühl ein sehr lasches Bier ohne wirklichen Körper oder Eigengeschmack. Die 19IBU helfen da auch nicht. Man merkt, daß es auf die Kräuter ankommen soll, und so richten diese auch den Hauptteil des Geschmackserlebnisses aus. Leider. Der Kräutergeschmack drängt sich in den Vordergrund, und die einzelnen Aromen sind leider sehr homogenisiert: Es sticht keines heraus. Absolut nichts. Es bildet sich leider kein Geschmackserlebnis in welchem man sich hin und her tasten kann, und welches sich vom entwickelt und neu komponiert. Es gibt keinen knackigen Sauerampferbiss, es gibt keine scharfen Abgang der Kresse, es fehlt die Untermalung von frischem Schnittlauch. Vom Geschmack her hätte man genausogut frisches Gras reinmischen können. Das würde ich mir ähnlich vorstellen.

Bei mir persönlich und in unserer Verköstigungsrunde ist es durchgefallen. Es ist nichtmal so, daß ich es wirklich schlecht finde. Es sind aber einfach zu viele Kräuter drin, welche sich lediglich überlagern und nicht ergänzen und auf eine Reise ins Kräuterbeet mitnehmen.
Am ehesten kann man sich das so vorstellen, wie es Drew Beechum mal beschrieben hat, wenn man ein Bier mit einem Dutzend verschiedener (Cara-)Malze braut: Es schmeckt einfach nur noch braun.

Leider keine Empfehlung.
Kai

(Ich kann momentan leider kein Bild reinstellen, weil mein Handy sich weigert zu synchronisieren.....)
Zuletzt geändert von Sura am Freitag 6. Juli 2018, 10:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Glaabsbräu -- Griesoß

#2

Beitrag von Unbewegter Beweger »

Hallo Kai,
ohne es selbst getrunken zu haben: vielleicht fehlt dir auch das Verständnis für Frankfurter Griesoß.
Ich bin mit dem Zeug aufgewachsen und liebe es. Jetzt wohne ich im Rheinland und ernte nur Unverständnis, wenn ich das zu Hause mache 😉
Liebe Grüße, Sven
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Sura
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Re: Glaabsbräu -- Griesoß

#3

Beitrag von Sura »

Das mag natürlich auch sein. Ich kenne allerdings grüne Soße, und mag sie. (Auch wenn ich sie schon jahrelang nicht mehr gegessen habe, das sollte ich mal wieder ändern.)

Aber wenn man sich die Mühe macht sieben Kräuter in ein Getränk zu mischen, dann sollte das doch schon diffenzierbar sein. Ich wage zu behaupten, daß getrocknete Kräuter der Provence auf Toast komplexer schmecken.
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Re: Glaabsbräu -- Griesoß

#4

Beitrag von Unbewegter Beweger »

...wie gesagt: ich hab‘s selber nicht probiert. Wenn ich mal wieder in Rhein-Main bin, versuche ich das mal, um mir selbst ein Bild zu machen.
Ich habe im April ein Brennessel-Ale gebraut, das mich bei den Zwischenverkostungen auch nicht überzeugt hat. Evtl. muss man Kräuterbiere total anders denken.
Danke aber für die Rezension. Da habe ich einen Anhaltspunkt 👍
Liebe Grüße noch mal, Sven
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Neubierig
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Re: Glaabsbräu -- Griesoß

#5

Beitrag von Neubierig »

Ich wohne im Rhein-Main Gebiet, und finde grüne Soß sehr schmackhaft. Der Markus hat auch eine Flasche des Bieres zum HBST mitgebracht, und ich kann mich Kai's Kommentaren nur zustimmen. Mit Griesoß hat das Bier null komma nix zu tun.

Laut Henner ist es bei den Hipsters am Frankfurter Craftbierfest sehr gut angekommen, aber naja ... mehr dazu sage ich nix :Pulpfiction

Cheers,

Keith :-)
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Ruthard
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Re: Glaabsbräu -- Griesoß

#6

Beitrag von Ruthard »

Das war wohl nur ein Gag von Glaabsbräu, weil die Grie Soß (bitte keine andere Schreibweise) halt eine regionale Spezialität ist. Man hat es eben mal gemacht und das war es, keine Wiederholungsgefahr.
Finde ich immer noch besser als diese Wurstwassergosen, die einem als reelles Bier verkauft werden sollen.

Cheers, Ruthard
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flying
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#7

Beitrag von flying »

Ich hab mal Grie Soß mit gekochten Eiern (geschnibbelt untergemischt) ob der kräftigen Säuerlichkeit und mit temporärer Unwissenheit als "den schlechtesten Eiersalat den ich je gegessen habe" bezeichnet. Als mir dann gesagt wurde das es ja Grie Soß ist, habe ich gesagt, "dass es die beste Grie Soß ist, die ich je gegessen habe"... :Angel :P

Das Zeug muss man echt lieben (ich liebe es). Mit der richtigen Kartoffel, festkochend und leicht süßlich und nicht zu hart gekochten Eiern oder einer guten gekochten Pökelware oder Wurst ein Gedicht!

m.f.g
René
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Ruthard
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#8

Beitrag von Ruthard »

Das Zeug hat mir mal echt den Arsch gerettet. Ich kam vor einigen Jahren von einer meiner Australientouren zurück und stand ohne Pass (weil irgendwo im Outback verloren) vor der Einreisekontrolle am Frankfurter Flughafen. Der Polizist war zunächst sehr skeptisch, weil er nicht glauben wollte, dass ich ohne Ausweis von den Australiern rausgelassen und ohne Ausweis in den Flieger reingelassen wurde. Als ich ihm dann wie aus der Pistole geschossen die sieben Kräuter der Grie Soß aufsagen konnte, noch dazu in Frankfurter Mundart, war er so beeindruckt, dass er mich ohne weitere Rückfragen durchgewunken hat. Ich sah mich schon in einem Abschiebegefängnis auf die Ausweisung schmoren.

Cheers, Ruthard
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afri
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#9

Beitrag von afri »

Ich hoffe inständig, dieses Jahr im Urlaub in Hessen mal diese viel gerühmte Sauce probieren zu können. Ob ich die im Bier haben wollte, weiß ich nicht, kann ich mir aber auch nicht vorstellen (ohne sie zu kennen).

Da es aber inzwischen sogar Fertigprodukte gibt, ist mein Interesse durchaus geweckt (das Bier von Glaabs ist damit nicht gemeint). Ich bin gespannt, in zehn Tagen geht's los. Irgendwelche Empfehlungen, wenn man in Willingen (Upland) residiert?
Achim
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Fe2O3
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#10

Beitrag von Fe2O3 »

afri hat geschrieben: Freitag 6. Juli 2018, 22:59 Da es aber inzwischen sogar Fertigprodukte gibt, ist mein Interesse durchaus geweckt (das Bier von Glaabs ist damit nicht gemeint). Ich bin gespannt, in zehn Tagen geht's los. Irgendwelche Empfehlungen, wenn man in Willingen (Upland) residiert?
Achim
Hallo Achim,

In Willingen wirst du leider kaum echte Frankfurter Grie Soß bekommen - das gibts nur in Südhessen (Kräuter angebaut auf Frankfurter Stadtgebiet bzw. direktem Umland). D.h. du bist dann gut 200km zu weit im Norden.

lG
Martin
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afri
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#11

Beitrag von afri »

OK, da ich mit dem Krad unterwegs bin, bin ich mobil :-) Ich versuch's halt und wenn nicht, auch gut.
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Hesse
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#12

Beitrag von Hesse »

Die Urteile der Herren Verkoster kann ich nur bestätigen.

Das "Grie Soß" von Glaabsbräu hat mit der "Frankfurter Grünen Soße" nichts zu tun, aber absolut nix.
Auch kann ich nicht die Spur von frischen Kräutern schmecken und das ist das A und O unserer Nationalspeise. Ein leichter Ton von Kräutern ist schon vorhanden, aber leider etwas muffig. Bis heut nicht verständlich war für mich die Reaktion der Herren mit den karierten Hemden und den Kappen auf der "Craft" in Frankfurt, die voll des Lobes ob dieses Getränks waren. Na ja, einen Versuch war es Wert.

Den Muffgeschmack in meinem Mund habe ich übrigens erfolgreich mit dem "Frank", das ist ein Marcuja Sauer der Brauerei Flügge/Frankfurt bekämpft.
Für mich übrigens der absolute Sommerknaller.
Guten Sud

Henner
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Sura
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Re: Glaabsbräu -- Grie Soß

#13

Beitrag von Sura »

Ich hab jetzt mal Grie Soß gemacht, und das Bier nochmal dazu probiert: So passt das wirklich wunderbar :Bigsmile
griesoos
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