Staropramen - "interessante" Zutaten

Alles, was mit dem Thema Historische Biere, Grut- bzw. Kräuterbiere, Gewürzbiere, aber auch mit Sake Brauen oder Brauen mit ungewöhnlichen Fermentationsarten zu tun hat
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Johnny H
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Staropramen - "interessante" Zutaten

#1

Beitrag von Johnny H »

Ich poste das mal hier rein (aus dem "Kurze Frage, kurze Antwort"-Thread), denn es gehört ja irgendwie in den Bereich "Bier abseits der gewohnten Pfade":

Trinke gerade ein Staropramen; warum weiß ich eigentlich nicht so genau, denn aufgrund einer Erkältung schmecke ich fast gar nichts.

Ich habe das schon einige Zeit nicht mehr getrunken, aber die Zutatenliste ist einigermaßen bemerkenswert:

Wasser, Gerstenmalz, Gerste, Maltosesirup, Hopfen, Hopfenextrakt, Kohlendioxid.

Rohfrucht in einem Lagerbier? Und Maltosesirup? Das sehe ich beides zum ersten Mal! Ist das schon mal jemandem aufgefallen, entweder im Staropramen oder auch in einem anderen Bier? Was machen die denn da in Prag?
wwwcom hat geschrieben:Aufgefallen ist es mir zu Silvester, aber wo anders hab ich's noch nicht gesehen. Bist du dir sicher, dass das ne kurze Frage ist? :Bigsmile

Gruß Manu
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flying
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#2

Beitrag von flying »

Na ja die Tchechen brauchen sich an kein Reinheitsgebot zu halten. Schwarzbiere mit Süßstoff sind auch keine Seltenheit wie z. B. das Breznak Schwarzbier.
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gulp
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#3

Beitrag von gulp »

Na ja, Staropramen ist jetzt nicht der Gipfel der tschechischen Braukunst. Gibt doch genug andere gute Biere in dem Land.

Gruß
Peter
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wwwcom
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#4

Beitrag von wwwcom »

Aber wird das in Tschechien oft gemacht Rohfrucht hinzubegeben? Dass Maltosesirup rein komm hab ich ja schon öfter gesehen aber Rohfrucht ist mir da das erste mal aufgefallen...

Ich muss jedoch zugeben das ich noch nicht wirklich viele tschechische Biere Verköstigen durfte. :redhead

Gruß Manu
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#5

Beitrag von teamplayer »

Was gefällt dir denn nicht an Rohfrucht?
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flying
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#6

Beitrag von flying »

Die Marke Staropramen (Deutschland) gehört zu Carlsberg Deutschland. Braustätten von Carlsberg Deutschland sind wohl Holsten und Lübz? Staropramen wird wohl weltweit in 15 Brauereien gebraut mit verschiedenen Rechteinhaben. Die Brauerei in Prag hat einen anderen Besitzer wie die Marke in Deutschland. Im Prinzip kann jede Brauerei, die die Rechte erwirbt Staropramen brauen. Bedeutet ja nur "Alte Quelle".
Ich habe in Prag übrigens kaum Staropramen am Zapfhahn gesehen. Nur in einer einzigen Bar. Da hatten sie das ganze Sortiment an einer Zapfhahnbatterie. Schmeckte auch anders. Das Lezak ist da viel frischer. Sonst gab es meistens Urquell, Budvar oder Krušovice.
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Johnny H
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#7

Beitrag von Johnny H »

Ich denke schon, dass es bei diesen beiden Zutaten um "kostentechnische Optimierung" geht.

Ein wenig mulmig wird mir aber insgesamt bei diesen Gedanken schon:

Maltose ist ja grundsätzlich nur ein Zweifachzucker und in seiner großtechnischen Herstellung nicht zwangsläufig an einen Mälz- und Maischeprozess sowie Gerstenstärke gebunden. Man lese sich z.B. mal diesen Artikel durch:
Herstellung: Maltose wird aus Stärke gewonnen. Anwendungen der Gentechnik sind möglich bei pflanzlichen Stärkequellen und vor allem bei der Herstellung der Enzyme, mit denen die Stärke aufgeschlossen und modifiziert wird.

Rohstoff Stärke: Maisstärke kann zu einem gewissen Anteil aus gentechnisch verändertem Mais stammen, vor allem wenn die Rohstoffe aus Nord- oder Südamerika importiert wurden. In der EU sind mehrere gv-Maissorten als Lebens- und Futtermittel zugelassen. Weitere pflanzliche Stärkequellen sind Kartoffeln und Weizen. Derzeit werden weltweit keine gv-Sorten kommerziell genutzt.
Enzyme: Der Abbau und die Modifikation der Stärke - die Stärkeverzuckerung - wird mit Enzymen (z.B. Amylase, Glukose-Isomerase, Pullulanase) durchgeführt. Diese werden überwiegend biotechnisch mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen gewonnen.
[...]
Kennzeichnung: Zutaten auf der Basis von Stärke sind kennzeichnungspflichtig, wenn sie unmittelbar aus gentechnisch veränderten Pflanzen (z.B. Mais) hergestellt werden. Ob dies auch auf Maltose zutrifft, die in mehreren Verarbeitungsschritten aus Stärke hervorgeht, ist rechtlich nicht eindeutig geklärt. In der Praxis wird nicht gekennzeichnet.

Enzyme werden in der Regel nicht auf der Zutatenliste angegeben. Eine Herstellung mit Hilfe von gv-Mikroorganismen ist zudem nicht kennzeichnungspflichtig.
Bei Rohfrucht ist es potenziell ähnlich. Ich habe vor einem Jahr beim Doemens-Seminar aufgehorcht, als uns Michael Zepf erzählt hat, er sei durchaus gegen die Verwendung von Rohfrucht in Bieren (von historischen Ausnahmen wie z.B. Wit oder Stout mal abgesehen) und für das RHG, weil es dann nur noch ein kleiner Schritt ist zur Verwendung von Rohfrucht in Zusammenhang mit künstlichen Enzymen, weil natürlich Rohfrucht viel billiger ist.

Ich will jetzt hier nicht den Teufel an die Wand malen und ich kenne mich auch nicht gut genug aus damit, wie weit die technischen Grundlagen dafür bereits fortgeschritten sind, aber man stelle sich Bier auf Basis
a) reiner Rohfrucht mit technischen Enzymen (also ohne Mälzen), und
b) Maltosesirup aus anderen Stärkequellen (z.B. Mais oder Kartoffeln etc., gerne auch auf Basis von genveränderten Pflanzen und natürlich in Zusammenhang mit technischen Enzymen) vor.

Mit "klassischem" Bier auf Basis von gemälzter Gerste dürfte das nicht mehr viel zu tun haben, und ich kann mir schon vorstellen, dass diesbezüglich schon Pläne in Schubladen liegen. Wirkt irgendwie ein wenig so wie ein Schnitzel auf rein synthetischer Basis und muss ja gar nicht unbedingt schlecht schmecken, aber seltsam ist es schon, und es unterfüttert den Begriff "Industriebier" nochmal mit einer ganz anderen Bedeutung.

Edit: 2x editiert und nochmal was zugefügt
Zuletzt geändert von Johnny H am Samstag 6. Februar 2016, 11:57, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#8

Beitrag von wwwcom »

teamplayer hat geschrieben:Was gefällt dir denn nicht an Rohfrucht?
Ich hab nichts gegen Rohfrucht, mir war nur nicht bekannt dass das bei tschechischen Bieren auch gemacht wird. Daher habe ich die Frage gestellt, mein drittes selbstgebrautes war sogar mit Rohfrucht. :Smile

Gruß Manu
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#9

Beitrag von inem »

Johnny H hat geschrieben:Ich will jetzt hier nicht den Teufel an die Wand malen und ich kenne mich auch nicht gut genug aus damit, wie weit die technischen Grundlagen dafür bereits fortgeschritten sind, aber man stelle sich Bier auf Basis
a) reiner Rohfrucht mit technischen Enzymen (also ohne Mälzen), und
b) Maltosesirup aus anderen Stärkequellen (z.B. Mais oder Kartoffeln etc., gerne auch auf Basis von genveränderten Pflanzen und natürlich in Zusammenhang mit technischen Enzymen) vor.

Mit "klassischem" Bier auf Basis von gemälzter Gerste dürfte das nicht mehr viel zu tun haben, und ich kann mir schon vorstellen, dass diesbezüglich schon Pläne in Schubladen liegen.
Das gibt es doch schon längst. ZB bei glutenfreien Bieren.
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#10

Beitrag von Johnny H »

War heute im Getränkemarkt und bin zufällig an den Staropramen-Flaschen vorbeigelaufen.

Dort geht man weiterhin neue Wege: der oben erwähnte Maltosesirup ist wieder von der Zutatenliste verschwunden, dafür steht jetzt isomerisierter Hopfenextrakt drauf. Wäre ja vielleicht auch langweilig, immer das gleiche zu brauen. Die Rohgerste ist weiterhin drin.

Ein neues Etikett hat man auch. Betont ganz stark die Tradition und erwähnt auch mehrmals eine Jahreszahl 15xx.

Gekauft hab ich es nicht.
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#11

Beitrag von Tozzi »

Da werden halt Marken "vermarktet".
Besonders in Großbritannien hält sich das Gerücht, Staropramen sei ein gutes Bier.
Mir hat noch kein einziges hier in Flaschen verkauftes tschechisches Bier geschmeckt.
Ein im U zlateho tygra frisch aus dem Felsenkeller gezapftes Pilsner Urquell ist einfach nur göttlich, die Plörre in den Flaschen hingegen furchtbar (finde ich zumindest).
Ähnlich erging es mir mit Velkopopovický Kozel und anderen Sorten. Budvar ist auch so ein Fall. Wobei ich letzteres auch vor Ort nicht so gerne mag.
Das Staropramen war mal recht gut, ich habe während eines Prag Aufenthaltes mal eine Woche praktisch neben der Brauerei gewohnt. Das war aber noch vor dem Fall des "eisernen Vorhangs".
Viele Grüße aus Fasano
Stephan
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#12

Beitrag von Johnny H »

Ich bin eigentlich ein großer Fan von tschechischen Lagerbieren inkl. leichter Diacetylnote. Urquell und Budvar trinke ich gelegentlich aus der Flasche, wobei beide nicht an die in Tschechien ausgeschenkten Biere rankommen.

Das in den alten Holzfässern in Pilsen und nur bei Führungen gereichte ungefilterte Urquell ist sensationell. Hier in Berlin habe ich auch schon oft leckeres Urquell-Tankbier getrunken, habe aber neulich negatives vernommen. Das Budvar-Kräusenbier in Czeske Budejovice finde ich auch super. Würde gern mal wieder nach Tschechien fahren.

Im übrigen bin ich mir nach einem Besuch der deutschen Webseite jetzt nicht mehr 100%ig sicher, was ich da heute Vormittag gesehen habe. Auf der Webseite sieht das Label immer noch so aus wie vorher, aber ich war mir ganz sicher, sowohl den Namen als auch die Referenz zu Prag gelesen zu haben.

Anscheinend hat Molsen Coors übrigens mittlerweile die Distribution von Staropramen übernommen. Das mag damit zu tun haben.
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#13

Beitrag von giggls »

Johnny H hat geschrieben:Das in den alten Holzfässern in Pilsen und nur bei Führungen gereichte ungefilterte Urquell ist sensationell
ACK! Gibt es halt nur dort und in einer einzigen Kneipe in Pilsen. Selbst auf der BKL schenken die das inzwischen nicht mehr aus.

Sven
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Re: Staropramen - "interessante" Zutaten

#14

Beitrag von tommes »

Bezüglich Budvar:
- hatte ich (glaub zum jahreswechsel) aus der Flasche, war ganz lecker
- am letzten Sonntag vom Fass - da war aber richtig "Butter" drin, das war nicht so meins, der Kopfschmerz arbeitete sich schon vom Nacken hoch. Hab dann Veltins weiter getrunken.

Prost!
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