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Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 20:20
von philipp
Moinmoin,

ich würde gerne ein Rahbarberweizen machen. Nun erfahre ich, dass man Rhabarber nicht roh essen soll - Hauptgrund ist wohl, dass beim Kochen die Oxalsäure in das Kochwasser gehen soll.
Sonst würde die im Körper Komplexe bilden und Steine in Nieren verursachen.

Weiß jemand, ab welche Konzentrationen das spannend wird? Ich habe hier zwar einen Kilo Rhabarber, der soll aber auf 40l Bier. Damit habe ich am Ende gerade mal 25g Rhabarber auf 1l Bier. (oder ca. 125mg Oxalsäure). Die Feststoffe will ich wieder raussuchen, aber gehen wir einfach mal davon aus, dass alles ins Bier übergeht.

Problem oder nicht?

Wie habt ihr Rhabarber in euer Bier gebracht?

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 20:26
von metaler143
Schau mal hier. Denke das sollte für uns Brauer analog funktionieren.
Viele Grüße, Jakob

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 21:00
von Bierzwillinge
Es finden sich zum Beispiel Hinweise, dass der Konsum von 20 l Rhabarberwein innerhalb eines halben Jahres unbedenklich sei, auch wenn keine Maßnahmen zur Entfernung der Oxalsäure ergriffen wurden. Angeblich ist eine Tagesdosis von 600 mg Oxalsäure unbedenklich, das entspricht der Oxalsäuremenge in etwa einem Kilo Rhabarber.
© http://fruchtweinkeller.de/Wine/rhabarb ... dheit.html

Also "nur" 4 Liter trinken... Ich nehme übrigens oft zusätzlich noch Rhabarber-Muttersaft in die 2.Gärung.

Gruss
Christian

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 21:35
von Flothe
Ist für eine einmalige Aktion vielleicht nebensächlich, aber schwer lösliche Oxalate sind auch Hauptbestandteil von Bierstein.
Also wenn du sowas häufiger machen möchtest, könnte es eventuell zu Ablagerungen kommen.
Ansonsten denke ich, dass der größte Teil der Oxalsäure dann ohnehin schon während der Gärung als Calciumoxalat ausfällt und im Sediment verbleibt.

LG Florian

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 21:39
von olibaer
philipp hat geschrieben: Hauptgrund ist wohl, dass beim Kochen die Oxalsäure in das Kochwasser gehen soll.
Daraus ergibt sich doch per se, was mit dem Rhabarber vor der Zugabe zu tun ist. In Streifen/Würfel schneiden, kurz ankochen, Brackwasser verwerfen.
Nobler ausgedrückt: blanchieren.

Rhabarber bringt, unabhängig vom Reifegrad, immer mehr Säuren als Süsse mit - bitte flankierend beachten.

Gruß
Oli

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 21:41
von philipp
olibaer hat geschrieben: Daraus ergibt sich doch per se, was mit dem Rhabarber vor der Zugabe zu tun ist. In Streifen/Würfel schneiden, kurz ankochen, Brackwasser verwerfen.
Nobler ausgedrückt: blanchieren.
Werde ich wohl so machen.
Rhabarber bringt, unabhängig vom Reifegrad, immer mehr Säuren als Süsse mit - bitte flankierend beachten.
Deswegen dachte ich an ein Weizen. Allerdings erst zum Ende der Gärung, um da nichts durcheinander zu bringen ;-)

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 21:55
von olibaer
Hallo Florian,
Flothe hat geschrieben:Ist für eine einmalige Aktion vielleicht nebensächlich, aber schwer lösliche Oxalate sind auch Hauptbestandteil von Bierstein.
Also wenn du sowas häufiger machen möchtest, könnte es eventuell zu Ablagerungen kommen.
Ansonsten denke ich, dass der größte Teil der Oxalsäure dann ohnehin schon während der Gärung als Calciumoxalat ausfällt und im Sediment verbleibt.

LG Florian
Kannst Du uns bitte erklären was
  • schwer lösliche Oxalate
  • Hauptbestandteile von Bierstein
  • Calciumoxalate
sind ?

...was Ausfällung überhaupt ist und warum schon während der Gärung Oxalsäure als Calciumoxalat ausfällt ?

Sprichwörtlich: "... ein Licht anzünden ist eine Sache, zu erklären warum es brennt, ist eine andere"

Gruß
Oli

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 22:25
von Flothe
Hey Oli,

sorry, da habe ich mich wirklich nicht unbedingt allgemeinverständlich ausgedrückt.

Also Bierstein ist ein schwer löslicher Rückstand, der sich in der Brauanlage absetzen kann. Vor allem an unzugänglichen Stellen (z.B. fehlerhafte Schweißnähte oder so was) können diese Ablagerungen hervorragende Nester für Bakterien sein.
Hauptsächlich besteht Bierstein wie gesagt aus Calciumoxalat. Das ist das Calciumsalz der Oxalsäure und besonders schwer löslich. Das bekommt man eigentlich nur noch mit wirklich starken Säuren erfolgreich weg. Eventuell geht auch Ammoniak, aber das ist giftig.

Ausfällung ist, wenn in Wasser gelöste Stoffe durch physikalische oder chemische Änderungen der Umgebung zu Feststoffen werden und zu Boden "fallen". Das kann z.B. bei Senkung der Temperatur oder einbringen von chemischen Verbindungen in die Lösung geschehen.

Hier: Wenn Oxalsäure durch die Zugabe von Rhabarber in die Würze gebracht wird, dann verbindet sie sich mit dem Calcium im Wasser und fällt als Calciumoxalat aus. In dem Fall kommt es dann auch nicht mehr mit in Flasche oder KEG, aber man hat vielleicht bald ein bisschen Bierstein.

LG Florian

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 22:29
von olibaer
Hallo Philipp,
philipp hat geschrieben:Deswegen dachte ich an ein Weizen. Allerdings erst zum Ende der Gärung, um da nichts durcheinander zu bringen ;-)
Keine gute Idee.

Ich würde den "blanchierten" Rhabarber in einem ersten Versuch im Whirpool vorlegen.

So ist Rhabarber erst mal "Gewürz für die Würze" und keine bestimmende Zutat für das Endprodukt.
Damit darf auch in all' seinen Facetten offen bleiben, was "Hefestamm und Gärführung daraus macht".

Gruß
Oli

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 23:22
von flying
Bei Rhabarbersaft gibt es eine interessante Reaktion im Glas. Kann jeder ausprobieren. Einfach mal Rhabarbersaft mit Mineralwasser spritzen. Das Trinkglas wird darauf hin milchig. Es legt sich ein feiner Film aus Calciumoxalat auf die Oberfläche. Sieht man dann wenn das Glas halb oder ganz ausgetrunken ist. Das will man nicht unbedingt in den Nieren haben. Deshalb sollte man Rhabarbersaft auch nicht literweise und täglich trinken. Ein halber Liter am Tag macht einem gesunden Menschen aber vermutlich nix aus.

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 23:33
von El Gordo
Ist Calciumoxalat nicht mit ein Grund für Gushing?

Der Oxalsäuregehalt hängt wohl auch mit dem Erntezeitpunkt zusammen.


Stefan

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Montag 22. Februar 2016, 23:46
von Brewtotype
Steht unteranderem unter Verdacht Gushing zu fördern.
--> Bildung von C02-Entbindungsstellen (vgl. Kristallisationskeime)

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 08:16
von philipp
Hallo zusammen,

zuerst einmal: VIELEN Dank für diese tolle Diskussion hier!

Ich glaube, ich werfe einfach nur die Erdbeeren in den Sud, weil ich das Ergebnis auch ausschenken möchte.

Nächstes Mal werde ich es den Rhabarber dann kurz ankochen, Brackwasser verwerfen und die Früchte in den Whirlpool werfen (ist eh tiefgefrorener aus dem Edeka - die Zeit habe ich).

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 08:30
von Johnny H
El Gordo hat geschrieben:Ist Calciumoxalat nicht mit ein Grund für Gushing? [...]
Brewtotype hat geschrieben:Steht unteranderem unter Verdacht Gushing zu fördern.
--> Bildung von C02-Entbindungsstellen (vgl. Kristallisationskeime)
Quelle dazu hier.

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 08:52
von Flothe
philipp hat geschrieben:(ist eh tiefgefrorener aus dem Edeka - die Zeit habe ich).
Wird Gemüse vor dem Schockfrosten nicht ohnehin blanchiert? Meine das mal im TV gesehen zu gaben, bin aber nicht sicher.

LG Florian

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 08:57
von philipp
Dachte ich auch, allerdings steht auf der Verpackung extra "Warnung - Nicht roh verzehren!"

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 10:58
von Bierzwillinge
Ich glaube, ich werfe einfach nur die Erdbeeren in den Sud, weil ich das Ergebnis auch ausschenken möchte.
Mit Erdbeeren in einem Weizensud habe ich bisher nur schlechte Erfahrungen gemacht, Banane und Nelke übertüncht das Erdbeeraroma, da bleibt nichts von übrig. (3kg gefrorene, unsgesüsste Erdbeeren auf 15 Liter!)

Nochmal zum Rhabarber:
Ich blanchiere den (frischen) Rhabarber und gebe ihn für 1-2 Wochen in die 2. Gärphase, also nach den Hochkräusen. Ich besorge mir auch gern Rhababer Muttersaft, das ist ungesüsster und unverschnittener Saft. Bringt auch ganz gut Aroma rein. 2- Liter Muttersaft auf 30 Liter Jungbier meine ich.

Gruss
Christian

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Dienstag 23. Februar 2016, 12:07
von not
Flothe hat geschrieben:Hey Oli,

sorry, da habe ich mich wirklich nicht unbedingt allgemeinverständlich ausgedrückt.

Also Bierstein ist ein schwer löslicher Rückstand, der sich in der Brauanlage absetzen kann. Vor allem an unzugänglichen Stellen (z.B. fehlerhafte Schweißnähte oder so was) können diese Ablagerungen hervorragende Nester für Bakterien sein.
Hauptsächlich besteht Bierstein wie gesagt aus Calciumoxalat. Das ist das Calciumsalz der Oxalsäure und besonders schwer löslich. Das bekommt man eigentlich nur noch mit wirklich starken Säuren erfolgreich weg. Eventuell geht auch Ammoniak, aber das ist giftig.

Ausfällung ist, wenn in Wasser gelöste Stoffe durch physikalische oder chemische Änderungen der Umgebung zu Feststoffen werden und zu Boden "fallen". Das kann z.B. bei Senkung der Temperatur oder einbringen von chemischen Verbindungen in die Lösung geschehen.

Hier: Wenn Oxalsäure durch die Zugabe von Rhabarber in die Würze gebracht wird, dann verbindet sie sich mit dem Calcium im Wasser und fällt als Calciumoxalat aus. In dem Fall kommt es dann auch nicht mehr mit in Flasche oder KEG, aber man hat vielleicht bald ein bisschen Bierstein.

LG Florian
Hey Florian,

gut erklärt! Braucht man ja noch nicht mal googeln, hier. :thumbup

Lights, camera, action, you´re on! Danke, Sönke

Re: Rhabarber und Oxalsäure

Verfasst: Mittwoch 12. April 2017, 10:20
von Kägi
Moin Zusammen,

Besten Dank für die vielen nützlichen Infos hier im Thread!
Möchte ebenfalls etwas mit Rhabarber machen und zwar in einem Pale Ale. Der
Rhabarber sollte jedoch nicht zu dominant sein.
Das man Rhabarber vor Verwendung kochen sollte habe ich verstanden.

Gibt es Erfahrungswerte wie viel g/L man verwenden sollte damit man es zumindest schmecken kann?
Macht es mehr Sinn den Rhabarber beim Hopfenkochen, 1 Gärung, oder erst nach der ersten Gärung dazugeben?

Bringt Rhabarber auch Farbe rein?

Beste Grüsse aus der Schweiz
Thomas