Brauerei Faust in Miltenberg
Verfasst: Mittwoch 6. November 2019, 16:03
Hallo liebe Bierfreundinnen und -freunde,
das letzte Wochenende habe ich mit der Familie bei Freunden in der Nähe von Würzburg verbracht. Als es darum ging, was man am Samstag unternehmen könnte, fiel unsere Wahl auf das kleine Mainstädtchen Miltenberg. Ursprünglich sollte es zu einer Wanderung in die Weinberge und zum Kloster Engelbert (nebst Schänke...) gehen, aber das Wetter war so unbeständig, dass wir das Risiko nicht eingehen wollten, zur Mitte der Wanderung bis auf die Knochen durchnässt zu sein. Jedenfalls ging es so in die Altstadt von Miltenberg und in Richtung der Brauerei Faust (Wikipedia-Link). Zumindest einen Blick in den Laden wollte ich werfen. Durch einen glücklichen Zufall ergab es sich, dass ich spontan in die samstägliche Führung ("Erlebnisführung") hineinrutschen konnte, während Frauen und Kinder in Einkaufslaune durch die Innenstadt stromerten. Es war tatsächlich ein schönes Erlebnis, an dem ich Euch gern teilhaben lassen möchte.
Lage Das Brauhaus Faust liegt in der wunderschönen, historischen Altstadt Miltenbergs. Hier fühlt man sich tatsächlich fast, als wäre die Zeit stehen geblieben. Fachwerk wohin das Auge blickt und mit dem "Riesen" das vermutlich älteste Gasthaus Deutschlands. Eigentlich können die Rahmenbedingungen kaum besser sein für ein Unternehmen, das auf Tradition setzt. Und genau diesen Eindruck macht und transportiert Faust. Die Brauerei hat einen Ausstoß von rd. 60.000 Hektolitern gemessen am Jahr 2018 und bietet dabei rund ein Dutzend "Standardbiere" sowie fünf "Craft-Biere" an. Im integrierten Brauereishop kann man sich da nach Herzenslust eindecken oder eben ein Ticket für die Führung lösen. Normalerweise wohl besser auf Reservierung. Ich hatte tatsächlich Glück, als Einzelperson noch mit rein genommen zu werden.
Start im Brauereikeller Los ging die Führung dann im Brauereikeller, einem Gewölbe neben dem Shop. Schön eingerichtet, gemütlich aber auch nichts Außergewöhnliches. Trotzdem ging es mit einem "Kräusen" (dem naturtrüben Hellen des Hauses) erstmal gut los. Ein sehr wohlschmeckendes Bier. Mild, schlank, angenehm gehopft, sehr süffig.
Als dann alle bedient waren, stellte sich unsere Führerin vor, erklärte ein paar Rahmenbedingungen zur bevorstehenden Tour und zeigte uns zur Einführung einen Imagefilm über die Brauerei, ihre Geschichte, ihre Philosophie usw. Auffällig dabei ist, wie stark Faust die regionale Karte spielt: Rohstoffe aus der Region, Vertrieb nur regional... Da ist natürlich viel Werbung dabei, aber insgesamt kommt das schon recht glaubwürdig rüber. Irgendwie sympathisch.
Nach dem Film gab's dann noch ein Gläschen. Neben dem Kräusen waren noch das Schwarzviertler (Ein Dunkles) sowie der Doppelbock, den es nur in den Wintermonaten gibt, am Hahn. Ich entschied mich für letzteren. Sehr wohlschmeckend. Malzig, gehaltvoll, mit spürbar mehr Alkohol... Ebenfalls einfach lecker.
Hopfen und Malz
Dann ging es in die eigentliche Brauerei. Im Eingangbereich hatte man mehrere Fässer aufgebaut, die Malze und Hopfen enthielten. Kleine Proben reichte die Führerin herum, so dass jeder mal Pilsener und Röstmalz knabbern oder sich Hopfendolden und -pellets anschauen konnte. Gute Idee, sehr anschaulich, nur schade, dass der Hopfen nicht mehr frisch war. Das hat unsere Betreuerin auch gut und richtig erläutert, aber trotzdem wäre frische Ware zur Präsentation schon besser gewesen...
Das Sudhaus Hier ging's dann ans Eingemachte. Anschaulich wurde der Prozess des Einmaischens, Läuterns und Würzekochens beschrieben. Es wurden sogar die enzymatischen Prozesse und die Wirkungsweise der Rasten erläutert. Dazu waren der alte Maischebottich (nicht mehr in Betrieb) sowie die Sudpfanne (noch betrieben) zu sehen.
Die Gärung Nun ging es weiter. Ausdrücklich und mehrfach wurden wir darüber belehrt, was man im Gärraum alles nicht darf: Anfassen. Nichts, gar nicht, überhaupt nichts. Insb. die Becken nicht. Und wenn jemandem schwindelig würde, dann möge er oder sie bitte der Länge nach hinschlagen und nicht in einen Gärbottich fallen. Lieber eine blutige Nase, als 100 Hektolieter Bier verlieren...
Nach der Belehrung und hinreichend vermummt durften wir tatsächlich in den untergärigen Raum. Direkt zwischen die Bottiche. Toll! Hier gärten gerade Pils und Helles in verschiedenen Stadien. Und das Aroma, das im Raum hing. Fantastisch! Hier wurde uns dann auch erklärt, dass die Brauerei ihre eigenen Hefestämme züchtet. Dazu ist im Nebenraum eine spezielle Anlage zur Gewinnung und Kultivierung von Reinzuchthefe verbaut.
Aus dem Gärraum ging's kurz auf den Turm, d.h. den Gebäudeteil, in dem die Reife- und Lagertanks eingebaut sind. Einen schönen Blick über den Main hat man von da aus. Bis hinüber zur Abfüllanalge kann man schauen. Diese ist nämlich vor einigen Jahren aus Platzgründen verlagert worden. Bei einer größeren Pilsbrauerei, die ich vor einigen Jahren mal besucht habe, fragte ich, ob man denn hier auch obergärig braue, schließlich seien im Produktportfolio ja auch Altbier u.ä. Der führende Braumeister antwortete mir nur recht ausweichend, dass man das hier nicht könne, weil die Reinigung zu aufwendig sei, wenn man dann wieder auf Pils umstelle. Da die Brauerei nur einen Standort hat, war mir das schon Antwort genug. Die og Sorten werden zugekauft.
Bei Faust ist das offensichtlich anders. Hier könnt man sich nämlich im Untergeschoss auch noch einen obergärigen Gärraum. Den durften wir leider nicht betreten. Einerseits waren die Bottiche gerade leer und andererseits hatte man dort wegen der höheren Temperaturen etc. dann doch hygienische Bedenken. Trotzdem ein netter Anblick.
Hier trafen wir übrigens eine Gruppe von Hobbybrauern, die an einem Seminar / Workshop teilnahmen und den ganzen Tag über ein eigenes Bier gebraut hatten. Auch nicht uninteressant...
Die Schatzkapelle Zum Schluss durften wir auch noch in Allerheiligste der Brauerei. In einer Grotte unterhalb des Brauhauses bzw. im Felshang dahinter ruhen in zahlreichen Eichenfässern einige Spezialitäten. U.a. reifen hier ein Jahrgangsbock, ein Eisbock und die Brauereireserve in Barriquefässern und bieten dem Besucher ein einmaliges Bild. Einen Sessel, ein Glas und einen Fassbohrer und ich säße heute noch da unten.
Zum Abschluss der etwa neunzigminütigen Tour wurden wir dann wieder am Shop abgesetzt. Gut, dass ich den Einkauf schon im Voraus erledigt hatte...
Fazit
Ein wunderbarer Ort, ein sympathischer Betrieb und ein schönes Erlebnis.
Sicherlich habe ich an diesem Nachmittag nicht viel über Bier erfahren, dass ich nicht schon irgendwie wusste, aber trotzdem war die Besichtigung der Brauerei ein tolles Erlebnis. Das Ambiente ist wunderbar und die Führung wurde sehr fachkundig durchgeführt. Zu dem gab' es zwei sehr gute Biere zu Verkosten. Da bekam ich für 7 EUR mehr geboten als im Kino zum doppelten Preis.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen, mir bei der Tour über die Schulter zu gucken. Ob Miltenberg eine Reise wert ist, muss jeder selbst wissen. Wenn man aber schonmal dort ist, schadet ein Besuch bei Faust nicht, denke ich.
Viele Grüße
Stefan
das letzte Wochenende habe ich mit der Familie bei Freunden in der Nähe von Würzburg verbracht. Als es darum ging, was man am Samstag unternehmen könnte, fiel unsere Wahl auf das kleine Mainstädtchen Miltenberg. Ursprünglich sollte es zu einer Wanderung in die Weinberge und zum Kloster Engelbert (nebst Schänke...) gehen, aber das Wetter war so unbeständig, dass wir das Risiko nicht eingehen wollten, zur Mitte der Wanderung bis auf die Knochen durchnässt zu sein. Jedenfalls ging es so in die Altstadt von Miltenberg und in Richtung der Brauerei Faust (Wikipedia-Link). Zumindest einen Blick in den Laden wollte ich werfen. Durch einen glücklichen Zufall ergab es sich, dass ich spontan in die samstägliche Führung ("Erlebnisführung") hineinrutschen konnte, während Frauen und Kinder in Einkaufslaune durch die Innenstadt stromerten. Es war tatsächlich ein schönes Erlebnis, an dem ich Euch gern teilhaben lassen möchte.
Lage Das Brauhaus Faust liegt in der wunderschönen, historischen Altstadt Miltenbergs. Hier fühlt man sich tatsächlich fast, als wäre die Zeit stehen geblieben. Fachwerk wohin das Auge blickt und mit dem "Riesen" das vermutlich älteste Gasthaus Deutschlands. Eigentlich können die Rahmenbedingungen kaum besser sein für ein Unternehmen, das auf Tradition setzt. Und genau diesen Eindruck macht und transportiert Faust. Die Brauerei hat einen Ausstoß von rd. 60.000 Hektolitern gemessen am Jahr 2018 und bietet dabei rund ein Dutzend "Standardbiere" sowie fünf "Craft-Biere" an. Im integrierten Brauereishop kann man sich da nach Herzenslust eindecken oder eben ein Ticket für die Führung lösen. Normalerweise wohl besser auf Reservierung. Ich hatte tatsächlich Glück, als Einzelperson noch mit rein genommen zu werden.
Start im Brauereikeller Los ging die Führung dann im Brauereikeller, einem Gewölbe neben dem Shop. Schön eingerichtet, gemütlich aber auch nichts Außergewöhnliches. Trotzdem ging es mit einem "Kräusen" (dem naturtrüben Hellen des Hauses) erstmal gut los. Ein sehr wohlschmeckendes Bier. Mild, schlank, angenehm gehopft, sehr süffig.
Als dann alle bedient waren, stellte sich unsere Führerin vor, erklärte ein paar Rahmenbedingungen zur bevorstehenden Tour und zeigte uns zur Einführung einen Imagefilm über die Brauerei, ihre Geschichte, ihre Philosophie usw. Auffällig dabei ist, wie stark Faust die regionale Karte spielt: Rohstoffe aus der Region, Vertrieb nur regional... Da ist natürlich viel Werbung dabei, aber insgesamt kommt das schon recht glaubwürdig rüber. Irgendwie sympathisch.
Nach dem Film gab's dann noch ein Gläschen. Neben dem Kräusen waren noch das Schwarzviertler (Ein Dunkles) sowie der Doppelbock, den es nur in den Wintermonaten gibt, am Hahn. Ich entschied mich für letzteren. Sehr wohlschmeckend. Malzig, gehaltvoll, mit spürbar mehr Alkohol... Ebenfalls einfach lecker.
Hopfen und Malz
Dann ging es in die eigentliche Brauerei. Im Eingangbereich hatte man mehrere Fässer aufgebaut, die Malze und Hopfen enthielten. Kleine Proben reichte die Führerin herum, so dass jeder mal Pilsener und Röstmalz knabbern oder sich Hopfendolden und -pellets anschauen konnte. Gute Idee, sehr anschaulich, nur schade, dass der Hopfen nicht mehr frisch war. Das hat unsere Betreuerin auch gut und richtig erläutert, aber trotzdem wäre frische Ware zur Präsentation schon besser gewesen...
Das Sudhaus Hier ging's dann ans Eingemachte. Anschaulich wurde der Prozess des Einmaischens, Läuterns und Würzekochens beschrieben. Es wurden sogar die enzymatischen Prozesse und die Wirkungsweise der Rasten erläutert. Dazu waren der alte Maischebottich (nicht mehr in Betrieb) sowie die Sudpfanne (noch betrieben) zu sehen.
Die Gärung Nun ging es weiter. Ausdrücklich und mehrfach wurden wir darüber belehrt, was man im Gärraum alles nicht darf: Anfassen. Nichts, gar nicht, überhaupt nichts. Insb. die Becken nicht. Und wenn jemandem schwindelig würde, dann möge er oder sie bitte der Länge nach hinschlagen und nicht in einen Gärbottich fallen. Lieber eine blutige Nase, als 100 Hektolieter Bier verlieren...
Nach der Belehrung und hinreichend vermummt durften wir tatsächlich in den untergärigen Raum. Direkt zwischen die Bottiche. Toll! Hier gärten gerade Pils und Helles in verschiedenen Stadien. Und das Aroma, das im Raum hing. Fantastisch! Hier wurde uns dann auch erklärt, dass die Brauerei ihre eigenen Hefestämme züchtet. Dazu ist im Nebenraum eine spezielle Anlage zur Gewinnung und Kultivierung von Reinzuchthefe verbaut.
Aus dem Gärraum ging's kurz auf den Turm, d.h. den Gebäudeteil, in dem die Reife- und Lagertanks eingebaut sind. Einen schönen Blick über den Main hat man von da aus. Bis hinüber zur Abfüllanalge kann man schauen. Diese ist nämlich vor einigen Jahren aus Platzgründen verlagert worden. Bei einer größeren Pilsbrauerei, die ich vor einigen Jahren mal besucht habe, fragte ich, ob man denn hier auch obergärig braue, schließlich seien im Produktportfolio ja auch Altbier u.ä. Der führende Braumeister antwortete mir nur recht ausweichend, dass man das hier nicht könne, weil die Reinigung zu aufwendig sei, wenn man dann wieder auf Pils umstelle. Da die Brauerei nur einen Standort hat, war mir das schon Antwort genug. Die og Sorten werden zugekauft.
Bei Faust ist das offensichtlich anders. Hier könnt man sich nämlich im Untergeschoss auch noch einen obergärigen Gärraum. Den durften wir leider nicht betreten. Einerseits waren die Bottiche gerade leer und andererseits hatte man dort wegen der höheren Temperaturen etc. dann doch hygienische Bedenken. Trotzdem ein netter Anblick.
Hier trafen wir übrigens eine Gruppe von Hobbybrauern, die an einem Seminar / Workshop teilnahmen und den ganzen Tag über ein eigenes Bier gebraut hatten. Auch nicht uninteressant...
Die Schatzkapelle Zum Schluss durften wir auch noch in Allerheiligste der Brauerei. In einer Grotte unterhalb des Brauhauses bzw. im Felshang dahinter ruhen in zahlreichen Eichenfässern einige Spezialitäten. U.a. reifen hier ein Jahrgangsbock, ein Eisbock und die Brauereireserve in Barriquefässern und bieten dem Besucher ein einmaliges Bild. Einen Sessel, ein Glas und einen Fassbohrer und ich säße heute noch da unten.
Zum Abschluss der etwa neunzigminütigen Tour wurden wir dann wieder am Shop abgesetzt. Gut, dass ich den Einkauf schon im Voraus erledigt hatte...
Fazit
Ein wunderbarer Ort, ein sympathischer Betrieb und ein schönes Erlebnis.
Sicherlich habe ich an diesem Nachmittag nicht viel über Bier erfahren, dass ich nicht schon irgendwie wusste, aber trotzdem war die Besichtigung der Brauerei ein tolles Erlebnis. Das Ambiente ist wunderbar und die Führung wurde sehr fachkundig durchgeführt. Zu dem gab' es zwei sehr gute Biere zu Verkosten. Da bekam ich für 7 EUR mehr geboten als im Kino zum doppelten Preis.
Ich hoffe, es hat Euch gefallen, mir bei der Tour über die Schulter zu gucken. Ob Miltenberg eine Reise wert ist, muss jeder selbst wissen. Wenn man aber schonmal dort ist, schadet ein Besuch bei Faust nicht, denke ich.
Viele Grüße
Stefan