Liebe Gemeinde,
ich habe mir vor einiger Zeit die Mühe gemacht, die relevanten Gesetzestexte herauszusuchen, in denen die Sonderrolle Bayern hinsichtlich des "Reinheitsgebots" erkennar wird.
Oft kam bei mir die Frage auf (und sicher auch bei anderen), wo denn gesetzlich diese Sonderregelung festgehalten ist. Ein Blick auf die aktuelle Gesetzgebung (§ 3 BierStDB) bringt immer nur den unbefriedigenden Hiweis auf
wobei nicht näher aufgeführt ist, was da eigentlich anders ist.Das Biersteuergesetz gilt in Bayern und im Gebiet der ehemaligen Länder Württemberg und Baden nach Maßgabe der Gesetze vom 27. März 1919 (Reichsgesetzbl. S. 345) und vom 24. Juni 1919 (Reichsgesetzbl. S. 599) in der durch das Gesetz vom 9. April 1927 (Reichsgesetzbl. I S. 94) geänderten Fassung.
Zudem ist äußerst unbefriedigend, dass in Bayern keinerlei Sonderregelungen genehmigt werden (können), was mit § 9 vorl. BierG v. 1993 Abs. 7
und dem daraus ergehenden Rechtsanspruch nicht unbedingt in Einklang zu bringen ist. Woher resultiert also nun diese Restriktion?Auf Antrag kann im einzelnen Falle zugelassen werden, daß bei der Bereitung von besonderen Bieren und von Bier, das zur Ausfuhr oder zu wissenschaftlichen Versuchen bestimmt ist, von den Absätzen 1 und 2 abgewichen wird. Für die Zulassung von Ausnahmen sind die nach Landesrecht zuständigen Behörden zuständig.
Der Gesetzestext vom 27. März 1919 reguliert letztendlich nur den Beitritt Württembergs zur Biersteuergemeinschaft. Ist also erst mal unbedeutend für Bayern. Der vom 24. Juni dagegen regelt den Beitritt Bayerns und Badens. Hier ist ebeso verankert, dass
Leider gibt das österreichische Nationalarchiv, in dem die alten Texte digitalisiert heruntergeladen werden können das Jahr 1918 nicht vollständig wieder. Mist. Auch die oben genannte Änderung von 1927 macht einen nicht schlauer, da sie ausschließlich aus steuerlichen Änderungen besteht (u.a. Inflation).Die Anwendung der Vorschriften des genannten Gesetzes über die Verwendung von Zucker und (...) Farbmitteln bei der Bereitung obergärigen Bieres sowie der Vorschriften im § 13 Abs. 5 und 6 des Gesetzes (Anm. Biersteuergesetz vom 26. Juli 1918 [Reichsgesetzbl. S 863]) kann im Gebiet der (...) Freistaaten von der obersten Landesfinanzbehörde ausgeschlossen werden.
Schlussendlich bin ich dann noch auf etwas jüngeren Datums gestoßen (BayRS IV S. 662: Bekanntmachung über Biersteuer vom 29. Juni 1924):
In Kraft seit 01.01.1983.Auf Grund des Artikels 2 des Gesetzes, betreffend Abweichungen von dem Biersteuergesetz vom 26. Juli 1918, vom 9. Juli 1922 (RGBl. S. 572) und des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Eintritt der Freistaaten Bayern und Baden in die Biersteuergemeinschaft2) vom 24. Juni 1919/9. Juli 1923 (RGBl. 1919 S. 599/1923 S. 563) wird bestimmt:
Die Anwendung der Vorschriften des Biersteuergesetzes3) vom 14. 3. 1952 (BGBl. I S. 149) über die Verwendung von Zucker und von aus Zucker hergestellten Farbmitteln sowie von Süßstoff bei der Bereitung obergärigen Biers, ferner der Vorschriften in § 9 Abs. 5 und 6 dieses Gesetzes3) bleibt für Bayern ausgeschlossen.
Staatsministerium der Finanzen
Hier nun ein Hinweis auf den ersten Nachfolger der BRD von 1952. Die bis heute in § 9 (womöglich früher § 13???), der die Bierbereitung regelt, erhaltenen Absätze 5 und 6 beinhalten die Ausnahmeregelungen (Edit: aktuell Abs. 7 - sorry), welche somit von der obersten Landesfinanzbehörde ausgeschlossen wurden. Da hammer den Salat.
PS: Würde mich freuen, wenn mir jemand den Text des Biersteuergesetzes vom 24. Juli 1918 (Reichsgesetzblatt S. 863) zukommen lassen könnte.