Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

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branch
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Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#1

Beitrag von branch »

Hallo zusammen

Ich möchte gerne den Alkoholgehalt meines Selbstgebrauten besser kennen. Bislang habe ich mit der Faustregel ( (Stammwürze + Korrektur_Flaschengärung - scheinbarer_Restextrakt) / 2) gearbeitet (wobei die Korrektur grad der beigefügten Zuckermenge in °P entspricht, edit 28.5. 19:05).

Das ergibt bei meinen letzten beiden Bieren:

Bier #62: SW = 13 °P, scheinbarer RE = 2.3 °P, Zucker = 5 g/l

AG = (13 °P + 0.5 °P - 2.3 °P) / 2 = 5.6 %v

Bier #63: SW = 14.5 °P, s. RE = 3.2 °P, Zucker = 6 g/l

AG = (14.5 °P + 0.6 °P - 3.2 °p) / 2 = 5.95 %v


Verwende ich jetzt hingegen Earls Bieranalyse, dann erhalte ich:

Bier #62: s. RE = 2.3 °P, Refraktometer = 6.5 °B

AG = 5.8 %v

Bier #63: s. RE = 3.2 °P, Refraktometer = 7.8 °B

AG = 6.3 %v


Nun ist die Frage bloss, wie zuverlässig Earls Analyse normalerweise ist und dann, warum genau meine bisherige Berechnung/Schätzung so daneben liegt.

Danke im Voraus für euren Hirnschmalz.


Gruss, Bruno
Zuletzt geändert von branch am Montag 28. Mai 2018, 19:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Ursus007
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#2

Beitrag von Ursus007 »

Ich nutze für die Berechnung 2 Handy-Apps:

(1) Braurechner und (2) Refracto.

Nach (2) kommt man bei Deinem Bier #62 auf 5,7 %ABV mit der Std.- bzw. Kleier-Methode, bzw. 5,5 % ABV nach Terrill linear.

Nach (1) kommen bei 5g/l Zucker nochmal 0,2% Nachgär-Alk. dazu, dann liegst Du bei den Methoden bei 5,9% ABV bzw. 5,7% ABV.
Ich denke, hier ist Earls einen Ticken näher an der Realität.

Warum halbierst Du den Nachgärzuckergehalt in der Rechnung? Ich glaube, der müsste im Ganzen in die Berechnung eingehen.

Ursus
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branch
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#3

Beitrag von branch »

Hallo Ursus

Danke für deine Antwort. Nur die Hälfte des Zuckers wird in Alkohol umgesetzt, daher die Halbierung. Aber wenn ich mir das so überlege, ist das falsch und aus einer anderen Formel so reingerutscht (hab's oben angepasst). Aber selbst dann ist diese einfache Formel zu ungenau.

Gruss, Bruno
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branch
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#4

Beitrag von branch »

So, jetzt habe ich alles mal sauber durchgerechnet. Macht das so jetzt Sinn?

- Mein Bier #62 startet als Stammwürze mit 13 °P und 48 Litern.
- Dazu kommt der Hefestarter bestehend aus ca. 1.5 Litern und 200g Malzextrakt (also etwa 13.3 °P). Macht vermischt 13.01 °P (wobei's da auf die Hunderstel natürlich nicht ankommt).
- Nach der Gärung kommen für die Flaschengärung 240g Kristallzucker gelöst in 2 Litern Wasser dazu (also 12 °P). Vermischt gäbe das eine Original-SW von 12.97 °P.
- Das heisst, dass die Original-SW eigentlich gar nicht verändert wird, da die Beigaben zu nahe an der SW sind.

Wenn ich bei meinen Bieren jetzt also von den folgenden (korrigierten) Tatsachen ausgehe:

#62: SW = 13 °P, SRE = 2.3 °P und Refraktometer = 6.5 °B
#63: SW = 14.5 °P, SRE = 3.2 °P und Refraktormeter = 7.8 °B

dann erhalte ich mit den verschiedenen Tools, den folgenden Alkoholgehalt:

Bier #62:

Faustregel: 5.4 %v
Earl: 5.8 %v
App "Bier brauen": 5.7 %v
Refracto: 5.7 %v
Müggelland: 5.8 %v

Bier #63:

Faustregel: 5.7 %v
Earl: 6.3 %v
App "Bier brauen": 6.1 %v
Refracto: 5.9-6.1 %v
Müggelland: 6.2 %v

Während #62 jetzt recht gut definiert scheint, gibt's bei #63 noch eine Ungenauigkeit:
- Earl errechnet eine SW von 14.7 °P
- Bei Refracto stimmt entweder die Ablesung vom Refraktometer (7.8 °B, Resultat ABV 5.9 %v) oder der Restextrakt (3.2 °P, Resultat ABV 6.1 %v), jeweils mit Kleier. Mit den Terrill-Varianten wird die Diskrepanz grösser.


Welche Werte soll ich denn jetzt verwenden? Earl?

Womit könnte der Hobbybrauer denn den korrekten Wert messen? EasyDens?


Gruss, Bruno
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hyper472
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#5

Beitrag von hyper472 »

Auch, wenn es Dir keine Antwort liefert:
Du solltest mit professionellem Gerät messen, wenn Du auf die Nachkommastelle genau rechnen willst. Es gibt Refraktometer (ja, nicht nur meines!), deren Messergebnis Du auch mit Würfeln simulieren kannst. Wenn Du mal Spindeln miteinander vergleichst, hast Du im hobbybereich schnell mal Abweichungen von einem Grad Plato.
Aber selbst gewerbliche Brauereien, die Profimaterial haben, müssen ihre Alkoholangaben nur auf ein halbes Prozent genau machen. Das wird schon einen Sinn haben :Greets
Viele Grüße, Henning
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Ladeberger
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#6

Beitrag von Ladeberger »

Deine Faustformel bügelt etwas gnadenlos über Feinheiten wie scheinbarem/tatsächlichem Extrakt und Masse/Dichte hinweg :Wink

Die Summe an vergorenem Extrakt durch 2 zu teilen ist im Ansatz korrekt. Jedoch ist hierzu von der Stammwürze nicht der scheinbare Extrakt, sondern der um den Alkoholfehler bereinigte, tatsächliche Extrakt abzuziehen. Dieser liegt höher. Nach dessen Division durch 2 erhält man ziemlich exakt den Alkoholgehalt in Massenprozent, der dann in die gewohnten Volumenprozent umzurechnen ist.

Das Ganze erfordert daher etwas Rechnerei unter Beachtung der jeweiligen Dichten. Absolut kein Hexenwerk, aber mit ner flotten Faustformel ist es an der Stelle nicht getan. Hierbei helfen daher Tabellen oder eben die bekannten Rechner; die sind sich im Ergebnis offenbar ziemlich einig.

Gruß
Andy
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Sura
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#7

Beitrag von Sura »

branch hat geschrieben: Montag 28. Mai 2018, 21:53 Welche Werte soll ich denn jetzt verwenden? Earl?
Mit der richtigen Formel. Der Trick die zu finden ist, bei MMUM nach dem eintippen weiterzulesen:
https://www.maischemalzundmehr.de/index ... delrechner

branch hat geschrieben: Montag 28. Mai 2018, 21:53 Womit könnte der Hobbybrauer denn den korrekten Wert messen? EasyDens?
Mit einem korrekt messenden Messgerät für Extrakt. Das kann ein korrekt messendes Easydens sein, oder eine korrekt messende Spindel. Ob das der Fall ist, kann man mit einer Zuckerlösung und einem Thermometer selbst ganz einfach herausbekommen.
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(Karl Valentin)
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branch
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#8

Beitrag von branch »

Hallo zusammen

Danke für die Antworten. Ok, diese Faustregel ist gestorben, zumal die Online-Rechner ja fast so schnell sind ;-)

Meine Spindeln sind nicht das Problem, die stimmen recht genau (überprüft mit Wasser und bekannter Zuckerlösung). Der Ableser wäre eher ein Problem ...
Ich denke, dass mein initiales Problem mit den Rechnern die etwas zu salopp bestimmte (und daher zu hohe) Stammwürze war (Starter und Zucker der Flaschengärung waren nur über den Daumen). Damit waren sich die Tools beim Alkoholgehalt dann gar nicht mehr einig.

Earls Tools hilft hier, eine falsch bestimmte SW zu identifizieren.

Kann denn EasyDens den Alkoholgehalt ohne die SW bestimmen? Wohl nicht, oder?

Gruss, Bruno
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Berliner
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Re: Unsicherheiten beim Alkoholgehalt

#9

Beitrag von Berliner »

Kann denn EasyDens den Alkoholgehalt ohne die SW bestimmen? Wohl nicht, oder?
Das kann EasyDens nur, wenn kein Zucker in der Flüssigkeit ist, also z.B. bei Destillaten. Sobald Zucker UND Alkohol in der Lösung ist, geht's nur mit zusätzlichen Informationen, bei Bier halt per Rückrechnung über die Stammwürze.
Gruß vom Berliner
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