Warum destilliertes Wasser?

Hier kommt alles rein, was woanders keinen Platz hat.
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Bierwisch
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Warum destilliertes Wasser?

#1

Beitrag von Bierwisch »

Hallo Hobbybrauer,
ich hatte gestern eine Diskussion mit einem professionellen Brauer und er schwärmte mir von seinem neuen Biegeschwinger vor. Dabei erwähnte er auch, daß er ihn vor Beginn der Messreihe mit AquaDest kalibriere. Auf meine Rückfrage, warum das so sei, wußte er auch keine definitive Antwort. Das sei so üblich und für Ringanalysen auch notwendig...

Wenn ich die absoluten Werte für mein Bier bestimmen möchte, muß ich doch die Probe im Verhältnis zum Brauwasser messen. Natürlich ist der resultierende Fehler minimal, aber ein sehr mineralienhaltiges Wasser könnte doch durchaus stark von destilliertem Wasser abweichen?!

Weiß hier jemand eine befriedigende Antwort?

Danke & Gruß
Bierwisch
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flying
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#2

Beitrag von flying »

Dem Biegeschwinger ist dein Bier und dein Brauwasser schnurzpiepegal weil es ein reines Dichtemessgerät ist und die Mineralien fließen ja in die Stammwürze mit ein. Das Kalibrieren mit dest. Wasser auf den Wert 1.000 g/L ist bei den Geräten vermutlich öfters nötig? Warum weiß ich auch nicht? Diese Frequenz sollte bekannt sein..
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heizungsrohr
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#3

Beitrag von heizungsrohr »

Das nimmt man uA zum Kalibrieren, kombiniert mit einer definierten Alkohol-, bzw Zuckerlösung. Destilliertes Wasser bei 20°C hat eben eine Dichte, die man exakt in der Literatur findet, daher kann man sehen, ob der Biegeschwinger richtig kalibriert ist.
Gruß
Magnus
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Bierwisch
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#4

Beitrag von Bierwisch »

Das ist ja alles richtig, aber wenn ich ein mit AquaDest kalibriertes Gerät zum Messen meines konkreten Bieres verwende, das eben nicht mit destilliertem Wasser gebraut ist, zeigt es mir einen verfälschten Wert an - oder etwa nicht?
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Boludo
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#5

Beitrag von Boludo »

Nein, es zeigt nichts anderes als die Dichte an, und da ist halt alles dabei. Salze, die von vorne herein drin waren, welche, die durch das Malz dazu kommen, Extrakt aus dem Malz, Hopfenöle und vieles mehr.

Stefan
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Bierwisch
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#6

Beitrag von Bierwisch »

...da ist halt alles dabei. Salze, die von vorne herein drin waren, ...
Ja, eben! Ich vergleiche den Extraktgehalt der Würze mit dem "Extrakt" des verwendeten Brauwassers und erhalte die Differenz, aus der ich alles Weitere berechnen kann..
Wenn ich die Würze mit AquaDest vergleiche, entsteht ein Fehler, da mein Brauwasser ja Mineralien etc. enthält.
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Boludo
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#7

Beitrag von Boludo »

Das macht Deine Spindel aber auch. Die ist auch auf Wasser ohne Salze kalibriert.
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Bierwisch
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#8

Beitrag von Bierwisch »

Ist mir klar, das erklärt aber das Vorgehen beim sehr exakten Biegeschwinger nicht...
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flying
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#9

Beitrag von flying »

Na letzendlich misst der Deine Mineralien im Wasser ja mit. Sie sind Teil der Stammwürze.
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heizungsrohr
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#10

Beitrag von heizungsrohr »

Eine Spindel misst die Dichte genau wie ein Biegeschwinger nur eben mit unterschiedlichen Verfahren. Wenn dein Bier mit 12°P eine Dichte von 1048 g/l hat, dann ist dies unabhängig vom Wasser, mit dem die Messgeräte kalibriert wurden.
Edit: Das destillierte Wasser dient nur einer Nullstellung des Geräts, damit man sicher sein kann, dass das Messgerät die richtige Dichte anzeigt. Darauf basierend kann man dann Würze messen.

Die Mineralien gehören mit in die Dichte, bzw Platoangabe der Würze. Plato ist z.B nur ein Vergleichswert mit einer Saccharoselösung. Also hat eine Würze mit 12°P insgesamt weniger Zucker als eine 12°P Vergleichslösung aus reiner Saccharose. Dies liegt an den Mineralien und Proteinen, aber das ist eben prinzipbedingt. Du misst ja eben gerade nicht die Zuckerkonzentration der Würze sondern die Dichte, da sind andere Stoffe zwangsläufig mit enthalten. Das ist aber alles nicht schlimm, da die Werte ja überall anerkannt werden.

Ich glaube ich trage gerade mehr zur Verwirrung als zur Klärung bei :puzz

Edit2: Du könntest theoretisch mit Kochsalz deine Stammwürze erhöhen, damit würde dann aber der Vergärgrad sinken, da das Salz ja nicht vergoren werden kann. Die Alkoholmenge berechnet sich trotzdem gleich, da ja nur die Differenz vorher nachher relevant ist.
Gruß
Magnus
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M0ps
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#11

Beitrag von M0ps »

Ein Biegeschwinger ist doch kein Differenzmessverfahren oder? Dann ist es ja egal womit man kalibriert - hauptsache es kommt der richtige Wert raus.
Bei Differenzverfahren, wo man so gesehen willkürlich einen Bezugspunkt festlegt, entspricht die Kalibrierlösung möglichst genau der Zusammensetzung der Messlösung nur OHNE den zu messenden Stoff. Man müsste also idealerweise die Salzzusammensetzung der späteren Würze nachahmen.
In dem Zusammenhang ist es natürlich völlig unsinnig Spindeln, Refraktometer oder die iSpindel mit dest. Wasser zu kalibrieren, aber ich schätze mal der Fehler durch die Differenz von normalen zu dest. Wasser ist sehr viel geringer als der Fehler, der durch Begleitstoffe im Malz und Hopfen hervorgerufen wird. Die Messwerte sind für unsere Zwecke hinreichend genau, aber vom wissenschaftlichen Standpunkt würde ich es eher als fundierte Schätzung einstufen ^^
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Bierwisch
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#12

Beitrag von Bierwisch »

@M0ps
Also ist man sich bewußt, daß es durch die Verwendung von destilliertem Wasser einen kleinen Fehler gibt, der aber ignoriert wird...
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heizungsrohr
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#13

Beitrag von heizungsrohr »

Man kalibriert allein schon aus einem Grund mit dest Wasser: weil die Wasserzusammensetzung variieren kann.

Es ist der Spindel und dem Schwinger völlig egal, woraus der gemessene Extrakt besteht, Zucker, Proteine, Salze. Entscheidend ist am Ende der gemessene Unterschied zwischen vor und nach der Gärung. Denn daraus berechnet sich der Alkohol. Und der Salzgehalt ändert sich zwischen diesen Punkten nicht.
Außerdem ist wie schon erwähnt wurde der Einfluss von Salzen auf die Dichtemessung bei Bierwürzen zu vernachlässigen.

Edit: Noch mal, es entsteht kein Fehler bei der Messung der Dichte einer Würze, wenn die Messgeräte mit dest. Wasser kalibriert wurden. Die Dichte der Würze bleibt die Dichte der Würze, egal womit gemessen oder kalibriert wurde, solange das Messgerät korrekt arbeitet.

Man könnte auch mit einem Pyknometer die Dichte bestimmen. Dabei wird ein Gefäß mit definiertem Volumen ausgewogen, mit der Probe gefüllt und erneut gewogen. Man hat das definierte Volumen und die Masse (abzüglich der Masse des Pyknometers), daraus errechnet man die Dichte. Dabei existiert der Faktor destilliertes Wasser nicht, dennoch ergeben sich gleiche Dichtewerte wie mit anderen Messverfahren >solange alle Geräte korrekt ausgewogen/kalibriert wurden<
Gruß
Magnus
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M0ps
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#14

Beitrag von M0ps »

@Bierwisch: Soweit ich weiß ist der Schwinger eine absolut Messung (hab mich jetzt nicht weiter mit beschäftigt) und da will man mit der Kalibrierung quasi nur überprüfen ob der gemessene Wert korrekt ist, oder das Gerät einen Fehler hat. Hier gibt es keinen Fehler durch Salze

@heizungsrohr: Jaein. Bei der Messung der Stammwürze hast du dann den (wohl sehr kleinen) Fehler drin. Beim Alkoholgehalt sollte sich das rausdifferenzieren. Beim Refraktometer ist es etwas kniffelig.

Fazit bleibt aber es ist egal.
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Bierwisch
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#15

Beitrag von Bierwisch »

Danke! Da hab ich wieder was gelernt.
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heizungsrohr
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#16

Beitrag von heizungsrohr »

Naja gut, Spindeln sind ja erstens eh nur Schätzeisen, zweitens ist ja Plato, wie gesagt, nur eine Vergleichsgröße. Man kann 12°P auch mit einer Mischung aus Eiweißpulver und Salz erreichen. Plato ist ja auch nichts anderes als eine Dichteeinheit. Wenn deine Spindel oder dein Biegeschwinger 12°P ausspuckt sind damit 1048,4 g/l gemeint, egal ob aus Zucker, Salz oder sonstwas. Aber wie du schon sagtest, beim Verrechnen mit dem Restextrakt nullt sichs eh alles raus.
Refraktometer sind eine ganz andere Geschichte, hier wird nicht die Dichte, sondern die Lichtbrechung gemessen.

Aber grundsätzlich ja, es ist im Hobbymaßstab egal. Vor allem sind die günstigen Spindeln von bekannten Shops sowieso völlig daneben, was Genauigkeit angeht. Hab meine mit entsprechenden Wasser-Zuckerlösungen mal gegengemessen: bis zu 0,8°P Abweichung. Und ja, ich habe dabei Leitungswasser und kein Destilliertes genommen, da der Fehler eben unbedeutend ist.
Gruß
Magnus
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M0ps
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#17

Beitrag von M0ps »

Ich weiß, aber du misst die Differenz der Brechung zu normalen Wasser als Bezugsgröße :P Ich kann dir jedenfalls nur zustimmen und manchmal nervt mich das Trara, dass manche ums Messen veranstalten. Bzw nervt mich vor allem wenn hier immer wieder gegenüber anfänger propagiert wird man müsste sein Refraktometer ja unbedingt mit dest. Wasser nullen...
Achja und das ATC ist natürlich auch da um Unterschiede in der Würzetemperatur auszugleichen :D
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olibaer
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#18

Beitrag von olibaer »

heizungsrohr hat geschrieben: Dienstag 29. Mai 2018, 11:54 Wenn deine Spindel oder dein Biegeschwinger 12°P ausspuckt sind damit 1048,4 g/l gemeint
Und genau das ist falsch und sorgt relgelmäßig für Irritationen:

1,048 ist nicht die Dichte (g/ml) einer unvergorenen Probe mit 12°P, sondern SG(20/20).
Für 12°P oder eine 12%-ige Saccharoselösung müsste eine Dichtemessung 1,0465 g/ml ergeben.
DichteSaccharose12.PNG
DichteSaccharose12.PNG (15.48 KiB) 3462 mal betrachtet
... nur so am Rande.
Gruss
Oli
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#19

Beitrag von heizungsrohr »

Ich habs geahnt, dass ein Altvorderer an der Stelle einhakt. :Wink

Hab eben auch den Artikel zur Dichte im Braumagazin gelesen und es selbst gemerkt. Aber abgesehen von dem exakten Wert sollte es ja trotzdem stimmen.
Gruß
Magnus
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katzlbt
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Re: Warum destilliertes Wasser?

#20

Beitrag von katzlbt »

Eigentlich sollte die originale Frage leicht zu beantworten sein. Spindeln und Biegeschwinger messen die relative Dichte (SG) per Definition mittels Spezialfall der relativen Dichte zu destilliertem Wasser bei einer bestimmten Temperatur und einem bestimmten Druck. Daher eicht man mit destilliertem Wasser.

Lustig wird es erst wenn man nach der "bestimmten" Temperatur fragt: Plato nimmt 20°C/4°C, ASBC in America nimmt 20°C/20°C, Brix nimmt 17.5°C/17.5°C als Basis, und British SG nehmen 60F also 15.56°C/15.56°C. Siehe https://hobbybrauer.de/forum/wiki/doku. ... iositaeten

Ich glaube aber, dass normales Trinkwasser einen mit unseren Messgeräten nicht messbaren Dichteunterschied zu destilliertem Wasser hat. Hat das wer probiert?

LG,
Thomas.
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