Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

Hier kommt alles rein, was woanders keinen Platz hat.
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Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#1

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Gerührt oder Geschüttelt? Diese Frage beschäftigt nicht nur James Bond ... :Wink

Ein Erklärungsversuch am Beispiel des "Blue Bottle Exteriments" ...
Mehr O2 Konzentration in der Flüssigkeit sorgt für eine längere und intensivere Blaufärbung.

Resultat:
"Gut gerührt" hält mit "schlecht geschüttelt" nicht mit!
Aber man muss im Hinterkopf behalten: Der Magnetrührer kann kontinuierlicher "schlecht rühren" als ich "gut schütteln" ... :-)

Hier der Versuch: https://youtu.be/8MH4YP2To3Y

Edit:
Die 2. Version, inklusive Schneebesen, O2 Buddel, Aquariumpumpe und Plätschern >> https://youtu.be/XfnTS1dOEd8
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Dienstag 23. Oktober 2018, 11:08, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter?

#2

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

beryll hat geschrieben: Sonntag 21. Oktober 2018, 23:49 Aber mal Spaß beiseite, mit dem Ausgang hätte ich nicht gerechnet!
Ich auch nicht :-)
Und ... Es reicht schon aus, einen O2 Schlauch aus der Medi-Gasbuddel in den Hals des Erlenmenyers zu halten, um das Ergebnis drastisch zu verändern :Wink
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter?

#3

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

PS: Das bringt mich auf eine Idee - um einen echten Mehrwert zu schaffen.
Morgen folgen Teile 2-6: "Plätschern lassen vs. Aquariumpumpe vs. Schneebesen vs. O2 Injektion vs. Rührer+O2" :Bigsmile
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter?

#4

Beitrag von Tozzi »

Yepp. Das sage ich ja schon lange.
Nichts geht über Sauerstoff aus der Buddel. Muss sensibel dosiert werden, kostet aber nicht die Welt und wirkt Wunder.
Und ist immer keimfrei. Braucht keinen Sterifilter.
Man muss aber wissen, womit man es zu tun hat. Kippe im Mund ist no-go. Ölige Finger auch.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter und die Anstellwürze?

#5

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Version 2 ist fertig :-)

Wie bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

Visualisiert anhand des "Blue Bottle Experiments". Je länger und intensiver die Blaufärbung des Mediums, desto mehr Sauerstoff ist in der Flüssigkeit gelöst.

Es treten an:
- Magnetrührer (Erlenmeyer)
- Schütteln
- Umschütten / Plätschern
- Schneebesen
- Aquariumpumpe mit Sterilfilter
- medizinischer Sauerstoff
- Magnetrührer (Becherglas)
- Magnetrührer (mit O2 Schlauch im Kopfraum)
- Magnetrührer (mit O2 Schlauch im Medium)
- Gegenprobe: Schütteln

Der Magnetrührer bleibt für Starter trotz der zugegeben ernüchternden Wirkung das Mittel der Wahl, denn er trägt den Sauerstoff kontinuierlich ein bzw. das CO2 kontinuierlich aus. Wer seinen Starter jedoch regelmäßig in kurzen Abständen durchschütteln kann, fährt sicher nicht viel schlechter, bzw. genauso gut.
Bei der Belüftung ist der medizinische Sauerstoff ganz klar vorn, aber auch, wenn man nur den Kopfraum damit flutet? Eine zu starke Sauerstoffgabe kann auch kontraproduktiv sein und ganz ungefährlich ist reiner Sauerstoff auch im Handling nicht.
Wie der Schneebesen und die Aquariumpumpe im Vergleich zur O2 Buddel abschneiden und was Plätschern wirklich bringt seht ihr hier:
https://youtu.be/XfnTS1dOEd8 :Bigsmile
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#6

Beitrag von brauflo »

Klasse!
Vielen Dank für dies erhellende Experiment.
Höchste Zeit für einen Magnetrührer...
:thumbup
________________________________________________________________

... wollte ich immer schon mal machen...


Meine Vorstellung:
viewtopic.php?p=184866#p184866
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#7

Beitrag von Gartenbrauer »

Tolles Experiment.

Aber mir drängt sich die Frage auf: "Wieviel Sauerstoff braucht die Hefe denn in den verschiedenen Phasen der Vermehrung?"
So viel wie eben geht, oder gibt es eine Obergrenze?

Harald
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#8

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Gartenbrauer hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 08:22 Aber mir drängt sich die Frage auf: "Wieviel Sauerstoff braucht die Hefe denn in den verschiedenen Phasen der Vermehrung?"
So viel wie eben geht, oder gibt es eine Obergrenze?
Die Hefe braucht nur in der Vermehrungsphase Sauerstoff. Danach ist Sauerstoff kontraproduktiv.

Mit dem Magnetrührer liegt man nahe am Optimum, wenn man ihn die ersten 1-2 Stunden jedes Propagarionsschrittes so schnell drehen lässt, dass der Vortex am Rührfisch leicht plätschert. Danach soll der Magnetrührer ganz langsam gedreht werden, damit die Starterwürze (ohne O2 Eintrag) nur leicht in Bewegung ist, um das CO2 auszutreiben.
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Dienstag 23. Oktober 2018, 10:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#9

Beitrag von monsti88 »

Schöne Versuchsreihe! Was ist das denn für eine Chemikalie, die du da benutzt hast?
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#10

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

monsti88 hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 08:52 Schöne Versuchsreihe! Was ist das denn für eine Chemikalie, die du da benutzt hast?
Wasser, Ätznatron (NaOH), Methylenblau und Glucose. >> http://www.chemie.de/lexikon/Blue-Bottl ... iment.html
Wichtig: Das NaOH getrennt von der Glucose anrühren. Beides zusammen, mit nur wenig Wasser, gibt eine recht heftige exotherme Reaktion. NaOH heißt nicht umsonst ÄTZnatron (Augen schützen, Hautkontakt vermeiden)!
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#11

Beitrag von Johnny H »

Tolles Experiment. Hätte nicht gedacht, dass sich das so stark unterscheidet.

Bevor ich einen Magnetrührer angeschafft habe, habe ich immer einen Sprudelstein im Starter hängen gehabt und mit permanenter Belüftung auch für CO2-Austrieb, Umwälzung und Bewegung gesorgt - so zumindest mein Denken. Das Blöde daran fand ich immer, dass man um den Schlauch herum nicht so richtig abdichten kann, und einmal hat mir auch eine Essigfliege einen Starter versaut.

Letztlich stellt sich aber schon die Frage, wie viel Sauerstoff man im Starter überhaupt braucht - in meinem Verständnis findet im Starter der Großteil des Hefestoffwechsels dank Crabtree-Effekt anaerob statt, und den Sauerstoff braucht man hauptsächlich für die Sterolbildung und die Zellwände und weniger für den Stoffwechsel.

Und kann man mit Belüftung im Starter womöglich sogar des Guten zu viel tun - Stichwort Oxidation?
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#12

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

So habe ich Uli auch verstanden. Extraktabbau spielt beim Starter keine Rolle. Die Zellen sollen in der Würze finden, was sie brauchen, um gesund groß zu werden. Am Anfang geht es um die gesunde Vermehrung - also eine kurze Zeit am Beginn jedes Propagationsschrittes oder beim Anstellen des Sudes. Dafür ist Sauerstoff erforderlich, sowohl im Starter als auch in er Anstellwürze. Nach der aeroben Vermehrungsphase soll kein Sauerstoff mehr da sein.
Im Starter sollen die neu gebildeten Zellen nach der Vermehrungsphase anaerob heranwachsen - möglichst stressfrei - also nicht im "aeroben Boostmodus" mit Faktor 19, sondern langsam und in Ruhe. CO2 soll möglichst gut ausgetrieben werden (ohne dabei Sauerstoff einzubringen).
In der Anstellwürze soll die Hefe nach der Vernehrungsphase ebenfalls die Nährstoffe anaerob verstoffwechseln und nicht in den schnellen Citratzyklus wechseln.
Zuletzt geändert von DerDerDasBierBraut am Dienstag 23. Oktober 2018, 10:20, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#13

Beitrag von bwanapombe »

Mir hat sich mal eingeprägt, daß der Energiestoffwechsel der Hefe aerob 19x effezienter ist als anaerob.

Sprich: Mangel an Sauerstoff bremst den Stoffwechsel und damit im Starter die Vermehrung.

Im Hobbybrauerleben besteht das Problem, daß man nicht genau genug wissen kann, wann das Optimum an Sauerstoff erreicht oder überschritten ist. Deshalb ganz auf Sauerstoffeintrag zu verzichten, birgt das Risiko des "gebremsten" Stoffwechsels.

Dirk

Edit: Aerob bildet sich Wasser statt Alkohol, auch vorteilhaft im Starter, weil hefeschonend.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#14

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Faktor 19 stimmt :thumbup. Ich habe das oben gleich korrigiert.
Auch an dem Übertreiben der Belüftung ist was dran. Dabei geht es aber sicher eher um die (böse) Dauer-Sauerstoffversorgung (durch durchgehend schnelles Rühren), als um die initiale Sauerstoffversorgung zur Vermehrung.
Hier hat Uli was dazu geschrieben. >> https://hobbybrauer.de/forum/viewtopic. ... lus#p92076
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#15

Beitrag von Mailänder »

Gartenbrauer hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 08:22 Tolles Experiment.

Aber mir drängt sich die Frage auf: "Wieviel Sauerstoff braucht die Hefe denn in den verschiedenen Phasen der Vermehrung?"
So viel wie eben geht, oder gibt es eine Obergrenze?

Harald
Die Obergrenze erreicht man nur falls man mit reinem Sauerstoff belüftet, dann kan Sauerstoff sogar zu Gift für die Hefe werden. Belüftet man mit Umgebungsluft dann besteht diese Gefahr nicht. In der Propagation ist eine ständige Belüftung bis kurz vor dem Anstellen immer vortheilhaft und so wird es auch gemacht, vom 20 Liter Carlsberg Flask bis zu den Propagatoren mit mehrern Hektos Fassungsvermögen.
In Gegensatz zu was man erwarten könnte nimmt die Hefe im aeroben Modus Nährstoffe langsamer auf da pro Zuckereinheit aerobisch das 19-fache an Energie in Vergleich zum anaeroben Modus gewonnen werden kann. Anderererseits ergibt das eine höhere Vermehrungsrate was den Energiebedarf etwa erhöht wobei sich die zwei Effekte sich einigermaßen ausgleichen.
Die Hefe hat unter anaeroben Bedingungen immer den meisten Stress, produziert aber dabei auch die "leckersten" Nebenprodukte die für den Bierkarachter bestimmend auswirken, was aber nur bei der HG eine Rolle spielt, bei der Propagation überhaupt nicht.
Zuletzt geändert von Mailänder am Dienstag 23. Oktober 2018, 10:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#16

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Aber warum sagt Uli denn, dass der Magnetrührer am Anfang jedes Propagarionsschrittes schnell laufen soll (einleuchtend, Belüftung + effektive Vermehrung) und danach nur noch langsam (CO2 austreiben und kein O2 einbringen)? Das muss einen guten Grund haben.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#17

Beitrag von Mailänder »

Wo sagt er das genau? In den von dir gelinkten Post kann ich diese Aussage nicht finden?!
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#18

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Ich telefoniere öfter mit ihm, wegen der Hefesammelbestellungen. Würde demnächst natürlich auch nochmal nachfragen, falls wir hier keine Antwort darauf finden.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#19

Beitrag von bwanapombe »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 10:43 Aber warum sagt Uli denn, dass der Magnetrührer am Anfang jedes Propagarionsschrittes schnell laufen soll (einleuchtend, Belüftung + effektive Vermehrung) und danach nur noch langsam (CO2 austreiben und kein O2 einbringen)? Das muss einen guten Grund haben.
Vermutung: Mechanische Belastung der Hefe.

Was auch der Grund sei, ich mache es praktisch so, daß ich nur die Starterwürze belüfte und die Drezahl auf ein Minimum reduziere, sobald der Starter "angestellt" ist.

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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#20

Beitrag von Johnny H »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 10:43 Aber warum sagt Uli denn, dass der Magnetrührer am Anfang jedes Propagarionsschrittes schnell laufen soll (einleuchtend, Belüftung + effektive Vermehrung) und danach nur noch langsam (CO2 austreiben und kein O2 einbringen)? Das muss einen guten Grund haben.
Kontaminationsrisiko?
Hefe kann den Sauerstoff aus dauerhafter Belüftung wegen Crabtree gar nicht aufnehmen?

Ich meine, ich hätte mal gelesen, dass industrielle Hefepropagation oft auch bei sehr niedrigen Zuckerkonzentrationen abläuft, deswegen der Crabtree-Effekt nicht zum Tragen kommt und der Stoffwechsel komplett und über die gesamte Propagation aerob abläuft. Da ist dann dauerhafte Belüftung durchaus von Vorteil.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#21

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Meine Vermutung: Die Vermehrung soll pro Propagarionsschritt nicht ausufern.
Wir verzehnfachen die Würzemenge und wollen durch die initiale Belüftung eine schnelle Vermehrung der Hefe (etwa) um Faktor 10 erreichen, um Fremdorganismen die Chance nehmen sich in der Nahrung breit zu machen. Durch diese Balance zwischen Zunahme der Hefezellen und der Menge an Nährstoffen gibt es keinen Nährstoffmangel und alle Zellen können sich in den verbleibenden "anaeroben 22 Stunden" bis zum nächsten Propagationsschritt gut ausbilden.
Unter ständiger Anwesenheit von O2 vermehrt sich die Hefe "dauerhaft" schnell und das Zellen-Nährstoff-Verhältnis kippt. Neue Zellen haben nicht mehr genug Nahrung (FAN, Zink usw.) um gesund zu wachsen.
So ähnlich habe ich es auch im Buch "Yeast" gelesen, wo der White etwas über den Ausstoßfaktor (neuer Zellen) im Starter geschrieben hat. Viele Zellen und wenig Nahrung beschrieb er dort als ein sehr schlechtes Szenario für die Vitalität der Hefe.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#22

Beitrag von bwanapombe »

hmm, die 24-Stunden-Schritte sind für beruftätige, familienkompatible Hobbybrauer wie gemacht, aber nur "wie" gemacht. Meines Wissens wird aber auch professionell wird im 24-h-Takt propagiert.

Warum sollte man, wenn's auch schneller ginge, nicht gleich nach weniger als 24 Stunden weiterpropagieren wollen, also mit neuer Würze (inklusive neuem FAN, Zink etc.) in den nächsten Schritt gehen?

Ich war bisher der Überzeugung, daß die Vermehrung innerhalb der 24 relativ gleichmäßig verläuft und man da nichts willentlich durch Sauerstoffentzug bremsen sollte. Ausnahme der letzte Propagationsschritt, wenn dessen Ende vor dem Zeitpunkt des Anstellens fällt.

Muß mir Whites "Yeast" nochmal aus dem Regal holen.

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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#23

Beitrag von Johnny H »

In "Yeast" steht z.B., dass die meisten Starter ihre maximale Zelldichte nach 12-18 Stunden erreichen. (Braucht also ab diesem Zeitpunkt die Hefe weniger oder gar keinen Sauerstoff mehr?) Diese Zeit kann sich bei niedrigen Anstellzahlen auch mal verlängern, ist aber ansonsten offenbar mehr oder weniger die Regel. Zellwachstum hängt auch stark von den Anstellraten ab: zu hoch -> kaum Wachstun, zu niedrig: hauptsächlich Gärung und ebenfalls nicht genug Wachstum. "Yeast" spricht hier vom "yield factor".

Wenn man die Hefe im Starter nach dem ursprünglichen Zellwachstum eine Weile in Ruhe lässt, kann das durchaus auch Vorteile haben, da sie wohl Glycogen- und Trehalose-Reserven aufbaut.

Jens' Erklärung ergibt für mich durchaus Sinn. Die Sache ist aber ziemlich kompliziert, da die Hefe in meinem Verständnis nicht das eine oder andere macht, sondern immer alles mögliche! Zum Crabtree-Effekt (mit anderen Worten: Gärungspräferenz bei hohen Zuckerkonzentrationen trotz genügend Sauerstoff) habe ich auch noch den folgenden Thread auf HBT gefunden: Crabtree Effect and Over-aeration. Der zugeführte Sauerstoff wird ja vor allem gebraucht, damit die Hefe Sterole und ungesättigte Fettsäuren synthetisieren kann und weniger für aerobe Vermehrung - so jedenfalls mein Verständnis. Da gibt es aber offenbar auch Sättigungseffekte, wenn man diesem Post bzw. Bolton und Quain Glauben schenken kann, auf die sich der Poster bezieht:
There is a limit to the amount of sterols that yeast can synthesize, and you can determine this limit by monitoring the rate of oxygen uptake of yeast. Once the rate of uptake starts decreasing, sterol levels are maximized. This is essentially what Boulton and Quain's pre-oxygenation technique accomplishes. [...] Once sterol levels have reached their maximum, oxygen should not facilitate growth past that point, and therefore should not lead to excess cell mass.


Zu warm sollte der Starter auch nicht werden, weil beschleunigte Reaktionsraten negativen Einfluss auf die Fettsäurekonzentration in den Zellmembranen haben können und damit wieder die Viabilität sinkt lt. "Yeast", S. 137. Also dann schön langsam...

Je tiefer man eintaucht, umso komplexer wird das Ganze...
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#24

Beitrag von Tozzi »

Ich finde die Quelle gerade nicht mehr, hier war mal eine Dissertation verlinkt, die genau auf diese Thematik einging...
Demzufolge wird der verfügbare (freie) Sauerstoff von der Zelle sehr schnell aufgenommen und zur Sterolsynthese verwendet, bevor überhaupt eine nennenswerte Vermehrung stattfindet/stattfinden kann.
Die zur Verfügung stehende Menge O2, solange sie unter der toxischen Grenze bleibt, hat somit unmittelbaren Einfluss auf die Vitalität der Tochterzellen.

Bei Stammwürzen über 15˚P reicht der Luftsauerstoffgehalt nicht mehr aus, und man müsste eigentlich zu reinem Sauerstoff greifen.
Die Würzekonzentration hat darüberhinaus auch Einfluß auf die Löslichkeit.
Das wird halt meistens durch Overpitching einigermaßen kompensiert.

Im normalen Starter dagegen sollte der durchs Rührfischchen eingetragene Sauerstoff aber eigentlich ausreichen(?).
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#25

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Tozzi hat geschrieben: Dienstag 23. Oktober 2018, 20:10 Im normalen Starter dagegen sollte der durchs Rührfischchen eingetragene Sauerstoff aber eigentlich ausreichen(?).
Denke ich auch. Die "2 Stunden schnell und dann langsam Regel" von Uli hat sich mit dem Rührer bisher immer gut bewährt. Nur weil das Testmedium im Video aufgrund des zur Oxidation des Methylenblaus nötigen Sauerstoffs nicht blau wurde, bedeutet das nicht, dass die Hefe nicht ausreichend O2 bekommen hätte. Ich kann den O2 Gehalt leider nicht messen, um das verbindlich sagen zu können.

Aufgefallen ist mir persönlich auch, dass die "dauerhaft Vollgas Starter" von damals[tm] deutlich mehr Hefesediment erzeugt haben als die "2h schnell, dann langsam Starter" von heute[tm]. Die Gärung läuft heute aber sauberer und teilweise schneller durch als damals. Ob das jetzt an der Qualität des Starters liegt, oder allgemein an besseren Gärbedingungen, kann ich nicht eindeutig sagen.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#26

Beitrag von Tozzi »

Das ist halt auch alles ein überaus schwieriges Thema.
Meine Starter habe ich noch nie "künstlich" belüftet und werde das auch ohne triftigen Grund in Zukunft nicht machen.

Auf der Wunschliste steht natürlich irgendwann ein "Dissolved Oxygen Meter", aber die Dinger sind teuer.
Bis dahin muss man das halt aus dem "Bauchgefühl" heraus machen.

Ideal sind wohl 8-12 ppm (wobei 8 ppm wohl so ziemlich das Maximum dessen darstellen, was mit Raumluft möglich ist).
12 ppm werden von Wyeast angegeben als Richtwert für reinen Sauerstoff, für 60 Sekunden mit "Sprudelstein" infundiert.
Bei Platobomben strebt man wohl bis zu 15 ppm an, was halt ohne Sauerstoff aus der Buddel nicht machbar ist, zumal eben dann auch die Löslichkeit desselben nachlässt. Werte über 20 ppm dürften dann wiederum schädlich sein. Die erreicht man dann aber spätestens ab 20˚P gar nicht mehr, nicht mal mit der Flasche.

MrMalty und Co. empfehlen halt wahrscheinlich nicht zuletzt deshalb extrem hohe Pitching Raten bei konzentrierteren Stammwürzen, da man den erforderlichen Sauerstoffgehalt in der Würze mit normalen "Bordmitteln" niemals hinbekommen wird.
Aus meiner Erfahrung ist es aber schon so, dass eine "Sauerstoffdusche" bis ca. 6 Stunden nach Anstellen nochmal Wunder bewirken kann, den EVG betreffend, wenn man darauf Wert legt (z.b. bei einem TW12 Klon).
Sobald die Hefe richtig "angekommen" ist, lässt man das aber tunlichst lieber.
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter und die Anstellwürze?

#27

Beitrag von Dyrdlingur »

DerDerDasBierBraut hat geschrieben: Montag 22. Oktober 2018, 22:25 - Magnetrührer (mit O2 Schlauch im Kopfraum)
- Magnetrührer (mit O2 Schlauch im Medium)
Wa für einen Druckminderer hast du denn? Bist du mit ihm zufrieden?
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#28

Beitrag von DerDerDasBierBraut »

Hi Klaus. Der Druckminderer nennt sich "GTI Rescue 25 Druckminderer". Kann von 1-25 Liter pro Minute in vordefinierten 1 Liter Schritten geregelt werden. Wobei 1 Liter pro Minute in Verbindung mit einem sehr feinen Sprudelstein (0,2 µm) sehr gut funktioniert, wenn der Luftstein recht weit unten in der Würze hängt. Der Druckminderer kommt aus dem medizinischen Bereich und ist entsprechend solide verarbeitet.
"Da braut sich was zusammen ... "
"Oh, Bier ;-) !"
"Nein! Was Böses!"
"Alkoholfreies Bier??? ..."
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Viele Grüße
Jens
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Sura
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Re: Gerührt oder Geschüttelt? Wir bekommt man mehr Sauerstoff in den Starter oder in die Anstellwürze?

#29

Beitrag von Sura »

Sehr gutes Experiment! Danke!
"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem."
(Karl Valentin)
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