High Gravity bei Brauereien?

Hier kommt alles rein, was woanders keinen Platz hat.
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Zoigl Jehovas
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High Gravity bei Brauereien?

#1

Beitrag von Zoigl Jehovas »

Servus allerseits,

heute habe ich bei meinem zur Zeit nicht sehr anspruchsvollen Job die Gedanken schweifen lassen und mir überlegt, wie ich aus meinem Equipment mehr Ausschlagwürze raus bekomme, bis mir die limitierenden Faktoren Rücken und Kellertreppe in den Sinn kamen. Trotzdem habe ich mich gefragt, ob Brauereien High Gravity anwenden. Habt Ihr da Infos dazu?

Grüße
Martin
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#2

Beitrag von §11 »

Gibt es schon, allerdings nach meiner Erfahrung viel seltener als gedacht. Ist irgendwie so wie die PVPP Geschichte.
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#3

Beitrag von Zoigl Jehovas »

Danke für die Antwort. Was ist denn PVPP?
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§11
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#4

Beitrag von §11 »

Polyvinylpolypyrrolidone ein Kunststoff der Gerbstoffe aus dem Bier bindet um es gegen Eiweisstruebung zu stabilisieren. Es wird danach, bis auf technisch unvermeidbare Mengen, wieder rausgefiltert. Das Thema wird immer wieder benutzt um in Diskussionen gegen das Reinheitsgebot zu argumentieren das zum Beispiel harmloses Salz im Bier verboten ist, aber das boese PVPP nicht. Dabei klingt das immer so als wuerde praktisch jede Brauerei PVPP einsetzen (was eher die Ausnahme ist). Ausserdem klingt das natuerlich erstmal uebel, Plastik im Bier, verkennt aber das PVPP auch in der Medizin eingesetz wird.
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#5

Beitrag von hyper472 »

Bud light wird wohl High Gravity gebraut. Soll eigentlich 7% ABV haben und unverdünnt recht lecker sein.
Kenne es aber nicht.
Viele Grüße, Henning
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schlupf
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#6

Beitrag von schlupf »

Das kam gerade in der letzten Folge vom New Zealand Brewer podcast vor. Da hatten sie einen ehemaligen Brauer einer der dortigen Großbrauereien, wo auch standardmäßig high Gravity gebraut wird/wurde. An den Faktor erinnere ich mich nicht, aber dass er sagte, es wurde erst am Filter auf Endstärke verdünnt.

Die haben da aber noch einen Haufen anderer komischer Sachen gemacht, wie kontinuierliche Fermentation mit nur 2 Linien und die Biere wurden erst vor dem Abfüllen mit Zucker und Malzextrakt (vermutlich Farbebier) zu verschiedenen Marken diversifiziert.
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#7

Beitrag von Iceman2 »

Ich habe knapp 10 Jahre lang in der Getränkeindustrie als Automatisierer gearbeitet und habe dort tatsächlich primär Wasserentgasungen und Blender in Betrieb genommen.

Blender sind im Endeffekt die Anlagen welche das High Gravity auf Stammwürze direkt Inline in der Leitung anpasssen. Das heißt man hat vorrangig nach dem Filter einen Blender zu stehen, direkt am Auslauf der Filters ist der Blender und gleichzeitig Carbonisierer, welcher online die Stammwürze misst (Anton Paar) und an man eine Stichleitung hat um entgastest Wasser dazu zu dosieren. Gleichzeitig misst das Anton Paar den CO2 gehalt und über eine weitere Stichleitung mit CO2 wird auf den gewünschten Carbonisierungsgrad geregelt.

Vorteil:
- Man kann stärker einbrauen = mehr Bier aus einem Gärtank
- Carbonisierung kann nachträglich angepasst werden

Nachteil:
- auch bei kleinen Anlagen sehr teuer wegen der Messtechnik
- man brauch eine Wasserentgasung um möglichst keinen Sauerstoff einzutragen
- höherer CO2 verbrauch

In der Industrie ist das schon sehr sehr weit verbreitet.
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olibaer
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#8

Beitrag von olibaer »

Hi Martin,
Zoigl Jehovas hat geschrieben: Mittwoch 6. Mai 2020, 16:36 ... Trotzdem habe ich mich gefragt, ob Brauereien High Gravity anwenden. Habt Ihr da Infos dazu?
Iceman2 hat in #7 angedeutet, dass "blending" keine einfache Sache ist. Zwangsweise benötigt man einiges an KnowHow, Anlagentechnik, Messgeräte und an Erfahrung. Was an dieser Stelle in Brauereien passiert, dass zaubert man in der Umsetzung nicht mal so eben aus dem Hut. Mit einem einfachen verdünnen, so wie wir uns das vielleicht vorstellen, hat das nichts mehr zu tun.

Offensichtlich herrscht ein verklärtes Bild vor, was "High Gravity" überhaupt bedeutet.
Gerne wird angenommen, dass Brauereien ein Bier mit ~ 16-18°P einbrauen und es dann auf 11-12°P runterverdünnen.
Weit gefehlt: geblendet wird in der Regel um 1 oder 2 Platograde - nicht mehr, z.B. von 13,5°P auf 11,9°P.

Bleibt man im Beispiel und nimmt 20 Liter Kaltwürzemenge an, werden nach dem blending 22,7 Liter Kaltwürze daraus. Inwiefern das deinen Rücken entlastet ? Keine Ahnung.

Eine Rückverdünnung von Bier mit Wasser, insbesondere am Ende der Herstellung, ist eine sehr komplizierte Sache. Wenn der Hobbybrauer vergleichbares im Sinn haben sollte, dann bitte in kleinen Plato-Schritten und im Heißwürzebereich. Alles verschieden davon, haben wir einfach nicht im Griff.
Gruss
Oli
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#9

Beitrag von Zoigl Jehovas »

Hi Oli,

mit dem Rücken war es so gemeint, dass ich mit meinen Gerätschaften unter normalen Umständen ca. 30 Liter Ausschlag habe. Und die kann ich meinem Rücken noch zumuten über die steile Kellertreppe runter zur Vergärung. Natürlich träumt man von 40 Litern, aber das ist dann von mir alleine nicht mehr machbar, eben des Rückens wegen.

Wie das die Brauereien handhaben, ist halt interessant zu wissen.

Danke für die Beiträge. Mein Bier bleibt unverdünnt.

Grüße
Martin
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#10

Beitrag von Mehrbier »

olibaer hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 00:59 Hi Martin,
Zoigl Jehovas hat geschrieben: Mittwoch 6. Mai 2020, 16:36 ... Trotzdem habe ich mich gefragt, ob Brauereien High Gravity anwenden. Habt Ihr da Infos dazu?
Iceman2 hat in #7 angedeutet, dass "blending" keine einfache Sache ist. Zwangsweise benötigt man einiges an KnowHow, Anlagentechnik, Messgeräte und an Erfahrung. Was an dieser Stelle in Brauereien passiert, dass zaubert man in der Umsetzung nicht mal so eben aus dem Hut. Mit einem einfachen verdünnen, so wie wir uns das vielleicht vorstellen, hat das nichts mehr zu tun.

Offensichtlich herrscht ein verklärtes Bild vor, was "High Gravity" überhaupt bedeutet.
Gerne wird angenommen, dass Brauereien ein Bier mit ~ 16-18°P einbrauen und es dann auf 11-12°P runterverdünnen.
Weit gefehlt: geblendet wird in der Regel um 1 oder 2 Platograde - nicht mehr, z.B. von 13,5°P auf 11,9°P.

Bleibt man im Beispiel und nimmt 20 Liter Kaltwürzemenge an, werden nach dem blending 22,7 Liter Kaltwürze daraus. Inwiefern das deinen Rücken entlastet ? Keine Ahnung.

Eine Rückverdünnung von Bier mit Wasser, insbesondere am Ende der Herstellung, ist eine sehr komplizierte Sache. Wenn der Hobbybrauer vergleichbares im Sinn haben sollte, dann bitte in kleinen Plato-Schritten und im Heißwürzebereich. Alles verschieden davon, haben wir einfach nicht im Griff.
Hallo Oli,

kannst du das näher erläutern was du meinst? Gerade zu Beginn meines Hobbys habe ich die Verdunstungsmenge beim Brauen gnadenlos unterschätzt und musste teilweise 4 Grad Plato runter verdünnen. Hopfenmenge war ja auf das größere Volumen angepasst und stimmte auch. Gibt es da noch weitere Prozesse, die eine Rolle spielen?

Gruß
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#11

Beitrag von olibaer »

Hallo Gerdi,
Mehrbier hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 21:16 kannst du das näher erläutern was du meinst? Gerade zu Beginn meines Hobbys habe ich die Verdunstungsmenge beim Brauen gnadenlos unterschätzt und musste teilweise 4 Grad Plato runter verdünnen. Hopfenmenge war ja auf das größere Volumen angepasst und stimmte auch. Gibt es da noch weitere Prozesse, die eine Rolle spielen?
Grundsätzlich verdünnt ein Brauer nicht.

Viel lieber spricht man von verschneiden, blenden oder konfektionieren.
Selbst mischen ist eher ein Unwort. Mischen hat in der Wahrnehmung eines Brauers in Saftbuden oder in Brunnenbetrieben eine Heimat, "da die da ohnehin so allerhand Firlefanz betreiben" ;-)

Verdünnen hat für mich zum Primärziel, ad hoc einen Fehler zu korrigieren(reagieren auf etwas, dass nicht geplant war).

Hier wird gerne verdünnt, wenn nach dem kochen die Ist-Stammwürze nicht zur Plan-Stammwürze passt. Eine Unzahl von Rechnern steht zur Verfügung, die mit wenigen Klicks berechnen, welche Wassermenge dosiert werden muss, um z.B. von 13°P auf 12°P zu kommen. Hintergrund solcher Aktionen ist oft der, dass eine bereits gegebene Hopfengabe wieder zur ursprünglich geplanten Menge passen muss - sonst laufen ja die IBU aus dem Ruder.

Glück hat der(1):
Geplant 12°P / 20 L | Ist 13°P / 18 L

Pech hat der(2):
Geplant 12°P / 20 L | Ist 13°P / 20 L

(1) kann verdünnen, (2) sollte nicht


Wer gezielt High Gravity betreibt, hat immer zwei Rezepte am Start. Eines für die Brausorte, nennen wir sie PILS HG, und eines für die daraus resultierende Biersorte, nennen wir sie PILS. Für beide sind unterschiedliche Qualitätsparameter und Verfahren festgelegt, die erst mal nichts voneinander wissen.
Die Stückliste von der Brausorte PILS HG hat jetzt die ganzen Malze und Hopfen im Bauch, während die Stückliste von Biersorte PILS nur noch die Komponente Brausorte PILS HG und Wasser im Bauch hat.

Ich könnte jetzt noch Stunden referieren aber Fakt ist, dass High Gravity immer einen Masterplan hat oder haben sollte, nichts wird dem Zufall überlassen, während verdünnen auf Zuruf, in einer ganz anderen Welt Zuhause ist.

Verdünnen hat schon im Ansatz nichts wirklich unter Kontrolle, während HG das schon hat. Das sollte zunächst mal genügen :-)
Gruss
Oli
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#12

Beitrag von Mehrbier »

Hallo Oli,

ok, dass war auch genug, klar und nachvollziehbar. Danke. Ich habe mir über die Begrifflichkeiten nicht wirklich große Gedanken gemacht und muss dir zustimmen. Ich werde auch das Wort „verdünnen“ jetzt bedachter verwenden.

Gruß
Gerdi
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#13

Beitrag von Seed7 »

olibaer hat geschrieben: Donnerstag 7. Mai 2020, 00:59
Weit gefehlt: geblendet wird in der Regel um 1 oder 2 Platograde - nicht mehr, z.B. von 13,5°P auf 11,9°P.
Moin Oli,

Wo ist dann der gewinn?

Ich habe deinen zweiten post gelesen und und verstehe das system das jedes zwischenprodukt auch wieder eine rohstoff fuer einen naechsten schritt sein kann.

1-2 Plato ist nicht viel. Ist es nur fuer flexibilitaet, kleine (bewusste) korrekturen und produktdifferenzierung?

Ich weiss die grossbrauerei hier im dorf braut HG. Haben eine eigene quelle 8 km von der brauerei und eine grosse entgasungs anlage. BDie benuetzt u.a. CO2 aus der gaerung, die dan aber keine geschmaecke uebetragen darf. Ziemlicher aufwand.

Witzig ist das die Niederlaendische Craftbier organisation ihre mitglieder HG brauen 'verbietet'. Anscheinend haben die auch die 18 --> 12°Plato idee :)

Ingo
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#14

Beitrag von olibaer »

Hallo Ingo,
Seed7 hat geschrieben: Dienstag 12. Mai 2020, 12:18 Wo ist dann der gewinn?
[...]
1-2 Plato ist nicht viel.[...] u.a. CO2 aus der gaerung[...]Ziemlicher aufwand[...]Anscheinend haben die auch die 18 --> 12°Plato idee.
I. Mehrere Aspekte:
  1. Muss ich RHG-Konform blenden ?
  2. Will ich aus einem "Mutterbier"(Brausorte) mehrere blends(Biersorten) erzeugen oder will ich nur °P verdünnen ?
  3. Wo in der Herstellung sind die Engpässe(SH/GK/LK/DT) und was möchte ich durch HiGr erreichen(Kosten/Menge/Handlungsaufwand) ?
II. Ein Blending am Ende der Herstellung muss mindestens diese Parameter im Auge behalten:
  1. Stammwürze
  2. Farbe
  3. IBU
  4. Alkoholgehalt
  5. CO2-Gehalt
  6. O2-Gehalt
  7. EVG im Sinne von Extrakt wirklich
  8. Sortentypische Eigenschaften, z.B. "Hopfenaroma", "Vollmundigkeit"
Die in I. und II. benannten Punkte lassen sich nicht für jeden beliebig kombinieren. Die meisten Einschränkungen findet man wohl im Umfeld des RHG-Konformen-Blending. Hier muss die CO2 für das Blendingwasser aus Gärungskohlensäure stammen und eine Nachkorrektur von Bitterwerten während des Blendings ist auch nicht möglich.

Möchte ich aber trotzdem aus einem Mutterbier vier weitere Sorten blenden, nennen wir sie mal
  • Special
  • Export
  • Helles
  • Discount
liegt es nahe, dass das Mutterbier in seinen Qualitäten etwas über Spezial (mit seiner höchsten Stammwürze) liegen sollte. Je höher jetzt der Stammwürzegehalt, und zumindest die IBUs des Mutterbieres vom Maximum(Special) und vom Minimum(Discount) entfernt sind, umso schwieriger wird es, alle 4 Sorten während des blendings in ihren Eigenschaften unter Kontrolle zu halten, da über die Verdünnungsfaktoren bestimmt, die Wechselwirkung zwischen °P und IBU aus dem Ruder läuft.

In diesem Beispiel ist die Intention von HiGr also die, dass im Rahmen des RHGs aus einem Mutterbier möglichst viele Biersorten geblendet werden können, um im Bereich Filtration und DT(BBT) Kapazitäten freizuschaufeln, genau an dieser Stelle Kosten zu sparen und um kurzfristig auf Bedarfe von Randsorten reagieren zu können. Mit "Verdünnung" alleine hat das nichts mehr zu tun und der Spareffekt ist nicht über eine exorbitant hohe Stammwürze definiert, sondern über die Flexibilität, die sich am Ende der Herstellung ergibt und auf diesem Wege Kosten spart.

Jetzt nehmen wir mal' an, dass ich nicht RHG brauen muss und am Ende der Herstellung noch Iso-Alpha-Säuren, Hopfenöle ... etc. dosieren darf und bilde mir deshalb ein, ich könnte mein Mutterbier mit 18°P einbrauen. Das liest sich erst mal gut - ein gewaltiger Verdünnungsfaktor.
Aber:
  • A) ich kann daraus nur bedingt mehrere Sorten blenden - die Parameter(II.) laufen in der Verdünnung aus dem Ruder. Sie lassen sich in der Zielsorte nicht mehr auf Basis des Mutterbieres harmonisieren
  • B) man benötigt für diesen Vorgang einen eigenen Hefestamm parallel zum gewöhnlichen Hefestamm(-> Alkoholtoleranz, eigene Reinzucht, Platz im Hefekeller, Hygiene/Trennung)
  • C) Die Hauptgärdauer erhöht sich z.B. von 8 auf 20 Tage (-> Belegungen im Gärkeller)
Im Umfeld HighGravity immer nur den Verdünnungsfaktor im Auge zu haben, ist ein gefährliches Spiel und ich habe hier nur einen "Abriß" gezeichnet.
Gruss
Oli
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#15

Beitrag von Seed7 »

Danke Oli. Kommt ueberein mit wass ich mir gedacht habe. Flexibilitaet bei nah aneinander liegenden bieren und einsparungen bei sachen wie umstell verluste (Deutsch?), alles in einem rutsch und so spaet wie moeglich die differezierung.

Nicht von Russian Imperial Stout auf Porter.

Ingo
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#16

Beitrag von olibaer »

Hallo Ingo,
Seed7 hat geschrieben: Freitag 15. Mai 2020, 20:53 Nicht von Russian Imperial Stout auf Porter.
Genau, so in der Art :thumbup

Für den Hobbybrauer sehe ich im Umfeld von High Gravity eine maßvolle Rückerverdünnung mit Brauwasser im Heißbereich, die auf einen Zugewinn von Würzevolumen von maximal 15% zielt. Der Hobbybrauer sollte nicht versuchen jeden Fehler, den die Industrie schon vor 20 Jahren gemacht hat, nachzubilden und erneut auszuprobieren.
Gruss
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#17

Beitrag von Seed7 »

Fuer hobbybrauer, wie waere es mit eine geringe "verduennung" kurz nach ankommen der hefe --> sauerstoff aus leitungswasser, und danach ruhe (annstatt vom annstellfass).

Den blick auf "die Industrie" ergert mich zu oft. Viele schoene herkomliche, alte braumethoden die sinn machen werden ueber bort geworfen.

Ingo

ps habe "Der Hobbybrauer sollte nicht versuchen jeden Fehler, den die Industrie schon vor 20 Jahren gemacht hat, nachzubilden und erneut auszuprobieren. -- Olibaer" jetzt als signatur inm Niederlaendischem Forum eingestellt :)
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#18

Beitrag von olibaer »

Hallo Ingo,
Seed7 hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 00:05 Fuer hobbybrauer, wie waere es mit eine geringe "verduennung" kurz nach ankommen der hefe --> sauerstoff aus leitungswasser, und danach ruhe (annstatt vom annstellfass).
Ich könnte das nicht: Lauwarmes Leitungswasser in unvergorene, kalte Bierwürze oder in Jungbier kippen ?
Da sagt mir mein Brauerverstand: Stop !
Seed7 hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 00:05 Den blick auf "die Industrie" ergert mich zu oft. Viele schoene herkomliche, alte braumethoden die sinn machen werden ueber bort geworfen.
Das sortiert sich im Moment ganz neu ein. Für einen Hype wirds kaum genügen, aber immerhin für eine Rückbesinnung.

Seed7 hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 00:05 Olibaer" jetzt als signatur inm Niederlaendischem Forum eingestellt
Schauen wir mal, ob das gut für mich ausgeht.
Gummistiefel hätte ich, um ggf. über Priele und Kanäle ins Wattenmeer flüchten zu können :-)
Gruss
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#19

Beitrag von Seed7 »

olibaer hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 01:37 Ich könnte das nicht: Lauwarmes Leitungswasser in unvergorene, kalte Bierwürze oder in Jungbier kippen ?
Da sagt mir mein Brauerverstand: Stop !
Haha, du UG denker ;)

Ingo
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#20

Beitrag von Innuendo »

olibaer hat geschrieben: Freitag 15. Mai 2020, 23:23 Für den Hobbybrauer sehe ich im Umfeld von High Gravity eine maßvolle Rückerverdünnung mit Brauwasser im Heißbereich, die auf einen Zugewinn von Würzevolumen von maximal 15% zielt. Der Hobbybrauer sollte nicht versuchen jeden Fehler, den die Industrie schon vor 20 Jahren gemacht hat, nachzubilden und erneut auszuprobieren.
Neben dem Zugewinn Würzevolumen ist der Kühleffekt bspw. von 100° nach 80°C für einen Whirlpool mit Hopfengabe sehr praktisch. 15% als Maximum sehe ich nicht so eng, auch wenn ich mir sicher bin, dass Du für max 15% ein logische und fundierte Begründung hast.
Der KBH ist für High Grav ein sehr hilfreiches Werkzeug und erleichtert viele Berechnungen.

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Re: High Gravity bei Brauereien?

#21

Beitrag von olibaer »

Hallo Ingo,
Seed7 hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 07:58
olibaer hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 01:37 Ich könnte das nicht: Lauwarmes Leitungswasser in unvergorene, kalte Bierwürze oder in Jungbier kippen ?
Da sagt mir mein Brauerverstand: Stop !
Haha, du UG denker ;)
das hat mit OG/UG nichts zu tun.
Lauwarmes Leitungswasser direkt aus dem Hahnen, hat in keinem Bier etwas verloren. Vorzugsweise denke ich hier an die Mikrobiologie. :Wink
Gruss
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Re: High Gravity bei Brauereien?

#22

Beitrag von olibaer »

Hi Innu,
Innuendo hat geschrieben: Samstag 16. Mai 2020, 08:40
olibaer hat geschrieben: Freitag 15. Mai 2020, 23:23 Für den Hobbybrauer sehe ich im Umfeld von High Gravity eine maßvolle Rückerverdünnung mit Brauwasser im Heißbereich, die auf einen Zugewinn von Würzevolumen von maximal 15% zielt. Der Hobbybrauer sollte nicht versuchen jeden Fehler, den die Industrie schon vor 20 Jahren gemacht hat, nachzubilden und erneut auszuprobieren.
Neben dem Zugewinn Würzevolumen ist der Kühleffekt bspw. von 100° nach 80°C für einen Whirlpool mit Hopfengabe sehr praktisch. 15% als Maximum sehe ich nicht so eng, auch wenn ich mir sicher bin, dass Du für max 15% ein logische und fundierte Begründung hast.
[...]
Das ist der Mehrwert und beschreibt auch den Synergieeffekt, der sich ziemlich genau bei 15% Rückverdünnung im Heißbereich einstellt. Die Gründe für die ~15%:
  • keine zusätzliche Investition
  • kein Mehraufwand in der Praxis
  • keine zusätzliche Messungen
  • keine Änderung der Rezeptur(erkläre ich noch, aber nicht hier)
  • funktioniert unabhängig vom Rechentool
  • funktioniert unabhängig vom Anlagen- und Gerätekontext
  • keine Qualitätsverluste
  • keine MiBi-Probleme
  • kaum mehr Nachisomerisierungseffekte
  • beherrschbar und meßbar für jeden
  • die ~15% entsprechen in etwa dem, was der Hobbybrauer beim Kochen eindampft. Stichwort: Akzeptanz für High Gravity im klassischen Umfeld
Klar, wer die Spielwiese an dieser Stelle etwas ausgetreten hat, der kann/darf natürlich auch mehr. Kein Problem.

Ich verstehe die 15% Rückverdünnung im Heißbereich als "Jedermanns-High-Gravity".
Kann man so immer und bedenkenlos empfehlen, wenn mal jemand etwas mehr an Würze gewinnen, oder einfach nur erst Schritte in diese Richtung gehen möchte.
Gruss
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