Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben?

Hier kommt alles rein, was woanders keinen Platz hat.
FrankIbb
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Re: Braukunskeller Insolvenz

#51

Beitrag von FrankIbb »

Ich meinte mit dem Hochziehen eben, daß man daraus lernt und nicht den Kopf in den Sand steckt. Wenn andere darunter leiden ist es schwierig, die Hintergründe kenne ich nicht. Ich habe nun einmal großen Respekt vor Leuten die genug Arsch in der Hose haben es zu probieren. Die meisten sagen "ich hätte" manche sagen "ich habe".
Sind sie gescheitert? Nein, nicht wirklich. Und darum geht es auch. Aber aus dieser Diskussion kürze ich mich raus. Ich wollte es nur kurz klarstellen.
Gruß,
Frank
teamplayer
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#52

Beitrag von teamplayer »

Egal wer gerade den Threadtitel geändert hat, danke den Admins!!!
... so ist es in diesem Fall wirklich besser.

Jan :thumbup
Zuletzt geändert von teamplayer am Samstag 30. Januar 2016, 00:41, insgesamt 2-mal geändert.
FrankIbb
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#53

Beitrag von FrankIbb »

Ja, guter Titel..... Kann man? Meine Erfahrung kam ja schon. Ein paar Kleinbrauer gibt's hier ja noch....... Habt Ihr andere Erfahrungen?
Gruß,
Frank
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Bierfel
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#54

Beitrag von Bierfel »

Servus miteinander,

ganz einfach gesagt mann darf nicht mehr Geld ausgeben als man einnimmt.

Persönlich finde ich es immer, egal in welcher Branche, schade wenn es jemand "zerreißt", es hängen da ja immer viele persönliche Schicksale dran.

Grundsätzlich ist der Biermarkt, auf Grund der großen Konzerne und dem Kaufverhalten der Konsumenten geschuldet, ein Markt mit eher kleinen Margen.

Hier wurden ja schon recht eindrücklich und professionell die Marktsituation und Kostenstrukturen (z.B. Logistik!) aufgeführt.

Was mir beim surfen auf der Homepage des Unternehmens aufgefallen ist, ist die Zusammensetzung der Mannschaft.

Ein Brewmaster der sich CEO nennt
Ein Executive Assistant
Zwei weitere Brewmaster
Und zwoa Lehrbuam

Mein spontaner Eindruck, das sind ganz schön viele "Köpfe" und ganz schöne wenige Arbeiterlein. Auch wenn ich nur die untere Grenze an Gehältern annehme, die für diese Jobpositionen gezahlt werden, kommen da nicht ganz unerhebliche Summen zusammen.
Meines Erachtens ist das nicht gerade eine schlanke Struktur.

Ich denke schon das man als Kleinbrauer überleben kann, aber nur in der richtigen Gegend (Direktabsatz in der eigenen oder "befreundeten" Kneipe, kurze Wege zu vielen Konsumenten um die Kosten für Logistik zu drücken) mit einer extrem schlanken Struktur (EIN Braumeister, vielleicht ein Geselle und der Rest "ungelernte" oder Lerhbuam) und extremer Leidensfähigkeit in Bezug auf Arbeitsstunden.
Das ist nicht sehr romantisch aber wohl Voraussetzung für Überlebensfähigkeit.

Ich würd's mich nicht trauen....

Ein Beispiel für wie's gehen kann ist der Giesinger Bräu in München, wobei der das "magische" zehnte Jahr auch noch nicht überstanden hat.

Servus,
Gerrit
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§11
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#55

Beitrag von §11 »

teamplayer hat geschrieben:Egal wer gerade den Threadtitel geändert hat, danke den Admins!!!
... so ist es in diesem Fall wirklich besser.

Jan :thumbup
Den Titel hab ich selbst geändert :Pulpfiction
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#56

Beitrag von Grunzi »

Gut das der titel geaendrt wurde, hatte absichtlich nix geschrieben um ohne irgendeimen wissen auf wen nachzutreten.

Bezueglich davon leben, naja die grossen gruenden tochterfirmen und verchecken ueber die die spezialitaeten. Der vorteil fuer die ist, neben dem einkauf, das sie ihre vertriebskanaele und masxhinenpark haben. Natuerlich haben die echten kleinbrauer die schlechteren karten.

Die hipster diskussion ist hier nicht zielfuerhend
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§11
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#57

Beitrag von §11 »

Zum wo hab ich mal ( ich erinnere mich leider nicht mehr wo) eine ziemlich gute Studie gelesen. Man kann das sogar sehr genau sagen. Einwohnerzahl, Unistadt, öffentlicher Nahverkehr usw.

Welches Business Model ich mir erfolgreich vorstellen könnte sind Brew on premise Läden. Also Microbreweries wo man auch sein eigenes Bier brauen kann, für den Hobbybrauer ohne Platz und/ oder Erfahrung. Hier haben die auch noch meist einen Brewpub der das eigene Bier ausschenkt.

Was haltet Ihr davon? Würdet Ihr so was nützen?
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#58

Beitrag von Odin »

sowas wie Zoiglausschank? Jungbiefassen und daheim selber vergären?
Bierherstellung beginnt mit dem Ausschlagen der Würze
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§11
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#59

Beitrag von §11 »

Nein, man braut und vergärt in dem Laden.

Hier ein Beispiel http://www.northhighbrewing.com
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#60

Beitrag von Scheibelhund »

Odin hat geschrieben:sowas wie Zoiglausschank? Jungbiefassen und daheim selber vergären?
So hab ich das fast 10 Jahre im Nebenerweb gemacht. Bis ich dann meinen Hauptberuf an den Nagel hängte als ich schräg gegenüber meiner Zoiglstube das Hochzeiterschlößchen erwerben konnte und endlich Platz für eine eigene Communebrauerei hatte. Mit dem Speidel BM war auch eine Anlage gefunden, mit der man wirtschaftlich brauen kann.

Was vonnöten ist: Eine eigene Immobilie in der richtigen Lage + Eigenkapital um die Renovierung bzw. den Umbau zu stemmen. Keine Pachtobjekte.

Und dann nur Absatz im eigenen Lokal. Verkauf nach außerhalb nur als Thekenabfüllung (bei mir in weißen 1-Liter-Weinflaschen mit Schraubverschluß von der Palette).

Der einzige ganz wichtige Luxus: Eigene Bierdeckel

Ansonsten: Keine Drucktanks, keine Etiketten, keine Flaschenabfüllung, keine Belieferung an wen auch immer. Kein Versand per Post, somit auch kein Online-Shop. Keine Merchandiseartikel usw.

Und dann noch zwei Dinge, die den Craftbierfreunden nicht schmecken werden:

Nebst saisonalen Spezialitäten, die letztlich keine 5 % des Ausstoßes ausmachen die Konzentration auf eine einzige traditionelle Sorte, von der man nicht wie ein Apotheker davorsteht und einmal und nie wieder davon trinkt, sondern ein Bier was man gern jeden Tag trinkt und jetzt kommts:

Zu unschlagbaren Preisen (bei mir 0,5 Liter 1,90-2,20 €).

Daher meine ganz klare Aussage: Ja man kann davon leben, sehr gut sogar, wenn diese Vorraussetzungen vorliegen. Wenn z.B. die Immobilienfrage nicht gelöst ist, fehlt schon der Entscheidende Erfolgsfaktor usw.

Was wir mit BKK erleben ist der Beginn der Marktbereinigung der Craftbierszene, die, wie sollte es auch anders sein, denselben Gesetzen wie andere Konsumartiekl folgt.
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aus Freude, daß der Frühling nah ist,
und kommt der Frühling, trink' ich wieder,
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#61

Beitrag von cyme »

Man sollte beim neidvollen Blick auf die USA nicht vergessen, dass auch dort viele kleine Beauereien immer ihren angeschlossenen Brepub haben, bei dem auch Wert auf anständige Küche gelegt wird. Bis tatsächlich das Bier den Hauptunsatz bringt, muss man auch dort einiges wachsen.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#62

Beitrag von Sto Lat »

§11 hat geschrieben: Welches Business Model ich mir erfolgreich vorstellen könnte sind Brew on premise Läden. Also Microbreweries wo man auch sein eigenes Bier brauen kann, für den Hobbybrauer ohne Platz und/ oder Erfahrung. Hier haben die auch noch meist einen Brewpub der das eigene Bier ausschenkt.

Was haltet Ihr davon? Würdet Ihr so was nützen?
So bin ich zum brauen gekommen.
2010 bin ich einem Verein beigetreten, die den Mitgliedern für 100€ jährlich einen BM50 und die Infrastruktur (inkl Kühlzelle) zur Verfügung gestellt haben. Man durfte selber 200 Liter/Jahr brauen.

Vorteile waren:
- kaum Investition in die Infrastruktur meinerseits (5l Fässer habe ich gekauft)
- weder eigenes Wasser noch eigener Strom werden verbraucht
- es ist jemand da um zu fragen

Nachteile waren
- das Equipment wurde von mir teilweise nicht gut gereinigt vorgefunden (der Besitzer hat selber mit dem BM50 gebraut)
- ich war meines Wissens das einzige Mitglied
- in der Bar wollte ich kein Bier trinken: Trinken und brauen vertragen sich meiner Meinung nach nicht und nach dem brauen bin ich zu müde
- in der Bar wollte ich nichts essen oder trinken, da der Supermarkt gegenüber deutlich günstiger war
- Die Schlepperei der Fässer vom Brauraum nach Hause ging mir bald auf den Wecker

Letztendlich hat sich das ganze recht schnell wieder aufgelöst.
Ich glaube, diese Idee kann in einem Dorf sehr gut funktionieren.
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Sura
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Re: Braukunskeller Insolvenz

#63

Beitrag von Sura »

§11 hat geschrieben:
Der normale Konsument will ein Bier welches er problemlos in der Umgebung kaufen kann, welches schmeckt ohne mit "Nebengeschmäckern" zu nerven, welches man zum grillen wie zum Fussball oder Kartenspielen trinken kann, und welches kein Loch in die Haushaltskasse reisst.
Aber genau da sind wir ja schon. Dann kauft er sich eine Kiste OettWaKoeSteiner....
Das ist genau das was ich sagte: Hier ist noch keiner bereit für eine wirklich Wahl beim Bier. Genauso wie viele das Fleisch von Lidl ganz toll finden, Burger am liebsten bei McD gekauft und Klamotten bei Kik. Alles andere ist für viele auch schlichtweg zu teuer. Und ganz oft ist es so, das der Deutsche lieber etwas kauft was zwar schlechter sein mag als eine Alternative, aber da er weiß auf was er sich einlässt, kauft er keine Katze im Sack. Er will wissen was er bekommt. (Ich habe ein halbes Jahr in Frankreich gearbeitet, und wir haben uns jeden Sonntag auf McD gefreut weil wir da wussten was wir bekommen. Wir hatten schlicht keine Lust auf Experimente.)
Vielleicht fangen ein paar an DOCH vom Weg abzukommen, und lassen sich auf was neues ein. Das geht dann eine Zeit gut, der Hype geht ab, und auf einmal kaufts kaum noch einer weil es jetzt ja aufmal Mainstream ist aber dafür dann doch zu teuer. Schönes Beispiel hierfür ist Bionade.

Vor und während meine Studentenzeit habe schon in vielen teils sehr verschiedenen Bereichen gejobbt.... es ist so wie ich schreibe. Hype starten lieber nicht, Hype aufspringen dann doch gern, Hype verlassen weils jetzt alle machen aber auf jeden Fall! .... Die Deutschen sind so, das kann man einsehen oder auch nicht, es ist aber nunmal eben so.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#64

Beitrag von uli74 »

Wie schaffen es die unzähligen Mini-Brauereien in der fränkischen Schweiz zu überleben? Dort gibts in jedem Kaff mindestens eine Brauerei und das Bier wird vor Ort getrunken. Das Bier ist durchweg sehr gut und die Preise niedrig.
Gruss

Uli
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#65

Beitrag von Ladeberger »

uli74 hat geschrieben:Wie schaffen es die unzähligen Mini-Brauereien in der fränkischen Schweiz zu überleben? Dort gibts in jedem Kaff mindestens eine Brauerei und das Bier wird vor Ort getrunken. Das Bier ist durchweg sehr gut und die Preise niedrig.
Die Kosten sind gering. Wohnen und arbeiten im Eigentum, abbezahltes Sudhaus, kaum oder garkeine Angestellten (reine Famlienbetriebe), Essen gibt es zum EK. Aber mehr als das sprichtwörtliche "Überleben" ist da bei den meisten nicht drin.

Edit: Auf der anderen Seite war meine Wahrnehmung als ich zuletzt in der Gegend war, dass in den (Brauerei-)Gaststätten dort noch richtig was los ist, selbst unter der Woche. Da warten bei uns in der Gegend die Wirte darauf, dass sich ein Gast zu 3,70€ die Halbe ins Lokal verirrt. Was er immer seltener tut.

Gruß
Andy
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#66

Beitrag von flying »

Aber das war doch schon immer so. In den hier viel zitierten goldenen Zeiten als in jedem Ort noch etliche Brauereien existierten. Auch da konnte man nicht einfach mal so einfach eine Brauerei aufmachen und Bier verkaufen. Wer keinen Besitz hatte blieb Tagelöhner.

Ich lese aus diesen Startups immer heraus, man braucht nix außer einen Buisnessplan. Alles andere kommt von alleine...
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#67

Beitrag von toni0710 »

Ich hab eine Weile hier mitgelesen und wollte auch mal einen Kommentar dazu abgeben. Ich bin beruflich im Gartenbau tätig und nicht als Brauer, die Bedingungen für eine Existenz als Selbstständiger sind aber die gleichen. Das Kaufverhalten der Deutschen hat sich über viele Jahre dahingehend entwickelt für Lebensmittel, im weitesten Sinne also auch Bier, nur das absolute Minimum zu bezahlen und dafür höchste Qualität zu fordern. Anstatt z.B. Fleisch beim kleinen Fleischer zu kaufen wird lieber der "Abfall" mit fragwürdiger Herkunft im Supermarkt gekauft. Nicht weil es gut schmeckt, sondern weil es nichts kostet. Bei Obst und Gemüse ist es das gleiche. Wenn das neue Iphone 600€ kostet wird es bezahlt aber 2-3€ für ein Kilo Äpfel ist fast utopisch hoch.
Die einzige Chance als Unternehmen im Produktionssektor zu überleben und Geld zu verdienen ist ( und das ist deutlich leichter gesagt als getan) dem Kunde einen individuellen Mehrwert zu vermitteln.
Also warum z.B. soll der Kunde mein selbstgebrautes Bier kaufen? Weil es gut schmeckt? Das tun andere auch. Weil es regional ist? Das vielleicht schon eher.
Letztlich ist ein gutes Produkt mit höchster Qualität mittlerweile der Standard und nur durch ausreichendes, sinnvolles und gezieltes Marketing kann man den Kunden erreichen.
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§11
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#68

Beitrag von §11 »

Alles andere ist für viele auch schlichtweg zu teuer. Und ganz oft ist es so, da

Das ist so nicht ganz richtig. Lebensmittel sind billig wie nie, meiner Meinung nach zu billig. Wir Deutschen geben schlichtweg unser Geld lieber für ein IPhone oder den Webergrill aus als für das was wir essen.

Gruß

Jan
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Re: Braukunskeller Insolvenz

#69

Beitrag von Brian »

FrankIbb hat geschrieben: Im Endeffekt ist es wie ein künstlerischer Beruf/Schaupieler etc.
So sehe ich's auch. Brauer sind Künstler. Bier eine Komposition von Kreativität und Handwerk. Es gibt davon ein Massengeschäft und ein Nischengeschäft und reich werden davon nur die wenigsten.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#70

Beitrag von Nailgun »

§11 hat geschrieben:

Das ist so nicht ganz richtig. Lebensmittel sind billig wie nie, meiner Meinung nach zu billig. Wir Deutschen geben schlichtweg unser Geld lieber für ein IPhone oder den Webergrill aus als für das was wir essen.

Gruß

Jan
Genau! Hauptsache den großen Webergrill auf der Terasse stehen, aber das billigste Fleisch drauf... Hauptsache es gibt jeden Tag Fleisch... Anstatt nur alle 2-3 Tage ein "richtiges" Stück Fleisch!
Ein gutes Beispiel ist hier auch noch Motorenöl, für die Karre kann der Liter Öl nicht teuer genug sein, aber in die eigene Maschine, kommt nur der billigste Mist rein! Da ist der Liter Olivenöl für 17,50 schon zu viel...

Geiz ist halt doch leider Geil :thumbdown

Egal in Welcher Branche hat man mittlerweile bei uns als kleines bis mittelständisches Unternehmen Probleme. Das ist wohle leider der lauf der Dinge...

Hierzu kommt dann leider noch, das Bier eben der billige Durstlöscher ist! Erzählt man an einer normalen Stammtischrunde das man Heute eine 0,75l Flaschebier für 12,99 gekauft hat, wird man für verrückt erklärt. War es ein Wein für 30€ hat da keiner ein Problem damit...


Gruß Florian
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#71

Beitrag von §11 »

Genau! Hauptsache den großen Webergrill auf der Terasse stehen, aber das billigste Fleisch drauf... Hauptsache es gibt jeden Tag Fleisch... Anstatt nur alle 2-3 Tage ein "richtiges" Stück Fleisch!
Ein gutes Beispiel ist hier auch noch Motorenöl, für die Karre kann der Liter Öl nicht teuer genug sein, aber in die eigene Maschine, kommt nur der billigste Mist rein! Da ist der Liter Olivenöl für 17,50 schon zu viel...
wir schweifen zwar ab, aber spricht du mir aus der Seele. Fleisch für 1,99/Kg kaufen aber bei jedem noch so kleinen Lebensmittelzwischenfall (sag absichtlich nicht Skandal) ganz vorne dabei sein und schreien.

Geiz ist halt geil!

Lauthals den Mindestlohn fordern und von sozialer Ungerechtigkeit schreien und schön das Hemd aus Vietnam für 1,49 kaufen.

Das ist sie, eine schöne Deutsche Tugend! Widerwärtige Doppelmoral.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#72

Beitrag von Wauhoo »

Zum Titel direkt.

Die Antwort darf auf "Ja" lauten, wenn man selber mit allem auf dem Teppich bleibt und den Kunden ein Produkt anbieten, welches die Kunden auch haben wollen. Hier wird noch eindeutig zu wenig Marktforschung betrieben.

Eine Kleinbrauerei dürfte hier in D keinen Bestand haben, wenn sie Biere braut, die zwar dem Braumeister bzw. Inhaber schmecken, am Geschmack potentieller Kunden aber vorbeigeht.

Deutschland ist noch Pilsland, (nein, ich trinke selber kein Pils).

In Berlin hat es eine Kleinstbrauerei, (Stadteil Köpenick), die sich seit Jahren hält.

@§11
Lauthals den Mindestlohn fordern und von sozialer Ungerechtigkeit schreien und schön das Hemd aus Vietnam für 1,49 kaufen.
Lebst Du im Schlaraffenland? Aus Vietnam hat es hier keine Erzeugnisse; steht überall entweder China, USA oder Marokko drauf. Die Teile aus Marokko sind qualitativ um Längen besser als der Rest, freilich auch höher im Preis.

Will man in der EU qualitativ hochwertige außereuropäische Erzeugnisse, ist Marokko als Herstellerland erste Wahl.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#73

Beitrag von Hagen »

Wauhoo hat geschrieben:
In Berlin hat es eine Kleinstbrauerei, (Stadteil Köpenick), die sich seit Jahren hält.
Aber sicherlich nicht wegen der Qualität der Biere und des Benehmens des Wirts. Die dürften unter den "Worst 3" unter den mittlweile etlichen Berliner Brauereien laufen.
Sein Vorteil ist auf jeden Fall, dass er sein Bier in der eigenen Gaststätte ausschenkt.
Ist sicherlich grs. die effektivste Form des Vertriebs. Die beiden nächsten Spitzenkandidaten der "Worst 3" betreiben das im übrigen ebenso. Daher schaffen sie es - trotz der z.T. gräuslichen Biere - seit Jahren dennoch davon leben zu können.
Besten Gruß

Hagen

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#74

Beitrag von flying »

War das der rundumverglaste Pavillion mit dem urbanen Vollverkehrsfeeling? Da wo das Bockbier einen schönen Sauerton hatte und die Bedienung nicht mal wusste was jetzt das Bockbier war?

Den Kunden immer alles rechtmachen wollen ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Urigkeit, beherztes Auftreten, vor allem Authenzität kommt an. Ich erinnere mich immer gerne an unseren Ausflug in Frankfurt-Sachsenhausen in den Ebbelwoischenken. Da gibt es halt Ebbelwoi und wer was anders will kann gerne wo anders hingehen, was einem auch unverblümt vermittelt wird. Trotzdem brechend voll...
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#75

Beitrag von Bierfetischist »

flying hat geschrieben:Aber das war doch schon immer so. In den hier viel zitierten goldenen Zeiten als in jedem Ort noch etliche Brauereien existierten. Auch da konnte man nicht einfach mal so einfach eine Brauerei aufmachen und Bier verkaufen. Wer keinen Besitz hatte blieb Tagelöhner.

Ich lese aus diesen Startups immer heraus, man braucht nix außer einen Buisnessplan. Alles andere kommt von alleine...
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Sicherlich ist es der Traum vieler Hobbybrauer sich selbstständig zu machen und als Kleinbrauer davon leben zu können.
Ich finde, als Kleibrauer hat man die besten Voraussetzungen wenn die Braustätte (Kneipe oder passende Räumlichkeit) sich schon im eigenen Besitz befindet und nicht gerade die schlechteste Lage hat.

Sicher mag das auch hier oder da anders funktionieren, aber nur mit einem tollen Buisnessplan in der Tasche ohne jegliche Substanz wird’s wohl zu 99,9% in die Hose gehen. Wie Hagen hier schon auf die Schlossplatzbrauerei Berlin-Köpenick angemerkt hat, das Bier in der eigenen Gaststätte ausschenken dürfte wohl die effektivste Form des Biervertriebs sein.

In Bezug auf den Geschmack der Biere kann ich mich Hagen und flying jedoch nicht anschließen. Bei meinem letzten Besuch der Schlossplatzbrauerei (Sommer 2014) war das Helle, Weizen und das Chili-Bier auf jeden fall gut trinkbar, das Rauchbier das sie im Angebot hatten war zwar nicht so mein Fall, aber über Geschmäcker kann man ja bekanntlich vortrefflich streiten.

Die kleinste Brauerei Deutschlands
https://www.youtube.com/watch?v=lIDYUGKB2as

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#76

Beitrag von Sura »

§11 hat geschrieben:wir schweifen zwar ab, aber spricht du mir aus der Seele. Fleisch für 1,99/Kg kaufen aber bei jedem noch so kleinen Lebensmittelzwischenfall (sag absichtlich nicht Skandal) ganz vorne dabei sein und schreien.
Geiz ist halt geil!
Lauthals den Mindestlohn fordern und von sozialer Ungerechtigkeit schreien und schön das Hemd aus Vietnam für 1,49 kaufen.
Das ist sie, eine schöne Deutsche Tugend! Widerwärtige Doppelmoral.
Moral muss man sich auch erstmal leisten können..... Du vergisst, das eine Familie hier nunmal nicht im Schnitt 5000€ sondern nur 2500€ für alles was sie haben muss zur Verfügung hat. Und da hat dann die Moral das preisliche Nachsehen. Vor allem wenn man weiss, daß die Mondpreise beim Bio auch an den philosophischen Weltanschauungen die diesen Unterworfen sind liegt. Mein (halbes) Schwein im der Tiefkühle unten hat im Matsch gespielt und durfte ordentlich rumlaufen. Bio ist das nicht, aber es konnte leben ohne das man es mit Medikamenten am Leben halten musste und hatte Spass und Sport. Und kostete mich deutlich weniger als 5€ das Kilo.

Jeder muss abwägen. Und wenn ich abwägen muss zwischen einem Biosaft für meinen Sohn für 5€ oder ein handwerkliches Bier für 5€, dann ist wohl klar wo in dem Fall die Auswahl hingeht. Und ich habe immerhin noch genug im Portemonnaie das ich mir eine Wahl überhaupt mal leisten kann.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#77

Beitrag von Scheibelhund »

Ich hab vorhin mal reingespitzt bei der Brauerei in Köpenik. Ich war nicht dort, nur auf der Homepage und das erste was mir auffiel, waren die sehr zivilen Preise dort. Für mich ein Grund dort wiederholt hinzugehen wenn der Rest paßt.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#78

Beitrag von §11 »

... Du vergisst, das eine Familie hier nunmal nicht im Schnitt 5000€ sondern nur 2500€ für alles was sie haben muss zur Verfügung hat.
Nein, das vergesse ich nicht. Was aber Fakt ist, wir geben prozentual von unserem Einkommeb am Wenigsten in Europa für Nahrungsmittel aus. Wir sind Einkommenstechnisch in Europa sicherlich nicht das Schlusslicht, aber bei uns sind Lebebsmittel mit Abstand am billigsten.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#79

Beitrag von Wauhoo »

flying hat geschrieben:War das der rundumverglaste Pavillion mit dem urbanen Vollverkehrsfeeling? Da wo das Bockbier einen schönen Sauerton hatte und die Bedienung nicht mal wusste was jetzt das Bockbier war?
Ja.

Alle Sorten kenne ich da zwar nicht, aber hell, dunkel und dieses ägyptische(?) sind bekannt.
Den Kunden immer alles rechtmachen wollen [...]
[...] ist etwas, was nimmer nachhaltig funktionieren wird.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#80

Beitrag von Sura »

§11 hat geschrieben:
... Du vergisst, das eine Familie hier nunmal nicht im Schnitt 5000€ sondern nur 2500€ für alles was sie haben muss zur Verfügung hat.
Nein, das vergesse ich nicht. Was aber Fakt ist, wir geben prozentual von unserem Einkommeb am Wenigsten in Europa für Nahrungsmittel aus. Wir sind Einkommenstechnisch in Europa sicherlich nicht das Schlusslicht, aber bei uns sind Lebebsmittel mit Abstand am billigsten.
Aber weil alle die Möglichkeit habe die Tüte Nudeln für 30Cent statt italienische für 1,50€, oder Fleisch für 2,5/kg statt für 10€ heisst das doch nicht, das es alle machen?! Wir haben vielleicht die Möglichkeit, aber wir nehmen sie doch nicht alle wahr.
Davon abgesehen gehts doch darum, daß man sich ein besseres Bier kauft statt das billige?! Das nun damit zu begründen das wir ja billigeres zur Verfügung haben ist kein Argument dafür :)

Aber wir können das ausdehne aufs ausgehen: Ich zahle hier in fast jeder Kneipe für 0.5L (auch vom billigsten) rund 4.30€. Was sollte ich jetzt für zwei bezahlen? Das doppelte würde ich vom Gefühl her richtig erachten, wenn denn der Aufwand der Herstellung wenigstens halbwegs berücksichtig wurde. Das hiesse dann z.b. ich geh in die Stadt, lade meine Frau ein, wir gehen (günstig) Essen (zusammen 25€) + zwei Bier jeder (~18€) + Bus hin Taxi zurück (16€) + Babysitter (50€) macht dann ...109€ ... und du willst mir was von billigen kosten in Deutschland erzählen? Das Gesamtbild ist das entscheidende, nicht nur kleine Teile....
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#81

Beitrag von Hagen »

Ich wohne im Süden von Köpenick. 2-3 im Jahr lasse ich mich dazu hinreissen in die Schlossplatzbrauerei zu gehen. Fast immer irgendein Bier mit saurer Infektion, gerne auch mal Diacetyl. Wenn das Bier ohne Fehlnoten ist, ist es eben auch nur ok. Und der Wirt ist an Ungastlichkeit und 'Schroffheit kaum zu überbieten.
Dennoch ist der Laden fast jeden Tag brechend voll.

Die Gastronomiepreise in Berlin sind aber allgemein auf recht niedrigem Niveau. Erst recht für eine Metropole.
Jedenfalls hat man hier keine Probleme, die Halbe für um die 3 € zu bekommen.
Kalkulatorisch hält man sich hier an einen Aufschlag von 150-200% auf den EK beim VK. In Hamburg habe ich auch schon 800-900% erlebt.
So habe ich dort für ein Berliner Bier, dass dort 2,50/0,3l kostet 4,00€/0,2l bezahlen dürfen.

Hausgebraut im eigenen Laden ausgeschenkt macht das bei den Berlinern nun auch schon ein Aufschlag von 300-400% auf die Produktionskosten. Damit kann man dann auch schon ganz gut davon leben bei entsprechender Publikumsfrequenz.
Besten Gruß

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#82

Beitrag von Dekonstruktivist »

Scheibelhund hat geschrieben:Ich hab vorhin mal reingespitzt bei der Brauerei in Köpenik. Ich war nicht dort, nur auf der Homepage und das erste was mir auffiel, waren die sehr zivilen Preise dort. Für mich ein Grund dort wiederholt hinzugehen wenn der Rest paßt.


- Der Rest passt nicht, das stimmt leider so wie Hagen das beschrieben hat.

Zum Thema: Das BKK insolvent ist und Bierzauberei aufhört ist wirklich super schade - und ich werde mir gleich morgen sicherheitshalber noch ein paar Flaschen Armasi IPA holen. Aber, das ist leider auch ein völlig normaler Shakeout Prozess, der hier stattfindet. Das kann man in jeder aufstrebenden Branche erkennen. Beispiele dafür sind die Shakeouts der 20er Jahre im Automobilsektor, die der 2000er im Mobilfunkbereich und PC-Bereich usw. Der Markt wächst, immer weitere neue Player treten auf und trotzdem fliegen gleichzeitig auch immer mehr raus. Leider ein ganz gewöhnlicher Konsolidierungs- und Reinigungsprozess, der die Unternehmen mit unglücklichen Kostenstrukturen oder Finanzierungsengpässen zuerst bestraft. Wenn man sich so umhört unter den Brauern hier in Berlin dann kann im Moment auch keiner die riesige Nachfrage bewältigen, alle bauen Kapazitäten aus und investieren. Nur wer schreibt schon schwarze Zahlen, und seit wann? Der Markt ist von der derzeitigen Euphorie etwas überhitzt und wird bei der nächsten Abkühlung noch wachgerüttelt.

Leider sollten wir uns an diese Art von Nachricht gewöhnen, es werden noch weitere unserer geliebten Craft-Biere in der nächsten Zeit verschwinden.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#83

Beitrag von malzkeimpunktde »

Moin zusammen,

wartet doch bitte einfach das Statement von Alexander Himburg ab, dann wird sich alles klären. Spekulieren bringt gar nix...
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Hagen
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#84

Beitrag von Hagen »

Back to Topic: Sehe ich auch so. Wir wissen nichts. Darum kann zu dem Ursprungsthema selbst auch außer Beileidsbekundungen zu der Insolvernz als solcher nichts gesagt werden, was nicht rein spekulativ wäre.
Besten Gruß

Hagen

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#85

Beitrag von Ladeberger »

Wie bereits auf erster Seite erwähnt will sich Alexander Himburg voraussichtlich nächste Woche dazu äußern, insofern muss das Thema BKK tatsächlich nicht weiter beackert werden.

Das Diskussion die sich daraus ergeben hat rund um den Status quo der Branche, der Gastronomie und des Konsumentenverhaltens finde ich aber ausgesprochen spannend und auf hohem Niveau. Weiter so!

Gruß
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#86

Beitrag von Steamroller »

Ich weiß auch garnicht ob BKK alleine dastand oder nicht direkt mit der Brauerei Michelstadt und dem Besitzer, der soviel ich gelesen hatte auch Brauereiaustattung macht, zusammen hing. Vielleicht lagen die Problene dann ja nicht (nur) beim BKK. Ich hoffe und kann mir sehr gut vorstellen, dass BKK (vielleicht leider unter anderem Namen) wieder kommt/weiter macht. Jetzt einfach mal abwarten was von Alexander Himburg kommt.

Ich persönlich finde aber auch, dass eine Konzentration auf Flaschenmarkt und Vertrieb sehr schwierig ist und Direktverkauf (vor allem auch Brewpub/Gasthaus) und eine Vernetzung vor Ort für kleine Brauereien mit speziellen Bieren wichtig sind.

Gruß
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#87

Beitrag von uli74 »

Sura hat geschrieben:
§11 hat geschrieben: ... und du willst mir was von billigen kosten in Deutschland erzählen?
Die Rede war von den Lebensmittelpreisen (Preise im Lebensmitteleinzelhandel) und nicht von den Preisen die Du in einer Kneipe oder Restaurant bezahlst.
Gruss

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#88

Beitrag von Sura »

uli74 hat geschrieben:
Sura hat geschrieben:
§11 hat geschrieben: ... und du willst mir was von billigen kosten in Deutschland erzählen?
Die Rede war von den Lebensmittelpreisen (Preise im Lebensmitteleinzelhandel) und nicht von den Preisen die Du in einer Kneipe oder Restaurant bezahlst.
Und ich beziehe das darauf, das niedrige Preise in einem Lebenssegment noch lange nicht heisse, das man alles andere auch geschenkt bekommt. Hier gehts ja um Erwerb von Dingen die man im Prinzip nicht braucht und für die eine eher begrenzte Nachfrage besteht, und warum sich dafür nicht genug Kunden finden.... nur um das mal ganz abstrakt darzustellen.

Der erste Schritt sollte meiner Meinung nach nicht sein das eigene Produkt besser darzustellen als die normalen Konsumentenbiere. Die Reihenfolge: "das hier ist besser als das womit du zufrieden bist, also gib mir deine Stimme" hat noch nirgendwo funktioniert. Stattdessen ist vielleicht "Klar ist das was du hast in Ordnung, aber meinst du nicht auch das alles gleich schmeckt?" ist der bessere Weg. Der Konsument muss erstmal dazu gebracht werden wo wir schon alle mal waren: "Bier ist toll, aber irgendwie schmeckt doch alles gleich....."
Dazu müssen aber die kleinen Hersteller soweit aktiv werden das sie das Produkt mit welchem der Verbraucher momentan ganz zufrieden ist in Frage stellen. Auf jeder Ebene. Reinheitsgebot und Zusatzstoffe (das Jahr ist doch perfekt dafür!), Vielfalt, kommt aus der Gegend, Industrie vs. Handwerk..... tausend Möglichkeiten gibt es da! Natürlich muss man sich dafür organisieren. Da wirds bestimmt was geben, wir sind ja in Deutschland, aber deren Arbeit (wenn sie denn stattfindet) ist bestenfalls "unsichtbar" zu nennen.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#89

Beitrag von §11 »

Was ich sagen will das wir in Deutschland mit die niedrigsten Lebensmittelpreise weltweit haben. Wir wollen es aber auch nicht anders.

Es gibt Studien das z.B. In Köln die Zahl an teurer Elektronik, Iphonen und großen Fernseher völlig unabhängig vom Einkommen ist, im Gegenteil. D.h. die Leute sparen lieber an Lebensmitteln als an Konsumgütern. Um beim Beispiel zu bleiben, es wird nicht am Grill gespart, der muss von Weber sein, aber auf dem Grill landet das Billigste vom Billigen.

Das ist in anderen Ländern anders. Da ist Essen noch Genuss und es wird wert darauf gelegt was man isst.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#90

Beitrag von Sto Lat »

§11 hat geschrieben:Was ich sagen will das wir in Deutschland mit die niedrigsten Lebensmittelpreise weltweit haben.
Ich hätte bitte gerne ein echte Quelle zu der Aussage. Vor allem würde mich interessieren womit sich "niedrigsten" in Bezug setzt. Danke.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#91

Beitrag von FrankIbb »

Ich persönlich sehe keine Schuld im Reinheitsgebot. Ist oft eine Schutzwand, hinter der man sich verstecken kann....nur weil das Thema wieder aufkam. Meine persönliche Erfahrung ist, daß schon Interesse da ist. Die Massen erreicht man natürlich nicht, dafür ist man preislich nicht konkurrenzfähig. Aber es gibt eben auch Konsumenten, die Fleisch nicht nur im Supermarkt kaufen, sondern bei Fleischereien oder bei lokalen Betrieben, die nicht einmal unbedingt Bio sind, sondern so aufziehen, wie es früher üblich war. Das Fleisch ist teurer, dafür ist mehr in der Pfanne bzw im Topf. Ja, man muß es sich leisten können. Da gibt's schon eine Doppelmoral. Ähnlich ist es beim Bier. Massentierhaltung mit "Industriebier" zu vergleichen passt natürlich gar nicht wirklich. Auf Preis/Qualität reduziert schon eher. Es gibt Kunden, die zahlen für gutes, handwerkliches Bier auch mehr. Regionalität fördern kommt auch dazu. Ehrlich...können sich nicht viele leisten.
Aber vergleichen wir es mit Wein, da dieser Vergleich gerne gewählt wird:
Wer bietet seinen Besuchern Wein aus dem Tetrapack für 1 Euro irgendwas an? Da kann man auch etwas drauflegen. Richtig teurer Wein muß auch nicht sein. Die Masse landet bei 4-7€ pro Flasche. Manche gönnen sich was und zahlen mehr. Muß qualitativ nicht immer besser sein, aber manchmal sind gewaltige Unterschiede. Manchmal ist es auch nur: guckt mal, das leiste ich mir für Euch...
Ist bei Bier schon fast auf dem Niveau, zumindest geht es in die Richtung. Oettinger traut sich kaum einer anzubieten. Die anderen Größeren, wie Veltins, Krombacher, Becks etc. sind ok. Danach ....
Wein geht aber eher als Genuss durch als Bier. Wein ist eher elitär, Bier eher gewöhnlich. Das ändert sich zum Glück, dauert aber noch.
Ist eine persönliche Sicht. Qualitativ hochwertiges handwerkliches Bier im eigenem Ausschank anbieten zu gutem Preis ist wohl der Königsweg. Guter Preis ist aus Sicht des Verbauchers gemeint. Dafür muss natürlich viel Kapital oder die Immobilie da sein. Ich sehe nur vieles als Hype, der nicht lange hält. Auf Dauer hält nur Qualität zu vernünftigen Preisen. Wobei vernünftig echt relativ ist....
Gruß,
Frank
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#92

Beitrag von hufpfleger »

Sura hat geschrieben:[ist der bessere Weg. Der Konsument muss erstmal dazu gebracht werden wo wir schon alle mal waren: "Bier ist toll, aber irgendwie schmeckt doch alles gleich....."
Dazu müssen aber die kleinen Hersteller soweit aktiv werden das sie das Produkt mit welchem der Verbraucher momentan ganz zufrieden ist in Frage stellen. Auf jeder Ebene. Reinheitsgebot und Zusatzstoffe (das Jahr ist doch perfekt dafür!), Vielfalt, kommt aus der Gegend, Industrie vs. Handwerk..... tausend Möglichkeiten gibt es da!
HalloSura,

ich benutze jetzt mal ein Zitat von dir als Beispiel.

Die Überschrift (die geänderte gefällt mir besser), Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben? gibt wirklich einen Anreiz zum Nachdenken. Allerdings sind hier die meisten Beiträge auf die Vermarktung, Werbung und die Verbraucher gerichtet, zum Teil noch auf die ach so bösen Brauereien, die die armen Wirte mit ihren Verträgen knebeln. Diese armen Wirte dürfen kein anderes Bier ausschenken......
Ich möchte dazu mal meine Meinung einbringen und fange mal hinten an.
Diese "Knebelverträge" resultieren eigentlich aus einem Vertrag mit der Brauerei. Diese stellt je nach Absprachen mehr oder weniger die Einrichtung, Werbung, ev. Theke mit Zapfgarnitur, ev Kühlung.... und verlangt dafür einen entsprechenden, höheren Bierbezugspreis. Das wird aber keinem Wirt aufgezwungen. Ist aber logisch. daß die Brauereien ihre Investitionen auch wieder zurück haben wollen. Und das funktioniert nur über eigene Belieferung.
:Grübel Ich würd's als Brauerei nicht anders machen!
Der Preis vom Bier aus kleinen Brauereien, der ist doch garnicht wettbewerbsfähig. Die einzigste Institution, die dem "kleinen Brauer" entgegen kommt, ist der Zoll, da ist die Biersteuer nach Menge gestaffelt und steigt mit größerem Ausstoß. Schaut euch mal an, wie hoch der Preis von z.B. an Malz in Sackware ist und was es kostet wenn ein LKW kommt (ich bin bei Abnahme von 6-700kg von Thywissen nach Avantgardmalz gewechselt weil erstere mir plötzlich "Hobbybrauerpreise" berechnen wollten).
.....oder gebt z.B. bei Etiketten oder Bierdeckeln statt 1000 mal 100 000 oder mehr ein, daß sind schon gewaltige Unterschiede. Gleiches gilt für Hopfen, Hefe, selbst Strom.....
Der bürokratische Aufwand ist der Gleiche, ob ich jetzt 1hl Bier oder 1000hl Bier dokumentiere, in die Bücher eintragen und abrechne (von Personalkosten mal abgesehen).

Ein Kleinbrauer kann sich im Preis niemals mit den Großen messen. ......Und der Durstlöscher ist nun mal ein billiges, nein, kann man so nicht sagen, ein günstiges Bier! Und ab und zu mal ein teures Craft- Bier, da kann kein Kleinbrauer von leben.......ist meine Meinung

Das funktioniert nur, wenn man das Bier ohne viel Aufwand (keine Etiketten, Flaschenreinigung, Befüllung, Etikettenabpfriemeln, Versand, Zwischenlagerung, ...), wie vorher schon angesprochen, in der eigenen Kneipe ausschenken kann. Dann muß aber das Umfeld auch schon stimmen.
Gruß Dieter

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#93

Beitrag von Hagen »

Ich weiß bei dem ganzen Rumgegreine hier immernoch nicht, ob ich schmunzeln oder die Augen verdrehen soll.

Wer sagt, das man für ein gutes Bier als Flaschenware mehr als 3-4 €/L zu zahlen hat?
Nach wie vor, ich halte die Craftbeer-Preise für völlig überzogen und durch nichts gerechtfertigt.
Leute, wir reden selbst bei vorgenannten Preisen von einem Kistenpreis von 30-40 €! Das sind 6-8 Kisten Oettinger oder Stier-Pils! In Relation gesetzt macht das den Unterschied zwischen einer Flasche Wein vom Aldi (wo es oft auch gute Qualität fürs Geld gibt, man allerdings nicht den Prestigegewinn hat) und einer Weinflasche für 20 €. Als jahrzehntelanger (auch) Weintrinker habe ich selten Flaschen in dieser Preisklasse getrunken, die für den Mehrpreis subjektiv einen relativen Mehrwert brachten. Dies gilt genauso oder erst recht für Weine für 100 € und mehr.

Letztlich reden wir von Bier. Bei 'OG dazu noch eines mit zumeist relativ geringer Gär- und Reifezeit. Lass uns für den Materialeinsatz bzgl. des Hopfens gegenüber herkömmlichen Bieren vielleicht 20-50 c/L mehr rechnen. Auch die von Hufpfleger genannten Faktoren sind in Summe nicht unerheblich.
Aber warum, wenn nicht aus Marketinggründen und der Nachfragesituation heraus, soll ein solches Bier vielleicht auch "nur" das 6-fache kosten? Etwas anderes kann nur für cask aged oder ein jahrelang gereiften Kriek aufgrund der hohen Lagerkosten gelten.

Störtebeker zeigt mit seinem Atlantik Ale, dass ein solches Bier, durchaus ordentlich gemacht, nicht mehr als 1,60/L mit Zwischenhändlern im VK kosten muss.

Wer als Brauer meint, noch herum jammern zu müssen, wenn er für sein Bier "nur" 7,50 €/L (3x 0,33l á 2,50 €) im Direktverkauf bekommt, die, und auch etwas mehr ich ab und an durchaus zu zahlen gewillt bin, bei dem stimmt was nicht mit seiner Kostenstruktur oder er ist einfach zu gierig.

Und das Argument mit der besseren Qualität für den hohen Mehrpreis verfängt bei mir auch nicht. Dafür habe ich zuviel teure Biere getrunken, wo ich mich gefragt habe wofür.

Und ich weiß aus der Weinbranche welche Marketingsstrategien gefahren werden, um die Preise nach oben zu manipulieren. Nur ähnliche Mechanismen vermögen auf Dauer den Preis von Bieren und das Bewusstsein dafür bei weiten Bevölkerungsteilen zu verändern. Letztlich verbleiben aber ganz andere, affektive Geschichten (Luxusgut, elitärer Anspruch, vermeintliche Kennerschaft, das ganze noch pseudo-manifestiert durch irgendwelche ominösen positiven Kritiken in enschlägigen Rankinglisten etc., letztlich häufig aber nur Snobismus), die eine höhere Nachfrage und Bereitschaft völlig überhöhte Preise zu zahlen, begründen können. Wie man das auch bei Bier macht, hat Braufactum in den letzten Jahren im ansatz ja schon gut gezeigt (Des-Kaisers-neue-Kleider-Syndrom)
Das wird in den nächsten Jahren aber kommen, was im Ansatz gut ist, genauso wie viele Kleinbrauer in ihrem Wahn, ein außerordentlich gutes Bier zu brauen, mit ihrer Ignoranz und/oder fehlender wirtschaftlicher Umsicht im Rahmen der ebenos irgendwann anstehenden Marktbereinigung vor die Wand fahren werden-

Vielleicht zieht noch Mitleid mit dem armen Kleinbrauer, den man zur Pflege der Kulturlandschaft unterstützen und vor dem Untergang bewahren will (Tante-Emma-Laden-Syndrom).

Man kann hier in D auch keine Preise für ausländische Biere als Maßstab nehmen. Wenn man allein berücksichtigt, dass D die zweitniedrigste Biersteuer in ganz Europa hat und diese anderenorts teilweise fast das 40-fache beträgt, fragt man sich eher wie die Brauereien dort ihr Bier noch so "günstig" anbieten können.

Und ich finde es offen gestanden geschmacklos, wenn man Leuten, die wirklich nicht viel Geld zur Verfügung haben, dafür abwatscht, dass sie nicht bereit sind, das 6- bis 20-fache für ein Bier zu zahlen.
Da sind dann bei Enthusiasten vielleicht mal eine oder zwei Flaschen gelegentlich unter Verzicht auf andere Bedürfnisse machbar, mehr aber auch nicht. Ich habe einen Bekannten, der ein großer Bierfreund mit guter Zunge aber auch nur sehr begrenzten Geldmitteln ist. Es ist mir stets eine Freude, mit ihm hier ab und an ein paar Biere zu verkosten. Manchmal holt er sich selbst auch mal was besonderes, aber eben nur manchmal, weil er auch noch andere Interessen und Bedürfnisse hat.
Aber wahrscheinlich kotzen seine Armut und seine "falschen" Prioritäten manchen von euch nur an?.....
Besten Gruß

Hagen

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#94

Beitrag von §11 »

Sto Lat hat geschrieben:
§11 hat geschrieben:Was ich sagen will das wir in Deutschland mit die niedrigsten Lebensmittelpreise weltweit haben.
Ich hätte bitte gerne ein echte Quelle zu der Aussage. Vor allem würde mich interessieren womit sich "niedrigsten" in Bezug setzt. Danke.
Damit beschäftige ich mich unter anderem auch in meinem Job. Im wesentlichen vergleicht man einen sog. Standardwarenkorb weltweit und schaut wieviel Prozent des Einkommens dafür ausgeben muss. Somit sind die Ausgaben auf's Einkommen standardisiert. Andersrum zeigt dieser Wert wieviel für andere Ausgaben bleibt. Alle Ausgaben sind im sog. Cost of Living Standard zusammen gefasst, aber um den geht es hier nicht.

https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten ... nsumN.html

Quelle ist wie in jedem Land das jeweilige "Statistische Bundesamt".

Gruß

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#95

Beitrag von §11 »

@ Hagen

Falls du mich gemeint hast, so hast du mich falsch verstanden. Mir geht es nicht darum zu sagen das sich gefälligst jeder teures Bier leisten soll, es geht mir darum zu sagen das wir in Deutschland einfach verwöhnt sind was Lebensmittelpteise angeht.

Deiner Preisrechnung widerspreche ich. Wir nutzen eine bereits vorhandene Anlage und können eigentlich Preise deutlich unter 2€ für unser Bier im Händlerregal kostentechnisch nicht darstellen. Zumindest nicht in unserer relativ kleinen Auflage.

Gruß

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#96

Beitrag von Hagen »

Moin Jan,

nein, bezog sich nicht auf deinen Beitrag speziell, eher auf die Tendenz auch in anderen Beiträgen.

Wenn man auf einer Fremdanlage braut, ist das klar. Haben hier auch schon mit dem Gedanken eines Gypsysuds gespielt. Das lohnt sich wirtschaftlich nur begrenzt, ist eher die Tat an sich, die ihren Reiz hat.

Ich sehe die Crux darin:
Aktuell entwickelt sich das Interesse, andere Biere auszuprobieren und dafür auch gerne mehr Geld auszugeben, sehr langsam. Aber es kommt, was man besonders schön in Berlin sehen kann. Kleinbrauereien und Gypsymarken poppen hier allenthalben auf. Eine größere interessierte Kundschaft besteht hier auch, die bereit ist, für diese Biere auch mehr zu bezahlen. Dies liegt aber auch an dem zur Zeit in D noch recht übersichtlichem Angebot.
Diese Marktentwicklung wird sich auch in anderen Teilen Deutschlands deutlicher abzeichnen. Es wird ein großer Markt entstehen. Damit wird er auch interessanter für die Fabrikbrauereien. Diese werden sich bei ihrer Preisgestaltung ebenfalls zunächst an den höheren Marktpreisen orientieren. Dann wird jedoch auch wieder der Preis eine größere Rolle bei der Kaufentscheidung innerhalb einer breiten Angebotspalette spielen. Nun wird die Verdrängung über Qualität und Preis stattfinden.
Die Preise für "Spezialbier" werden flächendeckend sinken. Klein(-st)brauereien werden dann nur noch eine wirtschaftliche Perspektive mit ihren höheren Preisen haben, wenn sie sich als renommierte Marke innerhalb dieser Käuferschicht etabliert haben. Dabei ist es häufig sekundär, ob die Qualität der Biere dem Nimbus tatsächlich gerecht wird. Entscheidend ist, was sich in den Köpfen der Leuten für ein Image festgesetzt hat. Mit dieser Markeneinführung und -pflege zu beginnen dürfte jetzt der richtige Zeitpunkt sein.

Oder die Biere sind wirklich oder mutmaßlich so gut (nicht als Geheimtipp, sondern über entsprechende Kritiken einschlägig renommierter Biersommeliers und/oder Biermedien sowie entsprechender Awards verbreitet), dass eine starke Nachfrage trotz (oder wegen?) höherer Preise besteht.
Für viele der aktuellen Brauereien mit nur mäßigen oder gar schlechten Bieren (und davon haben wir auch in dem von uns geschätztem Segment bereits heute jede Menge!) wird es dann wohl oder übel das Aus sein.

Damit hat man aktuell mit einer Brauereigründung, die auf einen überregionalen Vertrieb angewiesen ist und sein wird, die Wahl zwischen Tod und Teufel:
Gründe ich jetzt, habe ich zwar nur einen kleinen übersichtlichen Markt, aber immerhin die Chance mich so oder so zu etablieren, mirmit dem Gewinn effizientere Produktionsmittel zuzulegen, die mich dann dank günstigerer Produktionspreise auch beim Preiskampf halbwegs mithalten lassen werden.

Gründe ich vielleicht erst in 2-4 Jahren habe ich mit für mich wirtschaftlichen Preisen nur noch eine Chance an dem größer gewordenen Angebots- und Nachfragemarkt mit sinkenden Preisen, wenn ich so hervorragende Biere herstelle, die es den Kunden als gerechfertigt erscheinen lassen, dafür einen überdurchschnittlich hohen Preis zu zahlen.
Wie es seit Jahren bereits der Weinmarkt zeigt, reichen hierfür allerdings auch entsprechende Kritiken von allenthalben als namhaft akzeptierten und ausgewiesenen Fachleuten und Fachzeitschriften.
Letztlich haben die meisten (solventen) keinen Geschmack, dem sie trauen würden. Sie kaufen dann lediglich das fachliche Renommee oder gar nur das Prestige der (preislichen) Exklusivität, das mit dem Produkt verbunden ist.
Besten Gruß

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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#97

Beitrag von Sto Lat »

@§11: Danke. Die Zahlen sind sehr interessant.
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#98

Beitrag von Sura »

Größtenteils stimme ich Hagen zu. Nur das ich nicht glaube das es über Prämierungen und Aussagen von Fachleuten geht. Der gemeine Kunde weiss nichtmal das es da was gibt bzw. interessiert sich nicht dafür. Und ehrlich gesagt hat mein Interesse auch erst mit der Reportage "Hopfen und Malz verloren" richtig angefangen. Das ist es was viel breiter getreten werden muss. Allein die Aussage das Dr. Oetker der größte Bierproduzent Deutschland ist, ist als Opener für jede Diskussion über Bierqualität nahezu perfekt.
Bei den Preisen muss ich aber $11 Recht geben. Ich kann mir kaum schönrechnen wie man selbsständig ohne Verlust unter 2€/Flasche produzieren sollte. Man wird ja kaum von jetzt auf gleich jeden Tag 5hl herstellen UND verkaufen können.....
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#99

Beitrag von murph »

Mahlzeit ihr Lieben,

habe jetzt nicht alle Zeilen gelesen, aber versuche mal, ohne geköpft zu werden, mal meinen Senf dazu zu geben.
Ich stehe ja mehr auf der Seite der Endverbraucher. Was ja auch schon erwähnt wurde, ist die Tatsache, dass für Lebensmittel nicht mehr viel Geld aufgewendet wird, oder werden muß. Ich halte von der Geiz ist geil- Geschichte überhaupt nichts. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich klein war, dass die Generation meiner Eltern für Nahrungsmittel ca. 70-75 % des Gehalts aufwenden musste. Heute sind es teilweise nicht mal 25 %. Und das dabei so einiges auf der Strecke bleibt, liegt auf der Hand.

Allerdings ist MEINE Wahrnehmung die, dass es mittlerweile wieder Hofläden gibt, die gut funktionieren mit eigenen Produkten, obwohl der nächste Penny 200 m entfernt ist. Ich glaube, dass es auch eine Frage des Konzepts ist. Einen Laden den ich kenne bauen eigenes Gemüse an, kochen eigenes Gulasch vor, usw. usw.

Meine Idee wäre eher als Kernkompetenz das gute Bier anzubieten, meinetwegen gleich in 2 L-Gebinden zum wiederbefüllen, als Nebenprodukt Treberbrot, zum Winter hin Räucherfisch und Wild..... und dieverse, dann zugekaufte haltbare, Spezialitäten, die man einfach mal so mitnimmt.

Wir leben doch heute in einer Überflussgesellschaft, die einfach nichts mehr benötigt, als das was ehe schon da ist on Top oben drauf. Das Qualitätsbewusstsein wächst doch langsam wieder, also wäre doch jetzt MEIN Gedanke, wie ich es schaffe das gebraute Bier an die Weinpreise anzupassen mit entsprechenden Qualitätshinweisen, als zu versuchen eine riesige Menge zu verteilen an der ich 20ct. verdiene. Da hätte ich perse schon keine Lust mehr. Weil ich auch keine Lust hätte in der ganzen Weltgeschichte rumzutingeln. Also würde ich zusehen, wie die zu mir kommen.
Aber wenn ich einem Menschen erzähle, dass ich naturbelassenes Handmadebier mit biologischen seltenen Hopfensorten habe, welche nur alle zwei Jahre verfügbar ist, weil die Pflanze in Tumbuktu nur alle zwei Jahre weibliche Dolden bildet.......

Manchmal muss man dem Kind einfach nur einen Namen geben. Reich wird man damit vielleicht nicht........aber glücklich.

So, ich hoffe ihr haut mir jetzt nicht die Ohren runter. Aber das wären so meine Gedankengänge. :Wink

LG
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Re: Kann man in Deutschland als Kleinbrauer vom Brauen leben

#100

Beitrag von cyme »

Sura hat geschrieben:Bei den Preisen muss ich aber $11 Recht geben. Ich kann mir kaum schönrechnen wie man selbsständig ohne Verlust unter 2€/Flasche produzieren sollte. Man wird ja kaum von jetzt auf gleich jeden Tag 5hl herstellen UND verkaufen können.....
Schon, aber wenn nicht groß, wie dann? Ich befürchte ja fast, dass viele zu zaghaft rangehen und durch vermeintliche Risikominimierung sich selbst den Erfolg verhindern. Beispiel BKK, direkt von deren Webseite die Südgrößen: 2011: 50L. 2012: 300L. 2013: 2500L. 2014: 5000L. 2015: 7500L. Brauer in den USA wurden gefragt, was man ihnen hätte vor der Gründung sagen sollen: "I am still amazed at how fast we are growing", " we should have started with a bigger system!", "We recently upgraded to a 20 barrel system, and we’re already planning the next expansion!", "I think the single biggest thing was that I thought too small.", und so weiter: http://microbrewr.com/what-i-wish-id-kn ... a-brewery/
Wenn man vorsichtig mit einem BM 200 anfängt dann jedes Jahr seine Anlage komplett austauschen muss, kommt man nie in die schwarzen Zahlen. Die Planung sollte von vornherein auf Erfolg und Wachstum ausgelegt sein. Wenn man für den Misserfolg plant, warum soll man dann überhaupt anfangen?
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