Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

Alle rechtlichen Fragen rund ums Brauen
Antworten
PSJaeger
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 258
Registriert: Donnerstag 24. September 2015, 12:07

Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

#1

Beitrag von PSJaeger »

Guten Tag liebe (Brauer)gemeinde,


beim letzten Stammtisch in Bonn ist die Idee der Vereinsgründung aufgekommen und wir haben intern schon ein wenig diskutiert.

Wollte aber gerne nochmal ein paar Info und Fragen hier klären, denn ich bin mir sicher, im Forum wird es einige geben, die ähnliches vor haben oder bereits geschafft haben. Ich habe bereits den Thread gelesen, der um das Kommunbrauhaus in Rehau geht. Das ist aber nicht ganz das, was wir vorhaben.

Konkrete Idee war es im ersten Schritt einen Verein zu gründen.
Der soll sich damit befassen den Stammtisch auszurichten, in weiter Zukunft vllt auch andere Veranstaltungen.
Außerdem wollen wir gerne das Hobbybrauen publik machen und über das Getränk Bier informieren (Verkostungen, Braukurse etc.).

Die Frage nach der Gemeinnützigkeit wird sich wohl stellen, aber aus den Erfahrungen der Kölner Bierhistoriker, ist es recht schwer das für einen Verein genehmigt zu bekommen, der sich mit Bier beschäftigt. Außerdem kämen viele zusätzliche Regularien damit dazu.

Hier ist jetzt also die Frage, ob man einen eingetragenen Verein gründen kann, der sich zum Ziel setzt Bier und Braukultur zu fördern, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und in gewissem Maße auch das historisch wichtige Hausbrauen unterstützt? Geht das durch?
Daran schließt sich auch an, ob man Veranstaltungen wie Kurse oder Verköstigungen anbieten kann, da ein Verein ja eigentlich nicht wirtschaftlich auftreten darf, außer wenn das damit verdiente Geld der Vereinsarbeit dient.


Außerdem kam die Idee auf einen Raum oder Räumlichkeiten einzurichten, die von den Vereinsmitgliedern gemeinschaftlich als Brauraum genutzt werden. Wie ein Vereinsheim, nur das wir kein Fussball spielen sondern Bier brauen. Hier kommt auch wieder die Frage auf, ob man den ganzen Kram mit Abnahme vom Amt machen muss, wenn das Bier nur von den Mitgliedern verbraucht wird. Wie würde das aussehen, wenn das Bier bei Vereinsveranstaltungen ausgeschenkt wird?


Hoffe ihr könnt uns weiterhelfen.

Gruß
Philipp
Bernstein
Posting Senior
Posting Senior
Beiträge: 467
Registriert: Montag 24. September 2012, 13:10
Wohnort: Schoenwald
Kontaktdaten:

Re: Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

#2

Beitrag von Bernstein »

Hallo Philipp,

ein paar Anmerkungen kann ich dir geben. Ich bin 2.ter Vorstand der Kommunbräu Rehau - und so unterschiedlich sind Eure Ideen gar nicht von unserer.

Zu Punkt "Verein gründen": Das kann jede Interessengemeinschaft. Und zwar auch als eingetragener Verein. Es gibt schon einige "Brauvereine" die das gemacht haben, zB die Braufeunde Berlin eV oder der VFFB aus Erlangen, Hobbybrauer Himmelkron, Schwelmbrau oder wir.
Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit hängt vom Gestaltungsgeschick in Euerer Satzung und vom zuständigen Finanzamt ab. Brauchtumspflege, Verbraucherberatung, Wissenschaft etc. werden schon als gemeinnützig anerkannt - Geselligkeit dagegen nicht. Wir in Rehau haben es geschafft. Es ist aber schwierig, dies immer wieder zu beweisen und die Frage ist, ob man überhaupt gemeinnützig werden will (zB. wegen Spenden gegen Spendenquittung).

Jeder Verein kann Wirtschaftlich auftreten. Buchhalterisch musst Du zwischen Wirtschafts- und Zweckbetrieb und ideelem Bereich unterscheiden. Zweckbetrieb = Betrieb der nötig ist, um die Ziele des Vereins zu erreichen - Wirtschaftsbetrieb wäre zum Beispiel eine Kneipte, die der Verein betreibt.

Veranstaltungen darf jeder Verein durchführen. Es gibt auch Freigrenzen beim Gewinn, unter welcher keine KÖSt fällig wird.

In einer Braustätte dürfen die Mitglieder für den Eigenverbrauch brauen - allerdings darf man die 200 L Freigrenze pro Mitglied nicht nutzen - es sei denn, angestellt wird der Sud bei jedem Mitglied zu Hause (Bierfassen) und der Sud wird dort vergoren. Ansonsten übernimmt der Verein die Steueranmeldung für alle. U.u. muss man steuerrechtlich aber dann ein Steuerlager beantragen - Dein Hauptzollamt weiss sicher mehr.

Brauen von Bier für eigene Vereinsveranstaltungen geht nur, wenn alle gesundheitsrechtlichen Auflagen erfüllt und abgenommen sind. Du bietest ein Lebensmittel zum Verkauf an - das ist etwas ganz anderes als Hobbybrauerwichteln, bei dem man auf gut Vertrauen das Partnerbier trinkt. Da sind dann u.U. auch Reinigungspläne etc. zu erstellen - es kann auch sein, dass das Gesundheitsamt vorbeischaut und Chargen aus dem Braumalz zieht, um diese zu untersuchen. Hier ist dann u.U. auch ein Nachweis zu führen, welches Malz in welchen Sud verbraut wurde.
Alles nicht so einfach :-(

Ansonsten wünsche ich Dir viel Spass und gutes Gelingen.

Mein Tipp: Klein Anfangen - alles andere ergibt sich meist von selbst, wenn ihr engagierte Mitglieder habt.

Gruss, Matthias
Benutzeravatar
Birnsojjel
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 279
Registriert: Samstag 2. Januar 2016, 23:30
Wohnort: Hilchenbach

Re: Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

#3

Beitrag von Birnsojjel »

Nabend.

Ich erweitere mal die Fragestellung noch um den Aspekt der Haftung für das ausgeschenkte Bier.
Szenario I:
- eingetragener Brauverein (aktuell in Planung) mit
- vom Gesundheitsamt abgenommener Braustätte
- Sud wird ordnungsgemäß angemeldet und versteuert
- das Bier soll als Fassware bei einer öffentlichen Veranstaltung (Dorffest, Veranstalter: Heimatverein) gegen Unkostenerstattung ausgeschenkt werden (=keine Gewinnerzielungsabsicht)

Szenario II:

- wie I allerdings Ausschank auf eigener Veranstaltung

Frage:
Wir sehen den Mehrwert eines Vereins neben den satzungsgemäßen Zwecken auch in der abgesicherten und legalen Möglichkeit, auf einer abgenommenen Braustätte gebrautes Bier in Umlauf bringen zu können - wie schon erwähnt nicht in gewerblicher Absicht.
Daher überlegen wir auch, ob es sinnvoll ist, eine Produkthaftpflichtversicherung abzuschließen.
Für Szenario I sehe ich es so, dass der Veranstalter haftet und man dadurch abgesichert wäre, bei Szenario II hingegen ist man auf jeden Fall in der Pflicht.

Könnt ihr dem so zustimmen oder gibt es andere Meinungen?
Kann vielleicht jemand aus den existierenden Brauvereinen schildern, ob und falls ja, was für eine Versicherung abgeschlossen habt??

Danke euch! :Greets
Thomas
Gruß, Thomas
Benutzeravatar
Bilbobreu
Posting Freak
Posting Freak
Beiträge: 1261
Registriert: Samstag 16. März 2013, 12:32

Re: Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

#4

Beitrag von Bilbobreu »

Hallo,
ich bin in dem Bereich kein Experte aber trotzdem ein paar Hinweise, um die Sache für Euch besser einschätzbar zu machen.

Eine Produkthaftpflichtversicherung deckt typischerweise die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz ab. Nach § 1 Abs. 1 und § 4 ProdHaftG haftet der Hersteller. Ein Veranstalter kann Euch also vor dieser Haftung nicht schützen, wenn Ihr Hersteller seid. Der Veranstalter kann allerdings nach anderen Vorschriften neben Euch haften.

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 ProdHaftG ist die Ersatzpflicht des Herstellers allerdings unter anderem ausgeschlossen, wenn er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat. Es wäre also nach Deiner Beschreibung (keine Gewinnerzielungsabsicht) zu prüfen, ob Eure Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz nach dieser Vorschrift nicht ohnehin ausgeschlossen ist. Wenn das so ist, dann braucht Ihr auch keine Produkthaftpflichtversicherung, die Euch vor diesem Risiko schützen soll. Die Frage, ob Ihr unter § 1 Abs. 2 Nr. 3 ProdHaftG fallt oder nicht, solltet Ihr Euch sinnvollerweise von einem Rechtsanwalt beantworten lassen. Der hat nämlich einen Berufshaftpflichtversicherung und haftet für den Fall, dass er Euch eine falsche Auskunft gegeben hat und Ihr dann, ohne eine Produkthaftpflichtversicherung abgeschlossen zu haben, im Schadensfall doch nach dem Produkthaftungsgesetz haftet.

Unabhängig von der ganzen Frage der Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz haftet Ihr in jedem Fall nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften auf Schadenersatz, wenn die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. Daher kann es sinnvoll sein, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, die diese Risiken abdeckt.
Gruß
Stefan
Benutzeravatar
Birnsojjel
Posting Klettermax
Posting Klettermax
Beiträge: 279
Registriert: Samstag 2. Januar 2016, 23:30
Wohnort: Hilchenbach

Re: Vereinsgründung und gemeinsame Braustelle

#5

Beitrag von Birnsojjel »

Bilbobreu hat geschrieben: Donnerstag 24. Januar 2019, 23:54 Eine Produkthaftpflichtversicherung deckt typischerweise die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz ab. Nach § 1 Abs. 1 und § 4 ProdHaftG haftet der Hersteller. Ein Veranstalter kann Euch also vor dieser Haftung nicht schützen, wenn Ihr Hersteller seid. Der Veranstalter kann allerdings nach anderen Vorschriften neben Euch haften.

Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 ProdHaftG ist die Ersatzpflicht des Herstellers allerdings unter anderem ausgeschlossen, wenn er das Produkt weder für den Verkauf oder eine andere Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck hergestellt noch im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit hergestellt oder vertrieben hat. Es wäre also nach Deiner Beschreibung (keine Gewinnerzielungsabsicht) zu prüfen, ob Eure Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz nach dieser Vorschrift nicht ohnehin ausgeschlossen ist. Wenn das so ist, dann braucht Ihr auch keine Produkthaftpflichtversicherung, die Euch vor diesem Risiko schützen soll. Die Frage, ob Ihr unter § 1 Abs. 2 Nr. 3 ProdHaftG fallt oder nicht, solltet Ihr Euch sinnvollerweise von einem Rechtsanwalt beantworten lassen. Der hat nämlich einen Berufshaftpflichtversicherung und haftet für den Fall, dass er Euch eine falsche Auskunft gegeben hat und Ihr dann, ohne eine Produkthaftpflichtversicherung abgeschlossen zu haben, im Schadensfall doch nach dem Produkthaftungsgesetz haftet.

Unabhängig von der ganzen Frage der Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz haftet Ihr in jedem Fall nach allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften auf Schadenersatz, wenn die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen. Daher kann es sinnvoll sein, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen, die diese Risiken abdeckt.
Gruß
Stefan
Hallo Stefan,
besten Dank schonmal für deine ausführliche Erläuterung, es scheint, als würdest du dich mit diesen rechtlichen Dingen etwas auskennen...
Ich lasse jetzt jedenfalls schonmal Angebote für eine Vereinshaftpflicht erstellen, die die einzelnen Bausteine abdeckt.
Wie sieht es denn bei den Brauvereinen aus? Habt ihr Versicherungen und wenn ja, welche? Könnte sich hierzu noch jemand mit entsprechenden Erfahrungen äußern???

Danke und schönes Brauwochenende!
Gruß, Thomas
Antworten