KCSteevo hat geschrieben: ↑Montag 12. März 2018, 09:27
[...]
(2) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Bier, das von Haus- und Hobbybrauern in ihren Haushalten ausschließlich zum eigenen Verbrauch bereitet wird, bis zu einer Menge von 2 hl im Kalenderjahr von der Steuer zu befreien. [...]
Wir machen mal eine kleine Übung in der Interpretation von Vorschriften. Ein üblicher Trick ist es, den Teil, über den man sich unsicher ist, erstmal außen vor zu lassen.
Dann steht da sinngemäß "Bier, das von Hobbybrauern gebraut wird, kann bis zu 2hl p.a. von der Steuer befreit werden."
Jetzt zu dem Teil, über den Unsicherheit besteht: welches Bier kann von der Steuer befreit werden? Alles? Auch das, das der Hobbybrauer beim Schaubrauen oder in der Brauerei des netten Nachbarn oder auf dem Mittelaltermarkt braut?
Nein, nur das Bier, das in ihren Haushalten gebraut wird und das dem Eigenbedarf dient! (Auf letzteres gehe ich nicht weiter ein.)
Jetzt sind wir uns unsicher, was "in ihren Haushalten" - also der Haushalt eines Hobbybrauers - ist, denn wir fragen uns ja, ob es genügt, wenn es nur "sein halber" Haushalt ist. Oder sein drittel Haushalt, oder... Spätestens hier stellen wir fest, dass die letzte Frage uns nicht zu einer vernünftigen Antwort führen wird.
Also nochmal zurück auf Null - wir überlegen uns lieber, was der Gesetzgeber mit "in ihren Haushalten" bezweckt hat. Wenn man das Thema nun ernsthaft betreiben will, besorgt man sich Zugang zu den Protokollen, in denen die Beratungen zum Gesetz festgehalten wurden. Es ist also nur eine Vermutung, wenn ich sage, wahrscheinlich wollte der Gesetzgeber verhindern, dass auch professionell hergestelltes Bier steuerbefreit wird. Dass also z.B. jeder in die Dorfbrauerei mit ihrem 2hl-Sudhaus geht, sich dort sein Bierchen braut, dem Brauereigentümer einen Appel und ein Ei für die Nutzung zahlt und sein unversteuertes Bier nach Hause trägt. [/Vermutung]
Gehen wir zuletzt an den Text selber: der Gesetzgeber erlässt seine Gesetze zwar z.T. unter hanebüchenen Bedingungen. Aber wenn er "pro Haushalt" meint, dann ist er in der Lage, das auch so zu formulieren. Beim Rundfunkbeitrag z.B. schafft er es, denn der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sagt "für jede Wohnung". Weiterhin steht in unserer Verordnung nicht: "... in ihren Haushalten,
in denen sonst kein anderer brauen darf, ausschließlich zum eigenen Verbrauch bereitet ..."
Kurz: Hätte ich den Auftrag gehabt, die Vorschrift so zu fassen, dass pro Haushalt nicht mehr als 2hl steuerfrei gebraut wird, würde ich mir Vorwürfe machen. Denn eine Festlegung, dass jeder Hausbrauer einen Haushalt hat, gibt es nicht. Ich seh´s letztlich wie Ruthard und finde keine Begrenzung auf einen Haushalt pro Brauer, sondern nur auf den Brauer selbst. Hat er also z.B. zwei Haushalte, könnte er auch nicht 2 mal 2hl brauen, denn er ist immer noch nur ein Brauer.
Leider hat Markus auch Recht: Rechtssicherheit hat man nur, wenn ein rechtskräftiges Urteil oder ein Vergleich erlangt worden ist.
Zurück zur Realität: Ich hatte intelligenterweise vergessen, in meiner Brauanzeige die Menge des ersten Sudes zu nennen, was der Zoll angemahnt hat. Bei der im Schreiben genannten Nummer (Durchwahl!) angerufen, kurz geschwatzt, etwas von "immer so 20 bis 25l" gemurmelt und fertig. "Ich notiere mal 20l. Sie müssen nicht extra schreiben deswegen."
Man kanns also einfach halten. Aber wer mich kennt, weiß, dass in mir genug Bosheit schlummert, auch einen Steuer-Flashmob (jeder meldet jeden Sud individuell berechnet, verzählt sich bei verschenkten Flaschen und verrechnet sich um 10,01€) interessant zu finden. Letztlich träfe das aber wohl die falschen.
Viele Grüße, Henning
"Das Bier aber macht das Fleisch des Menschen fett und gibt seinem Antlitz eine schöne Farbe durch die Kraft und den guten Saft des Getreides."
Hildegard von Bingen (1098-1179)